EU-Kommission übermittelt Google offiziell Beanstandungen an Android
Seit letzter Woche gab es zahlreiche Meldungen dazu, dass die EU-Kommission erneut gegen Google vorgehen wolle. Dieses Mal haben sich die kartellrechtlichen Bedenken um das Betriebssystem Android gedreht. Konkrete Aussagen fehlten aber bisher. Es hieß lediglich, dass das weitere Vorgehen geprüft werde. Jetzt hat die Kommission jedoch hochoffiziell mitgeteilt, „dass sie der vorläufigen Auffassung ist, das Unternehmen (Google) nutze seine marktbeherrschende Stellung unter Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften missbräuchlich aus„. Die konkreten Beschwerdepunkte hat die EU-Kommission Google bzw. dem Mutterkonzern Alphabet übermittelt.
Google lege Herstellern von Android-Geräten sowie Mobilfunkanbietern nach Ansicht der EU-Kommission zu viele Beschränkungen auf, welche es Wettbewerbern aber auch Partnern unverhältnismäßig erschweren eigene Konkurrenten zu etablieren. Damit ist etwa gemeint, dass Hersteller von Android-Smartphones nur den Zugriff auf den Play Store ab Werk einbinden dürfen, wenn sie auch Googles restliche Brigade an Apps vorinstallieren – Google Maps, GMail, Play Bücher, Play Kiosk, Google Drive, YouTube und wie sie eben alle heißen. Das mache es wiederum Anbietern beispielsweise konkurrierender Mail-Programme oder Karten-Apps schwer, sich durchzusetzen.
Die EU-Kommission unterstellt dabei, „dass Google auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste, für lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte sowie für Android-App-Stores eine beherrschende Stellung einnimmt.“ Deswegen hielten die Partner es auch für wichtig, den Play Store vorzuinstallieren. Und daraus ergibt sich eben, dank Googles Vorgaben, dass sich auch die anderen Google-Apps parallel ausbreiten, da sie daran gekoppelt sind. Das gilt auch für den Browser Chrome. Zudem müssen die Hersteller Google als Standardsuchmaschine einrichten. In der Praxis hätten nun weder die Hersteller noch die Kunden Wahlmöglichkeiten, da das Gros der Apps im Play Store zu finden sei und als Rattenschwanz die anderen Anwendungen jedes Android-Smartphone dominieren.
Laut EU-Kommission würden sich Kunden in der Regel zudem keine neuen Anwendungen herunterladen, wenn sie schon eine Lösung im Einsatz hätten. Sprich, wenn ein Browser wie Chrome bereits vorinstalliert ist, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden noch Firefox beziehen. Zumal wir alle wissen, dass auf den meisten Smartphones und Tablets mit Android ab Werk sogar meist bereits zwei Browser vorhanden sind: eben Google Chrome und meist noch ein eigener des jeweiligen Herstellers. Ergebnis: Die Kommission zieht den vorläufigen Schluss, dass Google die Freiheit der Hersteller einschränke und damit indirekt die der Kunden. Spannenderweise äußert man auch: „Der Kommission liegen Beweise dafür vor, dass Smartphone-Hersteller zumindest einige vorinstallierte Anwendungen gerne von anderen Unternehmen als Google beziehen würden.“
Insgesamt zweifelt die EU-Kommission nun erheblich daran, dass die „Anti-Fragmentation Agreements“, welche Google Herstellern auferlegt, gerechtfertigt seien. Dadurch würden Android-Forks mit potentiellen Verbesserungen unter Vorwänden erschwert, was sich auf die Verbraucher auswirke. Jenen blieben dadurch möglicherweise innovative Ableger des Betriebssystems verwehrt. Auch hier spricht die Kommission deutliche Worte, denn man habe „Beweise dafür gefunden, dass das Verhalten von Google Hersteller am Verkauf von intelligenten Mobilgeräten hinderte, die mit einer konkurrierenden Android-Fork ausgestattet waren, welche das Potenzial hatte, zu einer ernstzunehmenden Alternative für das Google-Betriebssystem Android zu werden.“
Auf gut Deutsch, steht also nun wohl der nächste, große Konflikt zwischen der EU-Kommission und Google an. Zu bedenken ist, dass die Untersuchungen noch weitergehen und die Ergebnisse / Beschwerdepunkte noch nicht das finale Resultat sind. Da man seine Beanstandungen aber nun offiziell Google übermittelt hat, dreht sich nun das Karussell.
Google hat, extrem flott, sogar bereits geantwortet. Im Grunde bestreitet Google jegliche Vorwürfe und verteidigt Android als offenes Betriebssystem, das den Partner und Kunden enorme Flexibilität gewähre. Um diese Flexibilität zu erhalten, investiere Google nunmal Geld in das OS und jenes müsse man eben indirekt über die Google-Apps wieder einspielen, um den Fortbestand des Systems zu sichern. Google werde nun intensiv mit der EU-Kommission kooperieren, um die Bedenken zu zerstreuen.
Marktbeherrschung mit OpenSource Software, Whow! Faktisch läuft auch fast das gesamte Internet auf Linux – Linus Torvalds sollte Angst vor der EU bekommen.
Die demonstrieren nur ihre Rückständigkeit, weil in der feudalherrlichen EU keiner verstehen würde, was seit Groklaw in den USA schon lange IT-Kulturgeschichte ist. Sehr armselig, als wären Samsung & Co unmündigen Klitschen, die keine eigenen Dienste programmieren könnten.
Wahrscheinlicher ist, daß Google im Gegenzug mehr Freiheiten für Programmierer in Europa erstreiten wird…
@db
Auch du hast es nicht verstanden. Der Linux-Kernel ist kostenlos und seine Entwickler gängeln Dritten nicht mit Verträgen was sie damit in kommerziellen Märkten tun oder lassen sollen.
Im Klartext: Mitglieder der „Open“ Handset Alliance dürfen keinen Android Fork auf ihren Geräten einsetzen. Und Hersteller die sich mal mit Verträgen an Google gebunden haben um die Play Services mitzuliefern dürfen keine Geräte anbieten die Services von Google’s Konkurrenten mitliefern. Darum hat es zBsp Amazon so schwer Buden zu finden die Fires zusammenschrauben.
@ Kalle: Kernel UND Android sind OpenSource, es geht lediglich um die aufgesetzten Google Play Dienste – da hat Mitbewerber iOS nun ganz eindeutig das geschlossenere System, und Amazon mit seinem Android OHNE PlayDienste ist nun auch kein Nischenanbieter und sogar noch geschlossener. Hinzu kommen kleine Anbieter wie Firefox OS, Ubuntu auf diesem Markt auch mal Microsoft. Von Wettbewerbsverzerrung durch Marktbeherrschung zu reden, ist meines Erachtens lächerlich. Und die OHA verbietet zu Android inkompatible Ableger, wohingegen ein Zwang zu Google Diensten schwerlich zu finden sein dürfte – die programmieren halt einfach nix eigenes, weil’s das von Google kostenlos gibt.