„River City Girls“ angespielt: Retro done right
„River City Girls“ ist am 15. September für die Sony PlayStation 4, Microsoft Xbox One, Nintendo Switch und den PC erschienen. Es handelt sich um einen Retro-Prügler mit Pixelgrafik, welcher die lange bestehende Reihe „Kunio-kun“ fortsetzt, die bereits in den 1980ern begann und im Westen unter anderem durch das NES-Game „River City Ransom“ Fans gewinnen konnte. Dabei ist geradezu erfrischend wie rücksichtslos „River City Girl“ klassische Tugenden aus den Spielen der 1980er- und 1990er-Jahre mit modernen Gameplay-Einsprengseln mischt.
Wer ein Beat ‚em-Up aus jener Ära kennt, als Beispiele seien „Double Dragon“, „Streets of Rage“ oder auch „Teenage Mutant Ninja Turtles: Turtles in Time“ genannt, der wird sich sofort in „River City Girls“ wohlfühlen. Dabei verkörpert das Game eine Tugend, die ich sehr bei modernen Prüglern vermisse: Einfachheit. Versteht mich richtig: „River City Girls“ bietet zwei Schwierigkeitsgrade und bereits der niedrigere („Normal“) ist deutlich gnadenloser, als das jüngere Gamer-Generationen gewohnt sein dürften. Aber das Spiel ist extrem einsteigerfreundlich.
So müsst ihr eben nicht tausend komplexe Manöver mit perfektem Timing ausführen und Kombos auswendig pauken. Im Wesentlichen benötigt ihr drei Buttons: einen fürs Blocken, einen für einen leichten Angriff und den dritten für einen schweren Angriff. Dann gibt es zahlreiche Spezialangriffe, die aber allesamt leicht auszuführen sind. Beispielsweise könnt ihr Gegner mit einem stärkeren Tritt beiseite fegen, indem ihr mit dem Stick / dem Steuerkreuz gleichzeitig nach rechts drückt und einen schweren Angriff aktiviert.
Nach und nach findet ihr so schnell einen eigenen Rhythmus für das Geprügel und entdeckt die Moves, die am besten zu eurem Spielstil passen. Ich selbst etwa hüpfte wie in alten Zeiten vorwiegend kreuz und quer über den Bildschirm, um meinen Gegnern mit Sprungattacken das Leben schwerzumachen und durch schnelles Rennen rasch aus ihrer Reichweite zu entfliehen. Spannend bleibt es, weil ihr nach und nach neue Moves freischaltet.
So sammelt ihr durch das Besiegen eurer Gegner einerseits Erfahrungspunkte, steigt langsam im Level auf und erbeutet andererseits Moneten. Von der Kohle könnt ihr euch im Dojo der Stadt neue Fähigkeiten kaufen. Das Geld könnt ihr alternativ in Items zur Wiederherstellung eurer Gesundheit oder neue Kleidung investieren, die euch kleine Boni verleiht – etwa mehr Schaden bei weiblichen / männlichen Angreifern.
Vertrieben und entwickelt wurde „River City Girls“ vom amerikanischen Studio WayForward. Genauso gut könnten aber auch Japaner hinter dem kunterbunten Treiben stecken, denn Art Design und allgemeine Präsentation sind schlichtweg fantastisch. So startet das Spiel direkt mit einem poppigen Rocksong mit ironischen Lyrics und kredenzt nach dem Start erst einmal eine hervorragende Manga-Sequenz. Im Spielverlauf plaudern die beiden Hauptcharaktere Kyoko und Misako immer wieder wie in einem RPG mit anderen Figuren und können auch so manche Nebenquest absolvieren.
Trefft ihr auf einen Bossgegner, hagelt es zudem jeweils sehr coole Anime-Cutscenes. Großes Lob verdient dabei auch die englische Sprachausgabe, die Anime-Filmen und -Serien in nichts nachsteht. Außerdem punktet „River City Girls“ mit einem herausragenden Soundtrack, den ich mir sogar auf Spotify unabhängig vom Spiel angehört habe. Da mischt man sehr geschickt 1980er-Jahre-Synthies, modernen Electro und Oldschool-Videospielemusik durcheinander. Song-Anspieltipp: „Bully“.
Im wahrsten Sinne des Wortes so richtig reinhauen könnt ihr dann, wenn ihr einen Kumpel zur Hand habt. Denn im lokalen Multiplayer macht das Spiel gleich doppelt so viel Laune. Ihr könnt einstellen, ob ihr „Friendly Fire“ an- oder ausschalten wollt. Ist es aktiviert, könnt ihr (un-)absichtlich eurem Mitstreiter im Eifer des Gefechts eins verpassen. Ich empfehle es angeschaltet zu lassen, denn viel Gelächter sowie hitzige Wortgefechte sind vorprogrammiert.
Wer möchte, kann die Story etwas kritisieren, aber das fällt schwer: Die Boyfriends von Kyoko und Misako sind entführt worden, und nun liegt es an den beiden Schülerinnen sich durch die Stadt zu zimmern, in der Hoffnung die beiden Herzbuben aufzustöbern. Von „River City Girls“ erwartet sicher niemand eine komplexe Geschichte a la „The Witcher 3: Wild Hunt“, sodass die Handlung für mich vollkommen in Ordnung geht. Denn immerhin gibt es wie gesagt immer mal wieder absurde Gespräche mit anderen Charakteren und stimmungsvolle Anime-Sequenzen.
Falls ihr nicht nur mit den Fäusten zulangen wollt, habt ihr Glück: In der Stadt könnt ihr ständig andere Gegenstände wie Baseballschläger, Jojos oder gar Parkbänke empor hieven und den Gegnerhorden damit eins überbraten. Letztere bestehen aus illustren Gestalten wie Cheerleadern, Security-Menschen oder seltsam kostümierten Gestalten. Wenn ihr wollt, könnt ihr einige der Gegner auch rekrutieren und sie dann als eine Art Spezialangriff zur Hilfe rufen, wenn ihr in der Klemme steckt.
Witzigerweise hat „River City Girls“ mir einen größeren Endorphinschub verpasst, als so mancher Triple-A-Titel in diesem Jahr. Das Spiel ist einfach ein richtig tolles Retro-Prügelspiel mit herrlichem Japano-Flair, spaßigen Kämpfen und einem guten Fortschrittssystem, das auch Grinding belohnt. So lohnt es sich, bereits besuchte Areale erneut abzuklappern, um Nebenquests zu finden und mehr Erfahrungspunkte zu sammeln. Ja, ihr könnt euch durch die Gebiete nämlich frei bewegen und jederzeit zurückgehen.
Mein Tipp: Wenn ihr auf Retro-Games steht oder in den 1980er- und 1990er-Jahren mit Spielen wie „Double Dragon“ groß geworden seid, dann tut euch den Gefallen und zockt „River City Girls“ mal an. Das Spiel ist extrem einsteigerfreundlich: Beim Tod verliert man lediglich einen Teil seines Geldes und wird an einen fairen Checkpoint zurückgesetzt. Wer einen Mitspieler zur Hand hat, dem empfehle ich das Spiel noch energischer. Es macht einfach tierisch Laune und ist eine herrliche Abwechslung von dem Hang zu düsteren Szenarios, der die Gaming-Landschaft aktuell prägt.
Für 29,99 Euro (PS4; Xbox One, Switch) bzw. 24,99 Euro (PC) bekommt ihr bei „River City Girls“ viel Spielspaß geboten und auch der Wiederspielwert ist in meinen Augen hoch – einfach mal wie bei „Teenage Mutant Ninja Turtles: Turtles in Time“ eine Runde mit einem Kumpel losdreschen, dafür ist dieser Titel perfekt. Ein exzellenter Soundtrack, eine stylische Pixel-Grafik und ein spaßiges Kampfsystem machen „River City Girls“ für mich zu einem der Geheimtipps des Jahres.
Blöd nur, dass man das Spiel zum „Anzocken“ auf Steam kaufen muss. Ich frage mich echt, warum es heutzutage weniger Demos gibt als früher. Ist es doch heute technisch problemlos mach- und verteilbar.
Sorry, für das Geld erwarte ich eine vernünftige Grafik!
Von mir aus kann der Hersteller ja einen Retro Switch in die Settings bringen, aber ich habe hier keinen fetten PC stehen um mir freiwillig so einen Pixel Mist zu holen.
„Sorry, für das Geld erwarte ich eine vernünftige Grafik!“ – der Montag ist gerade einmal angebrochen und schon konnte der dümmste Kommentar der Woche gefunden werden. Kauf das Spiel halt nicht, wenn es dich optisch nicht anspricht oder deinen Zucht-Rechner beleidigt. Aber das Flair des Spiels liegt doch in dessen Grafik und dafür muss man sich begeistern können oder man lässt es. Kauft sich doch auch niemand ne Retro-Konsole und beschwert sich anschließend, dass die „Games irgendwie aussehen wie von früher“ )m
Gruß, Kai
Und wenn sie es jetzt noch mit richtiger Grafik raus bringen würden, würden es evtl mehr Leute kaufen.
Ich lade mir nicht mal kostenlose Klötzchen Grafik Spiele bei Epic, Steam oder sonst wo runter, egal wie gut die Kritik ist.
Ich bin mit dem C64 groß geworden und hatte vorher den Atari 2600.
Trotzdem würde ich die Spiele mit dieser Grafik nie mehr spielen.
Dumm ist der, der andere Meinungen nicht zulässt.
Klar ist die Grafik Geschmackssache – ich bin selbst sonst auch kein großer Fan des Retro-Hypes. Ich finde aber bei „River City Girls“ das Art Design insgesamt sehr stimmig, zumal es wirklich hochwertige Anime-Zwischensequenzen und zusätzliche Manga-Cutscenes im Comicstil gibt. Dazu kommt halt ein echt toller Soundtrack, sodass das Gesamtbild einfach passt in diesem Fall.
Ich sage mal so: Ich habe auch den Eindruck, dass viele Entwickler diesen Pixel-Art-Stil nutzen, um ein geringes Budget zu kaschieren oder einfach aus Faulheit. Das kommt hier aber nie so rüber. Wenn man das Spiel in Bewegung sieht, dann fallen einem etwa auch die vielen Details im Hintergrund auf, also da war schon ein Team mit Liebe dabei.
Ist nur meine Meinung – mir gefällt das Game halt richtig gut. Es hat auch seine Mängel, etwa gibt es bei dem ganzen Geprügel manchmal doch eine leichte Monotonie, wenn man alleine zockt. Aber die Grafik sehe ich persönlich da echt nicht als Schwäche.