Kontroverse Ermittlungen: O2-Kunden sind zeitweise überwacht worden
Wir erinnern uns: 2021 konnte das Bundeskriminalamt (BKA) die Pädophilie-Plattform „Boystown“ abschalten und die Betreiber festnehmen. Was damals nicht öffentlich bekannt gewesen ist: Um die Verantwortlichen zu enttarnen, griff man 2020 zu einer möglicherweise großflächigen Überwachung von O2-Kunden. Ob das rechtlich wirklich zulässig gewesen ist, gilt als umstritten.
So ordnete das Amtsgericht Frankfurt am Main am 17. Dezember 2020 an, dass der Telefónica-Konzern seine Nutzer bis zu drei Monate überwachen sollte. Ziel war es, so klar herauszufinden, welche Kunden des Mobilfunkanbieters sich zu einem spezifischen vom BKA genannten Server verbinden. Allerdings lief diese Überwachung nur wenige Tage, da die Verdächtigen schnell enttarnt werden konnten. Wie großflächig da überwacht worden ist? Das lassen die Beteiligten offen. Die Daten unbeteiligter und unverdächtiger Personen wurden nach Ende der Maßnahme auch wieder gelöscht und gar nicht erst an die Behörden übermittelt (via Tagesschau).
So wie Telefónica hier gehandelt hat, hätten sicherlich auch alle anderen Mobilfunkanbieter agiert. Denn die Staatsanwaltschaft hatte das großflächige IP-Catching erfolgreich vor Gericht beantragt. Das Gericht beurteilte diese Überwachung, auch unschuldiger Dritter, dennoch aufgrund der Schwere der Straftaten als angemessen. Allerdings werfen andere Rechtsexperten, wie ein Professor für Digitalisierung des Strafrechts an der Universität des Saarlandes, Dominik Brodowski, ein, dass das Vorgehen durch die Behörden viele Rechtsfragen aufwerfe. Am Ende seien potenziell Millionen Unschuldige im Zuge der Ermittlungen überwacht worden.
Rechtliche Grenzen überschritten?
Laut Brodowski habe das BKA hier die rechtlichen Grenzen mindestens kreativ maximal ausgereizt, möglicherweise aber auch überschritten. Jetzt gibt es Forderungen, das IP-Catching gesetzlich klar zu regeln. Das ist auch im Sinne der Ermittler: Denn hätten die Beschuldigten in diesem Fall die Methoden rechtlich prüfen lassen, hätte es zu Problemen im Prozess kommen können. In diesem Fall waren die Täter allerdings geständig, sodass es nicht der Fall gewesen ist. Ein anderes Mal könnte das aber anders ausgehen.
IP-Catching wird auch von Kritikern als „Vorratsdatenspeicherung Light“ bezeichnet. So kann man darin durchaus einen tiefgreifenden Eingriff in die Rechte Unbeteiligter sehen. Da ist eben immer die Frage: Heiligt der Zweck die Mittel? Bei der Sprengung eines Pädophilenrings mögen viele das noch so sehen, doch was ist, wenn beim nächsten Mal Anton X seine Steuererklärung falsch ausgefüllt hat und ähnliche Maßnahmen ergriffen werden? Ich übertreibe natürlich, aber ihr versteht, dass ich damit den möglichen Weg überzeichne, den solche Strategien nehmen können.
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