Postgesetz: Reform soll Arbeitsbedingungen von Paketzustellern verbessern
Dass die Arbeitsbedingungen von Paketzustellern im Allgemeinen nicht das Wahre sind, ist kein Geheimnis. Niedrige Bezahlung, viel Druck und je nach Anbieter oft in Subunternehmen angestellt, sodass sich die großen Logistikkonzerne im Falle von Problemen sauber heraushalten können. Eine Modernisierung des Postgesetzes soll etwas Linderung schaffen.
Bedauerlicherweise hat man das zuvor von SPD und Grünen geforderte Verbot von Sub-Subunternehmen wieder herausgenommen (via Spiegel). Diese Verfahrensweise bleibt erlaubt, was ich selbst als riesigen Fehler bewerte. Stattdessen will man schärfer kontrollieren. Beispielsweise sollen Subunternehmen verpflichtet werden, Angaben zur Arbeitszeit zu speichern, damit diese mit den Daten abgeglichen werden können, die bei der Abgabe von Paketen erfasst worden sind. Das soll es ermöglichen, Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz festzustellen.
Für mich klingt das eher relativ leicht manipulierbar. Meine Erwartung ist zudem, dass das ein Papiertiger bleiben wird, da massive Kontrollen nicht zu befürchten sind. Mehr Bürokratie, erhöhte Kosten für den Steuerzahler – kaum praktischer Effekt. Ähnlich lose ist die Änderung zur Auslieferung von Paketen, die mindestens 20 kg wiegen. Wollte man erst vorschreiben, dass diese generell nur zu zweit ausgeliefert werden dürfen, heißt es nun nur noch vage, dass das zumindest der Regelfall sein sollte. Ausnahme: Es steht ein geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung, dann darf auch eine Person alleine liefern.
Reform des Postgesetzes hilft vor allem der Post selbst
Hier ist nicht einmal definiert worden, was denn ein „geeignetes, technisches Hilfsmittel“ sein soll. Darüber will das Bundesarbeitsministerium nochmals innerhalb der sechsten Monate debattieren. Mehr als den Paketzustellern kommt man gefühlt den Unternehmen mit der Reform entgegen. So nimmt man der Deutschen Post den Zeitdruck. Sie musste bislang 80 % der Briefe am nächsten Werktag zustellen und mindestens 95 % am übernächsten. Jetzt greift der Wert aber erst am dritten Tag nach der Abgabe des Briefes.
Was die Versender und Empfänger vielleicht ärgert, spart der Post bares Geld, da sie die Briefe langsamer befördern kann. Für so eine Änderung hatte das Unternehmen daher auch schon Lobbyarbeit verrichtet. Totschlagargument hier: Die langsamere Briefzustellung diene auch dem Klimaschutz. Das dürfte aber im Denken des Managements nur in Bezug auf das Marketing eine Rolle gespielt haben, nehme ich an.
Auch wenn die Reform des Postgesetzes einigen Zuspruch seitens der Branche geerntet hat, gibt es auch Kritik von der Deutschen Post. Denn letztere muss Konkurrenten weiter Zugänge zu ihrem Netz ermöglichen. Hier befürchtet man, dass kleinere Anbieter die Post dann dafür ausnutzen. Sendungen zuzustellen, die in der Handhabung eher teuer sind. Im Wirtschaftsausschuss des Bundestags soll das Gesetz am Mittwoch durchgewunken werden. Dann müsste der Bundesrat im Juli zustimmen und der Weg wäre frei.
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Man sollte ruhig dazuschreiben, dass die FDP gegen das Verbot von Subsubs war.
Es gab Zeiten, da waren die für mich durchaus wählbar. Mit der Erkenntnis im Hinterkopf, dass in unserem Wirtschaftssystem jede nur denkbare Schweinerei gemacht wird, solange sie nicht explizit verboten ist, ist deren „der Markt regelt das schon alleine“ – Haltung für mich aber schon lange nicht mehr akzeptabel.
Volle Zustimmung. Die FDP ist die Verhindererpartei, nicht andere, welchen es oft zu unrecht zugeschoben wird.
die waren leider auch die, die gegen das Rauchverbot in PKWs, wenn Kleinkinder und Schwangere anwesend sind, gestimmt haben.
Immer mehr Geld verlangen, bei immer weniger Leistung.
Richtig. Die schnelle Zustellung, also so schnell wie früher Standard, kostet zukünftig extra.
Worüber kaum gesprochen wird: mittelfristig verschwinden Postfilialen massiv.
Einerseits wird die Pflicht zum Filialbetrieb so geändert, dass dies auch durch die sogenannte Poststation, eine bessere Packstation, erfüllt werden kann, andererseits schmeißt die Postbank die Postdienstleistungen raus.
Viele Leute haben ja bis heute nicht begriffen, dass das was sie zB als „Hauptpost“ bezeichnen seit vielen Jahren eine Postbank ist, die nur nebenbei Postdienstleistungen angeboten hat und ansonsten seit vielen Jahren auch nicht mehr zur Deutschen Post AG gehört.
Die Postbank ist schon lange nur noch ein Markenname der Deutschen Bank und die zieht sich aus den alten Verträgen sukzessive zurück. Postkunden sind Centgeschäft für viel Ärger, mutmaßlich haben auch viele Probleme im Postbankservice damit zu tun, dass Postkunden die Arbeitszeit der Mitarbeiter in den Filialen so stark beanspruchen, dass für die eigentlichen Postkunden kaum Zeit bleibt.
Zusätzlich hat die Postbank auch die Verträge gekündigt mit denen umgekehrt in vielen Postpartnerfilialen Leistungen wie Bargeldbezug für Postbankkunden möglich war. Das verschwindet komplett und ersatzlos bis Ende 2025.
Die Provisionen hierfür waren ein wichtiges Standbein für viele Postpartnerfilialen. Ohne Postbank rechnen diese sich nicht mehr und werden aufgegeben, wie in vielen Regionalzeitungen schon angekündigt wird.
Und wenn sich dann niemand mehr für das Centgeschäft und die anstrengenden, immer meckernden Postkunden findet muss die Post selbst für Versorgung gemäß Universaldienst sorgen. Und so schließt sich der Kreis zu meiner Eingangsbemerkung:
das kann sie mit der Gesetzesänderung in Zukunft auch durch Automaten.
Also wer immer kompliziertere Angelegenheiten zu klären hat, beispielsweise ein Paket zu Empfängern außerhalb der EU und Hilfe bei den Zollpapieren braucht oder auch Senioren ohne Smartphone usw., der wird in Zukunft häufig weite Wege haben um überhaupt noch eine Postfiliale zu finden. Es stehen auch immer weniger Postbankfilialen an zentralen Standorten als Alternative zur Verfügung, so dass es selbst mit weiteren Wegen unklar ist, ob man in der eigenen Umgebung noch eine kompetente Filiale finden wird. Das neue Postgesetz macht überhaupt nichts um hier irgendwo eine Grundversorgung sicherzustellen.
Die Arbeitsbedingungen eines selbstständigen Zustellers wird man mit dem Arbeitszeitgesetz nicht regeln können.
Ein geeignetes Hilfsmittel ist so eine Sache. Wenn dessen Verwendung mehr Zeit kostet als bisher, würde uch drauf werfen, dass es vom einzelnen Zusteller so gut wie nicht verwendet wird. Oder nur dann, wenn es partout nicht anders geht.
Klar kann man jetzt sagen, selber Schuld (bei beiden Punkten). Aber irgendwo hat auch unser Staat eine Art Fürsorgepflicht.
Ausnahme: Es steht ein geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung, dann darf auch eine Person alleine liefern.
Zur Verfügung stehen, heißt noch nicht, dass es zu nutzen ist. Zusteller, die heute gewohnt sind, die schwere Pakete ohne Hilfsmittel und Kollegen handeln müssen, werden sich wahrscheinlich aus Zeitgründen weiter packen. 4. Stock ohne Aufzug mit E-Sackkarre dauert gefühlt eine Stunde.
Viele haben hier schon erkennt, was besser wäre und wer das verhindert.
Und vor allem: „Soll schärfer kontrolliert werden“. Dafür fehlt am Ende doch wieder das Personal