Verbraucherschützer erzielen Erfolg gegen Preisanpassungsklausel von Netflix
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat einen ersten Erfolg in einem Rechtsstreit mit Netflix erzielt. Es geht dabei um eine Klausel, welche die Erhöhung der Abopreise für Kunden an Änderungen der Gesamtkosten für den Streaming-Anbieter koppelt. Allerdings seien die Regeln für Kunden nicht transparent genug und seien laut den Verbraucherschützern eine einseitige, unangemessene Benachteiligung. Das Landgericht Berlin stimmte der Argumentation zu.
Netflix will sich damit aber wenig überraschend nicht abfinden und hat bereits Berufung angekündigt. Daher ist das Urteil dann auch nicht rechtskräftig. Konkret geht es eben darum, dass einseitige Preisänderungen bei laufenden Verträgen nur erlaubt sind, wenn sie fairen und transparenten Regeln folgen. Bei Netflix sei dies nicht der Fall, weil die Regeln für Preisanpassungen viel zu diffus gehalten seien und Netflix somit Spielraum für komplette Willkür böten.
Auch das Landgericht Berlin vertrat dann neben dem vzbv die Ansicht, dass Netflix Bedingungen für Preisanpassungen zu unklar seien. Der Streaming-Anbieter müsse klare und verständliche Kriterien angeben, damit für Kunden nachvollziehbar sei, ob eine Preiserhöhung wirklich plausibel sei. Die gelte erst recht, da die Beklagte, die für Deutschland mitverantwortliche niederländische Netflix International B.V., zu einem weltweit agierenden Konzern gehöre. Hier müsse klarer erkennbar sein, welche Kosten denn nun den deutschen Markt und damit hiesige Nutzer beträfen.
Das Gericht beanstandete auch, dass Netflix sich nur das Recht herausnehme, Preise nach oben anzupassen, nicht aber berücksichtige, dass bei Kostensenkungen auch ermäßigte Preise greifen müssten. Fun Fact: Es ist nicht das erste Mal, dass vzbv und Netflix vor Gericht über die Preisanpassungsklausel streiten. Eine vorherige Version enthielt gar keine Kriterien für Preisänderungen und wurde daher bereits 2019 für unzulässig erklärt. Mittlerweile nennt Netflix als mögliche Ursachen für Preissteigerungen vage Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für Personal, Marketing, Finanzierung oder IT-Systeme. Auch das sei aber nicht ausreichend, so der vzbv.
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Über solche Klagen wundere ich mich immer wieder. Meinem Gefühl nach liegt es im Ermessen des Anbieters, welchen Preis er verlangt. Ist der zu niedrig, lohnt sich das Business nicht. Ist er zu hoch, laufen einem die Kunden weg. Insofern sollte der Markt den Preis doch regeln können, ohne dass man dafür die Gerichte bemühen muss.
Das Problem sind die Preisanpassungen, ein Kunde muss sich auch auf eine gewisse Stabilität verlassen können. Noch schlimmer ist, wenn dann fehlender Widerspruch als Zustimmung gilt und die höheren Preise dann automatisch gelten.
Gegen die Meinung stehen verschiedene Gesetze zum Verbraucherschutz:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Preisangabenverordnung (PAngV)
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch
Verbraucherinformationsgesetz
Telekommunikationsgesetz
Produktsicherheitsgesetz
Chemikaliengesetz
Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz
Verbraucherschutz ist nicht Neues und schon gar nichts „typisch deutsches“. Den Codex Hammurapi gab es zum Beispiel schon bei den Babyloniern und er beinhaltete u.a. die Sicherung der Lebensmittelqualität als Maßnahme des Verbraucherschutzes.
Das jeder Anbieter von Leistungen oder Waren machen könne, was er wolle ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Muss irgend so ein maximalkapitalistischer Hexenkult aus den USA sein. Oder FDP-Sprech, da der „sich selbst regulierende Markt“ erwähnt wurde.
Bis jetzt hat sich ein unregulierter Markt immer zu Lasten des Verbrauchers verhalten. Wohin sollen die Kunden denn hinlaufen?
Die anderen Marktteilnehmer beobachten die Konkurrenz genau. Kommt der eine mit einer unverschämten Preiserhöhung durch, ziehen die anderen nach.
Um den Interessensausgleich zwischen Anbieter und Konsumenten zu wahren, gibt es Gesetze und Gerichte zur Durchsetzung.
Ohne den Rechtsstaat wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet.
bin voll bei dir, sofern es andere Angebote gibt ja – in einem Polypol sollte der Markt es regeln.
und dies haben wir ja absolut im Filmbusiness bei den ganzen Streaming Anbietern 😀
Komisch das die Verbraucherschützer aber nicht DAZN ärgern ..
@TVJunkie: implizite Zustimmung ist meines Wissens rechtlich ohnehin nicht zulässig. Und wie kommst Du darauf, dass man ein Recht auf Stabilität hat? Hat Dein Arbeitgeber auch ein Recht auf Stabilität Deines Gehalts? Hast Du noch nie eine Preiserhöhung Deines Stromanbieters bekommen?
@Doc: Du bezeichnest Marktmechanismen als „Hexenkult“, argumentierst aber gleichzeitig mit einem göttlichen Rechtesystem, das Tod und Verstümmelung als Strafen vorsieht. Way you go!
@Keri: Ich stimme Dir nicht zu, dass ein unregulierter Markt sich immer zu Lasten des Verbrauchers verhalten hat. Aber es stimmt, die Regulation des Marktes ist davon abhängig, dass der Markt „funktioniert“, also z.B. das Wettbewerb herrscht. Deshalb sind auch horizontale und vertikale Preisabsprachen verboten. Und ja, einen Interessensausgleich zwischen Anbieter und Konsument ist wichtig. Aber das setzt ein existierendes und gültiges Vertragsverhältnis voraus. Und ich spreche davon, dass kein Mensch das Recht hat, Netflix für einen bestimmten Preis zu bekommen. Wenn der Preis stimmt, abonniere. Wenn nicht, dann eben nicht. Wo liegt das Problem?
@Ashley: selbst wenn Netflix der einzige Anbieter von VoD sein sollte, gibt es ein Bürgerrecht auf Netflix, das der Staat sicherstellen muss? Wenn ja, dann hätte ich gerne einen Rolls Royce Black Badge für 305,- Pfund. Ich finde es nämlich ungerecht, dass der Hersteller in den letzten 118 Jahren immer wieder seine Preise erhöht hat.
Es ging in der Klage nicht um die Höhe o.ä., sondern um eine Klausel in den AGB von Netflix. Darin hat sich Netflix das Recht einräumen lassen, „nach billigem Ermessen“ die Preise einseitig zu erhöhen, ohne das begründen zu müssen. Verbraucher können dann nicht beurteilen, ob das in Ordnung ist und nicht entscheiden, ob sie da mitgehen wollen oder nicht. Es geht nicht um den Vertrragsschluss, sondern um nachträgliche Anpassungen, da ist das eben nicht so, dass man sagt: „Passt oder passt nicht“.
Nach schnellem Lesen des Urteils ist das durchaus plausibel begründet vom Landgericht. Mal sehen, was das OLG dazu sagen wird, sollte Netflix Rechtsmittel einlegen.
Und eben das verstehe ich nicht. Wieso muss Netflix eine Preiserhöhung rechtfertigen, andere Anbieter aber nicht? Jedes Jahr erhöhen z.B. die Hersteller hochpreisiger Uhren ihre Katalogpreise. Und jedes Jahr erhöht Bang und Olufsen seine Preise, kürzlich um satte 15%. Und hier fragt auch niemand, wieso das selbe Produkt nun plötzlich teurer wurde.
Netflix: Abonnement, Vetrag mit Laufzeit:
Deine Beispiele: Einmalkauf.
Das ist der Unterschied ;-).
Netflix ist aber ein Vertrag mit monatlich kündbarer Laufzeit. Und man wird nicht nachträglich zur Kasse gebeten. Du kannst also jeden Monat neu entscheiden, ob du den Preis weiterhin bezahlst.
Das Stichwort ist Dauerschuldverhältnis.
Was soll da der Unterschied sein? Hier wie da zahlst Du einen Preis und erhältst eine Leistung. Netflix zahlst Du monatlich und mit Sicherheit wird der Preis innerhalb eines Abrechnungszeitraums nicht geändert. Fertig, Vertrag erfüllt.
Für @Lasse und @Tandeki: Der Unterschied ist – wie von Chris R. auch genannt, die Art des Vertrags: Ihr schließt ein Abonnement bei Netflix ab, die Laufzeit ist unerheblich. Der Vertrag ist zunächst auf unbestimmte Zeit mit monatlicher Zahlung abgeschlossen. Das ist ein Dauerschuldverhältnis. Hier liegt der wesentliche Unterschied zu einem Vertrag, der auf eine einmalige Leistung hin abgeschlossen worden ist wie zB ein Kaufvertrag. Deshalb passt auch der obige Vergleich mit den Uhren aus dem Katalog nicht: Das ist am Ende ein Kaufvertrag, und da sagt der Uhrenhersteller bzw. Verkäufer eben, wie viel er haben will und ihr entscheidet, ob ihr das kauft oder eben nicht.
Sprich: Netflix oder alle anderen: Zahlen, solange der Vertrag/das Abonnement läuft. Würde ein Abonnement so laufen, würde es also heißen, dass ihr jeden Monat neu einen Vertrag abschließen müsstet und würdet. Ist aber nicht der Fall, sondern ihr müsst ja den Abovertrag kündigen, und das geht bei Netflix eben monatlich.
Und da setzten Klage und Urteil an: In einem Dauerschuldverhältnis kann ein Vertragspartner nicht mal ebenso Preise anpassen, egal in welche Richtung, erhöhen schon mal gar nicht. Und das erst recht nicht ohne Zustimmung. Und die kann er nicht einfach dadurch ersetzen, dass in den AGB so eine Klausel wie hier drinsteht. Diese ist nämlich zu unbestimmt.
Letztlich sagt das Gericht: Netflix, Du darfst Deine Preise erhöhen. Aber Du musst Deinen Kunden schon erklären, warum, also begründen. Und die muss derart bestimmt und hinreichend sein, dass Dein Kunde seine Entscheidung fundiert treffen kann, ob er mehr zahlt oder kündigen möchte.
Oder viel einfacher: Euer Vermieter darf auch nicht a) ohne Grund und b) ohne Erläuterung mal eben so die Miete erhöhen.
Gut erklärt, danke!
Das allein kann es nicht sein. Wenn Du einen Laufzeitvertrag hast, ist der Preis für eben jene Laufzeit fix und darf natürlich nicht einseitig verändert werden. Bei Anbietern wir Netflix aber kannst Du in aller Regel monatlich entscheiden, den Vertrag fortsetzen zu wollen. Insofern kann man eine einmonatige Nutzung durchaus mit einem Einmalkauf vergleichen.
Gesetze hin, Verbraucherschutz her, wir als Verbraucher haben es doch in der Hand. Und wenn einem die Leistungen oder Preise nicht passen, nutzt man dieses Angebot eben nicht (mehr) – so einfach kann das Leben sein.
Wie wäre es damit dass der Kunde bei einer Preiserhöhung zustimmen muss und wenn nach 2 Wochen nichts bestätigt wurde dann ist der Vertrag aufgehoben?
Ich glaube, im Mai 2021 gab es ein Gerichtsurteil, das eine stillschweigende Zustimmung als nicht zulässig deklariert hat. Insofern muss Netflix bei Preiserhöhungen explizit das Einverständnis der Nutzer einholen.
Das war nur für Banken.
Auch wenn „Netflix“ draufsteht? Glaub ich nicht…
https://www.ifun.de/netflix-preiserhoehungen-nicht-mehr-per-stillschweigender-zustimmung-170932/
Aber das genau will Netflix eben nicht. Netflix will einseitig, jederzeit, am besten ohne Erklärung und natürlich ohne Zustimmung des Abonennten die Preise erhöhen können. Daher vollkommen richtig, dass die Gerichte dem einen Riegel vorschieben. Netflix lotet halt aus wie weit man gehen kann, um den Abonennten auszuquetschen und den Investoren ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Wenn kein Vertrag besteht, bestimmt jeder Anbieter seine Preise einseitig. Das ist jetzt nichts neues und war schon immer so und geht meines Erachtens auch nicht anders. Sonst hätten wir ein Henne-Ei-Problem. 😉
Wie kommst Du jetzt darauf, dass kein Vertrag besteht? Das erschließt sich mir nicht.
Wie viele hier der Meinung sind, dass Netflix undurchsichtig seine Preise nach eigenem Ermessen erhöhen kann. Erstaunlich.
Man schließt ein Abo ab, welches zu einem fixen Preis abgeschlossen wurde. Sollte der Anbieter gestiegene Kosten geltend machen können, ist eine Preiserhöhung natürlich möglich und der Kunde hat die Möglichkeit zu kündigen.
Wie würden die Kommentierenden pro Netflix bitte reagieren, wenn der Vermieter die Miete unbegründet erhöht. Auch hier gelten Regeln wie ortsübliche Vergleichsmieten, Renovierungen, Sanierungen oder gestiegene Kosten.
Wenn jetzt Netflix klar machen kann, dass Serverkosten steigen, die er auf bestehende Kunden umlegen muss ist das ja eine Sache, aber sich selbst einfach mehr zu erwirtschaften ohne Mehrwert für den bestehenden (!) Kunden ist nicht OK.
Wie gesagt: Kann Netflix machen. Muss es eben nur deutlich darlegen.
Frank hat das weiter oben schon sehr gut erklärt. Für mich ist diese Sichtweise neu, da ich, entgegen eines Mietvertrags, VoD-Dienste wie Netflix nicht auf Dauer buche.
In einem laufenden Vertrag die Preise erhöhen, sollte generell verboten werden. Wenn überhaupt nur mit sofortigem Sonderkündigungsrecht. Wir reden bei Netflix ja auch nicht über 10 Jahres Verträge.
Nach der Laufzeit ist es jedoch völlig okay den Preis anzupassen.
Bei einer einseitigen Preiserhöhung besteht grundsätzlich ein Sonderkündigungsrecht, idR von vier Wochen ab Kenntnis. Da Netflix eh monatlich gekündigt werden kann, schlägt das aber ja nun auch nicht wirklich durch.