Drop-Servicing: Neue Geldverdien-Masche in sozialen Netzwerken
Auch mir werden manchmal solche Botschaften aufgedrängt: „Raus aus dem Hamsterrad – willst du Geld verdienen mit minimalem Aufwand?“ – und dann soll man meist wenig seriös wirkenden Gestalten lauschen, wie sie einem die Welt bzw. das Reichwerden erklären. Dahinter steckt zumeist das gleiche Schema: Drop-Shipping. Das heißt, ihr bestellt im Grunde Waren für andere Leute und kassiert einen Aufschlag. Nun kristallisiert sich auf Plattformen wie TikTok eine neue aber ähnliche Masche heraus: Drop-Servicing.
Schon Drop-Shipping hat einen schlechten Ruf: Eigentlich schaltet man sich da nur zwischen den Besteller und den Händler – als Mittelsmann. Das ist für Kunden oft sehr intransparent, die nicht einsehen können, wer der eigentliche Lieferant ist. Drop-Servicing funktioniert ganz ähnlich. Jemand will einen Auftrag erteilen, z. B. das Erstellen eines Artworks, Aufnahme eines Audio-Jingles oder Drehen / Schneiden eines kurzen Videos. Ein anderer will als freiberuflich diese Leistung erbringen. Beim Drop-Servicing gibt es dann aber keine direkte Beziehung zwischen dem Auftraggeber und dem eigentlichen Auftragnehmer, sondern auch hier ist ein Mittelsmann dazwischen geschaltet, der jeweils zu den beiden Kontakt hat.
Der Mittelsmann nimmt also den Auftrag an, erteilt ihn an einen seiner Freiberufler aus einem Pool, liefert dann dem Auftraggeber die Ware, bezahlt seinen Auftragnehmer und kassiert vom Auftraggeber einen Aufschlag. Im Wesentlichen wird hier vom Mittelsmann ausgenutzt, dass z. B. günstig über Plattformen wie Fiverr Freiberufler beauftragt werden, die oft zu unerfahren sind, um einzuschätzen, wie viel ihre Arbeit wert sein sollte.
Zusätzlich weiß der Freiberufler in diesem Szenario gar nicht genau, für wen er sich eigentlich abrackert. Das kann problematisch sein, wenn derjenige meinetwegen ein Artwork für eine Pornoseite erstellt, ohne es zu ahnen – und dies vielleicht abgelehnt hätte, wäre er sich dessen bewusst gewesen. Tauchen Probleme auf, wird es zudem schwierig für sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer, denn die gesamte Kommunikation verläuft ja nur indirekt über den Mittelsmann, der das Drop-Servicing organisiert hat. Da kann es leichter zu Missverständnissen kommen.
Beim Drop-Servicing machen die Mittelsmänner oft enorme Gewinne – gerade wenn es etwa um die Videobearbeitung geht. Vereinfacht: Da lässt sich dann eben ein Mensch aus einem wohlhabenden europäischen Land letzten Endes sein Hochzeitsvideo von einem Bewohner eines Schwellenlandes schneiden. Der Aufschlag, welchen der Mittelsmann kassiert, kann hier bis zu 500 % und mehr betragen. So herrscht auf Plattformen wie Fiverr ein reger Preiskampf, der Drop-Service-Organisatoren natürlich in die Hände spielt. Meist stammen die Freelancer aus Ländern wie Indien, Pakistan, den Philippinen oder z. B. Kroatien.
Völlig neu ist diese Masche natürlich nicht, denn im Grunde wird hier Outsourcing betrieben. Allerdings ist das Ganze relativ unorganisiert und chaotisch geworden, durch die Vielzahl an Ein-Mann-Unternehmen, die damit werben. Wie man das bewertet, ist nicht einfach zu entscheiden. Man könnte argumentieren, der Mittelsmann nimmt hier Auftraggeber und Auftragnehmer Arbeit ab: Freelancer müssen nicht selbst nach Auftraggebern fahnden und letztere sparen sich ebenfalls den Suchaufwand. Beide könnten aber in den zu zahlenden Kosten besser wegkommen, würden sie auf den Mittelsmann verzichten. Letzterer steuert selbst keinen Wert bei, wird von Kritikern argumentiert.
Ich selbst weiß auch nicht so recht, was ich davon halten soll: Wurdet ihr schon mit dem Thema konfrontiert? Bei TikTok gibt es aktuell wohl einen regelrechten Hype darum.
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Wenn es bei TikTok gehyped wird, dann weiß ich in welche Kategorie ich es einordnen würde und das ist garantiert nicht die positive der möglichen Kategorien.
Dropshipping gibt es seit Jahrzehnten, heißt auf Deutsch „Streckengeschäft“.
Bei Dropservicing ist der einzige Unterschied, dass die Creator häufig im Ausland sitzen, ansonsten ist es genau dasselbe Geschäft, welches Agenturen seit Ewigkeiten anbieten.
In der aktuellen Welt gibt es immer mehr Menschen die sich selbständig machen wollen und diese unterstützen zumeist kreative und fähige Künstler aus günstigeren Ländern, in denen die Künstler lokal nie Geld verdienen würden, zumindest nicht mit Grafiken/Bildschnitt/Webseiten erstellen etc.
Warum also nicht für ca 500 Euro jemanden anheuern, der lokal maximal umgerechnet 300 Euro verdienen würde?
Ohne das ganze Konzept schönreden zu wollen, aber die gleiche Argumentation könnte man bei jedem Mittelsmann bringen. Wenn ich mein Haus ohne Makler verkaufe, sparen ich und der Käufer richtig Kohle. Genauso will auch ein Einzelhändler Geld verdienen, warum also nicht gleich direkt beim Großhändler (oder noch besser, direkt beim Hersteller) einkaufen?
Die Antwort steht eigentlich schon oben im Text!
Du willst ein Haus bauen (lassen), beauftragst z.B. Bienhaus.
Jene geben den Auftrag dann weiter an eine Sub, diese wiederum usw.
Der Rohbau steht noch nicht, du hattest aber schon einen Teil gezahlt.
Bienhaus geht bankrott.
Wo bekommst Du nun Deine Kohle wieder zurück?
Du möchtest beim Großhändler einkaufen?
Ja, verdammt, warum machst Du es nicht einfach?
Ach Du musst erst ein Gewerbe anmelden,
und glaubst Du wirklich, Du sparst auch nur einen Cent, wenn Du jetzt bei Selgros einkaufen kannst?
„Beide könnten aber in den zu zahlenden Kosten besser wegkommen, würden sie auf den Mittelsmann verzichten. Letzterer steuert selbst keinen Wert bei, wird von Kritikern argumentiert.“
Ja kann sein – muß es aber nicht.
In der Logistik der greifbaren Dinge („Waren“) sind Mittelmänner ja etwas normales: Großhändler nennt man sowas. Hier könnte man auch sagen: warum bestellt der Edeka Müller seinen Marmelade nicht direkt in Aachen bei Zentis?
Antwort: weil der Großhändler (oder die Edeka Zentral-Logistik) hier sowohl Hersteller als auch Händler Arbeit abnimmt: der Hersteller muß sich nicht mit dem Versenden noch 1.000 Lieferungen an 1.000 verschiedene Adressen rumplagen – der Einzelhändlern bekommt nicht 1.000 verschiedene Lieferungen von 1.000 Lieferanten pro Tag…
Bei Dienstleistungen fällt sowas natürlich weg.
Hier fällt mir aber ein:
a) Ein Mittelsmann „kennt“ seine „Zulieferer“ von vorherigen Aufträgen. Er wird vielleicht dafür sorgen, daß die Guten – die gut beim letzten Kunden ankamen – nochmals Aufträge bekommen. Und daß die Schlechten nicht noch einmal engagiert werden.
Hier hat der Endkunde den Vorteil, daß der Mittelsmann bereits für ihn eine Selektion gemacht hat.
Und der Zulieferer hat den Vorteil, daß er bei guter Arbeitsweise eine höhere Chance hat, einen Folgeauftrag zu bekommen – evtl. mit weniger Kosten für Akquise.
—-> das gilt natürlich nur, wenn der Mittelsmann eher mittelfristig / langfristig denkt und nicht nur auf Teufel komm raus alles vermitteln will, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist….
b) Bei größeren Projekten wird vielleicht nicht nur ein Maler gebraucht – vielleicht auch ein Elektriker. Oder zu einem C-Programmierer wird noch ein JavaScript-Experte für einen kleineren Teil des Projekts benötigt. Der Mittelsmann hat hier vielleicht Experten auf der Hinterhand … kann viel schneller auf zusätzliche Anforderungen des Endkunden reagieren.
Es kann aber auch so laufen, wie beschrieben: daß ein Mittelsmann alle ausnutzt … und nicht viel dafür tut 😉
Eine neue Masche ist Dropservicing nicht, dass gibt es wie Dropshipping schon seit Jahren. Auf TikTok wurde die Masche vielleicht gerade neu entdeckt, aber vieles auf dieser Plattform ist halt einfach wiederverwertetes Jahre altes Material.
Ein neuer Name für ein altes Modell auf einer neuen Platform. Mehr nicht.
Schwarze Schafe gibt es überall. Und ob sich auf TikTok nun mehr schwarze Schafe als anderswo finden: kann ich nicht beurteilen, weil ich mich da nicht bewege.
In der Industrie ist es ähnlich, obwohl man das sicher nicht mit den relativ kleinen Aufträgen, die im Artikel angesprochen werden, vergleichen kann. Ich arbeite in einem Konzern, da bekommst Du als Freelancer gar keinen Auftrag, wenn Du nicht über eine Firma als Mittelsmann agierst. Einfach weil Du den ganzen Overhead und die Verwaltungstätigkeit, die die Zusammenarbeit als Auftragnehmer mit so einer großen Organisation auf der Gegenseite mit sich bringt, gar nicht alleine hin bekommst. Dazu kommt natürlich als Auftraggeber die Anforderung, dass man vom Vermittler schnell adäquaten Ersatz bekommt, falls ein Freelancer ausfällt. Bei Vermittlern im Bereich der Kleinaufträge wird sich vermutlich auch erst mit der Zeit herausstellen für wen Qualitätssicherung und damit langfristig ein guter Name etwas zählt, oder wer nur auf schnellen Umsatz aus ist.
Man muss eben unterscheiden, ob der Mittelsmann hier einen wirklichen Mehrwert bietet und seinem Geld gerecht wird, oder eben nicht. Es gibt durchaus Geschäftsfelder, in denen ein Mittelsmann Arbeit abnehmen und so einen Mehrwert bieten kann (Agenturen, Personalwesen, Recruiting etc.)
Das Problem, das hier beschrieben wird, ist, dass es nun jeder machen will. Einen Mittelsmann, der alles kann, gibt es nicht. Gepaart mit dem Social-Media-Trend zu „sidehustles“ gibt es dann eben viele Leute da draußen, die mit solchen Geschäften viel Geld mal so nebenbei machen möchten.
Wie gesagt, nichts gegen Mittelsmänner, die einen Mehrwert bieten, ich bin selbst in einer solchen Branche tätig. Aber es nimmt überhand, wie eigentlich alles, was man
– von zuhause aus
– mit einem Laptop
– ohne Ausbildung
machen kann.
Ach, das ist diese Masche, wenn eine Agentur aus Deutschland den Behörden billige FFP2-Masken aus China für 10 Euro verkauft. Das kannte ich schon. Das war in den Nachrichten.
Mit ein Grund dafür warum ich immer öfter in die Natur gehe, und weniger vor dem digitalen Endgerät sitze. Es nervt einfach nur noch. Früher waren die Zeiten gefühlt besser, und die Wahrnehmung war eine andere
Hubertus made my day 😀
Vielen Dank!
Wow, das Konzept von zig Marketing- & Werbeagenturen mit einem neuen Begriff versehen. Das wird doch schon seit Ewigkeiten so umgesetzt 😉