Bundesgerichtshof urteilt: „Schweigende Zustimmung“ in Verbindung mit Bankenverträgen unwirksam
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte vor einer Weile Klage gegen die Postbank eingereicht. Es ging hierbei um den Sachverhalt, dass die Bank in ihren AGB Klauseln verwenden würde, wonach sie ihre Kunden im Falle von Änderungen an Gebühren und dergleichen, in Textform darüber informieren können und die Inhalte auch dann vom Kunden als bestätigt gelten, wenn dieser nicht in einer im Schreiben genannten Zeit widerspricht – „schweigende Zustimmung“ also.
Die beklagte Bank verwendet in ihrem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Klauseln enthalten, die im Wesentlichen den Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 2 Abs. 1 bis 3 AGB-Sparkassen bzw. den Nr. 12 Abs. 5 AGB-Banken und Nr. 17 Abs. 6 AGB-Sparkassen entsprechen. Danach werden Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung weist ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hin. Der Kunde hat die Möglichkeit der Kündigung. – BGH (AZ XI ZR 26/20)
Nun hat der Bundesgerichtshof sein Urteil gefällt, wonach jene Klauseln den Kunden unangemessen benachteiligen würden und solche daher nicht weiter wirksam sind. Für Banken und Sparkassen heißt es daher nun, AGB-Änderungen zukünftig nach anderen Kriterien vorzunehmen und ihre Klauseln entsprechend anzupassen.
Vorschau | Produkt | Preis | |
---|---|---|---|
Echo Dot (4. Generation) | Smarter Lautsprecher mit Alexa | Weiß | 27,02 EUR | Bei Amazon ansehen |
Transparenz: In diesem Artikel sind Partnerlinks enthalten. Durch einen Klick darauf gelangt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir eine kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Partnerlinks haben keinerlei Einfluss auf unsere Berichterstattung.
Betrifft das auch die aktuellen Änderungen bei der Commerzbank?
Ich meine, ja. Allerdings wird das im besten Falle nur eine aufschiebende Wirkung haben für eine geringe Zeitspanne. Der Bank(CB) wird ja nicht verboten, die Klauseln zu ändern, sondern sie soll nur die Kenntnisnahme dazu anpassen. Ich werde jetzt halt wechseln müssen und dabei hoffen, dass das nächste Institut nicht baldigst nachzieht. Am Ende wird wohl wieder der Sparstrumpf unterm Kopfkissen neu erfunden werden müssen.
Naja, es bezieht sich jetzt aktuell nicht auf die Änderungen bei der Commerzbank. Das Urteil war jedoch mehr allgemeiner Natur und man könnte nachdenken, was das für die Änderungen bei der Commerzbank bedeutet:
„Mittels Zustimmungsfiktion kann die vom Kunden geschuldete Hauptleistung geändert werden, ohne dass dafür Einschränkungen vorgesehen sind. Die Beklagte erhält damit eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten. Für solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen ist, wie oben ausgeführt, ein den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Eine Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Verwendungsgegners nicht aus.“
Quelle: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021088.html
Die Frage ist also, was in den jeweiligen Paragrafen steht.
BGB § 305 Abs. 2: da geht es darum, dass die stillschweigende Zustimmung nicht zulässig ist, denn der Vertragspartner muss a) verstehen und b) zustimmen.
BGB § 311 Abs. 1: hier geht es um die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Wahrscheinlich um zu betonen, dass Verträge zweiseitig sind und nicht einseitig geändert werden können.
BGB §§ 145 ff.: „ff“ bedeutet hier „alles nach 145“ und da geht es grundsätzlich um Vertragsrecht.
D.h. nach meinem Laienverständnis würde ich sagen, dass sich das Urteil auch auf einen Fall wie bei der Commerzbank anwenden lässt. Allerdings sagt das Urteil nichts Neues, außer dass es nochmal darauf hinweist, wie Verträge rechtmäßig zu schließen und zu ändern sind. Deshalb auch der Verweis auf einen „Änderungsvertrag“.
Auf Deutsch bedeutet das meines Erachtens nur: wenn sich wesentliche Teile eines Vertrags ändern, kann das nicht in den AGB niedergeschrieben werden. Auch kann nicht von einer stillschweigenden Zustimmung ausgegangen werden. Vielmehr muss ein Änderungsvertrag „auf den Tisch gelegt“ werden, beide Parteien müssen ihn verstehen und diesem aktiv zustimmen. Wenn Du zustimmst, gelten dann die neuen Regeln. Wenn Du nicht zustimmst, wirst Du wahrscheinlich eine fristgerechte Kündigung erhalten. Ein Recht auf eine außerordentliche Kündigung hast Du wahrscheinlich damit auch.
Müsste ja demnach und auch dir der comdirect und vieler anderer Banken, die nicht nach einer aktiven Zustimmung fragen.
Nicht aufregen, einfach zum Basic Konto wechseln, das bleibt vorerst kostenlos. Darüber steht natürlich im postalischem Anschreiben nix. Schaut einfach ob der Vergleich der beiden Kontentypen für euch passt, dann einfach wechseln und gut. https://www.commerzbank.de/portal/de/seiten/wechselinfo/inhalt/startseite/wechselinfo.html
warum nicht auch für Strom, Telefonverträge etc. ? Es ist inzwischen abartig, wie Deutschland sich im Banken-Bashing befindet und jeder hier billigen Applaus sucht.
Als ob irgendeiner jemals die AGB komplett lesen würde, um explizit zuzustimmen. Hier wird ein Bürokratiemonstee geschaffen, dass die Bankgebühren ein weiteres Mal hochtreiben wird.
Das genau ist doch das Problem: ich persönlich lese die AGB und wenn ich sie nicht verstehe oder sie mir zu lange sind, schließe ich einen Vertag nicht ab. Wenn ich dann ständig Post bekomme, in denen man die hälfte der AGB austauscht, nervt das. Oft sind es nur Anpassungen an neue rechtliche Bedingungen, wenn es aber zu meinen Lasten geht, dann finde ich diese „Wenn du nichts sagst gilt das als angenommen“ unverschämt und ich finde es gut, dass dem ein Riegel vorgeschoben wird. Auf jeden Fall sollte das auch für andere Verträge gelten, sehe ich genauso.
Und das gilt nicht nur für AGB-Änderungen. Auch Vertragsänderungen mit stillschweigender Zustimmung sind eine Unverschämtheit. Ich habe schon erlebt, dass Versicherungen in der Sommerferienzeit Vertragsänderungen per Post verschickt haben, die nach sieben Tagen ohne Widerspruch aktiviert werden. Im Zweifel hatten die Kunden dann nach Rückkehr aus dem Urlaub eine neue Versicherung. Ich weiß gar nicht, gegen wie viele geltende Gesetze dies spricht, ganz zu schweigen von den moralischen Aspekten.
Die Leute bei der Comdirect dürften gerade im Strahl kotzen. Zum 01.05 sollen dort den Bestandskunden die bereits ausgegebenen Kreditkarten mit 1,90€ pro Monat berechnet werden – auch hier eine Stillschweigende Änderung
Naja und was ist dann die Konsequenz für Dich?
Die buchen dir die 1,90€ ab. Du sagst, dass du damit nicht einverstanden bist. Die kundigen einfach die Kreditkarte. Fertig.
Ich nutze die CC weiter wie bisher auch. In 5 Monaten, wenn der Kontowechsel durch ist, beschwere ich mich bei der Comdirect über die Gebühren und verlange Rückerstattung unter verweis auf das Aktenzeichen
Was dazu führen wird dass Du entweder die Karte gekündigt bekommst oder gleich das ganze Konto.
Gewinnen tust Du gar nichts. Vielleicht 1 oder 2 Monate rückwirkend ne Erstattung, aber dafür den ganzen Stress?
Dann hier schon mal vorsorglich ein Musterbrief: https://rechtecheck.de/vorlagen/musterbriefe/bankgebuehren-erstattung-musterbrief-bgh.pdf
Die Banken müssen nun für die Zukunft ein neues Konzept entwickeln, wie sie solche Änderungen durchführen können. Bisher war es doch so, dass fast alle Kunden die Änderungen hingenommen haben. Die paar wenigen, die Widersprochen haben, wurden gekündigt weil es verkraftbar war.
In Zukunft muss der Kunde ausdrücklich zustimmen, was eine aktive Handlung des Kunden erfordert. Es ist zu erwarten, dass viel mehr Kunden dies nicht tun als zuvor mit der fingierten Zustimmung. Ab einem gewissen Punkt ist es für die Banken dann nicht mehr verkraftbar, all diese Kunden zu kündigen.
Das ist das viel Entscheidendere und eben die große Frage:
Wenn Kunden einer Änderung aktiv zustimmen müssen, wird die Änderung zu SEHR viel mehr Aufwand der Bearbeitung und zu höheren Kündigungszahlen führen.
Die Frage ist nur:
Ist das hier nun ein Urteil in einem einzelnen Verfahren = die Banken können das weiterhin machen wie gehabt und nur das Risiko dass zwei, drei Leute klagen steigt?
Oder entsteht aus diesem Urteil tatsächlich eine Pflicht für Banken in Zukunft anders zu handeln?
Und gilt die auch rückwirkend (ich schaue auf Euch, DKB, mit der Gebühr von 1 EUR / Monat für jede popelige Unterkontonunmmer. Von denen ich ca. 6 hatte)?
„Oder entsteht aus diesem Urteil tatsächlich eine Pflicht für Banken in Zukunft anders zu handeln?“
Das deutsche Recht funktioniert meiner Meinung nach so nicht. Ein Urteil wie dieses führt nur dazu, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, in einem ähnlichen Verfahren ein vergleichbares Urteil zu erzielen. Dadurch hat man prinzipiell bessere Karten, wenn man z.B. einer Änderung mit stillschweigender Zustimmung widerspricht.
Eine generelle Pflicht kann zudem nicht entstehen, da das Gericht in seiner Einschätzung ja nur auf geltendes Recht und dessen Anwendung verwiesen hat. Die Pflicht hat daher schon immer bestanden, jedenfalls so lange die Gesetze im BGB existierten, auf die das Gericht verwiesen hat.
Rückwirkend wird (wieder nur nach meiner Meinung) ein Anspruch schwierig. Denn dabei ist die Zeit zwischen der Änderung und heute zu beurteilen. Deshalb zahlen Leute meist Beträge „unter Vorbehalt“, mit denen sie nicht einverstanden sind, gegen die es aber noch keine Handhabe gibt. Damit eben später dagegen vorgegangen werden kann. Da wird die Komplexität dann durch Querverweise auf andere Paragrafen dann größer, weshalb man einen routinierten Juristen benötigen würde. Und bei den Beträgen lohnt sich das eher nicht. 😉
Die Kunden kotzen auch. Angenommen, sie haben das Geschreibsel verstanden, dann müssen sie die Kreditkarte kündigen (geht immerhin online). Dann können sie eine andere VISA-Karte beantragen (ist aber keine Kreditkarte, ist eine Debit-Karte). Mir wäre das egal, aber 90 % werden sich im Juni irgendwann wundern, was da 2 € kostet und anfangen im Strahl zu kotzen, weil sie aktiv werden müssen.
Die Visa-Debit kommt automatisch, da muss man nichts tun. Die KK kann man soweit ich es verstehe monatlich kündigen. Auch wenn ich mir den Betrag gerne sparen würde, finde ich die Konditionen insgesamt noch fair. Ob man überhaupt eine KK braucht oder nicht, muss jeder selbst wissen.
Ja, die codi hätte auch einfach alle KK kndigen können und gleichzeitig einen neuen Antrag für eine kostenpflichtige KK beilegen können. Dann würden vermutlich die andere Hälfte der Kunden „im Strahl kotzen“, weil plötzlich Netflix, Spotify, usw. nicht mehr abgebucht werden kann.
Merkwürdige Diskussion hier, finde ich. Wichtig vor allem doch: Ganz viele Kunden haben Geld zurück zu bekommen. Hier: https://www.test.de/4863720-0/ ausführlich erklärt.
Ja, ein paar Kunden bekommen ein paar Euro zurück und alle dürfen sich dafür in Zukunft zeitintensiver mit einer aktiven Zustimmung zu den regelmäßigen, teils auch gesetzlich bedingten AGB-Änderungen beschäftigten und es läuft am Ende auf genau das gleiche Ergebnis raus: Akzeptieren oder Kündigung. Für mich eines der sinnloseren BGH-Urteile.