Pokémon Go: Verbraucherzentrale Bundesverband mahnt Niantic für AGB ab

artikel_pokemongoWas hat sich die Welt über Pokémon Go gefreut. Kinder verlassen ihre Zimmer wieder, Jung und Alt trifft sich zum fröhlichen Jagen der Pokémon auf den Straßen, selbst in ländlichen Gegenden ist dieses Phänomen wahrnehmbar. Krasse Nummer, die allerdings auch von Anfang an die Datenschützer auf den Plan rief. Der Verbraucherzentrale Bundesverband mahnt Niantic, den Entwickler von Pokémon Go nun ab. Anlass sind 15 Klauseln aus den Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen, an denen sich der vzbv stört. Gefordert ist eine Unterlassungserklärung bis zum 9. August, andernfalls wird der Klageweg in Erwägung gezogen.

Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim vzbv meint dazu:

[color-box color=“gray“ rounded=“1″]“Wer in Deutschland Geschäfte machen will, muss sich auch an die hier geltenden Verbraucherrechts- und Datenschutzstandards halten. Da sehen wir in den Geschäftsbedingungen von Pokémon Go noch erheblichen Nachholbedarf.“[/color-box]

Unter anderem stört sich der vbzv daran, dass man nicht anonym spielen kann und dank Standortfreigabe und zwingend erforderlicher E-Mail-Adresse sehr viele personenbezogenen Daten gesammelt werden. Nach AGB könnten diese Daten auch an unbeteiligte Dritte weitergegeben werden. Auch könne der Vertrag jederzeit von Niantic geändert werden, oder der Dienst eingestellt werden. Dies gelte auch für In-App-Käufe mit echtem Geld, wie der vbzv erklärt.

Für die Anwendung der AGB soll kalifornisches Recht gelten, Nutzer wären bei Streitigkeiten also in der misslichen Lage, ein Schiedsgericht in den USA anrufen zu müssen. Auch dass es keine Rückerstattung bei In-App-Käufen gibt, stört den vzbv. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, meine aber schon des Öfteren gelesen zu haben, das eine Rückgabe bei In-App-Käufen ausgeschlossen wird. Warum das hier ein Problem sein sollte, erschließt sich mir nicht so ganz, zumal die Abwicklung ja nicht über Niantic direkt läuft.

Spannende Sache, teilweise könnte man beim Lesen der vbzv-Pressemitteilung meinen, dass der Verband das erste Mal eine App heruntergeladen hat. Anonymes Spielen bei einem standortbasierten Game mit Cloudanbindung. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob dies in der Theorie möglich ist. Man nutzt einen Dienst, meldet sich dafür an und akzeptiert die AGB, meist ohne durchzulesen. So läuft das leider in der Regel, ich glaube nicht, dass sich jemand durch die AGB vom Spielen abhalten lässt. Nicht nur bei Pokémon Go.

Davon ab ist es natürlich schon richtig, dass die AGB vielleicht nicht mit deutschem Datenschutzrecht vereinbar sind, allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass es sich hier um ein Spiel handelt. Man teilt dem Game keine sensible Daten mit (bis auf die Bewegungsdaten, die gibt man aber auch ohne die App bei Nutzung eines Smartphones schon preis), noch benötigt es Zahlungsinformationen oder sonst etwas vom Nutzer. Abgefragt wird die E-Mail-Adresse und das allgemeine Google-Profil, wenn man sich mit Google anmeldet.

Sollte der vbzv mit der Abmahnung erfolgreich sein, darf Niantic die AGB in Deutschland nicht mehr verwenden. Das wiederum würde wohl eher dafür sorgen, das Spiel hier einfach wieder vom Markt zu nehmen anstatt es anzupassen. So wichtig ist Deutschland dann auf dem Gesamtmarkt auch nicht.

Wie seht ihr das Ganze? Springt der vbzv auf den Pokémon Go Hypetrain auf, wie es viele Verbraucherschützer gerne bei Google, Facebook, Snapchat und Co machen – oder seht ihr bei diesem Spiel ein echtes Problem? Falls ja, dann müssten die Verbraucherschützer zukünftig viele Hersteller abmahnen.

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36 Kommentare

  1. Definitiv hypetrain, Ingress hat so gut wie die selben AGB und da hat sich anscheinend keiner Beschwert.

  2. Es liest eh niemand weil man dann an seinem Smartphone praktisch nichts nutzen könnte und 40 Stunden pro Tag lesen müsste – und es dann sowieso nicht versteht. Und das Abmahnen bringt praktisch nichts. Ist eh identisch zu Ingress und da hat es auch nichts gebracht zu meckern.
    Wenn dann brauchen wir in der EU andere Gesetze für Datenschutz, also einheitlich und klar geregelt mit entsprechenden Strafen. Dann hätte man auch Facebook & Co besser im Griff…

  3. Deutschland ist sowas von lächerlich mit dem Datenschutz und co.
    „Unter anderem stört sich der vbzv daran, dass man nicht anonym spielen kann und dank Standortfreigabe und zwingend erforderlicher E-Mail-Adresse sehr viele personenbezogenen Daten gesammelt werden“

    Oh man , so funktioniert eben das Spiel und wem es nicht passt, der soll es einfach nicht spielen.
    Diese typische deutsche Rumheulmentalität kotzt einen sowas von an.
    Wenn man damit kein Geld machen könnte würde niemand jemals was in Deutschland anbieten, den Stress muss man sich nicht unbedingt antun.

  4. Grundsätzlich sind es schon sensible Daten, mit denen wir da hantieren. Ich halte es auch für dramatisch, dass unser Verbraucherschutz quasi keine Chance hat.

    Allerdings ist es eben auch so, dass man viele dieser Daten, wie beschrieben, für das Funktionieren des Spiels benötigt.

    Dennoch denke ich gerne an Spiele wie Sim City zurück, bei dem angeblich auch die Online-Pflicht notwendig war, um das Spiel überhaupt spielen zu können. Ein halbes Jahr später, ging es dann plötzlich doch offline … Wenn da dann niemand protestiert (Nutzer und/oder Einrichtungen), dann machen die Hersteller eben auch, was sie wollen. Das sollten wir verhindern.

  5. Hoffentlich gewinnen sie. Die Datenschutzbestimmungen von Niantic (insbesondere die Werbeklausel) sind widerwärtig.

  6. Wenn ich kalifornische AGB akzeptiere, hat mir da kein deutscher Verband reinzureden. Es ist kein deutsches Spiel. Dass ich mit meinem Smartphone zufällig gerade in Deutschland bin darf nicht dazu führen, dass mein Spielglück plötzlich von den Ansichten eines deutschen Vereins abhängt, der es ungefragt nur gut mit mir meint.

  7. „Anonymes Spielen bei einem standortbasierten Game mit Cloudanbindung. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob dies in der Theorie möglich ist.“
    Warum sollte das nicht möglich sein? Es geht hier darum, dass die Bewegungsdaten unmittelbar mit einer Email verknüpft sind und in den meisten Fällen mit dem echten Namen. Das muss ja nicht unbedingt sein.

  8. Es ist schon faszinierend wie die Menschen so denken. Wenn es die VZBV nicht geben würde, würde es in D schon weitaus schlechter aussehen. Und mir brauch keine erzählen, dass die Kombination Telefonbuch hochladen + Personenbezogene Daten verarbeiten und an dritte private weitergeben + GPS-Daten auswerten in dieser Art für das Funktionieren des Spiels zwingend notwendig ist.

    Und noch was: Wer in Deutschland Handelsgeschäfte durchführt hat sich auch an deutsche Gesetze zu halten, vollkommen egal was einzelne User darüber denken.

  9. Wieviel Elend auf der Welt braucht denn der eine oder andere hier noch, um die Relevanz von derartigen Bürger- und Verbraucherrechten zu erkennen? Brave new world.Alles egal, wir werden gläsern, trackbar, berechenbar aber Hauptsache wir haben was schönes gezockt dabei.

  10. Ich fühle mich nicht „geschützt“, wenn mir meine Freiheit beschnitten wird, Verträge einzugehen. Wenn andere AGB prüfen, die ich schon akzeptiert habe, dann darf deren Einschätzung meine nicht übertrumpfen.

  11. „Deutsches Datenschutzrecht“??? Gibt es sowas überhaupt noch nach VDS?

  12. Kalifornische AGB unter den Vorbehalt deutschen Rechts zu stellen ist absurd.

  13. Zu glauben, das in Deutschland beziehungsweise der EU kalifornische AGB rechtlich wirksam sein sollten ist absurd.

  14. Ich finde den Vorwurf ziemlich weird. Bei Ingress hat sich auch keiner an den AGB gestört und es sind fast dieselben AGB-Bestimmungen.

  15. Soviel ich weiß, wird das Geschäft ja nicht in Deutschland abgewickelt. Weder die Server von Niantic noch der Play Store von Google stehen hier. Also warum sollte man in Kalifornien deutsches Recht gegen sich gelten lassen?

  16. Ich finde es prinzipiell gut, dass sich jemand die AGB genauer anschaut und auf die Kompatibilität mit deutschem Recht abklopft, denn der Google App Store funktioniert ja auch länderbasiert, wie man z. B. beim Roll-out von Pokémon GO gesehen hat.
    Allerdings ist es gerade der Sinn von AGB, Datenschutzrechte etc. für den Anwendungsfall anzupassen, die Vertragsfreiheit geht da ziemlich weit. Ich prognostiziere: die VBZV wird da größtenteils auf die Nase fallen, es werden aber 2-3 kleinere Passagen der AGB geändert werden müssen und die VBZV wird das als großen Erfolg verkaufen, auch wenn es nur ein sehr kleiner Erfolg ist 😉

  17. „Was hat sich die Welt über Pokémon Go gefreut.“

    Ist das so? Dann komme ich wohl aus einer anderen Welt.
    Ich kann nur hoffen, dass die vom Autor im vorletzten Absatz benannte Option zutreffen wird, obwohl ich davon ausgehe, dass sich dieser Hype, wie vor ein paar Jahren bereits bei 2ndLife geschehen, schon bald erledigt haben wird.

  18. sollte heißen: *schon bald von selbst erledigt haben wird*

  19. Stefan Scheller says:

    @Balu: Ich zitiere: „dass die Kombination Telefonbuch hochladen + Personenbezogene Daten verarbeiten und an dritte private weitergeben + GPS-Daten auswerten in dieser Art für das Funktionieren des Spiels zwingend notwendig ist.“

    Ich habe jetzt den artikel 2 mal durchgelesen, sowie mir die nötigen berechtigungen im play store angesehen. Nirgendwo wird etwas von zugang zu kontakten erwähnt… Des weiteren: kannst du mir mal erklären, wie ein positionsbasiertes spiel ohne auswerten der GPS position funktionieren soll?

  20. Bei ausländischen Banken die in Deutschland Konten anbieten beschwert sich komischerweise keiner über Einlagensicherungsfonds, etc.

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