Cyborg Beast: 50-Dollar-Prothese aus dem 3D-Drucker verglichen mit einer 42.000-Dollar-Prothese
3D-Druck ist für den normalen Tech-Interessierten noch eine Spielerei. Ein paar Figürchen hier, Smartphone-Hüllen da, eventuell sogar noch eine selbstgedruckte Handfeuerwaffe. Im medizinischen Bereich könnte 3D-Druck aber eine große Chance sein, zumindest in bestimmten Fällen. So auch für Jose Delgado Jr, der ohne linke Hand auf die Welt kam. Er hat eine „normale“ Prothese, mit der er greifen kann. Solche Prothesen sind teuer. In diesem Fall 42.000 US-Dollar. Delgado hat nun auch eine zweite Prothese, aus dem 3D-Drucker, eine „Cyborg Beast„-Hand. Kostenpunkt: rund 50 US-Dollar.
Delgado sollte die Prothese aus dem 3D-Drucker ausprobieren und über seine Erfahrungen berichten. Kann eine 50 Dollar-Prothese aus dem Drucker mit einer hochpreisigen normalen Prothese mithalten? Das wollte Jeremy Simon von 3DUniverse.org wissen und fertigte für Delgado diese neue Prothese aus ABS-Material.
Im Arbeitsalltag muss Delgado Kisten heben, etwas das mit der herkömmlichen Prothese zwar funktioniert, aber besser sein könnte. Die ABS-Hand aus dem Drucker machte diesen Job besser, da sie griffiger ist. Generell ist Delgado von der neuen Hand so angetan, dass er die „Cyborg Beast“-Hand der um ein vielfaches teureren Prothese vorzieht. Im Video seht Ihr selbst, was Delgado dazu sagt.
Nun will Jeremy Simon eine stabilere Hand für Delgado drucken. Als Material soll hier Bridge Nylon zum Einsatz kommen, was mehr Haltbarkeit bietet als der ABS-Kunststoff.
Sicher kann man eine 50 US-Dollar ABS-Prothese aus dem Drucker nicht mit einer myoelektrischen Prothese direkt vergleichen, schließlich stehen da Firmen dahinter, die etwas daran verdienen wollen. Die Entwicklung spielt hier auch eine große Rolle, aber es zeigt, dass mit 3D-Druck vieles wesentlich kostengünstiger ermöglicht wird.
Der medizinische Bereich wird generell sehr stark von 3D-Druck profitieren. Prothesen stehen hier an erster Stelle, egal für welches Körperteil. Zusammen mit neuen Scan-Techniken beispielsweise könnte man On-the-Fly perfekt angepasste Prothesen aus dem 3D-Drucker zaubern. Das kann vielen Menschen helfen, die sich vielleicht keine mehrere Tausend Dollar teuren Prothesen leisten können (falls eine Versicherung nicht zahlt oder so eine Versicherung gar nicht existiert).
Hier muss man aber auch ganz klar sagen: Die hohen Kosten für Medizinprodukte entstehen nicht immer (oder eigentlich nur selten) aufgrund hoher Produktionskosten. Das Entscheidende ist zum einen die Entwicklung (wenn es ein sehr komplexes Produkt ist) vor allem aber die Prüfung, Studiendurchführung und Zulassung. Damit dürfte auch die $50 Prothese höchstens als Denkanstoß taugen.
@Stefan, und trotzdem ist der Kunde/Patient besser unterwegs. Und das zählt.
@clmolv Nein, da wird sich nicht sehr viel ändern. Denn (zumindest nach heutigem Stand) müssen Medizinprodukte ein umfassendes Zulassungsverfahren durchlaufen. D.h. die werden nach wie vor nicht für $50 zu bekommen sein. Wie sehr ein 3D Drucker die Kosten senkt, hängt vernmutlich entscheidend von dem Verwendeten Material ab. Bei einigen könnte es das Ganze billiger machen, bei anderen Sachen wohl nicht,.
Gigantisch – eine tolle Chance für viele Menschen mit einer Behinderung! Was wäre mit Voll-Zahnprothesen, wie Oma sie benötigt? Auch wenn der erhöhte Verschleiß einen deutlich häufigeren Neudruck erfordert – wäre dies vorstellbar? Die Farbe dürfte natürlich eine andere sein…
Kommt die myoelektrische Steuerung auch aus dem Printer oder woher stammt sie? Die Kunst wird nämlich gerade die Steuerung sein. Hinzukommt natürlich das es ein Medizinprodukt ist und gewisse Anforderungen erfüllen muss… Also für 50 Dollar gibt es nicht mal nen Tütchen gmp kabelbinder
@Gerry Temple
Natürlich machbar, oder halt über ne cnc fräse… Aber die Materialien kosten nunmal, und 50 Dollar sind nur solange cool bis dir der Kiefer wegfault. Hinzukommt das es Hamann programmieren muss, das machen die wenigsten umsonst
Hmm, im Video zeigt er aber nur die Verwendung der teuren Prothese.
Was für mich auch nicht klar erkenntlich ist, ist was die 50 Dollar Prothese ersetzt. Ich habe nämlich den Eindruck, daß es nur der mechanische Teil und nicht die myoelektrische Steuerung. Und wenn ich damit richtig liege, dann vergleicht man hier Äpfel mit Birnen. Das entscheidende ist die Steuerung, nicht das, was gedruckt wird. Ein PC-Gehäuse sagt ja auch nichts über die Leistung des PCs aus.
@Stefan: Die umfassenden Zulassungsverfahrn kennen wie hier in Deutschland zB für Knie- und Hüftprothesen sowie Silikonimplantaten …
Ich gebe Stefan recht, nicht alles über den Preis, es geht um Tragbarkeit, Haltbarkeit, Passung und vieles mehr und dafür braucht es eine Prüfung und Zulassung. Inwieweit dass immer fair abläuft ist eine andere Story.
Generell finde ich es aber schon sehr interessant welche Möglichkeiten die 3D Drucktechnik mittlerweile aufzeigt. Hat Zukunft.
Den ersten Satz in diesem Beitrag teile ich nicht so ganz. Der 3D Druck ist schon mehr und interessiert auch immer mehr Technikfans.
@haichen Also schließt Du aus den Problemen, die es mit wenigen bestimmten Produkten gegeben hat, dass es keine umfassenden und teuren Prüfungen für die zehntausenden Produkte gibt? (jeden denkenden Menschen sollte auch nicht überraschen, dass manche Dinge erst nach Marktzulassung entdeckt werden. Dafür gibt es dann Post-Marketing-Studien um genau das zu erreichen.
@Stefan@Josef Türk
Hä? Für was brauche ich eine Prüfung wenn der Kunde und Patient happy ist und sich die Prothese sowieso irgendwo selbst ausdrucken kann?
@querzman Auch wenn es im Artikel vielleicht suggeriert wird: Er kann sie sich nicht selbst ausdrucken. (zumindest nicht komplett) Und wenn Du ein Medizinprodukt, als ein Prdukt was direkten Einfluß auf den Körper hat bzw. in diesen eingebaut werden muss, auf den Markt bringen willst, brauchst Du diese Zulassung. Exoprothesen sind da sicherlich ein Grenzbereich, aber die Entwicklung zukünftiger Prothesen bewegt sich ja durchaus in einen Bereich, wo für die Mensch-Technik-Interaktion evtl. auch Implantate genutzt werden. Unterm Strich ist das Thema wohl nicht so einfach, wie man es sich vielleicht wünscht und wie sich das viele Leute vorstellen.
Ja. Standard hier, Standard dort… Jemand der wirklich auf so etwas angewiesen ist, ist für solche Möglichkeiten unendlich dankbar. Auch wenn Standards und Sicherheiten ihre Vorteile haben. Einfach mal über den Tellerrand schauen 🙂
@Stefan
Woher weißt du, dass er sie nicht komplett ausdrucken kann?
Bei Produkten die eingebaut werden hast du vermutlich recht, da könnte dann die Krankenversicherung nichtmehr mitmachen. Sonst gilt aber, dass diese Prothese Opensource ist, und somit ganz ganz leicht auf den Markt kommen kann, nämlich einfach Pläne hochladen. Diese Vorstellung ist mir übrigens weitaus lieber, dann gehört mir die Prothese, die dann ja ein Teil meines Körpers wäre mehr.
*als eine closedsource Prothese
Aus der einen Quelle:
„Most voluntary closing devices including this design need sufficient wrist movement and strength for proper function. This design doesn’t require Orthoplastic.“
Ich denke es handelt sich hier um eine rein mechanische Lösung, die für Leute funktioniert, wo das Handgelenk noch vorhanden ist.
Ich denke die myoelektrischen Prothese ist damit nicht vergleichbar, weil sie in eine andere Richtung geht. Die ist für taktile, leichte Berührungen gedacht, die meachnische ist mehr was zum beherzt zupacken.
So verstehe ich auch das Video: Hier gehts nicht darum, dass eine $50 Prothese besser ist als eine für $42.000, sondern das es Tätigkeiten gibt, wo man Angst haben muss, das teure Teil zu beschädigen. Mit dem $50 Ding kann er ne Kiste heben oder das Lenkrad packen, und wenn was kaputt geht nach einiger Zeit kann man sie ggf. sogar recht günstig reparieren.
Für feinere Sachen nutzt er weiterhin die teure Prothese, so verstehe ich zumindest das Video und die Quellen.
Wenn man nun an Massenproduktion denkt, ist 3D-Druck natürlich Unsinn, das ist was für Prototyping oder für individuelle Anpassungen. Denkt mal eine künstliche Pfordader oder eine künstliche Herzklappe. Das muss dem Körper angepasst sein, da könnte man in ein paar Jahren mit den richtigen Materialien schnell Ersatzteile drucken, um Patienten die Zeit bis zum rettenden Spenderorgan zu verlängern.
Wundervoll reißerische Überschrift, ein Mensch dem die linke Hand fehlt und dazu ein Bild einer Prothese der rechten Hand (ich denke mal, daß ich die Stellung der Finger richtig interpretiere). Ab da habe ich mir den Rest inkl. Video dann geschenkt.
Nun möchte ich auch mal etwas dazu schreiben.
Erst mal kurz zu mir, ich bin 26 Jahre alt und durch eine schwere Krankheit musste mir vor ca. 4 Jahren der linke Unterarm amputiert werden.
Ich habe eine Prothese (sehr ähnlich der im Video), die gut 16.000€ gekostet hat. Das schöne an dem Video ist, das Jose Delgado Jr. wunderbar beschreibt, wie beschi**en die Prothese eigentlich für den Alltag ist, da musste ich direkt etwas schmunzeln.
Da viel spekuliert wurde über die Steuerung, wollte ich das ganze kurz erklären:
Die Myoelektrik in der (teuren) Prothese funktioniert über die Bewegung der Muskeln im/am Armstumpf. Zieht eure Hand einfach mal nach oben bzw streckt sie nach unten, ihr werdet bemerken das sich unterhalb des Ellebogens 2 Muskeln bewegen (oben für hoch ziehen, unten beim strecken). Sensoren erfassen diese Reize und leiten sie an die Prothese weiter – hochziehen= Hand auf, nach unten strecken = Hand zu. Das ist alles.
Die 3D-Hand, so erscheint es zumindest mir, kommt ohne Myoelektrik aus. Es ist eine einfache Seilzug-Mechanik. Wird die Hand (bzw das Armgelenk) nach unten gedrückt, schließt sich die Hand durch die Seile auf dem Handrücken, gibt man wieder nach öffnet sich die Hand.
Ich finde das sehr beeindruckend, da man die Kraft fast direkt steuern kann, mit der man zudrückt, da man es wirklich „selbst“ (ohne Elektronik) macht. Bei der myoelektrischen ist das nicht möglich, man kann nur mit den Augen sehen, wie fest man zupackt, da man nur einen Motor ansteuert und kein Signal zurück bekommt.
Weiterhin denke ich auch nicht, das so eine 3D-Hand viel wartungsintensiver ist (weil einige meinten, sie geht schneller kaputt, einfach neue Ausdrucken). Bei einer myoelektrischen Prothese muss man Akkus laden, die Mechanik kann auch hier kaputt gehen und die Sensoren müssen auch ab und an nachgestellt werden. Dazu kommt, sollte die myoel. Prothese wirklich kaputt gehen, kann es sehr lange dauern bis man eine neue bekommt, da die Produktion des Schafts recht kompliziert ist (3-4 Wochen mindestens).
Alles in allem bin ich total begeistert von der Prothese, auch wenn sie für mich wahrscheinlich nicht in Frage kommt, weil bei mir fast der gesamte Unterarm fehlt und nicht nur die Hand.
Edit: Achja, und wegen dem Preis – ich sag nur soviel: Es gibt in Deutschland 1 (einen!) Hersteller solcher myoelektr. Prothesen, heißt keine Konkurrenz. Lass die Prothese von Material und Forschung vll 5000-7000€ kosten, der Rest is reine Abzockerei und Ausbeutung von körperlich beeinträchtigten Menschen.
Noch so als Info wegen der Haltbarkeit, mann kann schon mit Titan als Werkstoff 3D-Drucken, Carbon wäre auch möglich, aber dann ist es mehr stricken als drucken. Es wurde schon ein ganzer Fahrradrahmen per 3D-Drucker aus Titan gefertigt, die Teile mussten dann nur noch zusammengeklebt werden. Möglich ist schon sehr viel.
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