Schufa: EuGH weist die umstrittene Auskunftei in die Schranken

Die Schufa ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen bzw. eine Auskunftei, die schon Geld mit Daten verdient hat, als Google, Meta und Co. nur davon zu träumen wagten bzw. nicht einmal existieren. Immer wieder gab und gibt es Kontroversen um die Macht der Schufa. Zuletzt ging das dann auch bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Letzterer hat heute ein Urteil bekannt gegeben, dass die Auskunftei der Kreditwirtschaft  zumindest formal massiv in die Schranken weist.

So urteilten die zuständigen Richter, dass der Schufa Score, welchen die Auskunftei weitgehend intransparent für die Menschen ermittelt, nicht allein maßgeblich für die Beurteilung der Bonität sein dürfe. Die Schufa hatte beurteilt, das sei sowieso nicht der Fall, denn bestenfalls sei der Score in Faktor unter vielen, der Entscheidungen beeinflusse. Doch auch der Auskunftei dürfte bewusst sein, dass in der Praxis oft nur anhand des Scores beurteilt wird, ob etwa jemand einen Kredit oder Vertrag erhält.

Doch der EuGH hat entschieden, dass die bisherige Datensammelei und Auswertung der Schufa gegen europäisches Datenschutzrecht verstoße, wenn das Scoring dann als entscheidendes Kriterium bei Kredit- oder Vertragsentscheidungen dient. Den Anfang genommen hatte der Rechtsstreit in Deutschland, als einer Kundin ein Kredit verweigert worden war, weil ihr Schufa Score nicht ausreichte. Die Betroffene forderte dann von der Schufa einen aus ihrer Sicht fehlerhaften Eintrag zu löschen und ihr Zugang zu den zugrundeliegenden Daten zu gewähren. Die Schufa gab aber nur den Score heraus, schlüsselte die Berechnungsmethode aber nicht auf.

Der Fall eskalierte zum EuGH, der bestätigte: In diesem Fall gab es keine anderen Entscheidungskriterien. Der Schufa Score gab somit allein den Ausschlag für die Bewertung der Kreditwürdigkeit – das sei aber verboten, weil derlei automatisiertes Profiling, das zu automatisierten Entscheidungen führe, auch Diskriminierung ermögliche.

Wie es nun konkret mit der Schufa weitergeht, wird sich in Deutschland klären müssen. Das europäische Gesetz erlaubt durchaus nationale Sonderregeln, die wieder eine erweiterte Datenspeicherung zulassen. Allerdings gaben die Richter schon zu bedenken, dass das deutsche Gesetz möglicherweise gegen die Grundsätze des europäischen Rechts verstoße, da die Menschen nicht ausreichend geschützt würden. Inzwischen muss jetzt das Verwaltungsgericht Wiesbaden wieder ran, von dem der Fall weitergereicht worden war.

Die Schufa winkte dann auch schon ab und erklärte abermals, es gebe keine Einschränkungen für die eigene Arbeitsweise, da das Scoring sowieso nicht der alleinige Grund für Kreditvergaben und Co. sei. Die österreichische Datenschutzorganisation noyb, gegründet von Max Schrems, lobte das Urteil hingegen bereits. Zumal ein zweites Urteil auch nochmals bestätigt hat, dass die Schufa die Daten zu Privatinsolvenzen nicht so lange speichern darf, wie ehemals geschehen. Dies hatte die Schufa in Erwartung des Gegenwinds aber schon vorab „freiwillig“ angepasst. Noyb unterstellt, das automatisierte Kredit-Scoring dürfte in Zukunft in der jetzigen Form verboten werden, es sei denn, die Menschen geben dazu ausdrücklich ihre Einwilligung.

Ich freue mich ebenfalls über das Urteil, bin aber erstmal skeptisch, ob es wirklich in der Praxis so weitreichende Folgen für die mächtige Schufa und die dahinter stehende deutsche Kreditwirtschaft geben wird. So kann ich mir vorstellen, dass es im besten Fall so kommen könnte, dass man der Schufa tatsächlich „freiwillig“ die Zustimmung zur Datensammelei erteilen muss, aber praktisch keine andere Wahl hat, da man sonst bei der Kreditvergabe massiv benachteiligt wird.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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17 Kommentare

  1. Passend dazu hat Crif Bürgel in Österreich trotz DSGVO und Gerichtsverbot weiter Daten an eine Adresshandelsfirma verkauft.
    https://noyb.eu/de/noyb-sues-crif-and-az-direct-illegal-and-secret-data-processing
    Da Lob ich mir die Schweiz. Wenn ich mich richtig erinnere wird da nur jemand bei solchen Klitschen eingetragen wenn Schulden nicht zurück gezahlt werden.

  2. Wie will man denn bitte kontrollieren ob der Schufa-Score nicht die alleinige Grundlage für eine Entscheidung war?

    • In dem man die Schufa zwingt Auskunft darüber zu geben, weshalb eine Anfrage abgelehnt wurde.

      • Die Schufa entscheidet ja nichts. Die Bank fragt bei der Schufa den Score ab und deren System entscheidet in Sekunden. Da hat mittlerweile der Bankangestellte auch keinerlei Handlungsspielraum mehr. Insofern ist die Behauptung, der Score sei nicht das alleinige Kriterium natürlich lächerlich.

    • Wenn es in sekundenschnelle eine Rückmeldung gibt und parallel einen Schufa-Eintrag. Dann war es automatisiert und maßgeblich der Schufa-Score der Grund.
      In allen anderen Fällen ist es schwerer nachweisbar. Aber wie oben schon geschrieben. In Zukunft wirst du bestätigen müssen, dass du diesem „freiwillig“ zustimmst. Falls nicht, wirst du schlichtweg keinen Kredit bekommen. Also friss oder stirb mit einem Häckchen mehr.

      Viel wichtiger wäre die Datenhaltung zu klären. Neben Insolvenzen, speichert die Schufa ja auch drei Jahre lang nach der Löschung eines Eintrages das Vorhandensein eines solchen Eintrages. Vollkommen unersichtlich in welcher Höhe, sondern nur dass du einen Eintrag hattest.

      Auch Kreditanfragen werden 1 Jahr lang gespeichert, und verändern Deinen Score negativ. Wozu muss das 1 Jahr lang gespeichert werden?

      Das Betriebsgeheimnis Scoring ist noch einmal ein ganz anderes Thema.

    • Möglicherweise müsste das die Schufa-Auskunft nutzende Unternehmen offenbaren (und beweisen) welche konkrete andere Information vorlag, die gegen eine Kreditvergabe gesprochen hat.
      Dazu müsste es aber ein zwingendes Offenbarungsverfahren geben, dass der Verbraucher ohne große Probleme (vor allem ohne Prozess) anstoßen kann. Am Ende bleibt es wahrscheinlich in vielen Fällen strittig, ob die behauptete zweite Quelle wirklich eine entscheidende Rolle gespielt hat. Dafür braucht man dann wieder ein Gericht – was für viele Verbraucher eine zu große Hürde ist.

      Besser wäre, schon beim Vorgehen der Auskunftei selbst anzusetzen und dort zwingende Grenzen einzubauen, die auch durch „freiwillige“ „Zustimmung“ nicht ausgehebelt werden können – z. B.: Jede Auskunft an eine Bank oder ein sonstiges Unternehmen muss gleichzeitig an den Betroffenen gehen und ausnahmslos von einer genauen Offenlegung der Informationsquellen und des verwendeten Verfahrens zur Score-Ermittlung begleitet sein. Das geschäftliche Geheimhaltungsinteresse der Auskunftei muss hier zurückstehen.

      Ich glaube, wenn allgemein bewusst wäre, was für keineswegs individuelle Daten beim Scoring eine Rolle spielen (z. B. die Straße in der man wohnt) wäre mittelfristig die Legitimität von Schufa, Bürgel, Informa/InfoScore in Frage gestellt.

  3. Auskunfteien maßen sich oftmals Positionen und einen Leumund an, wie man es sonst eher nur von den „Göttern in Weiss“ oder Notaren kennen mag.
    In Auskunfteien (ich musste mich beruflich damit mal befassen) wird jedoch durchaus sowas von schlampig gearbeitet, dass ein gelernter Bankkaufmann, der nicht weiss wie man Optionsscheine ausübt, regelrecht als handverlesener Investmentbanker arbeiten könnte.

  4. Interessanter Beitrag von Herrn Böhmermann. Danke fürs Verlinken.

  5. Ich bin wahrlich kein Freund der Schufa, aber das Urteil ist m.E. tendenziell verbraucherunfreundlich.
    Vermutlich wird nun das online bezahlen auf Rechnung und der Vertragsabschluss wie bei Mobilfunk-, oder Stromanbietern eher schwieriger. Denn welche „verlässliche“ Größe gibt es denn außer der Schufascore. Wer macht sich denn die Mühe das „händisch“ zu prüfen und auf welcher Datenbasis?, Den freiwilligen Angaben trauen, oder muss man künftig immer Einkommensnachweise hochladen?

    • Da ist Deine grundannahme leider falsch. Der Score der Schufa ist vieles, allerdings eines ist er nicht: eine verlässliche Grösse.

      Oder wie erklärst Du einen Score von weniger als 80%, weil eine (also 1!) Rechnung zum Mahnbescheid wurde, ansonsten aber ein Barvermögen von weit über 2 Millionen vorhanden ist? Nicht ich, aber ich kenne die entsprechenden Kontoauszüge und Schufa-Schreiben, inkl. Anwaltsschreiben. So liegt das Geld jetzt eben in der Schweiz und nicht mehr in D, Pech gehabt liebe Vermögensverwaltungszentren.

      Verlässlich wäre allerdings einfach umzusetzen: Score Berechnung transparent machen, nur dann können die Unternehmen das selbst viel, viel einfacher machen, und die Schufa wäre raus….

      Missversteh mich nicht, ich kann schon sehen, dass Unternehmen Schutz vor Zahlungsausfall brauchen, aber so wie das die Schufa macht, ist es nicht in Ordnung. Denn gerade diejenigen, die es trifft, sind meist nicht in der Lage dagegen anwaltlich vorzugehen. Und ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass das den Unternehmen schadet. Eine vernünftige, eigene Risikoabschätzung würde den meisten Unternehmen Geld sparen, aber wie das auch bei uns Privatleuten so ist, der Komfort und die Bequemlichkeit stehen dem entgegen.

      • >> Barvermögen von weit über 2 Millionen vorhanden ist?
        Ganz einfach: die Schufa weiß nichts von dem Barvermögen, woher auch? Vielleicht mal informieren, wer die Schufa ist und was die so macht.

    • Darauf wird es bei Kleinkrediten, Kauf auf Rechnung und so weiter, sicherlich hinauslaufen.

  6. Besserwisser says:

    Das war eine EuGH Entscheidung, kein Urteil. Das Urteil kann nur das Gericht treffen, das dem EuGH die Fragestellung zur Auslegung der EU-Verträge vorgelegt hat, in dem Fall das Verwaltngsgericht.

  7. Welche praktikable Idee habt Ihr denn für die Gläubiger? Kaution in Höhe einer Jahresrechnung?

  8. „Freiwillig“ ist im Datenschutzrecht streng geregelt. Die betroffene Person muss eine echte und freie Wahl haben. Sie muss die Einwilligung jederzeit ohne Nachteile verweigern oder zurückziehen können. Das dürfte bei einer Kreditvergabe regelmäßig nicht der Fall sein, wo doch dem Verbraucher ganz klar der Kredit verweigert wird, wenn dieser nicht zustimmt. Ähnlich wie im Arbeitsrecht, wo ein Arbeitgeber vom abhängig Beschäftigten keine Einwilligung verlangen darf und eine solche auch nichtig wäre. Verbrauchern, Mietern und Arbeitnehmern kann man daher keine Einwilligung aufdrängen.

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