Prusa CORE One L im Test: Größer, aber auch besser?

Mit dem Prusa CORE One L steht mittlerweile der große Bruder des Core One auf meiner Werkbank, welcher zuletzt ganz offiziell neben vielen weiteren Neuankündigungen auf der Formnext 2025 in Frankfurt am Main betrachtet werden konnte. 300 x 300 x 330 mm Bauvolumen – das klingt erst einmal nach „endlich Platz“, bringt aber auch Fragen mit sich. Ist das nur ein aufgeblasener Core One oder steckt da mehr Technik drin? Und vor allem: Rechtfertigt „Made in EU“ im Jahr 2025 noch diesen Preis? Ich habe mir den Boliden genauer ansehen dürfen.
| Kategorie | Parameter | Wert |
|---|---|---|
| Abmessungen | Bauvolumen | 300 x 300 x 330 mm |
| Filament Durchmesser | 1,75 mm | |
| Schichthöhe | 0,05–0,30 mm | |
| Abmessungen des Druckers (Gewicht; W×D×H) | 21,9 kg; 469 × 521 × 635 mm | |
| Elektronik | Mainboard | Eigene 32 Bit xBuddy-Elektronik mit STM32 |
| Schrittmotor-Treiber | Trinamic 2130 | |
| Schrittmotoren | Präzise 0.9° X,Y Schrittmotoren (verhindert VFA) | |
| Extruder | Extruder Modell | Nextruder, Direct Drive, E3D V6 kompatibel (mit Adapter) |
| Extruder Elektronik | Eigenentwickeltes Breakout-Board zum Anschluss von Lüftern, Thermistoren u. a. | |
| Filamentweg | Aluminium-Kühlkörper, Ganzmetall-Hotend | |
| Antriebssystem | Nextruder Planetengetriebesystem, 10:1 Getriebeübersetzung | |
| Kühllüfter | Hochleistungsturbine, 360° Kühlsystem | |
| Düse | High-Flow Prusa Düse Messing CHT 0,4 mm + abrasive-resistente 0,4 mm Düse im Lieferumfang | |
| Max. Betriebstemperatur | Maximale Düsentemperatur | 290 °C |
| Maximale Heizbett-Temperatur | 120 °C | |
| Maximale Kammertemperatur | 60 °C | |
| Steuerung | LCD Bildschirm | 3,5″ Grafik 65k-Farbbildschirm |
| Touch?Steuerung | Ja | |
| Firmware-Update-Schnittstelle | USB-Stick, Prusa Connect, Prusa Mobile App | |
| Prusa Connect Unterstützung | Ja | |
| Prusa-App (iOS & Android) | Ja | |
| Schnellwechsel Düsensystem / Beleuchtung | Schnellwechsel Düsensystem: Ja Beleuchtung: Ja |
|
| Zubehör | Interne Kamera | Im Lieferumfang enthalten, Installation optional |
| MMU3 Unterstützung | Ja (MMU3 verfügbar ab Januar 2026) | |
| Fortschrittliches Filtersystem | Optionale Erweiterung | |
| Kompatibel mit GPIO-Board | Ja | |
| Kompatibilität mit Beschleunigungssensoren | Ja, integriert | |
| Schnellwechsel Düsensystem | Ja | |
| Konnektivität | Ethernet | Ja |
| Sonstige | NFC Empfänger | |
| Sensoren | Filament Sensor | Ja (2 Sensoren) |
| Wägezellen Sensor | Ja | |
| Thermistoren | 5 hochpräzise Thermistoren (Original Semitec) | |
| Lüftermotoren-Überwachung | Ja | |
| Türsensor | Ja | |
| Phasestepping | Ja | |
| Druckmedium | USB-Stick / LAN / Internet über Prusa Connect oder mobile Prusa-App | |
| Druckoberfläche | Magnetisches Heizbett mit abnehmbaren PEI?Federstahlblechen | |
| Kalibrierung der ersten Schicht | Vollautomatisch (dank Kraftmesszellensensor) | |
| Bett Kalibrierung | Automatisch, Gitter?Bett?Nivellierung (nur im zu druckenden Bereich) | |
| Input Shaper | Ja | |
| Unterstützte Materialien | PLA, PETG, Flex, PVA, PC, PP, CPE, PVB und (mit optionalem Filter) ABS, ASA, HIPS, PA |
Machen wir es kurz: Wer gerne schraubt, guckt in die Röhre. Den CORE One L gibt es nicht als Bausatz, sondern nur (nahezu) fertig montiert. Der Grund ist einleuchtend, wenn auch schade für die „Ich bau mir meinen Drucker selbst“-Fraktion: Prusa verbaut hier ein neues Heizbett, das direkt mit 230 Volt Netzspannung betrieben wird. Da lässt man den Endkunden aus Sicherheitsgründen lieber nicht dran herumfummeln. Das hat aber den netten Nebeneffekt, dass das Bett deutlich schneller aufheizt als die 24V-Varianten der kleineren Geschwister.

Der Drucker selbst kommt in einem riesigen Karton an, gut gepolstert. Der L ist zwar äußerlich gar nicht so viel riesiger als der normale Core One (Prusa spricht von etwa 10 % mehr Stellfläche), aber der Innenraum wird deutlich effizienter genutzt. Die Verarbeitung? Wie gehabt solide. Ein Mix aus Stahlrahmen und Aluminium-Paneelen. Das spart Gewicht, auch wenn man den Kasten mit seinen gut 22 Kilo nicht ständig durch die Gegend tragen möchte. Ich bin hier weiterhin großer Fan des Designs, weil alles etwas weniger „geschönt“ wirkt und eben auch schneller den Weg freigibt für Bastler, die hin und wieder doch mal Hand am Drucker anlegen wollen oder müssen.
Im Karton findet sich neben dem Drucker selbst eine nette Überraschung bei der Druckplatte: Statt der oft üblichen texturierten PEI-Platte legt Prusa hier das satinierte Blech bei. Meiner Meinung nach die beste Entscheidung, da es ein hervorragender Allrounder ist – PLA hält gut, löst sich aber auch wieder, und PETG reißt einem nicht die Beschichtung runter. Ebenfalls an Bord: Eine 0,4 mm High-Flow Messingdüse und direkt eine gehärtete 0,4 mm Düse für abrasive Materialien. Das ist löblich, auch wenn natürlich gerne bei einem „Pro“-Gerät direkt eine gehärtete High-Flow-Düse als Standard verbaut sein dürfte.

Das Highlight ist für mich neben dem größeren Bauraum tatsächlich das Wärmemanagement. Der Drucker ist geschlossen, und Prusa nutzt das 230V-Heizbett aktiv, um den Bauraum zu heizen. Unter dem Bett sitzen zwei Lüfter, die die Luft umwälzen. Das sorgt dafür, dass wir im geschlossenen Bauraum recht zügig auf bis zu 60 Grad Celsius kommen. Das ist für Materialien wie ABS oder ASA Gold wert und verhindert Warping (das Verziehen des Bauteils) effektiv.

Beim Hotend ist leider bei 290 °C Höchsttemperatur Schluss. Für 95 % der Anwender reicht das locker, woanders werden heutzutage aber schon bis zu 300 oder gar 350 Grad ermöglicht. Wer Hochleistungspolymere drucken will, stößt hier eventuell an eine künstliche Grenze.

Beim Core One L lässt sich der seitliche Filamentsensor per Hebel mechanisch „deaktivieren“ bzw. der Pfad für TPU-Filamente freimachen. Das funktioniert super – bis das Filament dann oben am Extruder ankommt. Da sitzt nämlich noch ein Sensor, und der kann bei sehr weichem Gummi trotzdem zicken. Da hilft dann oft nur: Bowden-Schlauch ab und manuell nachschieben. So bleibt aber zumindest nur einmal „Ärger“, wenngleich es natürlich schon gewesen wäre, wenn sich entsprechend weiches Material nun endlich komplett unproblematisch bis in den Extruder einführen ließe.

Kommen wir zum wichtigsten Punkt: Wie druckt er denn nun? Kurz gesagt: sehr gut, aber mit einem Sternchen. Die Standard-Druckprofile („Balanced“ oder „Speed“) liefern Ergebnisse, die sich sehen lassen können. Ein Thema, das Prusa-Nutzer schon länger umtreibt, sind die sogenannten VFAs (Vertical Fine Artifacts), also die feinen vertikalen Linien auf der Oberfläche, die durch Vibrationen der Motoren oder Riemen entstehen.
Prusa hat hier viel Software-Optimierungen (Input Shaping, Phase Stepping) betrieben, um das zu glätten. Das funktioniert in den schnellen Profilen auch erstaunlich gut, weil die Druckgeschwindigkeit dort in einem Bereich liegt, wo diese Resonanzen nicht auftreten. Wählt man aber das „Structural“-Profil, weil man stabile, präzise Teile will, fährt der Drucker langsamer. Und genau da sieht man sie wieder, die feinen Riemen-Muster auf der Wand. Für Funktionsteile ist das egal, für Modelle, die man vielleicht verschenken oder gar verkaufen möchte, würde ich aber eher beim Balanced-Profil bleiben.
Prusa Connect ist mittlerweile eine echte Bank. Die Cloud-Anbindung funktioniert tadellos, Statistiken sind nützlich, und wer will, kann den Drucker auch komplett offline im lokalen Netzwerk betreiben – ein riesiger Pluspunkt gegenüber manch chinesischem Anbieter, der alles über fremde Server schleust. Die mittlerweile von Haus aus mitgelieferte Buddy-Cam für Full-HD-Aufnahmen während des Drucks liefert in der App leider nur im heimischen Netzwerk flüssige Bilder, schaltet bei mobiler Datenverbindung oder fremden WLAN aber leider nur in den Alle-paar-Sekunden-Foto-Modus. Das kürzeste Intervall sind hier 10 Sekunden pro Bild. Das geht heutzutage auch schon komfortabler, zum Teil dann auch im Querformat und mit Zoom-Option.
Zudem, aber das ist eher eine Randerwähnung wert: Die Prusa-App informiert mich vor Beginn eines JEDEN Drucks, dass der Drucker meine Aufmerksamkeit benötigen würde, auch wenn er das eigentlich überhaupt nicht tut. Machte die App bereits beim CORE One, da ergibt das aber aufgrund des möglicherweise aus Versehen noch geschlossenen Lüftungsgitters noch halbwegs Sinn. Da ich ja dennoch auf Nummer sicher gehen will, gehe ich ins Druckzimmer, nur um den Guten schon beim Anfertigen des nächsten Modells zu erwischen, nicht beim Probleme-Haben.

- Lautstärke: Im Leerlauf (Idle) nahezu lautlos. Beim Drucken von PLA (Tür offen, Deckel auf) angenehm. Wenn aber die Bauraumheizung (Lüfter unterm Bett) und der optionale HEPA-Filter (kostet extra, ca. 80 €) voll aufdrehen, dann kann das Gerät auch anders und ist das sehr gut zu hören.
- Wartung: Der Deckel ist nicht mehr genietet, sondern geklemmt. Man kommt also schnell an den Druckkopf, falls mal was sein sollte.

- Düsenreinigung: Prusa tupft die Düse immer noch auf dem Bett ab, um sie zu reinigen. Warum man sich hier weiterhin standhaft weigert, einen simplen Abstreifer oder eine Bürste hinten im Gehäuse zu verbauen, bleibt mir ein Rätsel. Nozzle Cleaning Errors, die den Druckstart verhindern, habe ich in meinem Test bisher keinerlei erleben müssen, die soll es aber wohl noch immer geben. Ich hatte stattdessen hin und wieder damit zu kämpfen, dass das Abwischen der Düse am Druckbett nicht vollständig ausreichte, um nicht doch kleine Filamentüberreste am eigentlich zierlichen Modellboden zu vermeiden. Da musste ich stattdessen dann doch auf den eigentlich in dem Moment nicht erwünschten Rand wechseln, damit der Miniblob schon da drin hinterlassen wird und das eigentliche Modell in Ruhe gelassen wird.

Mein Fazit
Der Prusa CORE One L ist ein solides Gerät. Technisch ist er weiterhin ein absolutes Arbeitstier. Er liefert verlässlich ab, der Bauraum ist klasse genutzt, und die aktive Kammerheizung über das Bett ist eine clevere Lösung für technische Filamente. Wer eine „Print Farm“ betreibt oder im Unternehmen Datenschutz-Vorgaben hat, kommt an diesem Gerät kaum vorbei. Die Zuverlässigkeit und der Support von Prusa sind nach wie vor Argumente, die man in Euro kaum aufwiegen kann.

Aber: Mit dem Blick auf den heutigen Markt, wird die Luft schon sehr dünn. Gerade für den Privatanwender, der heutzutage vor allem schnell und unkompliziert und am besten noch direkt mehrfarbig drucken können will, stellen die Mitbewerber aus Asien inzwischen reichlich Geräte bereit, die für weniger Geld eine entsprechende Arbeit verrichten. Viele interessieren sich für den Cloudzwang, etc. dabei kaum bis gar nicht. Mehrfarbiges Drucken wird am CORE One L dank MMU 3 und dem neuen INDX-System zwar auch alles noch möglich werden, aber erst irgendwann im kommenden Jahr. Das könnte hier für viele schon die Kaufentscheidung abnehmen. Ich behaupte dennoch, dass jeder, der sich bewusst für einen CORE One L entscheiden sollte, das Gerät auch wirklich lieben wird – nicht zuletzt wegen der Unternehmensphilosophie bezüglich Reparierbarkeit, Open Source und Langlebigkeit. Für den nicht gerade kleinen Kaufpreis erhält man ein starkes Gerät, das mit Sicherheit in Zukunft auch noch aufrüstbar sein wird, so wie man es von Prusa nun seit Jahren kennt.
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