Post vom Anwalt: Ich, der Content-Dieb und Verletzer von Marken- und Urheberrechten
Identitätsklau im Netz. Keine Seltenheit mehr, überall gibt es Arschlöcher. Anonymes Agieren ist im Netz recht einfach – ergo findet man hier eine hohe Dichte von Menschen vor, denen mal einfach die Kniescheibe auf links ziehen müsste. Das betrifft aber nicht nur Mitarbeiter von Firma A, die über Firma B reden und schlechte Bewertungen oder Kommentare im Netz hinterlassen, um den Mitbewerber zu schädigen, sondern das Ganze geht ja weiter, auch ins private.
Was früher die Pizza- oder Zeitungsbestellung auf den Namen eines ungeliebten Menschen war, lässt sich heute natürlich noch klassisch über das Internet ausspielen, noch viel einfacher teilweise, weil es eben simpel ist, Informationen über einen Menschen zu bekommen – und es bei vielen Diensten eben genau so einfach ist, mittels gestohlener Identität etwas zu machen.
So in vielen Fällen – und so auch in meinem Fall, der mir heute Post vom Anwalt einbrachte, welcher mir einen ganzen Tag gibt, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Die Sache kommt ins Rollen
Aber mal von Anfang an. Ich wurde von einem Mitarbeiter von Chip vor einigen Tagen via Twitter kontaktiert, was ich denn mit der Domain chipfans.de wolle. Der Name der Domain und ich – alleine das lässt mich vor Lachen vom Stuhl fallen. Kurze Domainabfrage – What the fuck? Ich soll das sein? Schaut man genau hin, dann bin ich es gar nicht. Falsche Hausnummer. Falschen Faxnummer. Falsche E-Mail-Adresse. Name, Straße und Ort stimmen.
Was los ist
Domainerstellung „Created by LifeGuard at 5/23/2014″. Joa, das machen Betrüger ganz gerne mal. Lange Rede, kurzer Sinn: Irgendein Klappspaten hat die Domain registriert, die betreffenden Dienste interessiert es da anscheinend nicht, ob eine real existierende Person dahinter steht.
Inhalt der Domain chipfans.de? Bis zum Nachmittag des 30. Juli die komplett gespiegelte Seite von Chip.de. Das findet man bei Chip nicht gut und ist anscheinend deshalb auf mich zugekommen. Ich habe darauf die Denic angeschrieben, was da abgeht. Normalerweise hätte es mich einen feuchten Kehricht interessieren müssen, denn ich bin ja weder Ersteller, noch Inititator – soll sich mal schön die Chip drum kümmern. Aber ich bin ja nicht so. Die haben sich vorab nett gemeldet und gefragt, da investiere ich doch mal gerne meine Zeit.
Um bei der Denic oder dem betreffenden Mitglied (in diesem Falle eNorm Inc.) eine Domain „löschen“ zu lassen, muss man handschriftlich vorgehen. Ich kann schriftlich erfragen, welche Domains auf meinem Namen registriert sind – bei denen, die es nicht sind, einen Löschantrag stellen.
Der Postbote bringt einen Brief
Heute Post. Vom Anwalt der Axel Springer AG. Wir haben heute den 31.07.2014 und ich habe Zeit bis morgen, um eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Ähnlicher Fall wie bei Chipfans.de. Die Domain Computersbild.de (jaja, so geschrieben) soll auch mir gehören. Auch dort wurde die komplette Seite gespiegelt, Inhalte kopiert und damit geklaut. Der Anwalt wollte mir mitnichten für die klasse Linkfarm danken – der wollte, dass das Ding vom Netz kommt. Doof, dass ich da ja nichts machen kann. Zumindest gab es nicht gleich eine Kostennote.
Interessanterweise hat man es bei Chip geschafft, mich zu identifizieren und „so“ locker zu kontaktieren. Bei der Axel Springer AG, also bei der ComputerBild, bei der ich zig Leute kenne – die mir vor Jahren einen Job anbot – war man nicht in der Lage, meine wahre Identität herauszufinden. Geschenkt – ist ein großer Laden, da geht das bestimmt im Monatstakt so. Der Anwalt schrieb auch nicht richtig an mich – sondern an meine Fake-Identität, die in Hausnummer 12 – nicht in 14 wohnt. Auf dem Dorf macht das nichts, der Brief kommt dennoch an.
Nach dem Brief
Wenn du so einen Brief bekommst, unschuldig bist – dazu noch großzügig einen Tag Zeit bekommst, etwas zu klären, dann kocht dir das Blut im Rage-Modus. OK, nicht so bei mir – ich sah es etwas lockerer und sah eine Geschichte für dieses Blog.
Ich schreibe gleich mal einen Beitrag, wie Axel Springer gegen mich ungeprüft anwaltlich vorgeht 🙂 cc @TorstenBeeck @computerbild
— Carsten Knobloch (@caschy) 31. Juli 2014
Den Tweet sahen einige meiner geschätzten Follower, darunter auch jemand, der bei Axel Springer ist. Ich kenne und schätze viele der Kollegen menschlich und so war es kein Wunder, dass man nach wenigen Augenblicken telefonierte. Story in kurz erklärbärt und der gute Mann kümmerte sich.
Ist nicht witzig
Hier ein kurzer Break, der zeigt, dass die Story nicht alltäglich ist und auf jeden passt. Ich habe das große Glück, etwas Reichweite zu haben, zudem noch einige Kontakte. Jeder Mensch ohne diesen Spaß müsste nun wahrscheinlich zum Anwalt, was unter Umständen Zeit und Nerven kostet. Von daher hoffe ich, dass Menschen, die anderen Menschen so etwas antun, ewig in der Hölle schmoren, zumindest von der Karma-Fee ordentlich gefistet werden. Pamm Pamm Pamm!
Ein Telefonat
Nach dem Telefonat meldete sich dann der Anwalt, der mir einen Brief schrieb. Er hat mir auch eine Mail geschickt, die nicht gebounced wurde, also anscheinend beim Empfänger ankam. Überraschende Wendung der Story? Wie auch der Brief ging die Mail an die Adresse, die bei der Denic hinterlegt ist und nicht an mich. Im Falle einer Mail kommt aber kein Postbote und klingelt bei mir.
Am Telefon noch einmal die Story erzählt, dass ich nicht der bin, für den er mich hält – bzw. nicht das gemacht habe, von dem er denkt, dass ich es tat. Und dass ich auch nichts unterschreiben werde – eigentlich nicht einmal etwas unternehmen muss. Da ich aber eh schon mit der Denic wegen Sachen Chipfans.de in Kontakt war, schlug ich mal vor, dass man den albernen Brief mal Brief sein lässt und ich vorgehe, wie von der Denic beschrieben: Brief schreiben. Persokopie rein. Domainliste erhalten, die auf den Fakenamen laufen, bestätigen, dass ich auch ich bin – und nicht er – und die Denic lässt den Kram bei den zuständigen Partnern verschwinden.
Nerviger Scheiss ist nervig
Ja, das ist nerviger Scheiss, ja, das kostet Zeit, die ich nicht habe und die mir fehlt. Aber es gibt Arschlöcher da draußen. Und heute trifft das mich – und morgen vielleicht dich. Gibt halt leider Affen da draußen und ich drücke jedem Menschen die Daumen, dass ihm so etwas – oder Schlimmeres – nicht passiert. Und an die, die so eine Scheiße mit anderen Menschen abziehen: Ihr wisst, es gibt die Karma-Fee. Und die macht genau das mit euch, was ich weiter oben schrieb. Für alles andere gibt es Anwälte – leider. Wenn in der Sache noch etwas passiert – oder ich vielleicht mal den Anwalt in dieser Sache einschalte – dann gibt es hier natürlich ein Update.
Euch alles Gute, bleibt sauber!
@mac.extra: Die Goldwaage für meine Äußerung finde ich ebenso wenig wie das Messer zum Haare spalten 😉
Aber im Ernst: Wer als Deutsche(r) im Ausland lebt und/oder eine Nicht-.de-Domain betreibt und sich damit vor dt. Rechtsverfolgung sicher fühlt, erliegt einem fatalem Irrtum.
@SemperVideo: Udo Vetter hat nicht zwangsläufig Recht.
@Thalon: Rechtsschutzversicherung hatte doch immer die Einschränkung für nicht gewerblich arbeitende Personen. Da Caschy hier von lebt, also einem Gewerbe nachgeht, greift die Rechtsschutz evtl. nicht.
Insgesamt betrachtet: Da auch „http://stadt-bremerhaven.de/“ nicht über die Stadt Bremerhaven handelt, kann ich den abmahnenden Anwalt sogar ein gutes Stück verstehen, wenn er hier eine Masche erkennt.
@SemperVideo: danke, werde ich mich mal genaue drüber informieren. schön wäre evtl. auch ein video von euch, was sich mit dem thema „anonyme/whoisguard blabla“ domainregistrierung etc. beschäftigt. wäre sicherlich interessant
Leider ist das ganze nicht so harmlos wie manche denken und der deutsche „Rechtsstaat“ funktioniert in diesen Dingen nicht so, wie ein normal denkender Mensch vermuten würde.
Meine Identität wurde vor ein paar Monaten ebenfalls von einer chinesischen Seite geklaut, welche 1:1 Kopien von Internetseiten angelegt hatte um Werbelinks von Affiliate-Netzwerken(zanox, tradedoubler, ….) zu manipulieren. Und trotz abweichender Daten in Anschrift oder Bankverbindung hat man da ohne Anwalt ganz schlechte Karten.
Und zum Thema Rechtsschutzversicherungen: Sobald man eine Anzeige wegen Betrug erhält, zahlt keine Rechtsschutzversicherung mehr.
Die Begründung: Betrug ist immer Vorsatz – und es vollkommen egal, ob Du zu unrecht angezeigt wurdest oder nicht.
Schlimme Sache die unnötig Zeit und Nerven kostet. Schon krass, dass der Springer Verlag gleich solche Schüsse abgibt ohne sich vorher mal zu informieren.
– Wie kann man sich vor so etwas schützen?
da der brief trotz falscher adresse trotzdem zugestellt wurde, hättest du ihn einfach ignorieren können. er ist schlicht nicht für dich bestimmt. spätestens wenn der anwalt ein einschreiben schriebe dürfte die sache auffallen. denn der postbote dürfte und würde dieses garnicht an die falsche person zustellen dürfen. von einem brief der direkt vom gericht zugestellt wird mal ganz zu schweigen….trotzdem wxxer der das gemacht hat!
Was haben die eigentlich davon? Manipulieren die den geklauten Content?
Hi
da gabst doch mal bei stern.tv einige die daten von personal ausweiss mit namen geburtsjahr mit adress geklaut und mit falschen bild ein bankkonto aufmachen und einkaufen gehen und nicht zahlen
mfg
Hab mich leider auf deine Kosten über deinen Bericht sehr amüsiert. Klasse geschrieben! Danke! Es kann jeden treffen. Die Internet-Betrüger-Fuzzis sind imer und überall. Scheiße, dass man dann den Stress hat, zu beweisen, dass man nix damit zu tun hat. Hab vor einiger Zeit Postpakete von allen möglichen Absendern erhalten. Unter anderem „Teufel-Kondome“ von Beate Use. War eine ziemlich umständliche Angelegenheit, der Polizeistation zu erklären, dass da jemand meine Identität „geklaut“ hat. Auf gewisse Weise ist es schon witzig, dass einem die Identität geklaut werden kann … ich dachte bisher, sie gehöre einem. Mittlerweile muss man sie wohl beweisen. Tja …
@ caschy: Sehr lehrreich für alle, dass du hier so transparent berichtest. Du hättest den Brief selbst nicht annehmen müssen und hättest ihn dem Postboten wieder zurück geben können. Danach wäre das Teil evtl. unzustellbar an den Absender gegangen, und der hätte sich wahrscheinlich mehrfach überlegt, dich ein 2tes Mal anzuschreiben. Abgesehen davon, eine Person mit deiner social media-Reichweite zum Ziel zu nehmen, ist schon extra dämlich. Andererseits verstehe ich deine Reaktion: Natürlich will man erfahren, worum es geht, und ein geöffneter Brief gilt als angenommen.
Puh…
Hallo,
das Vorgehen von Axel Springer war ok. Aber erst im 2. Schritt. Die Domain ist jetzt gesperrt worden. Von der Denic, da war der Brief in guten Händen!!
Also hat der Anwalt auch Denic angeschrieben.
Das wäre auch im Sinne von Chip gewesen.
Chipfans gibt es heute noch, ist jetzt einen Luccas Abt in Düsseldorf registriert.
Vielleicht sollte die Firma Chip 50 Dollar an domaintools springen lassen:
http://reverseip.domaintools.com/search/?q=chipfans.de
Über einen Revers Lookup finde sich weite über 300 andere Domains.
Nur der Vollständigkeit halber: „…Jeder Mensch ohne diesen Spaß müsste nun wahrscheinlich zum Anwalt, was unter Umständen Zeit und Nerven kostet… “ Und Geld! Ein Anwalt kostet vor allem Geld, auch wenn man sich nur mit den juristisch richtigen Worten gegen ungerechtfertigte Anwürfe wehren möchte.
Nachtrag: und ein paar Euro an Domaintools gibt eine Liste der registrierten Knobloch Domains:
http://reversewhois.domaintools.com/carsten-knobloch
Den „Spaß“ haben wir hier auch gerade … wenn dann richtig: Also doppelt.
(a) Die Fotographin hat offenbar nach einem Jahr (bye bye Langzeitgedächtnis) Ihre schriftliche Bildfreigabe vergessen. Aber wozu anrufen oder schreiben ? Nö. Dafür gibt’s ja pixel.law, die Abmahnanwälte. Also kommt ein 13 seitiger, konfuser Rechtsbrief ins Haus und gleich Forderungen inkl. *kotz* Natürlich direkt vor Ostern mit Frist direkt nach Ostern und dem Hinweis, dass man das Bild ja schon ein Jahr lang „überwachen“ würde und jetzt abmahnt. hä ?! naja …
(b) Fast zeitgleich (das Blut kocht noch schön von Fall a) kommt Anwalt B um die Ecke: Auf einer Domain würde ein Bild des Klienten stehen. Blöde nur, dass uns die Domain nicht behört und wir bei der Denic auch nicht (nicht mal entfernt) aufgelistet sind. Was soll der Mist ? Das sollte ein IT-Anwalt doch abfragen können, pder ? Nach einem Anruf sind wir schlauer: Nein, denn den Anwalt interessiert nur das Impressum. Aha. Aber wenn jmd. meine komplette Seite kopiert, dann dort Bilder einsetzt und Preise dupliziert (die auch unserem Original noch verborgen sind) … warum hafte ich dann ? Ach ja: Weil ich im kopierten Impressum stehe. Logisch.
Jetzt ist beides beim Anwalt und der Betriebshaftplfichtversicherung. Das so etwas ein Versicherungsfall ist – das haben wir leider erst hinterher gelernt – das nächste Mal geben wir es direkt an die Versicherung bzw. unseren Makler. Das sind die Profis, die können sich mit diesem Abmahn-Bodensatz routiniert auseinandersetzen.
Wie in Deinem Beitrag geschieben: Das Blut kocht schön hoch und bleibt auf dem level auch erstmal.
Das Gleiche geschiet gerade mit sicherverifizieren1 (punkt) de. Darüber werden dann Paypal-Phishings verschickt.