„Marvel’s Midnight Suns“ im Test: Zwischen Strategie und Rollenspiel
Letzte Woche ist das neue Spiel von Firaxis Games, bekannt für die „XCOM“-Serie, erschienen: „Marvel’s Midnight Suns“. Zunächst versorgt man den PC und Current-Gen-Plattformen, also die Xbox Series X|S und die PlayStation 5. Ich habe mir den Titel für euch einmal an der Konsole von Microsoft angeschaut. Schnell wird deutlich, dass stärker als bei den „XCOM“-Titeln die narrativen Aspekte im Vordergrund stehen und sogar ab und an ein Hauch „Persona“ mitschwingt.
Dieses Marvel-Abenteuer kommt im Übrigen auch noch später für die PlayStation 4, Xbox One und gar die Nintendo Switch auf den Markt. Diesen Portierungen fehlt aber noch ein Erscheinungsdatum. Schaue ich mir „Marvel’s Midnight Suns“ auf der Xbox Series X an, dann sollte eine Last-Gen-Version technisch normalerweise nicht die größte Herausforderung sein. Insbesondere die Charaktermodelle sehen gerade noch solide aus, aber auch die Auflösung der Umgebungstexturen ist ab und an erstaunlich niedrig. Diese beiden Kritikpunkte wollte ich für Grafik-Enthusiasten direkt vorwegschicken.
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Aber worum geht es überhaupt in diesem Titel? Die Geschichte dreht sich um den Hunter, einen legendären Dämonenjäger, den man als Spieler verkörpert. Dieser erwacht erneut, weil seine Mutter, die mächtige Dämonin Lilith, die Welt bedroht. Das ruft nicht nur die Avengers auf den Plan, sondern auch die Midnight Suns, eine Truppe magischer Helden und Heldinnen, welche vielleicht die letzte Hoffnung sind, um die dunklen Horden von Lilith und Hydra zu besiegen.
Im Rahmen der Geschichte trefft ihr nicht nur auf bekannte Charaktere wie Wolverine, Spider-Man, Iron Man und Doctor Strange, sondern auch unbekanntere Figuren wie Magik. Diese Figuren sind nicht nur für euch in den taktischen Gefechten spielbar, ihr baut zu ihnen auch individuelle Beziehungen auf. Wie eure neuen Freundschaften verlaufen, hängt davon ab, was ihr in den Dialogen mit euren Verbündeten so für Ansichten zum Besten gebt. Das Gros eurer Antworten ordnet sich dabei in eine dunkle oder helle Kategorie ein.
Dabei haben eure Gesprächspartner unterschiedliche Vorlieben. Vereinfach gesagt: Wolverine hört vielleicht lieber einen markigen Spruch, während Doctor Strange eine differenziertere Sichtweise bevorzugt. Feinschliff für eure Beziehungen treibt nicht nur eure Freundschaften voran, was neue Aufgaben und Boni freischalten kann, sondern stärkt auch eure Affinität zu heller oder dunkler Seite. Dies trifft auch auf eure Aktionen in Kämpfen zu. Letztere hängen entscheidend von eurem Deck ab. Richtig gelesen, „Marvel’s Midnight Suns“ nutzt ein Karten-basiertes System ähnlich wie in etwa „Slay the Spire“.
Wer mal ein Trading Card Game oder eben Titel wie das oben erwähnte „Slay the Spire“ oder auch „Roguebook“ gespielt hat, wird viele Mechaniken wiedererkennen. „XCOM“-Puristen könnte das System stören, da es natürlich den Zufall ins Spiel bringt, da der Erfolg im Kampf davon abhängt, ob man die passenden Karten zieht. Andererseits fällt dafür die prozentuale Trefferwahrscheinlichkeit weg, die in „XCOM 2“ zu oft dafür sorgte, dass man bei 95 % Sicherheit neben ein Alien ballerte, das einem quasi bereits auf die Füße getreten war. Ich kann mit dem neuen System also gut leben.
Zumal es dieses Mal nicht gleich eine Niederlage bedeutet, wenn einer der Helden ausfällt: Denn ihr zieht stets eine bestimmte Kartenanzahl, könnte dann also mit den restlichen Kontrahenten mehr anstellen. So fehlen euch dann zwar die Skills des Gefallenen, ihr werdet aber nicht so sehr geschwächt, dass ihr direkt den Spielstand neu laden müsstet. Generell gibt es übrigens in den Gefechten auch keine Deckungen mehr. Wichtiger als taktische Positionierung sind also andere Entscheidungen: Welche Karte spiele ich wann, welche Gegner knöpfe ich mir als Erstes vor und welche Objekte aus der Umgebung nutze ich zu meinem Vorteil.
Außerhalb der Kämpfe wandert ihr durch das Anwesen euer Truppe und führt besagte Gespräche mit den Teammitgliedern. Im Spielverlauf gesellen sich nach und nach neue Helden dazu. In diesen Phasen erinnert „Marvel’s Midnight Suns“ ein wenig an „Persona 5“, denn ihr wandert auf der Karte zwischen verschiedenen Stationen umher, sucht ab und an bestimmte Gegenstände und spielt nach und nach neue Areale frei. Dabei vergeht dann auch die Zeit, sodass ihr euch aussuchen müsst, ob ihr z. B. eher mit Spider-Man einen Plausch wagt oder lieber Iron Man begleitet.
Die englischsprachigen Sprecher sind gut besetzt und haben die jeweiligen Figuren teilweise auch schon in anderen Games oder TV-Serien verkörpert. Beispielsweise hört man erneut Steve Blum als Wolverine oder Yuri Lowenthal als Spider-Man. Einige Dialoge sind aber etwas abgedroschen und hätten noch 1-2 Überarbeitungen vertragen. Der Gameplay-Loop hat mir dabei als Fan der „Persona“-Reihe gut gefallen, die Wechsel zwischen Kämpfen, teils ausgedehnten Story-Cutscenes und dem „ruhigeren“ Erkunden des Anwesens lockern einander gut auf. Bei den Gegnern hätte ich mir aber mehr Vielfalt und Kreativität gewünscht, denn die immer gleichen Dämonen zu verdreschen wirkt irgendwann ermüdend.
Dabei ist „Marvel’s Midnight Suns“ ziemlich umfangreich – 30 bis 40 Stunden könnt ihr in die Kampagne pumpen. Mehr werden es, wenn ihr auch Nebenaufgaben und Co. ernster nehmt. Leider konnte es 2K Games nicht lassen und hat auch Mikrotransaktionen ins Spiel integriert. Mit denen könnt ihr dann allerlei Kleidung freischalten für eure Helden. Freispielen kann man die optischen Aufwertungen ebenfalls, was aber echt nervig ist. Zumal das Game besessen davon ist, euch In-Game-Währung abzuknöpfen.
Beispiel: Ihr wollt eure Bude mit einem Bild dekorieren. Ok, das Bild kostet einen Obolus. Aufgehängt gefällt es euch nicht so recht, ihr wollt es abnehmen und anders platzieren. Könnt ihr machen, auch das kostet aber wieder etwas – das ist dann doch übertrieben? Als Ergebnis habe ich die Behausung meiner Helden stumpf so belassen wie sie eben ist – da kann ich mir nämlich spannendere Dinge vorstellen.
Ansonsten lest ihr es schon heraus: Ich würde „Marvel’s Midnight Suns“ als gelungene Mischung aus „XCOM“, „Slay the Spire“ und ein wenig „Persona 5“ beschreiben. Gerade Fans des Marvel-Kino-Universums oder der Comics werden hier sicherlich viel Freude an dem geballten Fanservice haben. Ist jedenfalls ein schöner Titel zum Jahresende geworden, auch wenn 1-2 Patches vielleicht noch vereinzelte Bugs, etwa sporadisches Clipping in den Kämpfen, ausmerzen könnten. Wer auf Marvel steht und auch andere Spiele von Firaxis Games schätzt, wird hier jedoch auf seine Kosten kommen und viele Abende Spaß haben.
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