„Lost Records: Bloom & Rage“: Tape 1 im Test

Das narrative Adventure „Lost Records: Bloom & Rage“ ist mit der ersten Hälfte, Tape 1, in dieser Woche für PC und Konsolen erschienen. Dank eines Review-Codes hatte ich die Chance, schon vorab eine Weile mit dem Titel aus dem Hause Don’t Nod zu verbringen. So haben an diesem Spiel auch viele Entwickler mitgearbeitet, die zuvor an der Reihe „Life is Strange“ beteiligt gewesen sind. Kann man den Charme des Originals auf dieses ähnlich angelegte Game übertragen?

Das komplette Spiel kann ich dabei natürlich noch nicht bewerten. Denn Tape 2 mit der zweiten Hälfte von „Lost Records: Bloom & Rage“ erscheint erst Mitte April 2025. Das sorgt vielleicht auch bei einigen Lesern für Kopfschmerzen: Kauft ihr hier vielleicht die Katze im Sack? Schließlich zahlt ihr direkt für das komplette Spiel. Immerhin: Mit 35,99 Euro ist der Preis fair gehalten. Habt ihr PlayStation Plus Extra oder Premium abonniert, könnt ihr sogar direkt ohne Mehrkosten einsteigen.

„Lost Records: Bloom & Rage“ ist ein narratives Adventure, ganz im Stil von „Life is Strange“. Auch hier bewegt ihr euch also durch relativ eng abgesteckte Areale und folgt einer linearen Geschichte, deren Plot ihr allerdings durch kleinere und größere Entscheidungen beeinflussen könnt. Über übernatürliche Fähigkeiten verfügt die Protagonistin Swann allerdings nicht. Zudem gibt es eine Besonderheit: Die Handlung springt regelmäßig zwischen zwei Zeitebenen hin und her – dem Jahr 1995 und der Gegenwart.

„Lost Records: Bloom & Rage“: „Stranger Things“ für Girlies?

Im Jahr 1995 lernt Swann neue Freundinnen fürs Leben kennen, oder so fühlt es sich zumindest anfangs an: Sie und die anderen Teenagerinnen Nora, Autumn und Kat sind Außenseiterinnen und finden dadurch zueinander. In der Gegenwart stellt sich jedoch heraus, dass aus der scheinbar unzerstörbaren Freundschaft schon lange Entfremdung geworden ist. Als die Truppe jedoch ein seltsames Paket erreicht, wollen sie sich nach vielen Jahren wieder treffen, um es gemeinsam zu öffnen. Eventuell können sie dabei auch ergründen, warum sie viele Erinnerungen aus der Zeit zusammen inzwischen fast gänzlich verdrängt haben.

Als Spieler verkörpert man dabei stets die Rolle von Swann und interagiert in Vergangenheit und Zukunft mit den anderen Mädchen bzw. Frauen. Dabei spielt im Übrigen die Band-Thematik eine wesentlich kleinere Rolle als der Titel suggerieren mag. Musik spielt zwar durchaus eine große Rolle für „Lost Records: Bloom & Rage“, jedoch weniger für die erzählte Story und mehr für die Atmosphäre. So gibt es hier viel akustische und sphärische Tracks von etwa „Milk & Bone“. Das trifft genau meinen Geschmack, da ich dieses Electropop-Duo ohnehin schon vorher geschätzt habe.

Mich hat die Coming-of-Age-Story mit Mystery-Elementen daher auch trotz extrem gemächlichen Anfangs schnell für sich gewonnen. Das kann aber anders aussehen, wenn euch der Soundtrack z. B. so gar nichts gibt und ihr mit den femininen Hauptcharakteren nicht warm werdet. Zumal die Charakterisierung nicht immer gelungen ist und es in den ersten Spielstunden anfangs kaum Konflikte untereinander gibt. Der Spannungsaufbau erfolgt hier sehr langsam. Eine große Rolle spielt dabei im Übrigen Swanns Camcorder, mit dem ihr optionale Sammel-Quests erledigen könnt, indem ihr etwa unterschiedliche Tiere, Panoramen und Menschen aufzeichnet. Das schaltet dann auch kurze, mit Monologen unterlegte, Videoclips frei.

Das Spiel führt ansonsten erst langsam die Charaktere ein und durch die Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart entwickelt sich erst langsam eine Dynamik in der Handlung. Die Charaktere sind dabei sympathisch und dass sie sich in ihrer Teenager-Einsamkeit zueinander hingezogen fühlen, ist nachvollziehbar. Allerdings fehlt es an einer treibenden Protagonistin, wie eben Max in „Life is Strange“. Swann aus „Lost Records: Bloom & Rage“ ist eine eher passive Figur, der Dinge zustoßen – die aber nicht die Geschichte antreibt. Dadurch ergeben sich anfangs vor allem viele aneinandergereihte Szenen, die in sich stimmig und atmosphärisch sind, einen aber jetzt nicht gerade gespannt auf das nächste Ereignis machen.

Hohe Hardware-Anforderungen, grafisch aber hinter „Life is Strange: Double Exposure“

Technisch ist „Lost Records: Bloom & Rage“ ungewöhnlich fordernd, betrachtet man das visuell Gebotene. Ich konnte das Spiel an meinem neuen Gaming-PC zwar in nativem 4K mit DLAA und maximalen Settings bei 60 fps zocken, bin aber auch im High-End-Segment unterwegs, was mein System betrifft. Zumal dieser Titel grafisch nicht mit „Life is Strange: Double Exposure“ mithalten kann. Beispielsweise wirken die Gestik und Mimik sowie die Lippenbewegungen der Charaktere eher veraltet.

Mein Test-System:

  • CPU: AMD Ryzen 7 9800X3D
  • CPU-Kühler: Noctua NH-D15 G2
  • Motherboard: MSI Tomahawk Wi-Fi AMD X670E
  • RAM: 64 GByte G.Skill Trident Z5 Neo RGB DDR5-6000 CL30
  • Grafikkarte: Nvidia GeForce RTX 4080
  • SSD: Kingston Fury Renegade 2 TByte + WD_Black SN850 1 TByte
  • Netzteil: be quiet! Power Zone 2 (850 Watt)
  • Tower: be quiet! Dark Base Pro 901 (White)

Die Umgebungen sind wiederum liebevoll gestaltet worden und enthalten viele Details, die auch der Charakterisierung der Figuren dienlich sind. Wer sich also z. B. im „Proberaum“ der Band umschaut, kann anhand der Gegenstände, die sich teilweise natürlich auch näher betrachten lassen, viel über die Figuren erfahren. Bei Szenenwechseln zwischen Vergangenheit und Gegenwart sind auf meinem System allerdings Texturdetails ab und an deutlich verspätet nachgeladen worden und ich konnte so beobachten, wie langsam etwa das Muster auf Autumns Pullover Gestalt annimmt.

Die englische Sprecherbesetzung habe ich dabei als 1a empfunden, eine deutsche Synchronisation gibt es hingegen nicht – wohl aber deutschsprachige Untertitel und sonstige Texte. In Sachen Gameplay läuft „Lost Records: Bloom & Rage“ dabei streng linear ab. Weder könnt ihr frei bestimmte Orte aufsuchen, noch spezifische Aufgaben verschieben. Dabei sind in der ersten Spielhälfte noch keine großen Auswirkungen der eigenen Entscheidungen spürbar, das sollte sich aber mit zunehmendem Spielverlauf bzw. eben Tape 2 ändern.

Oft sind es vielmehr kleine Dinge, die ihr beeinflussen könnt: Hilft Swann Autumn direkt einen verlorenen Schlüssel zu suchen, oder vertreibt sie sich eher erstmal mit der faulen Nora die Zeit? Ruft ihr vor der Bandprobe als erstes Kat an oder doch eher Autumn? Entsprechend nähert ihr euch den anderen drei Mädchen / Frauen jeweils besonders an.

Mein erstes Fazit zu „Lost Records: Bloom & Rage“

Ca. acht Stunden könnt ihr mit Tape 1, also der ersten Hälfte, zu „Lost Records: Bloom & Rage“ verbringen. Zwingend fühlt sich die Coming-of-Age-Geschichte dabei zunächst noch nicht an. Zu passiv ist die Hauptfigur Swann und zu sehr fokussieren sich die Entwickler auf eine eindringliche Atmosphäre, die aber relativ wenige echte Ereignisse zeigt. Ich bin dabei dank des Soundtracks, der genau meinen Musikgeschmack trifft, sehr empfänglich für das Gebotene. Allerdings würde ich zögern, diesen Titel Gamern zu empfehlen, die nicht schon bei der Atmosphäre der Trailer ein Interesse entwickelt haben.

Sollten euch Serien wie „Stranger Things“ und „Yellowjackets“ zusagen und ihr könnt euch eine deutlich verträumtere und weniger düstere Version davon vorstellen, dann seid ihr bei „Lost Records: Bloom & Rage“ an der richtigen Adresse. Für ein finales Urteil ist es ohnehin noch zu früh, das werde ich dann, auch hier im Blog, mit dem Erscheinen von Tape 2 fällen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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