Elektronische Patientenakte (ePA): Selbstbestimmung ist nicht vorgesehen

Wer die elektronische Patientenakte (ePA) nutzt, ist aktuell gewissermaßen noch Versuchskaninchen. Denn es gibt anhaltende Kritik an der Datensicherheit. Parallel haben sich die Verantwortlichen vom ursprünglichen Plan der Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Patienten verabschiedet. So können Nutzer weder jetzt noch in Zukunft entscheiden, welcher Arzt welche Befunde sehen darf.

Denn ursprünglich sollten Patienten selbst auch selektiv Befunde für Praxen freigeben bzw. sperren dürfen. Auf diese Weise hättet ihr etwa die Möglichkeit gehabt, zu verhindern, dass euer Augenarzt bei einem Sehtest für eine neue Brille gleich munter abscannt, dass ihr wegen einer Geschlechtskrankheit in Behandlung seid – als Beispiel. Doch die neue Führung im Gesundheitsministerium hält davon nichts: „Eine Zugriffsbeschränkung für einzelne Behandlungsdokumente je Leistungserbringer ist nicht vorgesehen“, erklärt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Tino Sorge (via Netzpolitik).

Begründung: Bei medizinischen Behandlungen sollen alle relevanten Daten vorliegen. Nutzern der ePA ist es somit nur möglich, einzelne Dokumente entweder für alle Leistungserbringer gleichermaßen anzuzeigen – oder für alle auszublenden. Frühere Versionen der elektronischen Patientenakte hatten noch die genauere Steuerung erlaubt. So konnten Patienten einzelne Dokumente zum Beispiel als „streng vertraulich“ einstufen. Damit konnte dann etwa der Psychotherapeut sehen, dass ihr wegen einer Depression in Behandlung seid – der Zahnarzt aber nicht.

Kritik auch von Ärzten

Ein kleiner Lichtblick: Nutzer sollen ab der ePA-Version 3.05 immerhin beschränken können, welche Ärzte auf den geplanten „digital gestützten Medikationsprozess (dgMP)“ zugreifen können. Ein entsprechendes Update soll im Juli 2025 folgen. Dann kann der Medikationsprozess gegenüber einzelnen Arztpraxen verborgen werden. Das wird aber auch eine Lösung nach dem Motto „alles oder nichts“. Denn einzelne Einträge sollen nicht gezielt verborgen werden können.

Teil des blumig klingenden „digital gestützten Mediaktionsprozesses“ sollen die Medikationsliste (eML), der Medikationsplan (eMP) sowie personenbezogene Informationen zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sein. Die Medikationsliste ist schon seit Januar 2025 in der ePA hinterlegt. Der Medikationsplan und die ATMS sollen später folgen.

Die Kritik an der ePA bleibt dabei laut. Die Bundestagsabgeordnete Anne-Mieke Bremer (Die Linke) kritisiert die elektronische Patientenakte als „Desaster“. Sie stört sich an der fehlenden Datenhoheit der Nutzer, den weiterhin vorhandenen Sicherheitslücken und den fragwürdigen Widerspruchsregelungen.

Einen besonders witzigen Vergleich strengt zudem der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Christian Sommerbrodt, an. Laut ihm mangele es der ePA aus Sicht der Ärzte an Funktionen sowie Datensicherheit. Er erklärt, das Bundesgesundheitsministerium habe die ePA beworben wie ein Apple iPhone 16. Erwartet habe man realistisch ein Nokia-Gerät. Bekommen habe man am Ende dann ein Telefon mit Wählscheibe.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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66 Kommentare

  1. Ich hatte mir viel erwartet, aber jetzt bin ich raus. Schade das das Thema Patientenwille keinerlei Rolle spielt.
    Also lege ich Widerspruch ein, Tschüss an die Assis die es wieder einmal verbockt haben!!!

  2. Widerspruch ist raus, wie gesagt Schade! Ich hatte in meiner App gesehen das z.B. Laborärzte auch Zugriff auf alle Daten gehabt hätten, das wäre genauso, als wenn dein Klempner deine Kontostände abrufen könnte.
    Hätte gut sein können, aber ist typisch German-Mist, das S…. Wort kann sich jeder Denken!

  3. Wenn man jetzt vom neuesten Wahnsinnsanfall von Herrn Trump hört

    https://www1.wdr.de/nachrichten/usa-visa-visum-trump-rubio-us-regierung-auslaendische-studenten-schueler-austausch-aupair100.html

    ist klaar, daß die Begehrlichkeiten auch der Neu-Faschistischen Diktatur in den USA gern auf solche Daten zugreifen würde und nicht nur die von Social Media.

    Denn hier erfährt man dann auch, ob der Deutsche Studirende der ans MIT will, wegen chronischer Erkrankungen in Behandlung ist – so einer ist doch leistungsmäßig gar nicht fit fürs MIT – oder ob das Au-Pair etwa schon mal abgetrieben hat. Sowas darf ja nicht in die USA, ist doch klar.

    Jede zentralisierte Sammlung persönlicher Daten ist eine Gefahrenquelle perse. Ein Arztbrief, egal ob auf CD-ROM oder simplem Papier bedeutet daß ich es im wahrsten Sinne _in der Hand_ habe wem ich das weitergebe. Und Trump sieht das nicht. Und da ich nicht bei Facebook und Co. bin wird er bzw. seine Büttel auch nix von mir finden. Puhh, Blück gehabt!

    Trump muß dann schon einen Spion schicken, der noch analog in meine Wohnung eindringt und mit der Minox knipst – geil !

  4. FriedeFreudeEikerkuchen says:

    Was noch gar nicht erwähnt wurde: Es ist sehr schön, wie sich die politisch Verantwortlichen selbst aus der ePA raus genommen haben. Man kann sicher davon ausgehen, dass alle Entscheidungsträger privat versichert sind. Da die Privaten nicht der ePA-Pflicht unterliegen, sind sie damit von Datenschutzproblemen, Indiskretionen beim Apotheker etc nicht betroffen. So kann man ohne Risiko für die eigene Person munter mit der ePA experimentieren.
    Was auch noch fehlt: Der Zugriff auf eine zentrale Gesundheitsdatenbank aller Kassenpatienten ist der feuchte Traum einer jeden Diktatur. Es gibt keine technischen Hürden dagegen, sondern nur politische Entscheidungen, die man jederzeit ändern kann.

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