Elektronische Fußfessel im Gewaltschutz: Bundeskabinett beschließt neue Maßnahmen

Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der den Schutz von Menschen vor häuslicher Gewalt deutlich verstärken soll. Im Kern geht es darum, die elektronische Aufenthaltsüberwachung als Instrument in das Gewaltschutzgesetz zu integrieren und Täter zur Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings zu verpflichten. Ziel ist ein schnelleres Vorgehen und die Anwendung einheitlicher Regeln in ganz Deutschland.

Neu ist demnach die Möglichkeit für Familiengerichte, in sogenannten Hochrisikofällen die elektronische Fußfessel anzuordnen. Dieses Gerät soll sicherstellen, dass gerichtlich erlassene Abstands- und Kontaktverbote tatsächlich eingehalten werden – wenig überraschend: Die meisten Täter interessieren solche Verbote und Regeln nämlich so überhaupt nicht. Nähert sich ein Täter dem Opfer entgegen der Anordnung, wird dies fortan sofort erkannt und die Polizei kann einschreiten. Opfer erhalten auf Wunsch ein Warnmeldegerät, das rechtzeitig Alarm gibt.

Da diese Maßnahme tief in die Grundrechte eingreift, ist ihre Anwendung geregelt und begrenzt:

  • Die Entscheidungskompetenz liegt ausschließlich bei Familiengerichten.
  • Die Anordnung ist zeitlich begrenzt und wird regelmäßig auf ihre Notwendigkeit hin überprüft.
  • Sie kommt nur dann zum Einsatz, wenn Tatsachen vorliegen, die einen Verstoß gegen die Schutzmaßnahmen wahrscheinlich machen und eine erhebliche Gefahr für das Opfer besteht.
  • Verweigert ein Täter das Anlegen der Fußfessel, sieht das Gesetz Sanktionen bis hin zur Anordnung von Ordnungshaft vor.

Die zweite wichtige Grundlage des Entwurfs ist die verpflichtende Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings. Solche Maßnahmen sollen dazu beitragen, bestehende Gewaltmuster aufzubrechen und die Gefahr weiterer Taten zu senken. Flankierend dazu werden die Strafen bei Verstößen gegen Schutzanordnungen drastisch verschärft: Die Höchststrafe für eine Zuwiderhandlung wird von aktuell einem Jahr auf drei Jahre Freiheitsentzug erhöht. Des Weiteren können Familiengerichte künftig Auskünfte aus dem Waffenregister einholen, um die tatsächliche Gefährdungslage des Opfers realistischer einschätzen zu können.

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Nordlicht, Ehemann und Vater. Technik-verliebt und lebt fürs Bloggen. Außerdem: Mail: benjamin@caschys.blog / Mastodon

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16 Kommentare

  1. Hoffentlich kommt nicht der eine oder andere auf den Gedanken, aus Neugierde die Fußfessel mit dem Lötkolben zu bearbeiten… im Ernst: natürlich wichtig und richtig. Ob man dann aber die Gewalttäter rechtzeitig in den Griff bekommt, bezweifle ich.

    • >> Ob man dann aber die Gewalttäter rechtzeitig in den Griff bekommt, bezweifle ich.

      Viele Fälle häuslicher Gewalt bleiben unentdeckt. Die Scham der Opfer ist groß und niederschwellige Hilfsangebote gibt es zu wenig. Wenn ich daran denke, dass es kaum Hilfsangebote für von häuslicher Gewalt betroffene männliche Personen gibt, wird mir übel.

      • Es gibt allgemein zu wenig Hilfsangebote für Opfer häuslicher Gewalt. Egal ob niederschwellig oder nicht. Kurz mal bei Statista geschaut. Die gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt sind von 2013 bis 2023 konsistent mit einem Anteil von 70-80% gegen Frauen verübt worden. Ja es gibt Dunkelziffern, ja Männer haben höhere Hemmschwellen das zu melden.

        Aber sowohl die Statistik, als auch anekdotische Evidenz zeigen: Der Großteil der Opfer häuslicher Gewalt (körperlich, sexuell) sind Frauen. Männer sind eher Opfer psychischer Gewalt.

        Ich bin ein Mann, ich habe psychische Gewalt erlebt. Hilfsangebote gibt es kaum.

  2. >> Die zweite wichtige Grundlage des Entwurfs ist die verpflichtende Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings.

    Als ich diesen Satz gelesen habe, musste ich herzhaft lachen. Werden demnächst die arbeitsunwilligen Bürgergeldempfänger zu Anti-Gewalt-Trainern ausgebildet, damit man ausreichend Personal hat?

    Am Ende scheitert das Vorhaben dann an fehlenden Trainingsstätten. Ich denke, eine Muckibude will sich ihren Ruf nicht durch das Angebot von Anti-Gewalt-Trainings versauen. Wahrscheinlich wird die Bereitstellung von Trainingsstätten zur Aufgabe der Städte und Kommunen, denen jetzt schon in allen Ecken und Kanten das Geld fehlt.

  3. Fußfesseln sind so vollkommen unvereinbar mit meinem Verständnis von Privatsphäre. Ich denke ich würde einfach auswandern dann. 😀

    • Martin Elsner says:

      Also wenn du Fußfesseln wegen häuslicher Gewalt bekommen sollst und dann auswanderst ist der Person gegen die die Gewalt ausgeübt wurde natürlich auch vor dir Geschützt. Vorausgesetzt du bleibst du auch weg.
      Und ich formuliere mal um: Gewaltverbrecher und Privatsphäre sind auch nicht umbedingt kompatibel.

    • Viel Glück dabei ein Land zu finden, dass dich dann als Auswanderer nimmt – wenn es soweit ist, dass du eine Fußfessel verpasst bekommst, dürftest du auch schon ein paar Einträge in deinem Vorstrafenregister haben.

    • Hallo Jannik,

      wieso würdest Du auswandern?

      Bist Du denn Täter in Sachen häuslicher Gewalt?

      Nur dann mußt Du doch Angst vor der elektronischen Fußfessel haben.

      Auswandern wohin – Iran? Da dürfen männer ja im namen des Islam nnoch Gewalt gegen Frauen ausüben …

    • Schrieb er mit einer zurückverfolgbaren digitalen Fußfessel (aka Smartphone/PC).

      Ja so eine Fußfessel ist ein Eingriff in die Grundrechte und in den Datenschutz. Da unser Grundgesetz aber (mehr oder minder) so konzipiert ist, dass der Anfang höher gewichtet wird als nachfolgende Paragraphen, scheitert es hier (beim Täter) an Artikel 1 den er ggü dem Opfer verletzt hat. Somit ist jede Diskussion ob wir hier Täterschutz betreiben sollten obsolet. Es wird ja auch kein vernünftig denkender Mensch ernsthaft diskutieren ob Freiheitsentzug grundrechtsverletztend für den Täter ist und deswegen nicht vollzogen werden darf.

  4. Finde die Idee gut, in anderen Ländern zeigt es ja auch Wirkung. Nur sind hier doch Gerichte eh schon sehr viel beschäftigt.

    Nächste Punkt ist wir haben zu wenig Polizei, weil wenn die Leitstelle schicke ich ne Streife zu jemand mit Fußfessel oder zu einem Unfall, Schlägerrei Einbruch usw., wird wohl nicht zur Fußfessel gefahren.

    Damit bringt es dem Opfer in dem Moment erstmal nix wenn die Polizei erst in 30 min aufkreuzt.

    Und für diese Anti-Gewalt Trainings gibts weder genug Pädagogen /Phsycho Doc noch Räumlichkeiten.

    Gut gemeint das Gesetz, aber es wird an der Umsetzung und Durchsetzung hapern.

    • Es ist halt auch die Frage was im Hintergrund passiert. In einer Doku mit Vergleich zu anderen Europäischen Ländern, in denen die Praxis mit der Fußfessel seit Jahren Gang und Gebe ist wurde in diesem Ländern teilweise auch eingerichtet, dass die Opfer per Anruf/Nachricht informiert werden, wenn der Täter sich nähert und sich so gezielt z.B. einsperren können bis Hilfe kommt oder er wieder weg ist.
      In dieser Doku wurde is mit dem Fall einer Frau verglichen, die in einem Laden arbeitet und dort vom Täter mit einem Messer ohne Vorwarnung angegriffen und sehr schwer verletzt wurde.
      In Ihrem Fall hat der Täter sie auch vorher schon drangsaliert aber der Nachweis, dass er sich annähert war schwer zu erbringen.

      Ohne ein solches Warnsystem bleibt immerhin noch, dass der Täter eher abgeschreckt wird von einer Annäherung oder falls er sich annähert ein Nachweis besteht aber ja, dann würde es weitere Taten kaum verhindern können.

  5. Gute Maßnahme! Allein die Signalwirkung ist schon positiv.

    • Die Signalwirkung gibt es nur leider nicht in dem gewünschten Maße.

      Diverse Studien zeigen, dass (Haft)strafen wenig bis keine Wirkung zeigen. Ich kenne auch keine seriöse gegenteilige Studie. Schönes Beispiel: die USA. Trotz Todesstrafe und deutlich längeren Haftstrafen (mehrere zehn, teilweise hundert Jahre) ist dort sowohl die Kriminalitäts- als auch die Tötungsrate pro 100.000 Einwohner höher als in Deutschland mit eher moderaten Haftstrafen und häufig nur Geldstrafen. Der Fairness halber muss man die UAE anführen, die extrem niedrige Deliktsraten haben. Sind aber international eher die Ausnahme.

      Außerdem wird die Signalwirkung schon an der Umsetzung scheitern. Wenn die potentielle Strafe gar nicht veranlasst werden kann, macht sich der Gesetzgeber hier viel mehr zum Clown als „Angst und Schrecken“ unter den Tätern zu verbreiten.

      • „Trotz Todesstrafe und deutlich längeren Haftstrafen (mehrere zehn, teilweise hundert Jahre)“. Da muss ich jedes mal lachen wenn ein Täter zu 100 oder mehr Jahre verurteilt wird. Wer hat sich das nur ausgedacht? Kein Mensch wird 150 Jahre alt. Ist das nur um nicht sagen zu müssen der kommt nie wieder frei?

    • >> Allein die Signalwirkung ist schon positiv.

      Soll der Gesetzgeber immer mehr oder nur noch Schaufenster-Gesetze machen, weil deren Signalwirkung schon positiv ist? Wenn das reicht, dann brauchen wir keinen Aufwuchs der Bundeswehr, nicht mehr Polizeibeamte, weniger Richter und Staatsanwälte. Die haben ja wegen der positiven Signalwirkung weniger zu tun.

  6. Wichtig bleibt geschützte räume für Opfer interfamiliärer Gewalt zu schaffen.

    Frauenhäuser gibt es viel zu wenig. Lieber überkapazitäten finanzieren wie Frauen und ggf. Kindern in prekären Partnerschaften lange Wartezeiten zuzumuten.

    Die Fußfessel für den Aggressor kann nur „erste Hilfe“ sein. Zufluchtsräume sind wichtiger und eine bessere Lösung.

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