Digitalisierung der Bundesverwaltung: Bundesregierung verfehlt krachend die Ziele

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Bundesverwaltung zu digitalisieren. Teil des Vorhabens ist es, die IT-Lösungen zu zentralisieren, die IT-Sicherheit zu verbessern und am Ende durch vereinheitlichte und effizientere Prozesse Geld in der Verwaltung einzusparen. Doch der Bundesrechnungshof rügt, dass die Bundesregierung weit hinter den Zielen zurückbleibe.

Das Konzept zur IT-Konsolidierung ist bereits vor zehn Jahren beschlossen worden. Ziel sollte schon damals eine „leistungsfähige, wirtschaftliche, stabile und zukunftsfähige IT“ sein. Was man vor allem erreicht hat: Die ursprünglich anvisierten Kosten von 1 Mrd. Euro haben sich auf 3,5 Mrd. Euro erhöht. Ansonsten ist wenig herausgekommen, wie der Bundesrechnungshof konstatiert (via Netzpolitik). 2018 z. B. beschloss man noch, die über 1.300 Rechenzentren und Serverräume der Bundesverwaltung zu verkleinern. Dieses Ziel hat man aber mittlerweile ganz aufgegeben.

Auch die Ziele, die internen Software-Lösungen zu bündeln und zu standardisieren, wurde im Laufe der Zeit eingeschränkt. Bis Ende 2025 wollte man 49 zentrale IT-Lösungen bereitstellen. Davon sind viele aber bis heute nicht fertig geworden – obwohl das zuständige Bundesinnenministerium (BMI) für diese Arbeit in den Jahren 2016 bis 2025 eine Milliarde Euro erhalten hatte.

Netze des Bundes sind veraltet

Auch die Modernisierung der Netze des Bundes ist bisher gescheitert. Netzbetreiberin ist die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – diese untersteht dem BMI. Laut Bundesrechnungshof seien wesentliche Komponenten inzwischen „veraltet“. Deswegen gebe es teilweise etwa keine Sicherheitsupdates mehr. Grundlegende Anforderungen zur „Bandbreite, Skalierbarkeit und Leistungsfähigkeit“ würden komplett verfehlt. Deswegen könnten Mitarbeiter der Behörden darüber z. B. keine Videokonferenzen abhalten oder mobil arbeiten.

Seit 2022 arbeitet die Bundesregierung mit einem IT-Rat an einer neuen IT-Strategie. Seitdem ist kaum etwas Konkretes herausgekommen. Lediglich beim Cloud-Computing gibt es Zielsetzungen. Andere Felder wie „digitale Souveränität, Resilienz und Sicherheit“ oder „digitale Infrastruktur“ seien ohne Zielsetzungen geblieben und daher auch ohne Fortschritte. Im Ergebnis gebe es seit 2015 im Grunde kaum Anpassungen und Überprüfungen der damals übergreifend anvisierten Ziele.

Letzten Endes bescheinigt der Bundesrechnungshof Deutschland noch einen sehr langen Weg, bis es zu einer handfesten Zentralisierung der IT des Bundes kommen dürfte.

Transparenz: In diesem Artikel sind Partnerlinks enthalten. Durch einen Klick darauf ge­lan­gt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir ei­ne kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Partnerlinks haben keinerlei Einfluss auf unsere Berichterstattung.

Gefällt dir der Artikel? Dann teile ihn mit deinen Freunden.

Avatar-Foto

Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

Neueste Beiträge

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmst du unserer Datenschutzerklärung und der Speicherung von dir angegebener, personenbezogener Daten zu.

20 Kommentare

  1. BeziehungsweiseRevolution says:

    und woran liegt es? dass die anbieter von software und hardware den hals nicht vollkriegen und immer wieder dafür sorgen, dass updates in allen bereichen schneller und schneller werden, ebenso wie supportzeiträume reduziert und eingeschränkt werden.
    das mag in der wirtschaft funktionieren, die ja ähnlich schnell agiert und agieren muss. für einen staat und seine behörden sind aber noch einmal weitaus größere sicherheitsfragen relevant.

    zudem werden angebote eingereicht, die dann von den anbietern nicht gehalten werden können. es wird teurer, weil die märkte eben nicht (preiss-)stabil sind. in der konsequenz bedeutet das neue bewilligungen, lange prozesse und immer wieder neue kosten.

    • Also bei den Punkten die der Bundesrechnungshof kritisiert würde ich die Schuld nicht in der Marktwirtschaft suchen.
      Das liest sich mehr wie das typische versumpfen von Ideen in den Behörden. Ideen die durch Zuständigkeitsgehabe im Keim erstickt werden oder solange unterdrückt werden bis bei der ersten Testimplementierung bereits nicht mehr den aktuellen Bedarf gedeckt wird.

      • Ich arbeite ebenfalls in einem Amt und kann bestätigen dass hauptsächlich die langwierigen Entscheidungsfindungen und vor allem die unglaublich langen Beschaffungsvorgänge der Digitalisierung das Genick brechen. Man ist froh wenn man es überhaupt rechtzeitig schafft Supportverträge zu erneuern oder Komponenten vor dem End of Support auszutauschen. Die IT-Mitarbeiter werden dadurch extrem ausgebremst. Kein Wunder wenn eine einzige Beschaffung erst von 10-15 verschiedenen Stellen überprüft und genehmigt werden muss. Es ist ein Trauerspiel.

        • Ach schön. Das kenne ich von der DB auch. Aber die Menschen in den vielen Büros dieser Republik müssen ja beschäftigt werden.

  2. Das ist auch alles nicht so einfach. Microsoft kommt ständig alle zehn Jahre mit neuen Versionen usw.
    Wer soll denn da auch noch Schritt halten? 😀

  3. Auf Erfahrung kann ich sagen, dass vor dem Verkauf eines Produktes das Blaue vom Himmel versprochen wird und wenn’s dann eingeführt wird, kommt die Ernüchterung. Vieles funktioniert nicht, ob die Funktionen gibt es gar nicht. Gerade die Telematikinfrastruktur (TI) ist eine völlige Katastrophe (zumindest Version 1.0, 1.5 geht mittlerweile).

  4. Sind doch nur Steuergelder, die verbrannt werden.

  5. Solche Nachrichten wundern mich überhaupt nicht. Ich arbeite in einer dem BMI unterstellten Behörde, in der die IT-Kompetenz der Belegschaft größtenteils ein Armutszeugnis ist.

    Hinzu kommt, dass IT-Angelegenheiten häufig von Personen beschlossen werden, denen das dafür notwendige Fachwissen offensichtlich fehlt. Ein Problem im öffentlichen Dienst ist, dass viele Stellen nicht nach tatsächlicher Eignung, sondern nach Bildungsabschlüssen vergeben werden – auch wenn diese nichts mit der auszuübenden Tätigkeit zu tun haben.

    Ein weiterer Nachteil ist das Fehlen einer echten leistungsorientierten Bezahlung. Zwar gibt es Instrumente wie Geldprämien, doch diese werden vielfach im Rotationsprinzip vergeben ohne die tatsächlich erbrachte Leistung zu berücksichtigen.

    Will man die vorhandenen IT-Strukturen aufbrechen, kommen zu guter letzt irrsinnig hohe bürokratische Hürden hinzu. Alles muss durch zig Ebenen, und viele davon eben ohne Fachkompetenz aber mit Entscheidungsgewalt.

    Im öffentlichen Sektor läuft so viel schief und ich sehe auch in meiner Behörde nicht, dass sich das mittelfristig ändern wird.

    • >> Im öffentlichen Sektor läuft so viel schief und ich sehe auch in meiner Behörde nicht, dass sich das mittelfristig ändern wird.

      Wir haben doch seit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Joachim-Friedrich Martin Josef Merz ein Bundesinisterium für Digitales und Staatsmodernisierung. Digital heißt dann wohl, funktioniert oder funktioniert nicht. Kann man nicht ändern, haben wir schon immer so gemacht und wollen die Beschäftigten in den Verwaltungen nicht überfordern. 😉

      • Ich weiß nicht ob man sowas in einem halben Jahr regeln kann.

        • Wenigstens den Versuch etwas zu verändern hätte man unternehmen können. Stattdessen muss mal wieder der Föderalismus als größter Hemmschuh als Ausrede herhalten.

          Klar, Staatsmodernisierung in einem föderalistischen System kann eine Herkulesaufgabe sein. Aber kaum jemand dürfte deren Notwendigkeit bezweifeln. Wenn man das Ruder nicht herumreißt, wie versprochen, wird sich der Dampfer nicht bewegen. Leider ist die einzige zu verzeichnende Bewegung, die Kostenerhöhung.

  6. Christian Voß says:

    Ich blicke bei dem Thema immer neidvoll nach Österreich, die haben das Bundesrechenzentrum als „internen“ IT-Dienstleister gegründet und der macht das scheinbar ziemlich gut für die ganzen Bundesministerien und Bundesbehörden …

  7. Ich habe das Gefühl, dass hierzulande vieles zerredet wird. Solange nicht irgendwas 100%ig sicher erscheint, wird es verworfen, wohl wissend, dass 100% in dem Bereich praktisch nicht zu erreichen sind. Wenn dann noch jemand laut „Datenschutz“ schreit (was wiederum 100%ig sicher ist), ist das oft genug der letzte Sargnagel für viele Projekte.

    • Das ist tatsächlich ein weiteres Problem, wobei es in den meisten Fällen nur Ausreden sind. Etwas am Status Quo zu verändern hieße nämlich Verantwortung zu übernehmen. Je weiter unten man in der Hierarchie ist, desto weniger lohnt sich das, weil gute oder auch exzellente Arbeit kaum Auswirkungen auf die Bezahlung hat. Am Status Quo festzuhalten erscheint dann wesentlich einfacher.

      Auf höherer Ebene ist es dagegen lukrativer, den Handlanger für Lobby-Gruppen zu machen und Änderungen für (bestimmte) Unternehmen zu veranlassen. Wohl wissend, dass es Müll ist und ggf. schädlich für das Volk, macht es sich aber früher oder später deutlich auf dem Konto bemerkbar.

      Also selbst wenn etwas in Gang gesetzt wird, werden erst einmal Aufträge um bestimmte Firmen herum geschaffen. Das Mittel zum Zweck eben. Anschließend können drölf externe Berater zu horrenden Gebühren sagen, was der normale Menschenverstand bereits wusste.

      Wie will man so eine Digitalreform hinbekommen? Und vor allem bezahlen.

      Tja. Menschen halt.

  8. Ich bin der Meinung, dass das eine gesamteuropäische Aufgabe sein könnte.
    Genau wie die Harmonisierung von Verkehrszeichen/regeln usw.
    Dinge, die in Brüssel aber nicht angefasst werden.
    Wie hier jemand schon sagte: Die IT Kompetenz in Behörden etc. lässt zu auch wünschen übrig. Meine Kollegen sind so stur und beratungsfesistent, dass es zum Haareraufen ist.
    Digitale Materialbestellung per pdf mit Mail ist schon der Weltuntergang.
    Ich glaube man hat es teilweise aufgegeben und versucht jetzt eine langsamere Umstellung, bis besagte Boomer in Rente gehen.

    • Christian Voß says:

      Nur hat Brüssel nicht die Kompetenz, dies zu regeln.
      Die EU-Kommission kann die sogenannten EU-Verordnungen erlassen, welche auch unmittelbare Gültigkeit haben (können). Diese dürfen aber nur zur Harmonisierung des EU-Binnenmarktes genutzt werden.
      Dann haben wir noch die EU-Richtlinien. Die dürfen im Grunde alles regeln, müssen aber zuerst vom Europäischen Rat (also die Versammlung der nationalen Fachminister oder gar der Staatschefs) verabschiedet werden und brauchen zusätzlich die nationale Ratifizierung aller Mitgliedsstaaten gemäss der dortigen jeweiligen Gesetzgebungsverfahren.
      Das von dir angesprchene ginge nur mit einer Richtlinie, und dann müssen in den Staaten die darüber abstimmen, die es bereits national nicht hinkriegen.

  9. Wenn es irgendwo schnelle Prozesse geben muss, dann ist es in den Bereichen IT, Cybersecurity und Software.

    Wenn man da auf sämtlichen Ämtern weiterhin mit Prozessen arbeitet die länger brauchen als der Lebenszyklus der verwendeteten (oder angefragten) Softwareversionen.

    So lange sich in der Denke nichts ändert sehe ich schwarz, dass sie jemals die Ziele erreichen.

  10. Das Problem bei Software generell ist, dass Leute zu viel wollen. Wenn ich meine Anforderer sehe, wie die so agieren und nicht von der alten Lösung lösen können…. man muss Dinge halt auch mal bei 95% belassen und generell Themen wie Berechtigungen sind grade die letzten 10% eines Projektes. Irgendwo kommt immer noch eine Ausnahme aus der letzten Ecke gekrochen und das ist genau das wovor ich keine Lust habe irgend einen Mumpitz zu implementieren, der in 2 Wochen sowieso schon wieder überholt ist. Am besten man hält alles einfach in der Definition und Wartung und macht 2-3 Klicks mehr. Aber leider gibt es bei ITlern Leute die sich in Skripten verwirklichen wollen und genauso auf Einkäufer/Anfordererseite die ihren Mist nicht global gebügelt bekommen.

Es werden alle Kommentare moderiert. Lies auch bitte unsere Kommentarregeln:

Für eine offene Diskussion behalten wir uns vor, jeden Kommentar zu löschen, der nicht direkt auf das Thema abzielt oder nur den Zweck hat, Leser oder Autoren herabzuwürdigen. Wir möchten, dass respektvoll miteinander kommuniziert wird, so als ob die Diskussion mit real anwesenden Personen geführt wird. Dies machen wir für den Großteil unserer Leser, der sachlich und konstruktiv über ein Thema sprechen möchte - gerne auch mit Humor. In jedes Thema Politik einbringen ist nicht erwünscht. Es besteht kein Recht auf die Veröffentlichung eines Kommentars.

Du willst nichts verpassen?

Du hast die Möglichkeit, den Kommentar-Feed dieses Beitrags zu abonnieren. Wer natürlich alles lesen möchte, der sollte den Hauptfeed abonnieren.