Bertelsmann lässt Umgang mit gefälschten Hitler-Tagebüchern wissenschaftlich untersuchen
Ein kurioses Stück deutscher Geschichte: die gefälschten Hitler-Tagebücher. Die wurden 1983 vom Stern veröffentlicht (der auch einen grandiosen Podcast namens Faking Hitler dazu veröffentlichte). Vermutlich kennen alle Leser die Geschichte, wie Konrad Kujau das Medium an der Nase herumführte.
Der 25. April 1983 ist einer der dunkelsten Tage der deutschen Pressegeschichte. Der stern stellt die Hitler-Tagebücher vor. Der GAU: Statt einer Weltsensation stellen sich die Bücher als Fälschung heraus.
Der NDR hat die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ von Konrad Kujau in vollem Umfang mithilfe einer KI-Übersetzung aus dem handschriftlichen Original digitalisiert und bietet eine Volltextsuche. Der Politologe Hajo Funke ordnet die Einträge mit Kommentaren ein.
Bertelsmann lässt den Umgang des Unternehmens mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern nun wissenschaftlich aufarbeiten. Zu diesem Zweck wird das man einen bestehenden Forschungsauftrag an das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München erweitern.
Bereits im August 2022 hatte der Bertelsmann-Vorstand das IfZ um eine unabhängige Aufarbeitung der Geschichte des Magazins „Stern“ gebeten. Die historische Analyse durch das IfZ wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Ergebnisse werden vollumfänglich veröffentlicht. Im Zuge des Forschungsprojektes werden alle historisch relevanten Unterlagen von Gruner + Jahr bzw. dem „Stern“ ins Unternehmensarchiv von Bertelsmann nach Gütersloh überführt.
Das IfZ untersucht im Auftrag von Bertelsmann bereits die Phase ab der Gründung des „Stern“ durch Henri Nannen 1948 bis zu dessen Ausscheiden 1983. Mit der Analyse will Bertelsmann einen objektivierenden, wissenschaftlichen und nachhaltigen Beitrag zur jüngst wieder aufgekommenen Diskussion um die Person des langjährigen „Stern“-Chefredakteurs Henri Nannen (1913–1996) leisten. Mit der historischen Analyse des Umgangs mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern werden Forschungszeitraum und -gegenstand erweitert, um ein objektives Bild zu erhalten, wie und warum es zur Veröffentlichung der Fälschung kommen konnte, so die Mitteilung an die Medien.
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Mag ja vor 40 Jahren das Highlight in der deutschen Pressegeschichte gewesen zu sein aber erster Gedanke bei dieser Meldung: zu viel Langeweile oder steht das irgendein sinnvoller Gedanke hinter diesem Vorhaben?
Interessant wird es allemal. Ich bin alt genug um den Rummel damals live miterlebt zu haben. Die Ergebnisse werden, glaube ich, ein sehr interessanter Spiegel der damaligen Gesellschaft zeigen. Ich hoffe auf ein historisches Epos 🙂
„Vermutlichen kennen alle […]“
Wohl eher niemand bei der Demografie von dieser Seite. 50% war da nichtmal geboren und dann hätte man über 12 sein müssen um dafür interessiert gewesen zu sein.
Ich glaube Du machst Dir keine Vorstellung, wieviele Boomer hier unterwegs sind. Die sitzen nicht alle mit Puschen im Ohrensessel und schnarchen vor sich hin. Eigentlich könnte Caschy mal eine Erhebung machen, wäre sicher interessant.
Interessant ist daran die Frage, welcher Geschichtsrevisionismus beabsichtigt wurde. Was sollte umgeschrieben werden? Z. B. „der Führer wusste ja von allem nix“ oder so. Und der Fälscher Kujau hatte ja auch ein paar rechte Verbindungen. Von Stern-Chef Nannens brauner Vergangenheit mal ganz zu schweigen
Hallo DF, stimmt, vieles am „Neuanfang“ nach dem Niedergang des III. Reiches war eben nicht „neu“. Eliten aus der Ns-Zeit fanden auch in den Medien der Westzonen und später der neuen bundesrepublik wieder ihren Platz. Ist aber nicht anders als nach vielen politischen Umbrüchen: man braucht Fachleute. Welche, die nicht im abgelösten Systeem herangebildet wurden, sind dann schwer zu finden, wenn man nicht auf leute von Außerhalb zurückgreifen will. Von daher ist eine wissenschaftliche aufarbeitung auch der Westdeutschen mediengeschichte nach dem Ende der Nazi-Ära ein wichtiges lehrstück dafür wie sich Eliten aus einem geschichtlichem Abschnitt in den folgenden hinüberretten und wie man da in Zukunft wachsamer sein kann.