Beelink SER9 Pro H255 im Test: Kleiner Kraftzwerg mit großem Aber

Der Markt für Mini-PCs ist in den letzten Jahren förmlich explodiert. Wo früher klobige Desktop-Rechner unter den Schreibtischen dröhnten, stehen heute oft nur noch unscheinbare kleine Boxen, die es dennoch faustdick hinter den Ohren haben. Einer der bekanntesten Hersteller in diesem Segment ist Beelink, über den es auch hier im Blog bereits häufiger zu lesen gab.
Nun steht mit dem SER9 Pro AMD Ryzen 7 H255 für rund 700 Euro (Ausführung 1 TB/32 GB RAM) ein neues Gerät in den Startlöchern und verspricht, alles noch ein bisschen besser zu machen als der SER8 und der SER9. Doch im Alltag zeigt sich schnell, dass nicht jede Neuerung auch ein Fortschritt ist – eher ein Schritt vor und einer zurück.
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Äußerlich hat sich auf den ersten Blick wenig getan. Der SER9 Pro steckt im gleichen Metallgehäuse, das schon beim Vorgänger zum Einsatz kam. Die Verarbeitung ist super, das Design schlicht und funktional. Die graue Lackierung verleiht dem kleinen Rechner eine professionelle Optik, die weiterhin sehr an den Mac mini erinnert.
An der Front finden sich neben dem Einschaltknopf unter anderem eine 3,5-mm-Audiobuchse sowie zwei USB-Ports (A und C), die beide mit 10 Gbit/s arbeiten, allerdings rein für Datenübertragungen gedacht sind. Die Rückseite ist etwas reichhaltiger bestückt: drei weitere USB-Typ-A-Ports, von denen einer den 10-Gbit/s-Standard unterstützt, während die anderen beiden als USB 2.0 ausgeführt sind.

Dazu gesellen sich ein 2,5-Gbit-LAN-Anschluss, ein DisplayPort 1.4 und ein HDMI 2.1, die beide Auflösungen bis zu 4K bei 240 Hz unterstützen sollen. Hervorzuheben ist aber zweifellos der USB-4-Anschluss, der mit 40 Gbit/s nicht nur schnelle Datenübertragungen ermöglicht, sondern auch als Displayausgang fungiert und den PC mit Strom versorgen kann. Eine zweite Audiobuchse rundet das Paket ab. Ein kleines, aber hartnäckiges Ärgernis hat Beelink vom Vorgänger übernommen: die Klebepads über den Gehäuseschrauben. Wer den Rechner öffnen will, muss diese fummeligen Dinger erst mühsam entfernen.
Im Inneren verbergen sich zwei M.2-Slots, die beide mit PCIe 4.0 x4 angebunden sind und somit Platz für entsprechenden Speicher bieten. Ein Wärmeleitpad für eine zweite SSD liegt bereits bei. Doch dann die Ernüchterung: Wo man klassische SO-DIMM-Steckplätze für den Arbeitsspeicher erwarten würde, herrscht gähnende Leere. Der RAM ist fest auf dem Mainboard verlötet.
Beelink setzt hier auf LPDDR5X-Speicher, der im normalen SER9 mit 6400 und im Pro-Modell sogar mit 7500 Megatransfers pro Sekunde taktet. Die Idee dahinter ist: Höhere Taktraten sollen vor allem der integrierten Grafikeinheit auf die Sprünge helfen. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass der Nutzer jegliche Flexibilität verliert. Ein späteres Aufrüsten oder der Austausch eines defekten Moduls sind unmöglich. Man ist auf die beim Kauf gewählte Konfiguration festgelegt.
- Ob unter dem Mini-PC…
- …oder obenauf – beides möglich.
Bezüglich einer SSD-Speichererweiterung hat Beelink dann aber auch noch eine Erweiterung mit ins Lieferpaket geworfen, welche auf den Namen „Beelink Mate SE“ hört und nicht nur USB-C mit bis zu 80 Gbps ermöglichen soll, sondern nämlich auch Platz für gleich zwei M.2 PCIe 4.0 x2 SSDs bietet, mit maximal 16 TB Gesamtspeicher.
Hinzu kommen ein 2,5 GBps Ethernetanschluss, ein SD 4.0-Kartenleser und drei USB-A 3.0-Anschlüsse. Das Ding ist gerade einmal 18 mm hoch und kann sowohl auf als auch unter dem Beelink-Mini-PC angeschlossen werden, dazu liegen zwei entsprechend ausfallende USB-C-Konnektoren bei. Mir hapert es hier an einer zusätzlichen SSD, aber zumindest die Anschlüsse als auch den Kartenleser konnte ich ausprobieren und ihre Funktionalität bestätigen.
Die knapp 140 US-Dollar für das Gerät sind sicherlich dahingehend gut investiert, als dass sich damit der interne Speicher optional um bis zu 16 TB erweitern lässt, sofern dies dringend notwendig wird. An großen Desktop-PCs ließe sich einfach eine weitere SSD verbauen, an vielen Mini-PCs fehlt diese Option nun einmal.
Das Herzstück des SER9 Pro ist der AMD Ryzen 7 H255, ein Prozessor mit acht Kernen und 16 Threads auf Basis der Zen-4-Architektur. Im Grunde handelt es sich dabei um ein leicht aufgefrischtes Modell des bekannten 8745HS. Für die Grafik ist die ebenfalls bewährte Radeon 780M zuständig.
Diese Kombination verspricht eine solide Leistung für alle Alltagsaufgaben und sogar für anspruchsvollere Anwendungen. In den Benchmarks zeichnet sich jedoch ein durchwachsenes Bild. Bei der Single-Core-Leistung in Cinebench liegt der SER9 auf dem erwarteten Niveau, ohne sich jedoch von seinem Vorgänger oder Konkurrenzmodellen absetzen zu können. Im Multi-Core-Test fällt er sogar leicht zurück.
Auch in Geekbench kann er keine neuen Rekorde aufstellen. Der schnellere Arbeitsspeicher, der den Verzicht auf austauschbare Module rechtfertigen sollte, scheint hier keinerlei Vorteile zu bringen. Es scheint, als verpufft das Potenzial des schnelleren Speichers in der Praxis fast vollständig.
Die Benchmarkergebnisse:

Ergebnis des Cinebench 2024

Geekbench CPU Multi Core Ergebnis

Geekbench CPU Single Core Ergebnis

Geekbench CPU Ergebnis

Geekbench GPU OpenCL Ergebnis

Geekbench GPU-Ergebnis
Bei der Spieleleistung relativiert sich das Bild etwas. Die Radeon 780M ist nach wie vor eine der leistungsfähigsten integrierten Grafiklösungen auf dem Markt. E-Sport-Titel wie Valorant oder ältere AAA-Spiele lassen sich in 1080p-Auflösung problemlos und flüssig spielen. Auch die Runden Fortnite mit Sohnemann waren schon gut machbar. Sicherlich wird das Ganze auch als Emulator für PS3- oder Wii-U-Titel ausreichen. Gaming-PC ist aber anders, das muss man hier nun einmal akzeptieren.
Bei aktuellen Blockbuster-Spielen stößt die 780M nämlich schnell an ihre Grenzen. Hier muss man die Detailstufe enorm reduzieren und/oder auf Upscaling-Technologien zurückgreifen, um spielbare Frameraten zu erreichen. Wer ernsthaft auf dem Mini-PC zocken will, kommt um eine externe Grafikkarte nicht herum, die sich dank des USB-4-Ports glücklicherweise unkompliziert anschließen ließe. Die Leistung der verbauten NVMe-SSD ist trotz PCIe-4.0 ebenfalls nur Durchschnitt. Immerhin bleibt die SSD dank des großen Kühlkörpers auch unter Dauerlast angenehm kühl.

Die Temperaturen der CPU bleiben selbst unter Volllast in einem entspannten Bereich. Sehr positiv angetan bin ich zudem von der Geräuschkulisse. Im Leerlauf ist der PC praktisch unhörbar, und auch bei herausfordernden Aufgaben bleibt der Lüfter recht dezent im Hintergrund.
Ein Kritikpunkt, der schon beim Vorgänger auffiel, war die schlechte Leistung der drahtlosen Verbindungen. Hier hat Beelink anscheinend nachgebessert. Das WLAN-Modul (ein Intel AX200) bietet hier eine stabile Verbindung mit guter Reichweite. Ständige Abbrüche oder dergleichen kann ich hier keine verzeichnen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Beelink SER9 Pro ein Mini-PC mit zwei Gesichtern ist. Auf der einen Seite stehen das moderne Gehäuse, die vielfältigen Anschlüsse, die gute WLAN-Leistung und vor allem der wirklich angenehm leise Betrieb. Auf der anderen Seite stehen jedoch auch einige Minuspunkte.
Der fest verlötete Arbeitsspeicher ist ein K.-o.-Kriterium für alle, die Wert auf Aufrüstbarkeit und Zukunftssicherheit legen – zumal der schnellere Takt in der Praxis kaum Leistungsvorteile bringt. Der SER9 Pro ist deswegen nun kein schlechter Mini-PC. Er wirkt aber eben wie eine Seitenentwicklung, die an einigen Stellen sinnvolle Verbesserungen bringt, an anderen aber unerklärliche Rückschritte macht. Die Bezeichnung „Pro“ scheint dabei mehr Marketing zu sein als ein echtes Qualitätsmerkmal.
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Danke für den informativen Test, ich habe ihn als Windows-Verachter sehr gern gelesen.
Die veralteten Anschlüsse, die grossen Lüftungsgitter, das externe Netzteil oder die Frontseite, die einem mit ihrem Möchtegern-Apple-Design die Tränen in die Augen treibt:
Es braucht solche Geräte, um zu zeigen, wie genial, günstig, schön und durchdacht der Mac mini ist. 🙂
Das musste einfach raus, gell?
Wenn du uns jetzt noch den 1TB/32GB Mac Mini für 700€ zeigst nehm ich gleich zwei davon…
Beim letzten nachschauen stand bei Apple nämlich noch eine 1 vor der 700 bei so einer Konfiguration.
Zumindest muss man diesen Mini-PC nicht jedes Mal anheben, um ihn einzuschalten, weil der Hersteller die glorreiche Idee hatte, den Power-Button an der Unterseite des Geräts zu platzieren.
Komisch ich muss nix anheben hab den M4 Mini in einer Halterung under der Schreibtischplatte. Da treff ich die Einschalttaste sogar im Dunkeln.
DA bleibe ich doch lieber bei meinem Miniforums-Rechner, Ryzen9 Mobil – CPU drin, 64GB Ram und Platz für NMVE +2 SSD’s.
Hab den als Barebone für 420€ damals gekauft, RAM und SSD’s selber eingebaut, somit volle Wahlfreiheit.
Als Promox-Server genial, weil klein, leise, stromsparend und trotz 5 VM’s und 15 LXC’s langweilt der sich.