„Baldur’s Gate 3“: Auch auf der PlayStation 5 ein Meisterwerk
„Baldur’s Gate 3“ ist bereits Anfang August 2023 für Windows-PCs erschienen. Portierungen für macOS sowie die Xbox Series X|S sind in der Mache. Diese Woche ist es aber am 6. September 2023 so weit gewesen und das Rollenspiel der Larian Studios hat die Sony PlayStation 5 beglückt. Ich habe mir die Konsolenversion angesehen und stelle in den Raum: Das Spiel ist auch auf der PS5 ein absolutes Meisterwerk.
In die PC-Fassung von „Baldur’s Gate 3“ habe ich mittlerweile mehr als 80 Stunden gesteckt, bin aber immer noch nicht ganz am Ende angelangt. Der Test an der PlayStation 5 fällt dadurch allerdings leichter, denn dank Cross-Save-Funktionalität, dafür benötigt ihr ein Larian-Konto, konnte ich nahtlos mit meinen bisherigen Saves weiterspielen. Auf Bugs bin ich da erstaunlicherweise nicht gestoßen. Generell überrascht, dass das Rollenspiel trotz seines enormen Umfangs und auch der erheblichen spielerischen Freiheiten auch auf der PS5 direkt zum Launch sehr stabil läuft. Sogar der Splitscreen-Modus läuft wirklich glatt, mit dem ihr das Spiel mit einem Freund durchspielen könnt.
Dabei gibt es für die PS5-Fassung zwei Modi: „Qualität“ mit höherer Auflösung und Bildqualität, aber einer Begrenzung der Framerate auf 30 fps sowie „Performance“ mit 60 fps, aber dafür reduzierter Auflösung und Bildqualität. Ich bin hier die PC-Fassung in maximalen Einstellungen in nativem 4K mit 60 fps gewöhnt – natürlich kann die PS5-Fassung mit 1440p als Auflösung (Qualitätsmodus) da nicht mithalten. So sieht man schon, dass die ein oder andere Textur am Rechner höher auflöste oder die Schattendarstellung nach meinem Eindruck vereinfacht worden ist. Dennoch kommt das Erlebnis der PC-Fassung sehr nahe und sieht immer noch verdammt gut aus.
Wer noch gar nicht über „Baldur’s Gate 3“ Bescheid weiß: Es handelt sich hier um ein CRPG, das auf der Welt der Forgotten Realms und dem Regelwerk von Dungeons & Dragons basiert – der 5. Edition, um es genau zu nehmen. Ihr steuert euren Charakter und den Rest eurer Party aus einer isometrischen Perspektive, könnt aber so nahe heranzoomen, dass auch eine Third-Person-Ansicht praktisch möglich ist. Die Grafik sieht selbst aus dieser Nähe immer noch stimmig aus.
Schon am PC ist die Controller-Steuerung dabei gelungen und sie wurde 1:1 auf die PS5 übertragen. Zentrales Element sind dabei nun mehrere Radialmenüs, die sich wirklich super bedienen lassen. Obendrein finde ich, dass die Controller-Steuerung sogar für eine erhöhte Immersion sorgt, da ich das Gefühl habe, meinen Charakter direkt zu lenken. Auch die rundenbasierten Kämpfe sind so intuitiv zu bedienen, habt ihr euch daran gewöhnt, mit den Schultertasten regelmäßig eure Aktionen aufzurufen.
Zu bevorzugen ist hier im Übrigen der Qualitätsmodus, denn der Performance-Modus hält seine in Aussicht gestellten 60 fps ohnehin nicht permanent. Speziell im 3. Akt, der auch am PC potente Systeme fordert, kommt es zu Rucklern. Im Übrigen gefällt mir auch die HDR-Umsetzung von „Baldur’s Gate 3“ super und somit solltet ihr diesen Titel unbedingt mit HDR genießen. Die abwechslungsreichen und extrem atmosphärischen Umgebungen profitieren sehr davon.
Doch was macht „Baldur’s Gate 3“ zu einem RPG-Meisterwerk? Für mich persönlich sind es so viele Aspekte, die ineinander greifen. Da wäre beispielsweise die sehr gut erzählte Hauptgeschichte, bei der ich viele Entscheidungen treffe, die wie schon in „The Witcher 3: Wild Hunt“ ganz erheblichen Einfluss auf den Verlauf der Handlung haben. Schlüsselfiguren können sterben, Party-Mitglieder von Freunden zu Feinden werden und sogar ich selbst entscheide, ob ich vom Helden vielleicht lieber zum Schurken mutiere.
Diese erzählerische Freiheit ist auch beim Gameplay Programm. Ihr sitzt im Gefängnis? Seid ihr ein Zauberer, dann transformiert euch einfach zu Gas und strömt durch die Gitterstäbe. Oder wie wäre es mit einer Teleportation? Als Barbar eine Wand zertrümmern? Auch das geht. Oder ihr nutzt eure Überredungskünste und Köpfchen, damit ein magischer Totenschädel euch die Freiheit schenkt – so vieles ist möglich. Das gilt nicht nur für die Erkundung, sondern auch für die Kämpfe. Einige Zombies hauen euch immer wieder auf die Mütze? Warum nicht den Boden mit Fett bedecken, damit sie ungelenk ausrutschen, wenn sie heranstürmen. Anschließend einen Feuerball zünden und schon ergibt sich eine Mauer aus Feuer, die euch vor der Horde beschützt.
Dazu gesellt sich eine sehr komplexe Charakterentwicklung mit den unterschiedlichsten Klassen und Unterklassen, sodass ihr euch einen Protagonisten erstellen könnt, der ganz zu euch passt. Ich bin etwa mit einem Warlock ins Feld gezogen, der gerne mit einem Eldritch Blast Feinde auf Distanz hält und am liebsten Gespräche mit Tieren führt. Letzteres zahlt sich übrigens fast immer aus – sei es durch neue Lösungswege für Quests oder einfach saugut geschriebene Dialoge. Heißer Tipp: Insbesondere Katzen sind die amüsantesten Gesprächspartner.
Dazu gesellt sich eine bunte Truppe von Begleitern, die allesamt eigene und spannende Hintergrundgeschichten mitbringen, die ihr im Spielverlauf auch genauer entdecken und beeinflussen könnt. Da ist immer das Gesamtbild relevant: Wie sich etwa die Beziehung der Klerikerin Shadowheart zu ihrer Göttin Shar entwickelt, hängt nicht nur von einer einzigen Entscheidung ab, die ihr aus dem Moment heraus trefft, sondern davon, wie ihr in unzähligen Stunden mit ihr umgegangen seid und mit der Spielwelt interagiert habt, während sie euch begleitet hat.
Es sprengt den Rahmen, all die denkwürdigen Momente zu erzählen bzw. zu spoilern, die „Baldur’s Gate 3“ euch bescheren kann. Manchmal sind es auch die kleinen Dinge, wie ein Hund, der um sein gefallenes Herrchen trauert, den ihr aber überzeugen könnt, sich euch anzuschließen. Zumindest funktioniert das, wenn ihr die richtigen Skills mitbringt. Dieser Hund bleibt dann den ganzen Rest des Spiels stets sofort freudig dabei, euch im Camp zu begrüßen. War Larian hier an Interaktivität und Freiheit auf die Beine gestellt hat, sucht in meinen Augen seinesgleichen.
Es kommt so gut wie nie vor, dass ihr eine Idee habt, mit der ihr an eine Situation herangehen wollt, und das Spiel sie euch verweigert. Ein Questgeber belohnt euch etwa nach eurer Meinung nicht ausreichend? Na ja, wechselt den Charakter, während der Protagonist sich mit ihm unterhält und lasst ihr euren Vampirfreund Astarion eurem Gegenüber die restlichen Goldmünzen aus der Tasche fingern – absolut möglich. Kreativität wird nicht gebremst, sondern in aller Regel belohnt.
Dabei bietet euch „Baldur’s Gate 3“ zwar keine komplett zusammenhängende Spielwelt, aber durchaus riesige Areale, in denen es sehr viel zu entdecken gibt. Dabei ist wirklich jede (!) einzelne Nebenaufgabe exzellent geschrieben. Oft werdet ihr auch mit euren Entscheidungen aus den Nebenquests Stunden später nochmals konfrontiert – und sie können in weiteren Aufgaben münden. Auch der orchestrale und abwechslungsreiche Soundtrack ist dabei eine echte Wucht, sodass ich ihn mir auch gerne außerhalb des Spiels angehört habe. Die englischsprachige Vertonung ist genauso exzellent und selbst Nebenfiguren sind immer mit vollem Elan eingesprochen worden.
Ist „Baldur’s Gate 3“ also das perfekte Spiel? Nein, natürlich gibt es auch hier Makel. So kann das Wühlen im schnell mit Loot vollgestopften Inventar mühselig werden und wer keine Rollenspiele mit tiefen Systemen gewöhnt ist, könnte sich etwa bei der Auswahl der Waffen, Rüstungen und Co. von den ganzen Stats erschlagen fühlen. Meiner Ansicht nach führt das Game aber sehr behutsam an diese Mechaniken heran und mir hat es tierisch Spaß gemacht, meine Ausrüstung zu optimieren oder auch neue Kombinationen zu versuchen. Beispielsweise gibt es Rüstungen, die bestimmte Zauber noch verstärken oder den Träger heilen, wenn er selbst andere heilt und vieles mehr. Da lässt sich taktisch einiges herausholen.
Die Vorzüge von „Baldur’s Gate 3“ könnte ich endlos weiter beschreiben, aber es wird wohl deutlich: Ich habe keine Zweifel daran, dass dieser Titel mein Spiel des Jahres wird. Zuletzt konnten mich nur „The Witcher 3: Wild Hunt“ und „Persona 5“ in diesem Genre so restlos begeistern. Larian hat hier einen Meilenstein vorgelegt, der für künftige Titel zurecht eine Messlatte sein wird und sein muss. Nicht jedes RPG muss deswegen so ein schwindelerregendes Qualitätsniveau erreichen, aber genau solche Vorbilder braucht die Spieleindustrie dringend.
Ich rate daher jedem, der auch nur ansatzweise ein Interesse an RPGs im Speziellen oder schlichtweg tollen Spielen im Allgemeinen hat „Baldur’s Gate 3“ anzuspielen. Diese Erfahrung sollte man sich gönnen.
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Klingt alles sehr enthusiastisch. Ich mochte The Witcher 3 auch. Allerdings bezweifel ich, dass ich mit dem Kampfsystem von Baldurs Gate 3 warm werde…
Rundenbasiert muss man schon mögen …
Zumindest hat man Zeit zum nachdenken.
Aber damit zieht sich das Spiel natürlich auch künstlich in die Länge
Egal, Geschmäcker sind verschieden, und das ist gut so
Ist sicherlich so aber bei Baldurs Gate 3 sprechen wir von einen Kaliber ala Elden Ring oder Zelda: Tears of the Kingdom.
Da muss man auch als Genre-Fremder mal einen Blick riskieren.
„Diese Erfahrung sollte man sich gönnen.“ Ja … ich denke, sollte man. Eine gewisse Frustresistenz muss man aber mitbringen, der Schwierigkeitsgrad ist nicht von Pappe. Und man kann auch nicht die übliche Methode anwenden und versuchen jeden Winkel eines Gebietes zu erforschen, sonst liegt man viel zu oft einfach tot herum.
Ich habe inzwischen ein paar wenige Stunden Spielzeit in BG3 erreicht, aber momentan spiele ich wieder was anderes. Das Spiel ist zweifelsfrei sehr sehr sehr gut, aber mich hat es zu oft gefrustet und ich gehöre nicht zur Fraktion Elden Ring, die eine Begegnung immer und immer wieder durchspielen will, bis man sie am Ende übersteht. Dazu ist meine Frustschwelle zu niedrig.
Was das Questsystem anbelangt, ist BG3 wirklich herausragend. Ich durfte einen Abschnitt drei Mal spielen. Beim ersten Mal hatte ich vergessen zu speichern, weil ich dachte, der Spielstand wird beim Verlassen automatisch gespeichert. Ich bin eher die RPGs von Bethesda gewohnt und dachte, ok, ich gebe die gleichen Antworten wie beim ersten Mal, dann bin ich am Ende auch wieder da wo ich war. Pustekuchen. Die Story entwickelte sich ganz anders. Und dann bin ich wohl im falschen Moment – genauer gesagt, zu früh, weil ich dachte, ok, den Dialog kenne ich schon, das kürze ich mal ab – in eine Situation gekommen und wurde plötzlich angegriffen. Da ich das sowieso nicht überlebt hätte … alten Spielstand laden, also diesen Teil der Story ein drittes Mal angehen.
Beim dritten Mal – wieder vom gleichen Startpunkt aus – entwickelte sich die erste Geschichte wie beim zweiten Mal, am liebsten hätte ich es gehabt, wenn wieder das vom ersten Durchlauf hinausgekommen wäre, aber Pustekuchen. Den nachfolgenden Dialog zwischen den NPCs wartete ich nun ab und siehe da, ich wurde auch nicht mehr angegriffen. Der nachfolgende Teil verlief dann auch wieder anders, weil mir ein möglicher Weg gar nicht erst angeboten wurde. Und am Ende – also dort, wo ich beim ersten Durchlauf vergessen hatte zu speichern – fehlte mir dann auch ein Folgequest, weil die Situation am Anfang anders verlaufen war als im ersten Durchlauf.
Eine völlig andere Erfahrung als mit RPGs von z.B. Bethesda – und das durchaus im positiven Sinn. Aber am Ende habe ich zwei Stunden Freizeit damit verbracht, das vergessene Speichern wieder aufzuholen und kam am Ende irgendwie unbefriedigt heraus, weil es im ersten Durchlauf deutlich fluffiger gelaufen war.
Irgendwann werde ich BG3 weiterspielen, aber erst einmal liegt es auf Eis und ich spiele wieder Sachen, die mein Belohnungszentrum intensiver streicheln 🙂 Ich habe leider schon viel zu viele Spiele gekauft, weil sie in den höchsten Tönen gelobt wurden und am Ende hatte ich sie dann nach ein paar Stunden satt, weil … zu frustrierend. BG1 hatte ich damals als es rauskam größtenteils gespielt, von den klassischen RPGs habe ich einige gespielt, nicht immer bis zum Ende, aber doch häufig. Entweder ist inzwischen meine Frustschwelle gesunken oder … keine Ahnung. Ich will damit nur sagen: Wer RPGs dieser Art _sehr_ mag, der wird mit BG3 glücklich werden. Wer eher ESO spielt … äh … lieber abwarten, bis es BG3 im Angebot gibt.
Das hört sich ja wirklich interessant an. Hast du mal darüber nachgedacht die Schwierigkeitsstufe anzupassen oder hast du schon die einfachste gewählt? Kann man das ändern während des Spiels? Jedenfalls klingt das für mich so, dass ich die einfachste wählen würde, da mir die Story wichtiger ist als die Kämpfe und ich auch nicht unendlich viel Zeit habe.
Bin in dem Ausmaß kein RPG Experte aber die ganzen positiven Berichte haben mich heiß auf das Spiel gemacht.
Werde da im Winter in Ruhe mal loslegen, bis dahin wird auch sicherlich noch der ein oder andere Patch erschienen sein.
Gerade an die Performance im 3. Akt will Larian ja auch nochmal arbeiten.
Danke für den Bericht, das hört sich sehr viel besser an als ich dachte. Werde es mal testen, nachdem ich nun lange nichts mehr gespielt habe.
Ich game nur noch sehr selten und habe es mir auch zugelegt. Habe keine Erfahrung mit Pen&Paper Rollenspiele und auch die rundenbasierende Kämpfe sind neu.
Die Kämpfe sind schon sehr gewöhnungsbedürftig und ein richtiges Tutorial und Hilfe gibt es nicht, da hätte ich mir als Newbie schon ein paar mehr Hilfestellungen gewünscht, Story und Athmosphäre gefallen mir aber sehr gut. Macht Spaß.