„Atomfall“ im Test: Hier hält niemand eure Hand

In dieser Woche ist das Spiel „Atomfall“ für den PC sowie die PlayStation 5 und Xbox Series X|S erschienen. Der Titel stammt vom Studio Rebellion, welches vor allem für die Reihe „Sniper Elite“ bekannt geworden ist. Auch wenn die Trailer zu „Atomfall“ eventuell den Eindruck vermitteln, dieses Game könnte eine Art Mischung aus „Fallout“ und „Stalker“ sein, so steht es doch Rebellions bisherigen Scharfschützen-Spielen am nächsten. Warum, das verrate ich euch im Test.

„Atomfall“ nimmt euch mit in eine alternative Realität, in welcher der Windscale-Atomunfall in Großbritannien aus dem Jahr 1957 deutlich größere Dimensionen angenommen hat. Das Ergebnis ist eine Quarantäne-Zone, in welcher ihr euch mir Gedächtnisschwund wiederfindet. Die Bewohner dieser Zone sind alle ein wenig durch den Wind. Außerdem ist das Militär aktiv – auch mit futuristischen Robotern. Dazu kommen seltsame Mutationen, auf die ihr in dunklen Höhlen stoßen könnt.

Es liegt jetzt am Spieler, herauszufinden, welche düsteren Geheimnisse sich in der Welt von „Atomfall“ verbergen. Steckt mehr hinter dem Windscale-Unfall, als es dann Anschein hat? Und wie kann man der Quarantäne wieder entkommen? Vielleicht sind eure Erinnerungen der Schlüssel. Im Übrigen nimmt euch das Spiel dabei absolut nicht an die Hand, wie ich euch ja schon in der Überschrift verraten habe. Vielmehr startet ihr, indem ein verwundeter Mann euch um Hilfe bittet und ihr eure erste Mullbinde per Crafting erstellt. Das führt euch in jene Mechanik und das Dialogsystem ein. Nach wenigen Minuten wandert ihr aber auch schon in den ersten, großen Spielabschnitt.

Mein Test-System:

  • CPU: AMD Ryzen 7 9800X3D
  • CPU-Kühler: Noctua NH-D15 G2
  • Motherboard: MSI Tomahawk Wi-Fi AMD X670E
  • RAM: 64 GByte G.Skill Trident Z5 Neo RGB DDR5-6000 CL30
  • Grafikkarte: Nvidia GeForce RTX 4080
  • SSD: Kingston Fury Renegade 2 TByte + WD_Black SN850 1 TByte
  • Netzteil: be quiet! Power Zone 2 (850 Watt)
  • Tower: be quiet! Dark Base Pro 901 (White)

„Atomfall“ steht „Sniper Elite“ näher als „Fallout“

Getestet habe ich „Atomfall“ an meinem Gaming-PC. Das Spiel ist kein Hardware-Brecher und lief an meinem System mit maximalen Einstellungen in nativer 4K-Auflösung mit 60 fps weitgehend ohne Framerateeinbrüche und ohne Screen-Tearing. Dafür sorgt die Grafik aber auch für gemischte Gefühle. Matschige Texturen habe ich beim Spielen oft zu sehen bekommen und die Umgebungen wirken für die heutige Zeit etwas polygonarm. Allerdings kann man dieses Game auch eher als Double-A-Spiel einstufen, was einiges verzeihlich macht.

In Sachen Gameplay würde ich „Atomfall“ im Gegensatz zu ersten Berichten eher als Shooter mit leichten RPG-Elementen denn als Survival-Game sehen. Ihr müsst nämlich weder schlafen noch essen oder sonst irgendwie euren Körper in Schuss halten. Neben eurer Lebensleiste gilt es lediglich, wie auch in den „Sniper Elite“-Titeln, euren Puls im Auge zu behalten. Wird der zu hoch, zielt ihr ungenauer und die Kämpfe werden deutlich erschwert. Eure Energie erhöht sich zudem nach einem Gefecht nicht von alleine wieder. Stattdessen müsst ihr mit den eingangs erwähnten Mullbinden oder z. B. gefundenen Lebensmitteln nachhelfen.

Ihr spielt „Atomfall“ aus der Egoperspektive. In eurem begrenzten Inventar sammelt ihr dabei schnell gefundenen Tand wie Alkohol, Schrott und Stofffetzen, aus denen ihr z. B. Molotow-Cocktails, Granaten oder Bandagen erstellen könnt – immer vorausgesetzt, ihr habt vorher das Rezept gefunden oder gekauft. Beim Handeln mit NPCs gibt es dabei keine Währung, ihr tauscht also direkt Gegenstände gegeneinander. Allerdings muss man sagen, dass ihr im Grunde in der Spielwelt bei 99 % der erspähten Menschen davon ausgehen könnt, dass sie Gegner sind. Auf friedliche NPCs trefft ihr relativ selten.

Ballern statt Quatschen

Anders als also in einem „Fallout“ oder „Kingdom Come Deliverance II“ lohnt es sich meistens, direkt loszuballern oder eine Granate die Arbeit machen zu lassen. Zumindest solltet ihr jedoch etwas Taktik walten lassen. Outlaws, die viele Ruinen im Spiel bevölkern, treten zumeist in Gruppen auf. Munition ist hingegen rar gesät. Meistens lohnt es sich daher etwas zu schleichen und einzelne Gegner isoliert auszuschalten. Das Schleichsystem ist jedoch eher simpel gehalten – ihr könnt euch in hohem Gras verstecken und Feinde von hinten ausknocken. Sind ihre Kameraden in der Nähe, bemerkt euch jedoch meistens jemand und dann müsst ihr auch schon die Waffen sprechen lassen. Für den Nahkampf helfen euch dabei gefundene Messer, Cricket-Schläger, Schlagstöcke und mehr.

Was mir sehr gut gefällt: Sobald ihr in das erste offene Areal entlassen werdet, seid ihr auf euch gestellt. Zwar erhaltet ihr z. B. durch gefundene Dokumente immer wieder Hinweise auf interessante Orte und Geschehnisse, es weit euch aber kein blinkender Pfeil den Weg. Stattdessen könnt ihr mysteriöse Bunker erkunden oder direkt in andere Abschnitte der Welt stapfen – es liegt bei euch. Eine offene Spielwelt bietet „Atomfall“ jedoch nicht. Vielmehr gibt es mehrere große Areale, die wiederum Unterabschnitte aufweisen – wie Höhlen, Bunker und andere Gebäude. Schade ist, dass ihr bei Betreten solcher Areale immer direkt mit einem Ladebildschirm konfrontiert werdet, was für zusätzliche Brüche sorgt. Das erinnert an die Games von Bethesda.

Gut gelungen ist „Rebellion“ jedoch, dass ihr beim Erkunden der Spielwelt immer wieder selbst auf interessante Gebäude und Funde stoßt. Die Erzählung der Hintergrundgeschichte läuft hier viel über die Spielwelt selbst, indem ihr etwa einen toten Soldaten findet, der ein Geheimdokument bei sich trägt, das euch wieder ein Puzzlestück zu eröffnen scheint und zugleich weitere Fragen aufwirft. Allerdings ist diese Art des Storytellings auch nicht jedermanns Sache. Wie schon erwähnt, sind dafür die Interaktionen mit anderen NPCs kein großes Kino. Auch andere RPG-Elemente, wie das Skill-System, sind eher simpel.

Erfahrungspunkte sammelt ihr nämlich nicht, sondern findet vielmehr in der Spielwelt Skillbooks und auch Items, die euch entsprechende Fertigkeitspunkte spendieren. Auf diese Weise könnt ihr dann euere Fähigkeiten verbessern, indem ihr z. B. weniger leicht beim Schleichen entdeckt werdet oder eure Tritte Gegner weiter zurückstoßen.

„Atomfall“ geht seinen eigenen Weg

Technisch gibt es übrigens einen zentralen Mangel: „Atomfall“ nutzt eine recht alte Grafikengine von Rebellion selbst, die kein TAA bietet. Das sorgt dafür, dass trotz aktivierter Kantenglättung feine Hintergrundobjekte auch in maximalen Settings und bei 4K-Auflösung im Hintergrund nervig flimmern. Das ist mir sofort ins Auge gestochen, sodass ich erst vermeinte, aus Versehen Anti-Aliasing deaktiviert zu haben. Die kleine aber feine Welt von „Atomfall“ hat mir ansonsten aber gut gefallen. Erwartet hier kein Endlos-Game wie „Assassin’s Creed Shadows“, denn nach 15 bis 20 Spielstunden bekommt ihr auch schon den Abspann zu Gesicht. Das ist immer noch eine ordentliche Spielzeit, die zudem eben nicht künstlich gestreckt worden ist.

Was mir persönlich ein wenig fehlt, ist eine dichte Story mit interessanten Charakteren. Beides fehlt in „Atomfall“, das stattdessen darauf setzt, seine Atmosphäre und Geschichte durch sie Welt an sich zu vermitteln. Das wird aber denjenigen gefallen, die sich auf das Gameplay fokussieren wollen, statt lange Gespräche zu führen.

Im Ergebnis ist „Atomfall“ ein gutes Spiel geworden, das je nach euren Vorlieben mit seinen Reizen einen Sog auslösen kann. Da ich eher der von Charakteren und Story besessene Gamer bin, liegt mir ein „Kingdom Come Deliverance II“ doch mehr. Macht auf jeden Fall nicht den Fehler, hier einen Mix aus „Fallout“ und „Stalker“ zu erwarten, wie es teilweise immer noch in einigen Reviews suggeriert wird. „Atomfall ist eher ein „Sniper Elite“ mit ausladender Spielwelt und leicht verstärkten RPG-Versatzstücken. Wer darauf Lust hat, wird hier viel Spaß haben.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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3 Kommentare

  1. Also, deine Grafikeffekte hab ich nicht bemerkt. Werde aber darauf achten, evtl. sind sie mir ja entgangen.
    Ich bin eher nicht so der Fan von Ballerspielen, hab mir Atomfall trotzdem geholt und bin eigentlich Begeistert, sterbe aber auch sehr oft.
    Zum Preis von ~60+€ würde ich das Spiel allerdings nicht kaufen. Ich hab die Deluxe für unter 50€ gekauft. Für unter 40€ ist es o.k.
    Es gibt immer bessere Spiele, aber auch ne Menge schlechtere.

  2. Ich habe es nach knapp 2 Stunden zurückgegeben, es ist einfach zu langweilig. Die Story ist fade und schleppend, die „Kampfmechaniken“ grauenhaft bis inexistent und das Inventar winzig, genau wie die Map. Das Spiel weiß einfach nicht was es sein möchte. Die vielen guten Bewertungen kann ich nicht nachvollziehen, schneinbar ist man heute mit jedem M*** zufrieden. Preis eines AAA Spiels mit der Qulität eines langweiligen Indies.

  3. Patrick Theis says:

    Ja, habs gekauft. Ist nett, muss nochmal Stalker zum Vergleicht testen.
    Wer das Setting mag und erkunden, ist gut aufgehoben. Das normal Game reicht aber, der Preis ist sogesehen i.O. rechtfertig aber nicht mehr als 50-60 Euro. Auch als Digi-Version nicht.

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