„Assassin’s Creed Shadows“ im Test: Traum aller Fans oder das Ende der Marke?
Seit vielen Jahren haben sich Fans von Ubisofts Franchise „Assassin’s Creed“ einen Teil gewünscht, der im historischen Japan spielt. Doch dann veröffentlichten Sony und Sucker Punch 2020 „Ghost of Tsushima“ und erfüllten damit im Grunde alle Wünsche und vielleicht noch mehr – man lief Ubisofts Marke qualitativ den Rang ab. Doch Japan bietet als Schauplatz genug für Stoff für weitere Games, wie ja auch die Reihe „Like a Dragon“, ehemals „Yakuza“, seit Jahren beweist. Verdient sich da auch das neue Open-World-Epos „Assassin’s Creed Shadows“ einen würdigen Platz?
Vor dem Launch dominierten eher Kontroversen die Diskussionen um das Spiel: Gerade in Japan zeigten sich viele Spieler wenig angetan davon, dass ausgerechnet ein schwarzer Charakter als zweiter Protagonist für den Titel gewählt worden ist. Und auch wenn Ubisoft öffentlich wohl nie eingestehen würde, dass man jene Kritik ernst genommen hat: Ich unterstelle, dass die mehrfachen Verschiebungen des Spiels genutzt worden sind, um die Rolle von Yasuke dramatisch zurückzufahren. Denn: In den ersten 20 bis 30 Stunden von „Assassin’s Creed Shadows“ spielt ihr bis auf ein zehnminütiges Intermezzo zu Anfang ausschließlich den weiblichen Shinobi Naoe.
Erst danach tritt Yasuke als zweiter Protagonist ins Spiel und wirkt spielerisch eher optional. Sein Haudrauf-Stil ist in Kämpfen mächtiger und er steckt deutlich mehr Treffer ein als Naoe, die selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad nach zwei oder drei Treffern das Zeitliche segnet. Aber Yasuke kann beispielsweise mangels Enterhaken keine hohen Türme erklimmen und Schleichen ist auch nicht sein Ding. Bedenkt man, dass die Kämpfe noch nie die große Stärke von „Assassin’s Creed“ gewesen sind, ist naheliegend, welchen Charakter hier wohl die meisten Gamer klar bevorzugen werden.
[„su_note note_color=“#e6f3ff“ text_color=“#333333″ radius=“3″ class=““]Mein Test-System:
- CPU: AMD Ryzen 7 9800X3D
- CPU-Kühler: Noctua NH-D15 G2
- Motherboard: MSI Tomahawk Wi-Fi AMD X670E
- RAM: 64 GByte G.Skill Trident Z5 Neo RGB DDR5-6000 CL30
- Grafikkarte: Nvidia GeForce RTX 4080
- SSD: Kingston Fury Renegade 2 TByte + WD_Black SN850 1 TByte
- Netzteil: be quiet! Power Zone 2 (850 Watt)
- Tower: be quiet! Dark Base Pro 901 (White)
„Assassin’s Creed Shadows“: Das kenne ich doch…
Doch spulen wir ein wenig zurück: „Assassin’s Creed Shadows“ ist also ein Open-World-Abenteuer, das im historischen Japan angesiedelt ist. Die Geschichte dreht sich einerseits um den weiblichen Shinobi Naoe. Letztere schwört Rache für den Mord an ihrem Vater, der bei der Verteidigung ihres Dorfes getötet worden ist. Yasuke wiederum kämpft eigentlich für die gegnerischen Häscher, entwickelt dann aber ein Gewissen und wechselt die Seiten. Können die beiden ungleichen Partner Japans Schicksal in die richtigen Bahnen lenken?
Dabei besucht ihr Regionen wie Kyoto, Kobe und Osaka. Rasch füllt sich die immense Weltkarte mit Questmarkern. Obendrein könnt ihr nach einigen Spielstunden Späher entsenden, um etwa in unbekannten Arealen Missionen aufzudecken. Haupt- und Nebenquests unterschiedlicher Questgeber und Areale füllen rasch einen eigenen Bereich im Menü und animieren euch nicht nur, Hinweise zu den Mördern eures Vaters zu sammeln, sondern auch andere Verbrecherorganisationen auszuhebeln, z. B. Teegefäße und Origami zu sammeln und Dorfbewohnern mit allerlei Wünschen unter die Arme zu greifen.
Auch wenn die Aufgaben quantitativ im Grunde alle Maße sprengen, sind sie qualitativ manchmal Fetch-Quests auf MMORPGs sehr ähnlich. Ubisoft streut zwar kleine Geschichten ein, aber das Gameplay wiederholt sich schnell. Das fällt besonders dann auf, wenn ihr etwa durch die Wildnis pest und auf ein Schloss nach dem nächsten stoßt. Diese mögen im historischen Japan so nahe beieinander gelegen haben, laden aber nicht dazu ein, sie kurz nacheinander anzugehen. Grundsätlich macht es sozusagen Spaß die „Schlösser zu knacken“, das sollte man aber eher in kleinen Dosen erledigen.
So führen euch etwa einige Nebenaufgaben in diese Burgen, um Quest-Items aus der zentralen Schatztruhe zu erbeuten. Diese könnt ihr aber erst öffnen, wenn ihr alle Daimyos, besonders mächtige Krieger, in einer Burg besiegt habt. Das läuft nach folgendem Muster ab: Möglichst viele Gegner unbemerkt ausschalten, Daimyo meucheln oder zumindest verwunden und im Duell niederstrecken. Da es je nach Größe einer Burg in der Regel drei bis fünf Daimyos gibt, wird das rasch erschöpfend, wenn ihr eine Burg nach der anderen abarbeitet. Für sich genommen macht das Taktieren aber Spaß.
Zumal die in Burgen gefundene, legendäre Ausrüstung zwar besonders hochwertig ist, ihr werdet aber sowieso mit Loot bombardiert. Am Ende fühlen sich die meisten Ausrüstungsgegenstände eher wie Zahlenspielereien an. Es wird eher zur Pflicht, stets Rüstung und Waffen zu tragen, die dem eigenen Level entsprechen. Glücklicherweise besteht die Option, gefundene Ausrüstung bei Schmieden aufzuwerten. Macht ihr das stets bei euren seltensten Items, benötigt ihr das Gros an Tand, das ihr so findet, bestenfalls kurzfristig.
Technisch ein echter Kracher
Das Gameplay von „Assassin’s Creed Shadows“ ähnelt dabei stark den drei direkten Vorgängern. Ja, es gibt einige neue Elemente wie eben Naoes Enterhaken, der euch beim Klettern hilft oder über manche Abgründe schwingen lässt, doch für meinen Geschmack hätte es etwas mehr Frische sein dürfen. Auch könnt ihr euch etwa in Gebäuden an die Decke hängen und so nach einem Meuchelmord verstecken, stürmen Wachen durch den einzigen Eingang eines Raums. Oder ihr löscht Kerzen und Lichter, um schlechter sichtbar zu sein. Das ist aber optional, die alte Methode „ins Gebüsch hocken, pfeifen und bequem die Wachen meucheln“, ist immer noch am effizientesten. Im Gesamtbild kommt einem deswegen doch vieles bekannt vor. Das ist durchaus in Ordnung, schließlich hat sich z. B. auch „Assassin’s Creed Valhalla“ toll gespielt.
Anders sieht es mit der Technik aus: Ich habe „Assassin’s Creed Shadows“ an meinem weiter oben beschriebenen Gaming-PC in 4K mit 30 fps gespielt – komplett auf maximalen Einstellungen mit maximiertem Ray-Tracing. Für konstante 30 fps musste ich tatsächlich DLSS einspannen. Ubisofts Spiel ist hier aber absolut vorbildlich, was die Settings betrifft. Zum Beispiel könnt ihr nicht nur manuell ein Framerate-Limit setzen, sondern auch eine dynamische Auflösung aktivieren und sogar deren Bereich selbst abstecken. Ich habe ihn z. B. auf 70 bis 100 % definiert, sodass je nach Szenario skaliert werden kann. 60 fps lassen sich freilich auch erreichen – dann hätte ich das Ray-Tracing entweder deutlich zurückfahren oder die dynamische Auflösung wesentlich aggressiver agieren lassen müssen. Ich selbst bin da eher Freak, was die Bildqualität betrifft und konnte deswegen mit 30 fps leben.
Und auf maximalen Settings sieht „Assassin’s Creed Shadows“ fantastisch aus. Die Umgebungen, egal ob Städte oder Wälder, sind extrem lebendig. Geht man beispielsweise an einem kleinen Fluss vorbei, so tummeln sich dort wilde Vögel, es gibt passende Reflexionen in der Wasseroberfläche und die Weitsicht und der Detailgrad in der Ferne sind schlichtweg atemberaubend.
Die Charaktere sind zwar immer noch etwas hölzern animiert, die Texturen der Kleidung aber knackscharf und das Hair-Strand-System sieht richtig klasse aus. Auch die Soundkulisse spielt absolut an der Spitze mit: Orchesterklänge untermalen das Geschehen, die Synchronsprecher wirken authentisch und Flora und Fauna nehmen einen im Surround-Sound voll ein. Lediglich manch eingestreute, moderne Hip-Hop- und Popmusik fand ich ab und an in Kämpfen und Cutscenes etwas deplatziert.
Endloser Umfang zulasten der Emotion
„Assassin’s Creed Shadows“ bietet auch dynamisches Wetter und wechselnde Jahreszeiten. Das intensiviert die ohnehin dichte Atmosphäre zusätzlich, ist aber eher kosmetischer Natur. Die Welt des Spiels mag dabei kleiner ausfallen als in den beiden direkten Vorgängern, ist aber immer noch vergleichsweise riesig und bietet zudem mehr Berge / hohe Bereiche zum Erklimmen. Auch gibt es immer noch beim Reisen zwischen zwei Punkten viel Leerlauf oder Gebiete, die unstrukturiert wirken. Da latsche ich etwa eine Anhöhe herauf, nur um auf den letzten Metern immer wieder herunterzurutschen, weil der Weg zu steil wird. Also umkreise ich die Höhe und an einem Punkt liegen dann ausreichend Blätter, dass ich doch auf den Wipfel gelange.
An anderen Stellen wackelt man durch Blätter- und Sträuchergewirr, das die Kamera verdeckt, bis man irgendwann wieder etwas freie Sicht hat. Die Wege durch die Pampa sind meistens eher unspannend und strecken das Spiel unnötig. Allerdings gibt es ab und an Bewohner, die um Hilfe rufen – ähnlich wie auch in „Ghost of Tsushima“ – und euch, greift ihr ein, z. B. Informationen über die Spielwelt verraten. Ich persönlich hätte aber eine kompaktere Spielwelt mit mehr „handgemachtem“ Feeling bevorzugt – wie etwa in „Kingdom Come Deliverance 2“.
Auch das Skill-System wirkt manchmal etwas umständlich: Ihr könnt neue Fähigkeiten über Skillpoints freischalten, so weit so gut. Aber um eine höhere Ebene zu erreichen, benötigt ihr genügend Wissenspunkte. Die erhaltet ihr, indem ihr Busywork frönt, wie etwa dem Sammeln von Schriftseiten in einem Tempel. So ganz kommt man daher um manch generische Aufgaben nicht herum, will man seinen Charakter stärken. Dabei könnt ihr allein mit der Hauptgeschichte mindestens 40 Stunden verbringen. Erkundet ihr die Spielwelt und die Nebenaufgaben, lässt sich diese Zahl locker verdoppeln oder sogar verdreifachen.
Mein Fazit zu „Assassin’s Creed Shadows“
„Assassin’s Creed Shadows“ ist trotz mancher Kritikpunkte ein wirklich gutes Spiel. Die Grafik ist fantastisch, die Atmosphäre grandios und die Story durchaus interessant. In Sachen Gameplay wirkt der Titel aber wie eine alternde Diva mit frischem Make-up. Die meisten Neuerungen sind entweder rein kosmetischer Natur oder optional. Das Ergebnis ist ein Titel, der allen gefallen wird, welche die direkten Vorgänger geschätzt haben. Wer schon bei jenen nach den ersten Spielstunden ein gewisses Gefühl der Leere empfunden hat, weil die Fetch-Quests dauerhaft nicht ziehen, wird dies auch hier verspüren.
Am Ende hat Ubisoft aber das meiste richtig gemacht: Es werden einem nicht offensiv Mikrotransaktionen aufgedrängt, „Assassin’s Creed Shadows“ ist zum Start bereits recht feingeschliffen und man kann mit dem Game sehr viel und sehr lange Spaß haben. Für mich persönlich fehlt aber ein Wow-Effekt, denn am Ende kam mir das Gebotene zu bekannt vor – was aber je nach Sichtweise auch nicht immer schlecht sein muss. Empfehlen kann ich das Game letzten Endes auf jeden Fall und wer neu in die Marke einsteigt, wird viele meiner Kritikpunkte vielleicht gar nicht wahrnehmen.
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Hm, ich mag ja das Setting wirklich gerne und GoT fand ich ebenfalls großartig, daher hab ich mir gerade beim lesen deines Tests gedacht „Ja, das könnte was sein, das könntest du dir holen“. Bis ich dann zu dem Abschnitt mit der Musik gekommen bin. Hip Hop im feudalen Japan?? Ähem, nein danke, dann werde ich wohl doch auf GoY warten um virtuell in’s alte Japan zurück zu kehren.
Dürfte ca. 0,1% der durchschnittlichen Spielzeit ausmachen.
Selbst das kann die Immersion total zerstören. Aber gut, mit historischer Genauigkeit hat es Ubisoft bei diesem Titel eh nicht so.
Und? Passt halt gut, siehe zB Samurai Champloo. Sei halt nicht so engstirnig.
Kann man doch sicher die background Musik ausmachen und nur Sound Effekte einblenden. Deine japan musik von juptup
Ich bin nicht wirklich überrascht. Kaum angespielt war ich wieder im AC Fieber. Und das Spiel ist wirklich super geworden.
Guter Test!
Wer allerdings Freude haben möchte sollte den Mac als Plattform meiden und das sage ich als Apple Fan.
Bei YouTube kann man eindrucksvoll sehen dass selbst ein M3 Ultra bzw M4 Max der bei anderen Games wie Resident Evil sogar mit 4K/60fps unterwegs ist hier deutlich in die Knie geht.
Für 1080p mit 60fps ist ein M3 Ultra oder besser der M4 Max nötig und bei 1440p bewegt sich die Bildrate mit Low Settings auf M4 Max bei 30fps – ein Trauerspiel!
Tolles Spiel aber schlecht optimiert leider.
Grüße
Okay schade. Habe alle Resi Spiele auf dem MacBook Pro gespielt und die liefen alle 1A. Death stranding lief auch genauso gut. Wollte mir eigentlich als Nächstes AC dann holen, aber da warte ich dann nochmal bis evtl. Updates kommen.
Mich hatten sie schon beim Japan Setting.,
Mich auch, aber dann wieder mit dem langweiligen 0815 Ubisoft Formel Gameplay wieder verloren.
Jeder Spieler ist natürlich anders, aber ich hab keine Lust Stunden fürs sinnlose Level oder Gear grinden zu vergeuden und dabei hundert Mal dasselbe zu machen. Ich bin der Meinung, dass viele moderne Open World Spiele einem einfach nur maximal viel Zeit stehlen wollen. Für mich wäre ein Spiel ohne Origami sammeln, Waffen verbessern und Dörfer bauen das bessere Spiel gewesen.
Da ist ja noch Rise of the Ronin. Welches Spiel sollte man als erstes Spielen? Oder lässt sich das mit den beiden anderen nicht vergleichen