Alterskontrollen im Netz: Scheinlösung bahnt sich in der EU an

Die Debatte rund um Alterskontrollen im Netz reißt nicht ab. Zuletzt standen da ja besonders soziale Netzwerke im Fokus. Da hat z. B. Meta sich auch schon für Alterskontrollen ausgesprochen – solange man sich nicht selbst damit beschäftigen müsste, sondern das doch lieber Store-Betreiber wie Apple und Google tun sollten. Jetzt haben 25 EU-Mitgliedsstaaten die sogenannte Jütland-Erklärung unterzeichnet, die ebenfalls Alterskontrollen fordert, zugleich aber eine gewisse Planlosigkeit offenbart.

Zusätzlich haben auch die Nicht-EU-Länder Island und Norwegen besagte Erklärung unterzeichnet. Im Kern will man durch Alterskontrollen Kinder und Jugendliche im Netz besser schützen. Nicht unterzeichnet haben Belgien und Estland. Wer hat die Erklärung angestoßen? Das ist Dänemark gewesen, welche aktuell die Ratspräsidentschaft innehaben. Auch ein Mindestalter für soziale Netzwerke wird in der Erklärung vorgeschlagen. Für Deutschland haben Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) und Familienministerin Karin Prien (CDU) unterschrieben (via Netzpolitik).

Dabei überraschen die Unterschriften ein wenig, denn in Deutschland hatte man sich erst im September 2025 darauf geeinigt, dass eine Expertenkommission sich ein Jahr Zeit nehmen sollte, um konkrete Lösungen zu erarbeiten. Diesen Plan ignoriert man gewissermaßen durch die Unterschrift der Erklärung. Kritik gibt es dabei zudem auch direkt an der Erklärung. Denn diese propagiert, dass datenschutzfreundliche Altersverifikationen durchgeführt werden sollen. Genau das ist aber technisch im Grunde unmöglich. Ein Beispiel ist die Lachnummer in Großbritannien: Dort wurden Alterskontrollen auf Grundlage des Online Safety Acts verschärft. Seitdem ist dort schlichtweg die VPN-Nutzung deutlich angestiegen, was wohl durchaus zusammenhängen dürfte.

Discord-Leak als abschreckendes Beispiel

Kürzlich hat auch das Datenleck bei Discord gezeigt, dass über die Altersverifikation erhobene Daten anfällig für Missbrauch sind. Im EU-Recht gibt es obendrein wenig Spielraum für derart pauschale Alterskontrollen, wie sie in der Jütland-Erklärung angedeutet werden. Kritiker merken auch an, dass das eigentliche Problem sei, dass bestehende Regeln kaum durchgesetzt würden. Plattformen wie Instagram, Roblox oder TikTok lassen sie nach deren Ansicht schleifen. Hier gäbe es erst einmal Ansatzpunkte, statt mit neuen Regeln um die Ecke zu kommen. Auch seien Alterskontrollen letzten Endes kein Allheilmittel.

Teilweise beiße sich die Argumentation in der Jütland-Erklärung mit sich selbst. Etwa wird argumentiert, man müsse die Kinder und Jugendlichen vor illegalen Inhalten schützen. Doch wenn die Inhalte sowieso bereits illegal sind, eröffnet sich ja vielmehr die Frage, warum man die Plattformen dann nicht vielmehr dazu bringt, solchen Content zu entfernen. Dann würden sogar alle Menschen davor geschützt, nicht nur Minderjährige.

Netzpolitik wertet die Jütland-Erklärung deswegen eher als Schwäche. Aktuelle Gesetze könne oder wolle man offenbar in der Politik nicht durchsetzen, also plane man einfach mal eine großzügige Alterskontrolle drüberzubügeln. Dann könnten sich die Beteiligten öffentlichkeitswirksam auf die Schulter klopfen, ohne irgendwie ein Problem gelöst zu haben. Es sei in diesem Fall billiger, sich einfach unwirksame, neue Gesetze auszudenken, statt die bestehenden durchzusetzen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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15 Kommentare

  1. Endlich wird mal hier an die Kinder gedacht. Nein, endlich wird mal auch an den Rest von uns gedacht. Nun können Eltern getrost auf den Staat hoffen ohne sich beteiligen zu müssen. Können Verantwortung abgeben, denn Sie haben ja ihr bestes gegeben. Jetzt braucht sich auch keiner mehr mit den Kindern auseinander zusetzen. Das Material gibt es ja auch so. Wo will man denn mit dem Sperren und der Erziehung anfangen. Wir blockieren das mal eben für alle. Klar könnten wir die Filter in den Routern benutzen, vielleicht auf Anbieter ebene mit Opt-In. Alles Humbug. Wir machen es auf EU-Ebene. Jeder lächelt mal kurz in die Kamera, natürlich mit EU-Datenschutz. Die Firmen machen das schon. Vor geteilten Medien in Nachrichtendiensten müssen wir auch keine Angst haben. Die bekommen so schnell wie möglich Hintertüren, natürlich mit EU-Datenschutz. Falls die jemand im Netz speichert, absolut kein Problem. Die Betreiber haben ja CSAM Algorithmen. Die Kontrollieren Bilder, Texte, Videos, Präsentationen und und und, natürlich mie EU-Datenschutz. Falls dann noch der Digitale Euro kommen, dann schützen wir unsere Kinder umsomehr. Betreiber jeglicher Art können von der Zahlung ausgeschlossen werden, besser ist, wir Sperren die Zahlung schon im Ausgang. Eben mal das Konto einfrieren, natürlich mit EU-Datenschutz. Mit der digitalisierten Identifikation, setzen wir dann wirklich allem einen Riegel davor. Die Kinder sind quasi wie die Made im Sicherheitsspeck. Dienste sind dann über die digitale ID freizuschalten, Zahlungen über die digitale ID bestätigt, Webseiten Verläufe mit der digitalen ID verknüpft, natürlich mit EU-Datenschutz. Kinder kann man einfach nicht besser schützen. Wir schützen die, in dem wir alle mit unserem Schutz schützen. Und einhundert Prozent unter dem Schutzmandelt des EU-Datenschutzes. Würde ich noch mehr Schutz haben, könnte ich ja schon in Autos ohne Gurt und auf Motorrädern ohne Helm fahren, so geschützt wäre ich. Aber leider hat hier niemand vorher an die Kinder gedacht.

    • Schöne Zusammenfassung 🙂

    • Jemand Anders says:

      Vielen Dank für den tollen Kommentar! 🙂
      mmd

    • … wieder so eine polemische Generalabrechnung, bei der Meinung und Wissen weit auseinanderliegen.

      • Was ist denn an dem Kommentar auszusetzen. Ich finde das wurde gut zusammengefasst und viele Dinge sind ja schon in der Umsetzung (CSAM-Scanning, biometrische DBs, …) oder im Test (blockierte Zahlungen z.B. bei Geflüchteten mit Bezahlkarte, soll ja auch auf Bürgergeld-Empfänger ausgeweitet werden).

        Es wurden eigentlich nur noch so Dinge wie Vermögensregister, zentralisierte Datenspeicher (NOOTS) inkl. Finanzdatenströmen usw. und so fort… und Zugriff durch (Geheim)Dienste dürfte ja wohl gesetzt sein.

    • Alex the 2nd says:

      Die Etatisten und Alten machen uns das Leben immer schwerer und schwerer.

  2. Es gibt das EUDI-Blueprint-System welches eine datenschutzfreundliche und sichere Möglichkeit der altersverifikation anbietet ohne das es zu einem datenproblem kommen kann und welches einfach angebunden werden kann.

  3. Dieses wird durch die EU bereitgestellt und ist Teil der umsetzung

  4. Ach besserer Vorschlag, wie wäre es mit wir schalten das Internet in der EU ab? Spart Strom und Ärger. Ah und Mobilfunk wird nur noch für wichtige Berufsgruppen erlaubt.

    Zurück in die 80iger EU du kannst das!! Boltzen nach der Schule aufm Sportplatz, bei schlechtem Wetter mit Lego und Playmobil spielen oder zusammen am C64 zocken!! Oder heimlich Pappa´s Playboy Zeitschriftensammlung angucken.

    Immer werden Kinder vorgeschoben, ich hasse das und wenn ich mir Gen XYZ so angucke wo manche
    schon Eltern sind, die haben selber ein Problem mit dem Internet SocialMedia und der Smartphonenutzung
    . Wo sind bloß die ganzen mündigen Bürger hin, wenn die Politik meint alles und jeden bevormunden zu müssen.

    Was machen wir mit Fernsehwerbung? sollten wir da nicht auch wie bei manchen Filmen den Jugendschutzpin einführen?

    Wenn ich sehe in welchem Alter Kinder schon ein Smartphone mit Vertrag bzw. Datenvolumen haben, schauderts mir jedesmal.

  5. >> Dabei überraschen die Unterschriften ein wenig, denn in Deutschland hatte man sich erst im September 2025 darauf geeinigt, dass eine Expertenkommission sich ein Jahr Zeit nehmen sollte, um konkrete Lösungen zu erarbeiten. Diesen Plan ignoriert man gewissermaßen durch die Unterschrift der Erklärung.

    Typisch CDU. „Wat kümmert mich ming Jeschwätz von jestern?“, sagte schon der alte Konrad Adenauer.

    Inhaltlich möchte ich mich über die von Dänemark angestoßene sogenannte Jütland-Erklärung gar nicht auslassen und mir mit Planlosigkeit nicht meine kostbare Lebenszeit nehmen lassen. Leider entwickelt sich die EU in vielen Bereichen in die falsche Richtung.

  6. Wie sind die Kinder nur seit 1993 im Netz klar gekommen? Das sind ja erst 32 Jahre ohne EU Kinderschutz.

    • Das Internet von heute ist mit dem damaligen Netz überhaupt nicht zu vergleichen. Sinnfreier Vergleich.

      Problem ist: die Kinder werden von manchen Politikern tatsächlich als Vorwand benutzt. Tatsache ist aber auch, dass der Schutz von Kindern im Netz wichtiger ist denn je. Das hat auch nichts mit mündigen Bürgern oder abgeschobener Verantwortung der Eltern zu tun. Keine Ahnung, wer mit diesem Blödsinn angefangen hat und das so formuliert hat. Tatsache ist eben auch, dass der Schutz von Kindern von Menschen sabotiert wird, die ihn ins Lächerliche ziehen.

      Wie immer lautet die Antwort: Menschen sind einfach dumm ‍♂️

    • Seit 1993 hat sich aber so einiges getan. Für viele Jugendliche findet ein Großteil ihre Lebens im Netz statt, wo dann unkritische Menschen auf professionelle Manipulatoren treffen. Und es geht es dann nicht nur um irgendwelche Energydrinks oder andere Lifestyle-Produkte, sondern auch um politische Meinungsbildung: https://www.zdfheute.de/politik/politik-social-media-tiktok-instagram-influencer-vertrauen-bertelsmann-stiftung-100.html

  7. Die grundlegende Idee so was einzuführen ist ja in Ordnung. Nur müsste die Umsetzung, egal ob jetzt App-Plattformbetreiber oder Webseitenbetreiber, Kontrolliert werden. Und da heist es vermutlich dann wieder „wir haben dafür zu wenig personal“.

    „Dabei überraschen die Unterschriften ein wenig, “
    Wieso, Politiker-Amnesie ist nichts neues.

    Und André hat Vollkommen recht: Es ist natürlich billiger und vor allem Öffentlich wirksamer neue Gesetze raus zu bringen, da sieht dann der Bürger „Die Politiker tun ja was.“, Als sich mit seit Jahren beschlossenen Gesetzen tiefer befassen zu müssen.

    Wäre irgendwie ja auch Peinlich wenn es dann heist „Wir haben hier nicht neues beschlossen sondern Gesetz XYZ das wir vor 10 Jahren beschossen haben mal umgesetzt“

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