Ab heute erhöhtes Limit für kontaktlose Zahlungen
Wie die Deutsche Kreditwirtschaft bestätigt hat, so gilt ab heute das angekündigte, erhöhte Limit für kontaktlose Zahlungen im Girocard-System und auch bei Kreditkarten. So sind nun kontaktlose Zahlungen von bis zu 50 Euro möglich, ohne dass ein PIN eingegeben werden müsste. Zuvor lag die Grenze da bei 25 Euro. Angehoben hat man das Limit natürlich in erster Linie, um möglichst hygienische Zahlungen in Zeiten des Coronavirus zu ermöglichen.
Die kreditwirtschaftlichen Autorisierungssysteme seien inzwischen auf das neue Limit vorbereitet, erste Netzbetreiber und Händler haben direkt heute mit den Umstellungen begonnen. Die Freischaltung erfolgt dann aber deutschlandweit erst nach und nach. So geht es heute mit dem erhöhten Limit an den Standorten Hamburg, Kassel, Frankfurt und München los. Die flächendeckende Umstellung werde sich aber über Wochen bzw. Monate hinziehen – mit etwas Pech könnt ihr also möglicherweise auch erst 50 Euro kontaktlos und ohne PIN-Eingabe zahlen, wenn die Corona-Krise bereits wieder abebbt.
Karteninhaber müssen aber weiterhin spätestens nach fünf Transaktionen oder nach einer Gesamtsumme von maximal 150 Euro wieder die PIN eingeben.
„Karteninhaber müssen aber weiterhin spätestens nach fünf Transaktionen oder nach einer Gesamtsumme von maximal 150 Euro wieder die PIN eingeben.“
Alles klar, ich bleibe dann mal weiter bei Google Pay :).
Ja, das ist beim bezahlen jedes mal spannend. Muss ich den PIN jetzt eingeben oder nicht?
Das sollte ganz abgeschaltet werden. PIN bei Beträgen von 50 Euro reicht.
Das jetzt ein Dieb mehrmals für 49,99 einkaufen geht, bis man den Verlust bemerkt, halte ich für unwahrscheinlich oder vernachlässigbares Risiko.
Das sehe ich auch so. Von mir aus dürfte die Grenze für PIN freie Zahlungen gerne auch noch höher liegen. 100 Euro sind hier meiner Meinung eher eine sinnvolle Größe als 25/50 Euro da kommt man mit einem normalen Einkauf ja schon oft drüber.
Ob du das Risiko vernachlässigbar hältst oder nicht ist relativ uninteressant. Für unberechtigte Beträge unterhalb der Grenze haftet in aller Regel die Bank, von daher darf auch alleine sie entscheiden welches Risiko sie trägt oder nicht.
Leider denken immer mehr nur bis zur Nasenspitze. Und dank Corona liest man das leider auch ofter. Von daher wundert mich nicht wie wenige wissen, daß das ein Entgegenkommen der Bank ist.
> Ob du das Risiko vernachlässigbar hältst oder nicht ist relativ uninteressant.
Wenn dich nicht interessiert, was die Kommentatoren hier denken, les einfach keine Kommentare. Also im Ernst jetzt: Das wäre doch schön blöd von dir.
> Für unberechtigte Beträge unterhalb der Grenze haftet in aller Regel die Bank, von daher darf auch alleine sie entscheiden welches Risiko sie trägt oder nicht.
Er hat nicht gesagt, die Bank dürfe nicht über die Grenze entscheiden, oder? Er hat nur gesagt, die Grenze solle höher liegen.
Sollenssätze sind eine super Sache und vollkommen in den Grenzen dessen was man als reguläres Kundenverhalten erwarten darf.
Man würde ja auch nicht auf „Das Obst an der Gemüsetheke sollte frei von Druckstellen sein.“ antworten „Deine Meinung ist egal, nur der Ladenbetreiber darf entscheiden, wie viele Druckstellen das Obst hat.“
> Das jetzt ein Dieb mehrmals für 49,99 einkaufen geht,
> bis man den Verlust bemerkt, halte ich für unwahrscheinlich
> oder vernachlässigbares Risiko.
Genau, völlig an den Haaren herbeigezogen, dass das Klientel, das typischerweise von Kartendiebstahl lebt, solange Schnapsflaschen kauft, bis ein nennenswerter Betrag zusammengekommen ist.
Wenn man da dagegen hält, welcher wochenlanger, schmerzvoller Aufwand durch das eingeben von 4 Ziffern entsteht — weiss auch nicht, wie die Banken das dermaßen bescheuert priorisieren konnten.
Grins, klasse geschrieben 🙂
Puh, aber ich kann mir die ganzen Zahlen nicht merken.
Wobei das Zauberwort hier „spätestens“ heißt. Ich „durfte“ die PIN kürzlich bei fünf Zahlungen hintereinander eingeben, obwohl *keine* der Zahlungen höher als 25€ war und die Gesamtsumme seit der ersten PIN-Eingabe dieser Fünferserie noch nicht mal die 100€-Latte gerissen hat. Wirklich nachvollziehbaren Regeln scheint mir diese PIN-Lotterie bei der Girocard nicht unterworfen zu sein.
Du musst die Karte dazu stecken. Solange du nur kontaktlos bezahlst, wird die Pin jedesmal bis zum Stecken der Karte angefordert. Erst nach dem Stecken UND der Pin-Eingabe läuft wieder die Regel 5x und/oder ab 150 Euro. Das gilt für die Girocard. Mit Kreditkarte bei mir (Visa) bezahle ich unter 25 € immer ohne PIN – egal wie oft. Von daher benutze ich die Girocard nur, wenn der Händler keine Kreditkarten zulässt.
Das musste ich auch schon feststellen, und es macht in meinen Augen die girocard absolut praxisuntauglich.
Habe aus dem gleichen Grund dann die Visa Karte eingesetzt, welche mich nicht ständig mit einer PIN nervte, und nutze mittlerweile nur noch Google Pay. Bei Google Pay entfällt die PIN Eingabe am Terminal komplett, auch bei höheren Beträgen, was den Komfort und die Geschwindigkeit nochmals deutlich erhöht.
„Karteninhaber müssen aber weiterhin spätestens nach fünf Transaktionen oder nach einer Gesamtsumme von maximal 150 Euro wieder die PIN eingeben.“
Am Tag? In der Woche?
Nö.
Unabhängig vom Zeitraum. Wenn du für die 150€ meinetwegen ein ganzes Jahr brauchst, dann kommt erst beim 151. Euro der PIN
Ist doch ganz einfach. Bei der sechsten Transaktion ist die PIN-Eingabe fällig. In welchem Zeitraum die Transaktionen stattfinden tut dabei nicht zur Sache. Maßgeblich ist die Anzahl der Transaktionen.
Leider erfolgt die Abfrage oft auch zufallsbasiert auch vor erreichen der 150 Euro oder der 5 Transaktionen. So zumindest bei meinem kurzen Test mit der girocard kontaktlos zu bezahlen.
War innerhalb kurzer Zeit davon genervt und nutzte seit dem dann nur noch meine VISA Karte für Zahlungen und seit Google Pay verfügbar ist nur noch diese Möglichkeit. Da muss ich auch bei höheren Beträgen nicht verdeckt eine PIN ins Terminal fummeln.
SPÄTESTENS beim 5. Mal oder beim erreichen von kumulierten 150€ wird die PIN abgefragt. Die Banken können darunter aber machen was sie wollen, also theoretisch auch jedes Mal abfragen.
Danke für die ganzen Antworten. Okay, für mich hat genau das keinen Sinn gemacht, wenn ich danach immer wieder den PIN eingeben muss. Aber vermutlich ist gemeint, dass bei jeder 5. Transaktion der PIN fällig ist, oder?
Also nicht:
ohne ohne ohne ohne mit mit mit mit…
Sondern:
ohne ohne ohne ohne mit ohne ohne ohne…
Man, bin ich schwer von Begriff. Aber für mich war es mir eindeutig. Sorry. 🙂
Ich wäre ja dafür, da jeder selbst entscheiden kann bis zu welchem Betrag er ohne PIN bezahlen will. Bei mir wäre es dann 0 €. Ich will nicht bezahlen, ohne zu bestätigen.
Dann wäre es am besten, wenn du bei deiner Bank die kontaktlos Funktion sperrst und nur noch mit deinem Handy bezahlst (sofern du gerne kontaktlos bezahlen möchtest), dort wird nämlich jedes Mal eine Authentifikation benötigt (Fingerabdruck oder Gesichtsscan oder PIN).
Wo siehst du das Problem an einer Zahlung ohne PIN? Dein Bargeld ist auch nicht abgesichert sondern kann ausgegeben werden, wenn dein Portmonee geklaut wird. Mit deiner geklauten Karte kann dir nur ein Schaden von insgesamt höchsten 50€ entstehen, alles darüber muss die Bank tragen.
50€ sind für mich eine Stange Geld und das nur dafür, das die PIN nicht eingegeben werden muss, das ist es mir nicht wert.
> dort wird nämlich jedes Mal eine Authentifikation benötigt
Bei mir muss nur der Bildschirm an sein.
Um es ganz genau zu machen: Die Bank kann entscheiden, welche Sicherheitsvorkehrungen sie trifft. Vorgegeben sind maximal 5 TX hintereinander ohne PIN oder kumuliert 150,- €. Sollte zwischen den kontaktlosen TX eine kontaktbehaftete stattfinden, z.B. beim Geld abheben oder bei Beträgen über der Schwelle, so startet der Counter neu.
Was viele außer acht lassen: Lastschriftverfahren (d.h. girocard mit Unterschrift) bleiben außen vor.
Die 25,- € Grenze kommt übrigens daher, dass der Durchschnittsbon bei der Einführung um die 20,- € lag.
Das passt doch alles nicht:
Ich habe in der letzten 10 Tagen neunmal für insgesamt knapp 230 Euro meine Sparkassen-Girocard über die Handyzahlung verwendet. Dabei waren auch zwei Beträge zwischen 25 und 50 Euro und auch zwei zwischen 50 und 100 Euro. Eine PIN musste ich aber nie eingeben.
Ich kann mir das nur so erklären, dass der einzelne Gebrauch der Girocard anders behandelt wird, als der digitalisierte Gebrauch derselben Karte per Handyzahlung.
Handyzahlung, also GooglePay, ApplePay und auch andere mobile Lösungen fallen meines Wissens nach nicht unter die Regelung, da man sich schon am Handy identifiziert hat (CDCMV).
Korrekt. Bei der Handyzahlung (Zauberwort CDCVM) nutzt du eine andere Form der Authorisierung: Das Gerät und Wissen bzw. je nach Umsetzung der Handylösung deine Biometrie.
Zwei von drei Faktoren sind notwendig:
– Wissen, z.B. PIN
– Biometrie z.B. Fingerabdruck
– physische Komponente, z.B. Karte oder Handy
Blöde Frage, ist mit Girocars jetzt z.B. die normale Sparkassekarte zum Girokonto gemeint? Denn da muß ich jedesmal den PIN beim Bäcker eingeben und ich zahle fast nie die Einkäufe (Haushaltsaufteilung), komme also nie zufällig bei jedem 5. Mal brim Bäcker an. Stört mich jetzt nicht, da ich kein Daytrader an der Börse bin bei dem es um ms geht 😉
Ja, die normale Sparkassenkarte ist die girocard.
Wieso jedes mal die PIN eingeben? Siehe die Ausführungen in den vorherigen Kommentaren (nach 5 TX bzw. 150,- € kumuliert ohne dazwischen eine PIN einzugeben).
Wenn das girocard-Logo vorhanden ist dann… Es gibt aber neben girocard noch andere Systeme. Wenn die unterschiedlichen Systeme dann auch die PIN-Eingabe und die Höchstgrenze unterschiedlich handhaben ist die Verwirrung komplett.
Weil er vielleicht nicht kontaktlos zahlt, sondern die Karte in den Schlitz des Lesegerätes steckt. Meine Vermutung.
Also wenn du die Karte einsteckst, dann musst du immer die PIN eingeben. Ansonsten bei kontaktlos sind 5x bezahlen ohne PIN Eingabe oder kumulierte 150€ oder 50€ pro Zahlung gesetzliche Höchstgrenzen, deine Bank könnte also auch jedes Mal nach der PIN verlangen. Die Bank haftet für Betrugsfälle, daher dürfen die strenger sein.
In letzter Zeit musste man bei jeder kontaktlosen Bezahlung die Pin eingeben. Wirklich sehr nervig.
Betrifft zumindest die Region Nürnberg in Verbindung mit der Sparkasse.
Vielleicht liegt das an der Bonität des Kartenbesitzer?
Nee, das tritt sporadisch auf, egal ob Girocard oder Kreditkarte. Das hat eher was mit den Terminals zu tun.
Habe das oft, dass ich in einem Geschäft über Tage wieder und wieder die PIN eingeben soll und im Laden zwei Häuser weiter gleiche Karte ohne PIN Zirkus.
Bei meiner Tankstelle bspw kommt beim ranhalten immer mal wieder ne Fehlermeldung, beim stecken wird die selbe Karte aber sofort genommen.
Die Bonität bzw der Verfügungsrahmen wird unabhängig von einer PIN Eingabe geprüft. Die Eingabe ändert auch nichts, sollte nicht genug Geld/Kredit vorhanden sein, wird die Zahlung nicht akzeptiert. Die PIN ist für die Genehmigung, nicht die Akzeptanz.
TIpp: Barclaycard nie einen PIN an der Kasse. Im schlimmsten Fall muss man bei Zahlung per Karte mit dem (eigenen) Kugelschreiber unterschreiben.
Barclaycard? Der Laden hat es letzte Woche tatsächlich geschafft, die Unterstützung für Google Pay auf die Leiste zu bekommen – gibt es ja auch erst seit Mitte 2018, diesen Dienst. Auf Nachfragen, wenn man denn endlich bei Apple Pay (in Deutschland seit Dezember 2018) mal den Finger aus der Nase nimmt und in die Pötte kommt, gibt es weiterhin nur Antworten aus dem Phrasen-Automat. Es ist schon ein echtes Kunststück für eine Bank, *noch* bräsiger als die Sparkassen zu sein.
Tipp: Wenn man eine halbwegs moderen Bank als Geschäftspartner haben will, um Barclaycard Deutschland unbedingt einen großen Bogen machen. Just my 2 cent.
Die Anhebung auf 50,- Euro ist noch ok. Aber höher sollte es echt nicht mehr gehen.
Aber Karte ist doch inzwischen sowieso bald out, oder?
Da existiert ein sehr interessanter Artikel:
Quelle „STERN“
Mikrochips unter der Haut: Mit der Hand bezahlen – sieht so unsere Zukunft aus?
Von Gernot Kramper
Patrick Kramer schaut konzentriert. Er atmet einmal laut ein und aus, während er in seiner rechten Hand eine Spritze hält, deren weiße Griffe an die einer Schere erinnern. Vorne in der Spitze der Spritze steckt ein fingernagellanger, mit Glas ummantelter Mikrochip, den er gleich einem Bankangestellten injizieren wird. Dazu greift Kramer mit seiner rechten Hand in die linke Hand seines Gegenübers, zieht ein Stück Haut zwischen Daumen und Zeigefinger nach oben und sticht mit der Nadel hinein. Man hört ein leises Klicken. Dann ist alles vorbei.
So schnell kommt sie also, die Zukunft. Er klebt ein Pflaster auf die Einstichstelle und rät seinem Kunden, die Hand ein, zwei Tage ruhigzustellen. In Zukunft wird der Angestellte mit einer Handbewegung durch den Haupteingang seiner Firma gehen können. Statt eines Hausausweises muss er lediglich seine Hand auf ein Kontaktfeld legen. Theoretisch könnte er mit dem Mikrochip unter der Haut auch seinen Einkauf bezahlen oder seine eigene Haustür öffnen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielseitig.
Was für manche Beobachter nach gruseliger Science-Fiction klingt, ist für Menschen wie Kramer gelebter und gewünschter Fortschritt. Der Unternehmer verdient sein Geld unter anderem damit, Menschen Chips unter die Haut zu jagen. Doch wie sicher ist diese Technik? Sieht so wirklich die Zukunft aus? Und: Wie viel Skepsis ist angebracht? Der stern hat Kramer einen Tag lang bei seiner Arbeit in Berlin begleitet.
Mikrochips unter der Haut: „Es gibt keine Nachteile“
Ein paar Stunden zuvor. Patrick Kramer steht vor dem Haupteingang der Zentrale der Sparda-Bank Berlin im Stadtteil Prenzlauer Berg. Er hat sich unter das Vordach gestellt, um sich an diesem milden Donnerstagmorgen vor Nieselregen zu schützen. Er wirkt ein wenig müde. Doch wenn Kramer einmal mit dem Reden angefangen hat, hört er kaum wieder auf.
Sobald ihm eine Frage gestellt wird, werden Kramers Antworten zu Monologen. Er will seinen Teil dazu beitragen, dass mehr Menschen offener und toleranter gegenüber neuen Technologien werden. Das habe er sich zur Aufgabe gemacht, sagt er, als er vor sechs Jahren, 2014, seine Firma Digiwell – Upgraded Humans gegründet hat. Das Unternehmen beschäftigt sich mit Biohacking und der digitalen Transformation des Menschen. Dazu gehört unter anderem auch das Setzen von Mikrochips.
Er selbst trage momentan fünf solcher Implantate unter der Haut. Auf einem seien seine ICE-Daten (In Case of Emergency – also medizinische Daten, falls ihm etwas passieren sollte) abgespeichert. Die Anzahl variiere, erzählt er. „Sie machen meinen Alltag bequemer. Es gibt keine Nachteile“, sagt Kramer. Er sitzt inzwischen auf einer Couch im Empfangsbereich der Genossenschaftsbank und streicht sich über die kleine Delle zwischen Daumen und Zeigefinger, unter der einer der Mikrochips steckt. „Nur weil so ein kleines Reiskorn unter der Haut sitzt, haben viele Menschen gleich Verschwörungstheorien im Kopf.“
Sparda-Bank „verschenkt“ Mikrochips
Wenige Minuten später wird er von der Pressesprecherin der Bank abgeholt. Mit dem Fahrstuhl geht es ganz nach oben in den sechsten Stock, Vorstandsetage. Über einen mehr als zehn Meter langen Flur, vorbei an Konferenzräumen und riesigen Einzelbüros, wird Kramer in einen offenen Raum geleitet, der an eine Hotellobby erinnert. Überall stehen bunte Sessel und Sofas. In einer Ecke des Raumes hat sogar eine hüfthohe braune Bar mit zwei weißen Stehhockern Platz. „Normalerweise sieht es hier nicht so aus“, sagt die Sprecherin.
Der Grund für die Ausstattung ist ein Werbeclip. „Du bist anders? #seianders“, heißt der Slogan. Damit hatte die Sparda-Bank Berlin Ende September des vergangenen Jahres medial für Aufmerksamkeit gesorgt. Über 500.000 Mal wurde das entsprechende Video auf Youtube aufgerufen. Es bewirbt Baufinanzierung – mit Mikrochip-Implantaten. Wer bis Ende März einen Kredit über mindestens 50.000 Euro aufnimmt, bekommt gratis einen eingesetzt.
Die Genossenschaftsbank kooperiert mit Kramers Firma. Am heutigen Tag soll diese Zusammenarbeit gefeiert werden: Das Fernsehen ist da, ein Podcaster und ein hauseigenes Kamera-Team sind vor Ort. Zur Krönung soll dem Vorstandsvorsitzenden Frank Kohler ein Chip implantiert werden. Doch der ist krank. Deshalb wird ein anderer Angestellter von Kramer „gechipt“.
Daniel heißt er. Ein schlaksiger Mann mit dunklem Haar und Brille. Er sagt, er sei es leid, ständig so viel mit sich herumzuschleppen, wenn er aus dem Haus geht. Zur Demonstration legt er sein Handy, sein Portemonnaie und Schlüssel für Auto und Büro auf den Tisch. „Das ist lästig“, sagt er und schüttelt dabei mit dem Kopf. „Am liebsten würde ich gar nichts mehr davon verwenden.“
2000 bis 3500 Deutsche tragen einen Mikrochip unter der Haut
Mikrochips sollen seinen Alltag bequemer machen. Er will nicht länger nach einem Schlüssel suchen oder beim Einkauf das Portemonnaie herauskramen, um zu bezahlen. In Zukunft will Daniel alles mit einer Handbewegung erledigen. In einem kleinen Konferenzraum, in dem der Vorstand der Genossenschaftsbank normalerweise Unternehmensstrategien bespricht, bekommt Daniel wenig später seinen Wunsch erfüllt. Kramer implantiert.
Daniel gehört nun zu einer Minderheit. Schätzungsweise 2000 bis 3500 Menschen tragen in Deutschland einen Mikrochip unter der Haut. Kramer ist sich sicher, dass es in Zukunft deutlich mehr sein werden. „Die digitale Transformation wird unter der Haut weitergehen“, glaubt er.
In Schweden ist das längst Realität. Dort gibt es sogar Implantierpartys, auf denen sich Dutzende Menschen zwischen Wein und Bier von Piercern Chips injizieren lassen. In der schwedischen Firma TUI Nordic trägt jeder fünfte Mitarbeiter einen Mikrochip in der Hand. „Wir chippen unsere Mitarbeiter nicht, sie lassen sich freiwillig chippen“, versicherte Geschäftsführer Alexander Huber dem „Spiegel“ im Interview.
Patrick Kramer nervt die Fokussierung auf Schweden: „Vor allem verstehe ich nicht, dass die Leute nicht wissen, dass diese Technik nicht neu ist. Sie existiert bereits seit mehr als 40 Jahren.“
Neu ist die Technologie nicht
Jens Tiemann bestätigt Kramers Aussage. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS. „Tatsächlich nutzen diese Mikrochips die RFID-Technologie, also Identifizierung mittels elektromagnetischer Wellen“, so der Experte. „Die gibt es bereits seit den 1970er-Jahren.“
Chips, die Hunde implantiert bekommen, basieren auf dieser Technologie – genauso wie Etiketten im Einzelhandel. „Letztendlich liest ein Gerät dabei Informationen von einem Transponder ab.“ Darauf basieren auch die Mikrochips, die Kramer implantiert. Allerdings müsse man dabei noch einmal differenzieren, sagt Tiemann. „Diese Chips nutzen die sogenannte Near Field Communication, kurz NFC. Das ist eine Untergruppe der RFID-Kommunikation, die einen Datenaustausch zwischen zwei Geräten ermöglicht.“
Im Alltag wird die Technologie bereits beim kontaktlosen Zahlen mit der EC-Karte oder dem Smartphone verwendet. Der Unterschied zu den Mikrochips besteht nur darin, dass die Technologie nicht unter der Haut steckt, sondern in der Karte beziehungsweise im Smartphone. Genau aus diesem Grund kann Kramer die Skepsis einiger Menschen gegenüber Mikrochips nicht verstehen. „Es ist doch die gleiche Technologie und sie ist sicher“, sagt er. Doch ist sie das wirklich?
Es gibt zwei zentrale Fragen der Sicherheit. Die nach der gesundheitlichen und die nach der technischen. Andreas Sjostrom, Schwede und Technikchef beim IT-Dienstleister Capgemini, nutzte einen und hat ihn sich wieder entfernen lassen. Zu seinen Erkenntnissen hat er schon 2017 geblogt. Dort schreibt er: „Mikrochips sind eine schlechte Idee“. Auch weil er das Verhältnis von Nutzen und gesundheitlichem Risiko nicht als gerechtfertigt ansieht.
Zur technischen Sicherheit äußert sich Tiemann. Sind die Chips sicher? Tiemann sagt jein: „Es gibt inzwischen mehrere Generationen. Die ersten waren leicht zu hacken, das hat der Chaos Computer Club bereits vor einigen Jahren gezeigt. Sie lassen sich aber nicht orten, wie es vielleicht einige Menschen vermuten. Mittlerweile ist die Verschlüsslung zudem sicher. Es hat sich einiges getan.“ Aus seiner Sicht sind Mikrochips vielmehr ein datenschutzrechtliches Problem. „Bei der BVG gibt es kontaktlose Monatskarten. Darauf soll angeblich nichts gespeichert werden. Nun ist es in der Vergangenheit aber mehrmals vorgekommen, dass Haltestellen daraufgeschrieben wurden.“
Wann lohnt sich ein Mikrochip unter der Haut?
Mit anderen Worten: Der Mensch wird gläserner. Man hinterlässt durch die Technologie überall Spuren, technische Schnipsel, die sich verfolgen und auswerten lassen. Kramer sieht darin kein Problem. „Natürlich hinterlassen wir Informationen. Aber das machen wir auch, wenn wir auf Instagram ein Foto posten, bei Amazon etwas bestellen oder über Twitter unsere Meinung im Netz verbreiten.“
Ganz unrecht hat er damit nicht, findet Sebastian Drosselmeier. Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Doktorand am Münchner Kolleg Ethik in der Praxis. Er sieht in den Mikrochips selbst zunächst kein ethisches Problem: „Eine gewisse Skepsis gegenüber neuer Technik ist durchaus berechtigt. Daraus darf allerdings kein Dogma werden. Es braucht immer einen Diskurs über die Vor- und Nachteile von ’neuen‘ Technologien.“
Aus Kramers Sicht gibt es zwei klare Vorteile: „Für Menschen mit chronischen Krankheiten wie akutem Nierenversagen, Epilepsie, Alzheimer, Parkison, Blindheit oder mit fehlenden Gliedmaßen geben die kleinen Reiskörner ein Stück Menschenwürde zurück. Ich habe beispielsweise eine Kundin, ein junges Mädchen, das keine Hände hat. Sie kann durch einen Chip im Fuß Türen öffnen“, sagt er. „Der andere Vorteil ist, dass es meinen Alltag erleichtert, weil sie den Haustürschlüssel, den Mitarbeiterausweis, die Autoschlüssel, die Visitenkarten, Notizzettel, Zutrittskarten für das Fitness-Studio ersetzen und unsere digitale Identität absichern.“
Patrick Kramer: „Ich werde damit nicht aufhören“
Aus Sicht der Nutzer ist ein Mikrochip definitiv ein Fortschritt. Er macht ihren Alltag in einigen Bereichen deutlich bequemer. Doch den Diskurs über Chancen und Risiken gilt es noch zu führen. Er bewegt sich oft zwischen zwei Polen – totale Freiheit und totale Kontrolle. Es könnte eine spannende gesellschaftliche Debatte werden.
Erst recht, weil ein Chip unter der Haut eventuell erst der Anfang sein könnte. Denn die Möglichkeiten der digitalen Transformation des Menschen sind in der Tat schon weiter. Tesla-Chef Elon Musk entwickelt beispielsweise mit seinem Projekt Neuralink Computer-Implantate fürs Gehirn.
Später am Abend steht Patrick Kramer am Bahngleis des Berliner Hauptbahnhofs und wartet auf seinen Zug nach Hamburg. Es war ein langer Tag für ihn. Fünf Mikrochips hat er heute implantiert und zig Fragen zum Thema beantwortet. „Endlich nach Hause“, sagt er. Und klingt glücklich. Sein Terminkalender in den nächsten Wochen ist voll mit ähnlichen Terminen und Konferenzen. Aber es gehe weiter, sagt er. „Wir müssen einfach aufgeschlossener werden. Die digitale Transformation hat gerade erst begonnen.“ Und er will sie jeden Tag ein bisschen weiter vorantreiben.