EU verschärft Spielzeugsicherheit: Verbot von Ewigkeitschemikalien und digitaler Produktpass kommt

Foto von Huy Hung Trinh auf Unsplash

In Brüssel hat man sich Gedanken um das Kinderzimmer gemacht. Die Abgeordneten des EU-Parlaments bestätigten heute neue Vorschriften, die Spielzeug sicherer machen sollen. Das Update der Richtlinie von 2009 war überfällig, schließlich bestellen die Leute heutzutage viel mehr im Netz und oft direkt aus Nicht-EU-Ländern.

Viereinhalb Jahre haben Industrie und Mitgliedstaaten nun Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Da geht es vor allem um chemische Stoffe. Das bisherige Verbot krebserregender Substanzen wird ausgeweitet. Alles, was das Hormonsystem oder die Atemwege schädigt, hat im Spielzeug nichts mehr verloren. Das betrifft explizit PFAS, also die sogenannten Ewigkeitschemikalien, und diverse Bisphenole. Auch allergene Duftstoffe sind tabu, wenn das Spielzeug für Kleinkinder unter drei Jahren gedacht ist oder in den Mund genommen werden kann.

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Bevor ein Produkt überhaupt ins Regal oder den Online-Shop wandert, müssen Hersteller eine Sicherheitsbewertung durchführen. Die deckt chemische, physikalische und elektrische Risiken ab. Interessant ist hier der Blick auf vernetztes Spielzeug: Hersteller müssen sicherstellen, dass keine Gefahr für die geistige Gesundheit der Kinder besteht.

Um das Ganze zu kontrollieren, wird ein digitaler Produktpass eingeführt. Jedes Spielzeug bekommt einen solchen Pass, meist wohl als QR-Code lösbar, der die Konformität mit den Regeln belegt. Das soll dem Zoll helfen, die Flut an Paketen, 2023 kamen 80 Prozent der Spielzeugimporte aus China, besser zu filtern. Für den Verbraucher bedeutet das im Idealfall einen schnelleren Zugriff auf Warnhinweise.

Auch Online-Marktplätze nimmt die Verordnung in die Pflicht. Sie müssen sicherstellen, dass Verkäufer die CE-Kennzeichnungen und den digitalen Pass anzeigen. Fehlt das, gilt das Angebot als rechtswidriger Inhalt nach dem Gesetz über digitale Dienste. Nötig scheint es zu sein, denn Spielzeug landete zuletzt im EU-Schnellwarnsystem auf dem zweiten Platz der gefährlichen Produkte, direkt hinter Kosmetika.

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21 Kommentare

  1. Dieses stark wachsende 60.000 Mitarbeiter Bürokratiemonster muss dringend reformiert und massiv verschlankt werden. Bürokraten schaffen neue Bürokratie und Verordnungen / Verbote um ihren eigenen Job zu rechtfertigen

    • Ja. Weg mir der Bürokratie. Her mit den Schadstoffen.
      Oder irgendwie so. Gibt ja viel was man kritisieren kann an der EU aber sie hat verdammt viele gute Dinge gebracht, und obiges gehört als Idee auch dazu.

      Wie kann man denn meckern, wenn das was im zweiten Absatz steht verboten werden soll? Ist doch super.

    • Hallo Juke,

      wenn es um die Produktsicherheit geht, und hier auch noch um Spielzeug u. a. für Kleinstkinder, kann es gar nicht genügend Regularien geben.

      Und wichtig ist, daß diese auch auf ihre Einhaltung hin überprüft werden, nicht wie beim CE-Kennzeichen das oft die Farbe nicht wert ist mit der es in China und Co. auf die produkte aufgebracht wird.

      • Hallo Andreas,

        Nicht falsch verstehen, ich habe selbst zwei. Natürlich ist der Schutz der Kinder wichtig, jedoch habe ich nicht mitbekommen das wir hier ein Problem haben, ich gehe sogar soweit zu behaupten das wir hier schon jetzt mit die strengsten Gesetze der Welt haben.
        Mir geht diese generelle! Regulierungswut mächtig gegen den Strich. Deutschland zahlt jede Woche 1 Milliarde an die EU. Ein ständig wachsendes Beamtensystem was nur darauf ausgelegt ist, durch neue Gesetze zu wachsen und ihren Einfluss auf die Mitgliedstaaten auszuweiten.

        • Nur weil man nicht mitbekommt, dass es kein Problem gibt, heißt es nicht, dass es welche gibt. Die Folgen sieht man oft erst Jahre später.

          • Das habe ich auch nicht gesagt. Es ist wie immer, man verkauft vermeintlich die Probleme, die schlicht in den letzten 40 Jahre keine Probleme waren, um den eigenen Job zu rechtfertigen und Macht auszubauen: „How dare you, du bist also dafür das Kinder sterben, wie kann man nur gegen mehr Gesetze sein die Kinder schützen“
            Nein- wir haben egal bei welchem Thema, meist Gesetze die ausreichen, diese müssen nur umgesetzt werden.
            Es erinnert mich aktuell an das Digitalministerium, die Bürokratie abbauen soll, 208 neue Beamten-Stellen geschaffen hat ‍

        • Hallo Juke,

          sieh es doch mal aus einem anderen Blickwinkel:

          warum ist vieles in Deutschland so umständlich und bürokratisch? Warum dauern Entscheidungen so lange?

          einer der Gründe ist der Föderalismus, ob Bildung, Sicherheit, Gefahrenabwehr im Inneren, Baurecht – da wird es Dank kommunaler Zuständigkeiten sogar noch granularer … naja eben das Problem daß angelegenheiten, die eigentlich mehr als nur einen kleinen Teil der Menschen betreffen kleinteilig verwaltet und geregelt werden.

          Ja, nach der Hitler-diktatur hat man sich aus slechter Erfahrung mit Zentralisierung und Gleichschaltung für einen starken Föderalismus entschieden. Aber in vielen Bereichen sollte man da heute einmal zuständigkeiten neu schneiden und dem Bund mehr Kompetenzen zuweisen. Damit es für alle ob Bayern oder Schleswig-Holstein gleiche Vorschriften und Verfahren ggibt.

          Und nun denke das mal weiter in den europäischen Wirtschaftsraum. angefangen von der EWG – so hieß das mal – und der Montanunion war einst das Ziel _Dinge für die menschen im friedlich zusammenwachsenden (West-)Europa einheitlich zu gestalten, ja es träumten sogar einige Menschen nicht nur von offenen Grenzen, sondern auch von einer europäischen Zentralregierung.

          Und in Sachen Außenhandel, und allem was mit der Einfuhr von Stoffen usw. in unseren Lebensbereich zu tun hat, werden nationale Regelungen kaum greifen.

          Oder meinst du z. B. Apple hätte jetzt USBc statt Lightning, wenn die bundesrepublik alleine die Regelung für einheitliche ladeanschlüsse eingeführt hätte? Oder die DSGVO von Dänemark im Alleingang aufgestellt worden wäre?

          Da – und dem stehe ich durchaus auch kritisch gegenüber – viele meinen man müsse heute ausschließlich global wirtschaften und agieren und nicht mehr kleinräumiger ist es unabdingbar als Gemeinschaft, die u. a. durch die geografische , aber natürlich auch kulturelle und geschichtliche Nähe und ähnliche Wertvorstellungen verbunden ist, hier auch gemeinsam gegenüber anderen globalen Akteuren aufzutreten.Dafür braucht es eine starke EU.

          Die Cartwrights ritten auch als Familie wenn man gemeinsam etwas bewegen wollten und schickten nicht Little Joe alleine.

  2. Der digitale Produktpass mag ja aus europäischer Sicht wichtig, richtig und nötig zu sein. Allerdings frage ich mich, ob er nicht ähnlich sinnfrei wie die gefälschte CE-Kennzeichnung ist?

    Auch die Anwendung europäischen Rechts auf außerhalb der EU ansässige Online-Shops wirft Fragen auf.

    Last but not least, bedeutet eine derartige Verschärfung von Regularien doch am Ende wieder nur höhere Kosten für Unternehmen. Die werden dann, wie üblich, auf die Kunden abgewälzt.

    Ich werde den subjektiven Eindruck nicht los, dass man das Rad der Globalisierung um jeden Preis zurückdrehen will oder gar nicht versteht, was Globalisierung bedeutet.

    • Wir wenden europäisches Recht auf die Produkte an, die in die EU importiert werden sollen und lehnen deren Import bei Verstoß ab (oder versuchen es).

      Wir wenden kein Recht auf Onlineshops außerhalb der EU an, das können wir nicht.

      • Es findet (hoffentlich) eine indirekte Anwendung statt: Druck auf die Hersteller, erst gar keine unsicheren Produkte in die EU zu liefern.

        Denn rein rechtlich haftet erst einmal bei importierten Produkten der Importeur in die EU – und die müssen dann eben auch Druck bei ihren Lieferanten machen.

        Ein kleines, millionenfaches Problem: beim Temu-Spielzeug wird der Importeur im üblichen Fall ein Elternteil oder Verwandte sein, die einem Kind etwas schenken wollen. Und eben keine Firma, die sich durch „Weglassen“ von Produktsicherheit oder falsche Angaben eine goldene Nase verdienen möchte.

        Diesen „Importeuren“ droht dann nicht nur gefährliches Spielzeug, sondern eventuell auch noch ein Verfahren, weil man Waren ohne gültige Papiere in den Verkehr gebracht hat. Fiktives Beispiel: Kind kommt zu Schaden und die Krankenkasse möchte ihre Kosten wieder vom Verursacher reinholen. Das Spielzeug hat nicht die nötigen Informationen oder hat falsche Angaben. Also wendet man sich bei in der EU hergestelltem Spielzeug an den Hersteller, bei importierten Produkten den Importeur. Also: der liebe Onkel Willy, der sich günstig was auf Temu geschossen hat.

    • Hallo Mr. T.,

      ich habe verstanden was blobalisierung bedeutet:

      Nämlich die Entrechtung und Enteignung von Arbeitnehmern hinsichtlich ihrer sozialen und arbeitsrechtlichen ansprüche (urlaub, Renteneintritt und -neveau, wochen- und Tagesarbeitszeit und auch entlohnung). Auch wenn das offizielle Arbeitsrecht im land der Mitte die dinge anders regelt, aliBaba und Co. setzen den 12-Stunden-Tag und die 6-Tage Woche (sog. 996-Arbeitzeitmodell) als quasi obligatorisch für ihre Mitarbeiter voraus.

      internationaler Wettbewrb, der uns als „fortschrittlich“ verkauft wird, wird auf dem rücken der Arbeitnehmer und nicht zuletzt auch der konsumenten ausgetragen. Denn das scheinbare „billig billig“ das uns die Globalisierung verspricht führt zu wachsendem sozialen unfrieden und nährt daso konservative Kräfte.

      Ein verstärktes Wirtschaften in innereuropäischen zusammenhängen , weniger Warentransporte rund um die Welt und weniger konsum, dafür mehr nachhaltige, also zeitlich langdauernde Produktnutzung und Service ist gleich Reparaturen und Wartung hier im land würden viele Fehlentwicklungen, auch was die umweltschäden angeht, abmildern helfen.

      Von mir aus gern das ‚“Rad der zeit“ in die 60er oder 70er jahre zurückdrehen. (nur aufs wirtschaften bezogen, versteht sich, soziale und gesellschaftspolitische entwicklungen wie Geschlechtergleichstellung , Behindertenrechte und und und will ich natürlich nicht zurückentwickeln.)

      • +1, Andreas – und genau deswegen sind viele von uns vor 30 Jahren auf die Strasse gegangen und haben gegen die uferlose Globalisierung und deren Freihandelsknebelverträge demonstriert.

        Manche sahen was dies bewirken wird, aber man musste ja mit voller Kraft voraus. Jetzt hat die Welt den Salat.

        Und ja, die echte soziale Marktwirtschaft und die smarte Industriepolitik der 60er/70er fehlt. Vermutlich liegt es daran, das politische Ökonomie kaum noch gelehrt wird.

        • Durch die Globalisierung ist der Wohlstand in den Entwicklungs- und Schwellenländer enorm gestiegen und es konnte sich eine Mittelschicht überhaupt erst einmal dort bilden. Gleichzeitig ist die Armut zurückgegangen.

  3. wooow, es geht hier wieder richtig ab 🙂

    ich befürworte auch nicht alle Dinge, die die EU da verabschiedet.
    Ich unterschreibe aber alles, was um das Thema Arbeits- und Produktsicherheit angeht.

    Ich arbeite in einem Unternehmen in Süddeutschland, welches Einspritzsysteme herstellt und wenn ich Bilder sehe, wie Menschen aus asiatischen Ländern diese Dinge warten, fällt mir die Kinnlade herunter..

    Das Zeug ist alles Erbgutschädigend und diese Menschen verwenden keine Handschuhe oder etwas gleichen (voll mit Öl an Armen und Gesicht) und bei uns gelten höchste Sicherheitsvorschriften im Unternehmen.. Ich finde es einfach Schade, leider haben Menschenleben weniger Wert, betrifft auch das Thema Bau.. Wenn man solche Dinge nicht reguliert, wird sich keine Firma um seine Mitarbeiter kümmern, am Ende des Tages ist jeder ersetzbar.

    Wir sollten uns in diesem Hinblick glücklich schätzen, auch wenn manche EU-Länder keine glänzenden Vorbilder hinsichtlich andere Dinge, wie Kolonien und Raub anderer Länder, sind..

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