Cheat-Software: Bundesgerichtshof fällt ein wichtiges Urteil
Niemand mag Cheater – jedenfalls nicht in Multiplayer-Spielen. Bei Singleplayer-Titeln sollte es einem aber eigentlich egal sein, was andere so treiben, solange sie offen damit umgehen. Streitigkeiten innerhalb der Branche um Cheat-Software und -Hardware wiederum sind schon uralt – erinnert sich etwa noch jemand an Game Genie und Action Replay? Diese Cheating-Module waren schon in den 1980er- und 1990er-Jahren Computer- und Konsolenherstellern teilweise ein Dorn im Auge. Zuletzt stritt sich nun Sony vor Gericht mit einem Entwickler von Cheat-Software für die betagte PlayStation Portable. Die Angelegenheit wurde nun vom deutschen Bundesgerichtshof geregelt.
Konkret ging es um Cheat-Software für ein Rennspiel (via Tagesschau). Mit dem Tool konnte man eigentlich gesperrte Fahrer früher freischalten und Turbos verlängern. Sony argumentierte, das sei illegal. Der Eingriff in die Software stelle eine Urheberrechtsverletzung dar. Schwierige Sache, denn auch Mods verändern Spieledaten und werden oft von Entwicklern und Publishern sogar gezielt gefördert – wären sie dennoch nach Sonys Ansicht ebenfalls Urheberrechtsverletzungen?
Glücklicherweise muss man sich keine Gedanken darum machen, wann eine legale Modifikation beginnt und eine potenzielle Urheberrechtsverletzung durch eine Cheat-Software beginnt. Denn der Bundesgerichtshof bestätigt eine vorherige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). So kommt man zu dem Urteil, dass durch die Cheat-Software keine Urheberrechte verletzt worden sind. Denn die Cheat-Software laufe letzten Endes parallel zum Originalspiel im Hintergrund und verändere nicht den eigentlichen Quell- und Objektcode. Vielmehr arbeitet die Software mit variablen Daten, die zeitweise im RAM der Konsole landen. Das Spiel an sich werde weder verändert noch vervielfältigt, also könne man nicht von einem Verstoß gegen das Urheberrecht sprechen.
Endergebnis: Die Cheat-Software darf weiter vertrieben werden und Sony muss das Ganze letzten Endes hinnehmen. Vermutlich werden die Japaner inzwischen damit leben können, denn die PlayStation Portable ist selbst schon lange aus dem Rennen und nur noch für Retro-Gamer interessant.
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Wie lange hat der Prozess bitte gedauert? Die PSP hatte ich zu Schulzeiten..Das ist sehr lange her.
Ja die Mühlen mahlen langsam.
Vorinstanzen:
Landgericht Hamburg – Urteil vom 24. Januar 2012 – 310 O 199/10
Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 7. Oktober 2021 – 5 U 23/12
@Martin
Sony hatte die Klage schon 2012 eingereicht, seitdem ging sie durch zahlreiche Instanzen. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass die Cheat-Tools Sonys Urheberrecht nicht verletzen. Dagegen ging Sony in Revision. Vor seiner eigenen Entscheidung hatte sich der BGH für eine Einschätzung an den Gerichtshof der Europäischen Union gewandt.
Quelle:
https://www.heise.de/news/BGH-entscheidet-gegen-Sony-Cheat-Tools-verletzen-Urheberrecht-nicht-10505565.html
13 Jahre laut https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=31.07.2025&Aktenzeichen=I%20ZR%20157/21 und Verfahrensgang.
aus dem BGH-Beschluss von Anfang 2023:
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.01.2012 – 310 O 199/10 –
OLG Hamburg, Entscheidung vom 07.10.2021 – 5 U 23/12 –
Es ist doch gut, dass die Sache mal bis zum Ende durchgezogen wurde. Damit ist es auch für andere Konstellationen geklärt.
Das Sony nach dem EuGH dann den Weg über den BGH weiter gegangen ist, ist ja eher selten. Meist scheut man die letzten Schritte ja, um grundlegende Entscheidungen zu verhindern.
Der (meiner Meinung nach absurde) Weg über das Urheberrecht hat sich mit den Urteilen wahrscheinlich für immer oder für sehr lange Zeit erledigt.
Ehe etwas beim BGH landet, müssen ja erst einmal die Vorinstanzen durchlaufen werden. Das dauert seine Zeit.
Und während dessen sagt der BGH dass eyeo mit AdBlock Plus das Urheberrecht von Axel Springer verletzt. Zum Glück steht der EuGH über dem BGH.
Damit es sich um einen Widerspruch handelt, müsste es sich erst einmal technisch um den gleichen Sachverhalt handeln. Schon das ist fraglich weil es sich einmal um Code handelt der in einem Browser (wobei es nicht mal auf die verwendete Hardware ankommt) ausgeführt wird und zum anderen auf eine eigene Software die auf einem bestimmten System (PSP) handelt. Auch der technische Ansatz wie die AdBlock bzw Cheatsoftware zum gewünschten Ergebnis kommen, durfte unterschiedlich sein. Unterschiedlicher Sachverhalt, unterschiedliches Urteil.
Bzgl AdBlock hat der BGH im Übrigen gar nicht abschließend entschieden, sondern nur festgestellt, dass die Vorinstanzen manche Dinge nicht ausreichend gewürdigt haben, bspw. die Funktionsweise von Browsern.
Als Jurist ein schwer nachvollziehbares Urteil. Die Informationen die im RAM liegen gehören ja zum Werk (dem Spiel). Und ja Videospiele kannten die Väter des Urheberrechts nichts, was aber nicht heißt, dass sie vergleichbaren Schutz genießen sollten. Funktioniert die Cheat-Software ohne das Spiel? Nein. Ist es geeignet das Werk zu verändern, gegen den Willen des Urhebers? Ja. Schwer nachzuvollziehen.
@Andre: Da der EUGH zu solchen Dingen nicht so oft urteilt, ist das wegweisend, und gilt auch für aktuelle Cheat Software für aktuelle Spiele, also schlechte News für Gamer.
Gewinner sind hier, wie so oft, die RAe.
@Brucie: Sehe ich in Teilbereichen anders; die Informationen, die zur Laufzeit im RAM liegen, sind nur unter Umständen (teilweise) flüchtige Kopien des eigentlichen Programmcodes (dessen Original jedoch in keinem Fall verändert wird) und besteht überwiegend aus zur Laufzeit generierten „Hilfsdaten“ (um es mal Laienhaft zu benennen), die on-the-fly generiert werden. Dies umfasst eben Variablen mit den Informationen, was gesperrt / freigeschaltet ist; und wenn diese verändert werden, kann das nicht gegen das Urheberrecht für das Originalprogramm gelten. Wäre das so, würde es auch gegen das Urheberrecht von MS verstoßen, wenn man ein fremdes Word-Dokument bearbeitet, weil das Dokument ja ein Produkt des Programmes ist – nur halt in einer Datei statt im RAM gespeichert.
Oder noch weiter gedacht: wäre das, was zur Laufzeit eines Spieles im RAM generiert wird, urheberrechtlich geschützt, müssten auch erzeugte Savegames geschützt sein und dürften somit nicht kopiert oder bearbeitet werden.
Die Cheatsoftware funktioniert außerdem ganz hervorragend auch ohne das Spiel; sie tut halt nichts, wenn keine von ihr zu verarbeitenden Daten vorhanden sind. Wenn ich einen Audioplayer starte, ohne auch eine Musikdatei oder einen Stream zu laden, ändert das ja nichts daran, dass der Audioplayer per Definition „funktioniert“, er tut halt einfach nichts, solange ich ihm keine von ihm verwertbaren Daten gebe.
„Funktioniert die Cheat-Software ohne das Spiel? Nein.“
Jain, denn egal, ob das Spiel installiert ist oder nicht, werden von der Cheat-Software Daten in den RAM geschrieben. Es kann ja eigentlich keine Urheberrechtsverletzung sein, wenn ich das Spiel nicht besitze und die Daten in meinen RAM schreibe, oder?
Soweit ich mich noch erinnere werden einfach die gleichen Blöcke (Name + Wert) im RAM abgelegt. Wenn niemand auf die Daten zugreift, machts ja nichts. Wenn das Spiel auf die vorher abgelegten Daten zugreift, ist eher das Spiel die Urheberrechtsverletzung.
Man müsste den genauen Vorgang der Cheat-Software kennen. Schreibt es die gleichen Blöcke in den RAM oder sucht sie nach Blöcken und ändert den Wert? Manche Cheats wurden vor dem Spielstart in den RAM geschrieben, manche nach dem Spielstart.
Vielleicht die Urteile nochmal genau lesen. Es geht in erster Linie darum, ob das erstmal grundsätzlich Urheberrechte verletzt, was IT-Experten definitiv verneinen können.
Das sagt aber noch nicht aus, dass AGB der Spiele mit Multiplayer ignoriert werden können.
Hilfsprogramme wie Unlocker somit als Urheberrechtsverletzung zu deklarieren, ist also nicht mehr rechtlich möglich. Denn damit zu argumentieren, wäre sehr weit hergeholt.
nach deiner Argumentation müsste jeder Grafikkartentreiber, der Einfluss auf das Bild nimmt ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Und ja Grafik, Treiber nehmen direkt Einfluss auf das Bild einfach mal das gleiche Spiel mit dem Video und AMD wiedergeben.
nach deiner Argumentation müsste jeder Grafikkartentreiber, der Einfluss auf das Bild nimmt ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Und ja Grafik, Treiber nehmen direkt Einfluss auf das Bild einfach mal das gleiche Spiel mit nvidia und AMD wiedergeben.
Und was wenn ich mit einen Editor kaufe und dann in den Spieldateien was ändere. Bin ich dann kriminell? Ist die Software kriminell?
Interessant finde ich den Gedanken, wenn es um digitale Mehrwerte ging, die nur entgeltlich freigeschaltet werden können. Oder sagen wir man könnte die Anzahl der kostenpflichtigen In-Game Währung im RAM auf „unendlich“ stellen, wäre das dann nicht illegal? Wäre ja ähnlich wie eine Cracker Software, die aus einem Kaufspiel die Key-Eingabe entfernt und es dadurch zur Freeware macht.
@Tom
Was du privat machst, war nicht Thema. Also nein, nicht illegal, weil du das halt nicht vertreibst.
Als Informatiker hingegen aus technischer Sicht gut nachvollziehbar: Im Arbeitsspeicher liegen per definitionem immer nur flüchtige Daten, daher kann eine Änderung dort kein Eingriff in das Urheberrecht darstellen, der Quellcode wird nicht angepasst.
Wieso „schlechte News für Gamer“? Meines Erachtens stärkt das die Selbstbestimmung der Gamer und ist ein gutes Urteil.
Mir ist sowieso nicht so ganz klar, wo das Problem mit dem Cheaten ist.
Das tut doch keinem weh. Das für mich wie Vorspulen beim Video schauen oder Überblättern beim Buch lesen…
Wenn Games z.B. stellenweise zu schwer sind oder wenn Bugs das weiterkommen verhindern, dann ist es gut, wenn man sich schnell behelfen kann ohne auf einen (vielleicht nie erscheinenden) Patch warten zu müssen, um trotzdem der Story weiter folgen zu können.
Etwas anderes ist das natürlich bei Multiplayer-Games oder Games, bei denen man irgendwelche Highscores vergleicht o.ä., aber um diese Games bzw. um diese Fälle geht es bei dem Urteil wohl nicht. Da ist dann ja auch nicht das Urheberrecht das Problem…
Schon interessant mit welchen weltbewegenden Themen sich Juristen und Gerichte so beschäftigen müssen. Mich erinnert das ganze an den Knallerbsenstrauch, evtl. hat Sony nicht alle Maschen im Zaun.
Anders als beim Knallerbsenstrauch geht es hier durchaus um Geld.