Open-Source-Software: Anwalt nimmt sich E-Auto-Hersteller vor

MG 4: Symbolfoto

Das dürfte eine extrem interessante Geschichte werden. Der IT-Anwalt Chan-jo Jun hat laut eigener Aussagen rechtliche Schritte gegen seinen Autohändler und den Importeur eingeleitet. In einem 18-seitigen Schreiben wird dargelegt, dass das Fahrzeug, ein chinesisches E-Auto „MG-4,“ als mangelbehaftet eingestuft wird, da die verbaute Software nicht den Lizenzbestimmungen entspricht.

Der Kern des Problems liegt laut dem Anwalt in der Verwendung von Open-Source-Software im Fahrzeug. Diese unterliegt spezifischen Lizenzbedingungen, die der Hersteller erfüllen muss. Dazu gehören Copyright-Hinweise, Lizenztexte und die Bereitstellung des Quellcodes. Zusätzlich muss die damit verbundene Software unter gleicher Lizenz stehen und Nutzern die Möglichkeit zur Modifikation einräumen. Diese Pflichtangaben waren beim MG4 weder auffindbar noch wurden sie auf Nachfrage zur Verfügung gestellt.

Das fehlende Nutzungsrecht an der Software stellt wohl einen Rechtsmangel dar und fällt unter die Gewährleistung. Der Käufer hat dem Autohaus eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Da die Behebung der Software-Mängel die Möglichkeiten eines Autohauses übersteigen dürfte, wurde parallel der Importeur einbezogen.

Vermutlich könnte es sein, dass die Software so konstruiert wurde, dass man sich dabei über die Einhaltung von FOSS-Lizenzen gar keine Gedanken gemacht hat. In dem Fall müsste das Fahrzeug laut Jun komplett aus dem Verkehr gezogen werden. Er habe auch schon mit dem Kraftfahrtbundesamt gesprochen und wird es über den Verlauf des Falles informiert halten.

Wie eingangs erwähnt: Könnte aus Softwaresicht spannend werden. Denn es gibt zahlreiche E-Auto-Hersteller, viele Fallstricke bei der Software – und um die grundsätzliche Frage, wie sich das auswirkt.

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27 Kommentare

  1. Extrem spannende Geschichte, die du da aufgetan hast. Erstaunlicherweise mir nicht bekannt obwohl ich in dem Bereich arbeite. allerdings auch keine Überraschung, Da die chinesischen Firmen in erster Linie die chinesischen rechtlichen Pflichten erfüllen. Gerade die ganzen Dokumentationspflichten für eine weltweite Einführung eines Fahrzeugs machen das Auto deutlich teurer, als wenn es nur in China Und Ländern mit geringerer Bürokratie auf den Markt kommt.

    • Also bei uns wird über Meilenstein Reviews einiges im Bereich OSS clearing gefordert. Dadurch dass der Mitarbeiter das im MS direkt live bestätigen muss, merkt man dass sie sich damit wirklich auseinander gesetzt haben. Ob da alles erwischt wird sei dahingestellt. Ehrlich gesagt sitze ich als PM formal im Review und könnte es nicht im Ansatz beurteilen

    • Da ich dem Bereich arbeite, kann ich dir sagen das auch deutsche Firmen nicht viel darauf geben. Der Aufwand ist riesig und die Gefahr erwischt zu werden sehr gering. Da ist es günstiger hin und wieder Strafe u zahlen als die ganze Zeit über alles zu erfassen und zu dokumentieren.
      Und nein, das Problem gibt es nicht nur bei EAutos. Auch Verbrenner sind davon betroffen.

    • Ich möchte nie wieder in Autos sitzen müssen, die nur die „geringere Bürokratie“ in China erfüllen. Was ich da erlebt habe… das war das Geld für den Job eigentlich nicht wert. Würde ich auch nie wieder machen und kann auch niemandem empfehlen, Jobs in China anzunehmen.

  2. Als ob es in China irgendjemanden jemals interessiert hat ob Lizenzbestimmungen eingehalten werden oder nicht. Copy&Paste ist dort doch gang und gebe. Es gibt zwar vereinzelt Fälle wo man solche Verstöße „geandet“ hat, aber das auch nur auf Druck von großen Konzernen und als PR das man sich um solche Dinge kümmert. Da Frage ich mich wirklich wie kann es dann sein, das so viele Plagiate auf den europäischen Martk kommen?

    • Nicht nur in China.
      Im „Westen“ ist es auch gang und gebe, GPL-Code zu nutzen, ohne sich an die Lizenzbedingungen zu halten.
      Es gibt zwar vereinzelt Fälle, wo man soche Verstöße „geandet“ hat, im Normalfall bleibt es nicht mal auggedeckt, und wenn schon, muss man lange vor Gericht verhandeln, vielleicht in mehreren Instanzen.

  3. Spannend.
    Er hat das Autohaus verklagt.

    Sind also Mediamarkt oder Amazon Inn der Pflicht, wenn sie irgendein chinesisches Gadget verkaufen, sei es ein Staubsaugerroboter oder eine Webcam, das Linux nutzt aber die GPL nicht einhält?

    • Schau in die verlinkte Quelle, da steht drin, warum und weshalb.

      • Jepp, habe ich gelesen.
        Der Unterschied zu einem Staubsaugerroboter, in dem GPL-Code lizenzwidrig verwendet wird, und der nach 2 Jahren aus der Ferne abgeschaltet werden kann, ist nur der Preis?

    • Stell dir doch mal vor, Du kaufst eine teure Jacke. Durch Zufall kommst Du drauf, dass das Ding komplett verseucht ist mit Giftstoffen. Du beschwerst dich im Laden, und man drückt dir einen Zettel in die Hand von einem fensterlosen Gebäude in Bangladesch: „Was geht’s uns an? Beschweren sie sich dort!“

      Wenn das SO wäre, würden 4 Wochen später ALLE Läden verseuchte Klamotten aus Bangladesch verkaufen.

      Will man nicht.

      Also: Ja, sie sind verantwortlich, und wenn wir lebend in die Rente kommen wollen, dann ist das auch unvermeidlich.

      • Dein Vergleich ist komplett am Thema vorbei.

        In deinem Jackenvergleich wäre das so, als würdest du feststellen, dass das Design von Knöpfen von einem anderen Hersteller geklaut wurde, und die Jacke eine versteckte ausziehbare Kaputze hat, diese kannst du aber nicht benutzen, weil der Hersteller keine Öffnung dafür gemacht hat.

        Und nun?
        Eine Urheberrechtsverletzung, gegen die der Urheber klagen muss, und eine fehlende Funktionalität, die dir nie versprochen wurde.

        • Da ist garnix am Thema vorbei. Das Produkt wurde importiert und verkauft und verstösst gegen geltendes Recht. Feddich.

          Und um das zu verhindern, muss man eine Produkthaftung nach Vorbild der Störerhaftung machen: Es darf weder das Problem des Kunden noch unserer Justiz sein, dass ein Unternehmen unzulässige Waren verkauft ohne dafür geradezustehen. Nur so lässt sich erzwingen, dass dann einfach Warenverkehr auf dem Papier über Nordkorea läuft und unsere Justiz nix machen kann.

          Das ist der Grund dafür, dass Schuhe und Kleidung meist aus Kinder- und Zwangsarbeit kommt: Es gibt keine Haftung, also machen die Unternehmen das, und die Wettbewerber müssen mitziehen oder gehen pleite.

          Was hinkt ist dein Vergleich mit der „versteckten Kapuze“. Da ist gar nix versteckt. Wenn ich in einen deutschen Laden gehe und ein Produkt kaufe, dann ist der Händler dafür verantwortlich, dass das Produkt 100% „sauber“ ist: Brandschutz, Grenzwerte, Emissionen und eben auch Lizenzen.

          Wäre das nicht so, würde jedes Unternehmen das ausnutzen und dann „sorry“ sagen.

          • Wenn jeder deutsche Laden im Voraus alle möglichen Lizenzverstöße prüfen wird, wird man dort gar keine Technik kaufen können.

            „Versteckt“ ist eben das Recht des Kunden auf den Quellcode.

            Aber ja, giftige Jacke aus Kinderarbeit, ganz genau.

            • > Wenn jeder deutsche Laden im Voraus alle möglichen Lizenzverstöße prüfen wird, wird man dort gar keine Technik kaufen können.

              Behauptung, die sich nicht mit der Realität deckt.

              > „Versteckt“ ist eben das Recht des Kunden auf den Quellcode.
              Es gibt keine „versteckten Rechte“. Wer Dinge in Verkehr bringt, ist verantwortlich, die In-Verkehrbringung rechtlich sauber zu gestalten, sonst ist er dran.

              > Aber ja, giftige Jacke aus Kinderarbeit, ganz genau.
              Ich finde in dem Satz keine Aussage?

    • Der Vertragspartner des Käufers ist der Verkäufer. Daher: ja, natürlich sind dann Mediamarkt oder Amazon in der Pflicht – wer denn sonst?

      • Nur gibt es bei MG keinen Verkäufer. Der Anwalt verklagt hier das Autohaus, die sind jedoch bei MG nur Vermittler. Der Kaufvertrag wird direkt zwischen Kunde und der deutschen MG-Niederlassung geschlossen.

        Ich verstehe daher hier nicht, warum das Autohaus verklagt wird – hat sich die Kanzlei hier etwas nicht informiert?

        • niemand würde bisher verklagt, man hat nur seine Gewährleistungsansprüche gelten gemacht und Nachbesserung verlangt.

          Und du weißt ob es ein Neuwagen war und nicht eine Tageszulassung oder ähnliches?

        • Vermutlich kennt die Kanzlei die konkreten Vertragsbeziehungen besser als du, die haben die tatsächlichen Verträge vorliegen, immerhin wurde das Fahrzeug sogar selbst für einen Mitarbeiter angeschafft (wie im Video auch erklärt wird).

          Im Video wird doch dann auch erklärt, warum man sich hier an den Vertragshändler (Verkäufer) wendet und sich auch bei diesem Entschuldigt, dass man ihm mit diesem Problem belästigt.

          Wie kommst du also darauf, dass dich die Kanzlei nicht informiert hat? Hast du mehr Informationen als alle anderen hier?

  4. Da kommen noch schwere Zeiten auf das Kraftfahrtbundesamt zu. Die beiden haben ja recht, wenn sie sagen, dass die Software überprüft werden muss, da sich das Fahrverhalten aufgrund mangelhafter Software ändern könnte. Spannend!

    • „dass die Software überprüft werden muss, da sich das Fahrverhalten aufgrund mangelhafter Software ändern könnte. Spannend!“

      Wo stand denn das? hab zugegebener maßen das Video nicht gesehen. Dachte hier geht es nur drum das die verwendete Software nicht den Lizenzbestimmungen entspricht.

      Davon dass das Auswirkungen auf das Fahrverhalten haben soll hab ich nix gelesen.

  5. Mira Bellenbaum says:

    Sehr interessant!
    Ich habe mir vor Jahren schon gewünscht, irgendjemand hätte BOSE mal verklagt!
    Die nutzten Linux auf ihren „Brotkasten“ und hatten alles, aber auch wirklich alles „zu“ gemacht!
    USB-Buchse war vorhanden, aber nur für Diagnosezwecken für den Service.
    Netzwerkbuchsen waren anfangs auch voll verdrahtet, aber in der Software kastriert,
    und weil sie den Sourcecode nicht rausrückten, gab es natürlich auch keine „Modder“!

    OK, etwas abgeschweift und BOSE ist ja mehr oder weniger weg vom Fenster,
    also uninteressant. Gibt ja keine Lifestyle-Systeme mehr.

  6. Anwalt Jun erklärte, was hier in dem Block fehlt, dass das Fahrzeug so auch nicht mal weiterverkauft werden dürfte, weil auch er als Anwalt eben nicht die Rechte an der Software zu Weiterverkauf hat.

    Also bleibt dieser Fall für die Zukunft, aller Hersteller interessant.

  7. Alain Wohlfarth says:

    Ich finde den Schlußsatz interessant. Das es nur die EAutos betrifft das bezweifle ich. Es heißt »verbaute Software« das kann das Entertainmentsystem ebenso betreffen.

  8. Lars Mulder says:

    FOSS-Prüfungen muss jeder der was mit Software verkauft im Vorfeld machen. Ist die Pest ist aber so. Da aber die Code Schreiber nicht alles Dokumentieren, was die so an FOSS in den Code reinbauen können die Abteilungen, die dafür verantwortlich sind, gar nicht genau sagen, was im Code so drinsteckt.
    Erst ein paar Testläufe zeigen dann, was alles Dokumentiert werden muss, hoffentlich.

  9. Sehr schön! Ich wünsche viel Erfolg! Marktteilnehmer, die sich nicht an die Regeln halten, müssen vom Markt entfernt werden, sonst gibt es Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der Konsumenten.

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