Neue Regeln in der Telemedizin: Doktor.de beendet App-Angebot, andere passen an

In Deutschland werden schrittweise mehrere, neue Regeln für Videosprechstunden in der Medizin eingeführt. Das konfrontiert bisherige Anbieter wie Doktor.de, die als Vermittler agiert haben, mit Herausforderungen. Das besagte Portal hat daher auch seinen App-Service beendet. Andere Unternehmen haben damit begonnen, ihre Dienstleistungen anzupassen.

In der App Doktor.de landen Bestandskunden inzwischen nur noch bei einer Meldung, die erklärt: „Aufgrund neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen ist unser Angebot leider vorübergehend nicht verfügbar“. Zuvor ist es möglich gewesen, über die App Videosprechstunden mit Allgemeinärzten zu buchen. Offenbar war das Angebot aber ohnehin in Deutschland mäßig erfolgreich, denn gegenüber dem Handelsblatt erklärten die Verantwortlichen, dass es nicht wirtschaftlich gewesen wäre, den Dienst weiterzuentwickeln.

Warum man dann nur vor einer vorübergehenden Einstellung des Dienstes spricht? Nun ja, es gibt neun Arztpraxen in Deutschland, vorwiegend in Berlin, die direkt zu Doktor.de gehören. Und für jene soll es ab Ende Juni 2025 wieder die Chance geben, Videosprechstunden über die App zu nutzen. Beschleunigt wurde das sonstige Ende des Angebots durch eine neue Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Neue Regeln für Videosprechstunden

So sieht die Vereinbarung unter anderem vor, dass ab dem 1. September 2025 noch vor dem eigentlichen Start einer Videosprechstunde Ersteinschätzungsverfahren stattgefunden haben muss. Obendrein ist vorgesehen, dass die Videosprechstunden vorrangig zwischen Ärzten und Patienten ablaufen sollen, die sich in räumlicher Nähe zueinander befinden. Im Klartext sollt ihr, wohnt ihr z. B. in Hamburg, eine Videosprechstunde auch nur mit einem Arzt aus Hamburg führen – nicht mit einem Mediziner aus München.

Konkurrenzplattformen von Doktor.de, die am Ball bleiben wollen, müssen nun daran arbeiten, die ominösen Ersteinschätzungsverfahren einzubinden. Dahinter verbirgt sich, dass ihr vor einer Videosprechstunde erst einmal einen Fragebogen ausfüllen sollt. Damit soll sichergestellt werden, dass Videosprechstunden nur dann stattfinden, wenn das auch für den medizinischen Fall geeignet ist. Andere Anbieter wie das bekannte Doctolib oder Arzt-Direkt prüfen derzeit, wie sie dies am besten einbinden können.

Eine weitere Neuerung: Patienten, die in der Videosprechstunde nicht abschließend behandelt werden können, müssen eine Anschlussversorgung erhalten. Das kann etwa durch eine Überweisung zum Facharzt erreicht werden. Allerdings spielt das keine so große Rolle, da die wenigsten Patienten, die an Videosprechstunden teilgenommen haben, eine Weiterbehandlung benötigen. Doctolib bietet solche Optionen zur Überweisung ohnehin bereits.

Die neuen Vorgaben werden dabei zum Beispiel vom Anbieter Teleclinic kritisch gesehen. Dieser bemängelt den höheren Verwaltungsaufwand. Zudem würden die Vorgaben es Patienten aus z. B. ländlichen Regionen erschweren, überhaupt an Videosprechstunden teilzunehmen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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10 Kommentare

  1. Puh kenne Doktor.de nicht, aber Videosprechstunden waren mir ehrlich gesagt ganz genehm seit Corona. Wenn du halt den üblichen Schnupfen oder sonst was alltägliches hast, ersparst du dir den Gang zum Arzt, der Arzt kennt dich im Idealfall schon, schreibt dir dein Rezept und gut ist. So musst du wieder für jeden Mist direkt dorthin, sitzt da stundenlang im Wartezimmer, holst dir noch andere Keime und am Ende sind die Fälle, die vor ort besprochen werden müssen, nicht mehr möglich, weil keine Zeit. Ales schwierig aktuell mit den Ärzten.

  2. Martin Fischer says:

    Ich vermute mal hier geht es um die gesetziche Krankenversicherung und ihre Versicherten? Und die neuen Regeln sind interne Regelungen zwischen GKV und GKV-Ärzten?

  3. Das ist genau mein Humor: Räumliche Nähe Für die Videosprechstunde. Soll die Politik doch ehrlich zugeben, dass die Telemedizin für sie unerwünscht ist, statt solche Haken zu schlagen

    • Naja, wenn der räumlich nächstgelegene Arzt, der eine Videosprechstunde anbietet, hunderte Kilometer entfernt ist, dann ist das halt so. „Räumliche Nähe“ ist relativ.

  4. In der Pressemitteilung vom Februar sind auch Gründe für diese Vereinbarung aufgeführt https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_1986112.jsp

    Ich denke, es geht aber auch um Gerechtigkeit bei der Versorgung und Sicherstellung der Grundversorgung. Wenn einzelne Praxen sich auf die leichten rein telemedizinisch zu versorgenden Fälle spezialisieren, bleibt die Mehrarbeit an den anderen hängen. Das ist so ähnlich, wie die Regulation bei den Praxisstandorten. Sonst wären ‚unlukrative‘ Gegenden noch schlechter versorgt.

    Der Fragebogen dient nicht nur zur Entscheidung, ob der Fall für eine Videosprechstunde geeignet ist. Es geht auch darum, dass Termine nach medizinischen Kriterien priorisiert werden sollen.

    Ich finde Videosprechstunden, insbesondere bei Bestandspatienten als Ergänzung zum Praxisbesuch sinnvoll, nicht aber als reinen Ersatz.

    Falls in der Videosprechstunde ergibt, dass doch eine weitere Behandlung in Präsenz stattfinden muss, ist eine räumliche Nähe von Vorteil.

  5. welchen vorteil haben videosprechstunden, wenn man trotzdem gezwungen ist, in der praxis, wegen dem vierteljährlichen einlesen der versichertenkarte, vorbeizuschauen? (gleiches für e-rezept).

    • Ja das ist schon blöd mit der Karte. Bei unserem Arzt wurde jetzt ein Display-Terminal hingestellt wo man sich für sowas wie Rezept schnell anmelden kann ohne an der Warteschlange zu stehen. Ist aber derzeit noch in der Nähe der Rezeption aufgestellt soll aber dann zugänglich sein ohne dort rein zu müssen.

  6. Habs Günther says:

    Fakt ist: Die Deutschen rennen im Vergleich zu anderen Ländern viel zu oft zum Arzt!
    Das muss in Zukunft eingedämmt werden..

    • Ist tatsächlich bizzar.
      Deutsche gehen laut amtlichen Daten 3x so oft zu Ärzten wie die Schweden und haben trotzdem eine geringere Lebenserwartung als die Schweden.

      2/3 weniger Arztbesuche und schon wären die ganzen Wartezeiten Geschichte.
      Und tatsächlich kenne ich Leute in meiner Verwandtschaft die das als Hobby betreiben, insbesondere Senioren, es kostet ja nichts und kann nicht schaden…

      • Das könnte daran liegen, dass man hier für jeden Scheiß zum Arzt muss.
        Krankschreibung? Persönlich zum Arzt.
        Neues Rezept für die Dauermedikation? Mindestens 1mal/Quartal persönlich zum Arzt.
        Die Folge ist eine erhöhte Exposition zu den ganzen Wartezimmer-Keimen und daraus resultierend häufiger Infektionen wegen derer man auch wieder… ganz genau… persönlich zum Arzt muss.

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