Der SUNLU E2 Filamenttrockner im Praxistest: Eher etwas für den Profi

Wer im 3D-Druck unterwegs ist, kennt das leidige Thema: Feuchtigkeit im Filament. Sie ist unabdingbar, führt aber zu unschönen Druckergebnissen, schlechter Layerhaftung und im schlimmsten Fall zu verstopften Düsen. Abhilfe versprechen Filamenttrockner, und ein etwas spezielleres Modell ist der SUNLU E2. Denn dieses Gerät soll nicht nur Filamente trocknen, sondern auch Bauteile tempern können und zielt damit auf technisch versierte Anwender, die ihre Druckergebnisse durch präzise Filamenttrocknung optimieren und zusätzlich mit Wärmebehandlungen experimentieren möchten.

Beim 3D-Druck bezeichnet „Tempern“ einen Wärmebehandlungsprozess, bei dem gedruckte Bauteile kontrolliert erhitzt und abgekühlt werden. Das Tempern ist besonders bei technischen Materialien wie PET-CF oder Nylon relevant. Dies dient zur:

  • Verbesserung der mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit und Wärmebeständigkeit
  • Reduzierung von inneren Spannungen im Material
  • Erhöhung der Stabilität des Bauteils

Man kann es also schon herauslesen, hier wird eher eine Anwendergruppe angesprochen, die nicht dem „normalen“ 3D-Drucker-Nutzer entspricht, sondern stattdessen solche eher für machinelle und allgemein industrielle Bereiche nutzt. Fraglich bleibt hier dann aber dennoch, ob man dann selbst als Profi bereit ist, einen Preis von aktuell knapp 385 Euro dafür auszugeben, wenn man sich stattdessen auch schon fast nach einem Wärmeschrank/Laborofen mit Konvektion umschauen kann? Meinen Eindruck vom Gerät möchte ich euch aber natürlich dennoch nicht vorenthalten.

Erster Eindruck

Schon beim Auspacken hinterlässt der SUNLU E2 einen sehr wertigen Eindruck. Das Gerät wird sicher verpackt geliefert. Der Lieferumfang ist übersichtlich und enthält neben dem FilaDryer E2 selbst ein Netzkabel, gleich vier PTFE-Schläuche für den flexiblen und direkten Filamenttransport zum Drucker und eine spezielle hitzebeständige Schale für die Wärmebehandlung (Annealing) von Bauteilen. Ein Handbuch rundet das Paket ab.

Das Design ist funktional und modern. Das Gehäuse besteht aus einem robusten, halbtransparenten Kunststoff, was nicht nur eine ansprechende Optik bietet, sondern auch eine praktische Kontrolle des Innenraums ermöglicht. Ein klar ablesbarer Touchscreen an der Vorderseite ermöglicht eine sehr gute Bedienung und zeigt alle relevanten Informationen wie die aktuelle und Ziel-Temperatur, die Luftfeuchtigkeit im Inneren, die Heizzeit sowie den gewählten Filamenttyp und Modus an. Der stabile Deckel schließt dank eines magnetischen Verschlusssystems richtig gut und dichtet mithilfe von Silikonstreifen auch noch sehr gut ab.

Die Handschuhe liefert SUNLU direkt mit, soll sich ja niemand an heißen Materialien verbrennen müssen

Die inneren Werte

Der SUNLU E2 ist dafür konzipiert, zwei 1-kg-Filamentrollen gleichzeitig aufzunehmen. Alternativ finden auch zwei 2-kg-Spulen oder eine einzelne, größere 3-kg-Spule Platz. Kompatibel ist der Trockner mit Spulenmaßen bis zu einem Durchmesser von 250 mm und einer Breite von 153 mm, was eine recht vielseitige Nutzung für unterschiedlichste Filamente und Spulengrößen gewährleistet. Im Innenraum sorgen Metallrollen für eine sichere Führung des Filaments. Vier Ports für die mitgelieferten PTFE-Schläuche stehen zur Verfügung, die eine flexible Führung des Filaments direkt zum Drucker ermöglichen.

Die eigentliche Stärke des E2 liegt jedoch in seiner Heizleistung. Ausgestattet mit einem leistungsstarken 500-Watt-Heizelement, heizt das Gerät erstaunlich schnell auf. Innerhalb von nur etwa 15 Minuten wird hier eine Temperatur von 50 °C erreicht, nach rund 27 Minuten sind es bereits 70 °C. Das Gerät schafft es auf eine Maximaltemperatur von bis zu 110 °C. Diese hohe Arbeitstemperatur ist gedacht für das effektive Trocknen und auch für das Tempern von hygroskopischen und technischen Filamenten wie Nylon (PA), Polycarbonat (PC), ASA oder auch glas- und kohlefaserverstärkten Varianten (z.B. PA6-CF oder PA12-CF). Der Stromverbrauch liegt während der Aufheizphase fast bei den genannten 500 Watt. Im Standby-Modus begnügt sich das Gerät mit einer minimalen Leistungsaufnahme von unter 1 Watt.

Bedienung und Funktionen

Die Bedienung über den Touchscreen gestaltet sich, wie bereits erwähnt, besonders easy. Das Menü ist logisch aufgebaut und die Reaktionszeiten des Displays sind gut. SUNLU hat dem E2 voreingestellte Filamentprofile für gängige Materialien wie PLA, PETG und Nylon spendiert. Mit nur einem Klick werden so die optimalen Trocknungsparameter für Temperatur und Zeit automatisch eingestellt. Für spezifische Anforderungen oder experimentierfreudige Anwender bietet der Touchscreen natürlich zusätzliche manuelle Anpassungsmöglichkeiten, sodass das Gerät flexibel auf individuelle Bedürfnisse und exotischere Materialien abgestimmt werden kann.

Neben dem reinen Trocknungsmodus (Modus 1) bietet der E2 auch einen Annealing-Modus (Modus 2). Beim Annealing werden die gedruckten Bauteile nochmals kontrolliert erhitzt, um innere Spannungen abzubauen und die mechanischen Eigenschaften, wie Festigkeit, Stoßfestigkeit und allgemeine Belastbarkeit, zu verbessern. Hierfür liegt die bereits erwähnte hitzebeständige Schale bei.

Trocknungseffizienz:

Die Hauptaufgabe, das Trocknen von Filament, erledigt der SUNLU E2 sehr zuverlässig. Durch die hohen möglichen Temperaturen wird Feuchtigkeit effektiv und vergleichsweise schnell aus dem Material getrieben. Das Ergebnis sind auf jeden Fall sichtbar bessere Druckergebnisse, gerade bei feuchtigkeitsempfindlichen Filamenten. Die Möglichkeit, das Filament direkt aus dem Trockner dem Drucker zuzuführen, ist auch hier wieder enorm nützlich – das habe ich auch schon bei den anderen Trocknern des Unternehmens begrüßt.

Annealing-Funktion:

Die Temperfunktion ist ein absolut hervorzuhebendes Zusatzfeature, das den E2 von vielen anderen Filamenttrocknern im Markt abhebt. Durch das gezielte Annealing lassen sich die Materialeigenschaften bereits gedruckter Teile deutlich verbessern. Dies führt zu einer erhöhten Stoßfestigkeit und Belastbarkeit der Modelle, was besonders ideal für Bauteile mit hohen mechanischen Anforderungen ist, wie beispielsweise Drohnenteile, Helme, Schrauben oder andere funktionale Komponenten. Die mitgelieferte Schale ist hierfür gedacht, auch wenn der Platz für das Annealing naturgemäß begrenzt ist. Für kleinere bis mittlere Bauteile ist diese Funktion aber durchaus praxisrelevant und ein echter Mehrwert.

In meinem Fall habe ich von SUNLU unter anderem eine Rolle PA6-CF (schwarz), also Carbon-verstärktes Nylon, mitgeliefert bekommen und damit ein paar Halterungen für meine Makita-Akkuschrauber in der Werkstatt gedruckt. Das ist mit Sicherheit bei Weitem etwas zu viel des Guten, was die Materialwahl angeht, aber auch ich gehöre nun einmal nicht unbedingt zum angepeilten Nutzerkreis. Hier habe ich dann auch mal das Annealing erstmals ausprobiert, wobei das in dem Fall nur noch „Goldstaub auf das eh schon viel zu hoch gegriffene Material pusten“ war. Der Fachmann wird hiermit aber definitiv mehr anfangen können.

Sicherheit geht vor

SUNLU legt beim FilaDryer E2 laut eigenen Werbeversprechen großen Wert auf Sicherheit im täglichen Gebrauch. Eine intelligente Schutzfunktion überwacht demnach kontinuierlich die Temperatur im Inneren. Sollte es zu einer Überhitzung kommen, unterbricht das System den Betrieb automatisch. Sobald das Gerät abgekühlt ist, setzt es den Vorgang selbstständig fort. Darüber hinaus sorgt eine doppelte Isolierung des Gehäuses dafür, dass die Außentemperatur auch bei einer internen Hitze von beispielsweise 100 °C sicher unter 60 °C bleibt. Dicht an der Wand stehen darf man das Gerät dann aber sinnvollerweise auch nicht haben.

Je nach Betriebsmodus und Lüfteraktivität kann das Gerät eine gewisse Geräuschkulisse entwickeln. Das wird in einer Werkstatt oder Halle wohl weniger stören als in den heimischen vier Wänden. Da ich viele kenne, die ihre Drucker aber beispielsweise mit im Büro stehen und arbeiten haben, könnte ein teilweise doch recht laut agierender Trockner dann schon zu viel des Guten sein. Die Position des Displays könnte zudem, je nach Aufstellort, für manche Nutzer nicht optimal ablesbar oder bedienbar sein. Aber das sollte man sich bereits vor dem Kauf überlegt haben.

Mein Fazit

Der SUNLU FilaDryer E2 vereint die Funktionen eines leistungsstarken Filamenttrockners und eines effektiven Annealing-Geräts in einer hochwerigen und durchdachten Lösung. Mit seiner hohen Arbeitstemperatur von bis zu 110 °C, der Unterstützung zahlreicher technischer Materialien und seiner wirklich intuitiven Bedienung kann man das Gerät dem geneigten Anwender mit dem entsprechenden Bedarf durchaus empfehlen – abgesehen von seinem Preis.  Wer primär mit Standardfilamenten wie PLA oder PETG druckt, für den wird ein deutlich günstigeres Modell ohne die erweiterten Temperatur- und Annealing-Fähigkeiten ausreichend sein.

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Nordlicht, Ehemann und Vater. Technik-verliebt und lebt fürs Bloggen. Außerdem: Mail: benjamin@caschys.blog / Mastodon

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Ein Kommentar

  1. TierParkToni says:

    Tempern bringt erstaunlich viel zusätzlich Festigkeit in FDM oder SLA-gedruckte Modelle/Bauteilen.
    Ich arbeite allerdings schon geraume Zeit mit aus der Dental-Technik bekannte Wasserdruck-Temperatur-Tempern, und das mit einem Dental-Temperatur-Drucktopf.
    Den kann ich mittels Kompressor und AUto-Ventil im Deckel ratzifatzi auf >10 bar Druck und je nach Temperatur der Heizplatte darunter auf 50-90°C bringen.
    Das Bauteil kann sich dabei entweder IM oder auf einem Draht-Rost ÜBER dem (mit destillierten Wasser befüllten) Wasserbad befinden.
    Dabei wird bspw. bei 60°C und 10 bar für 1h auch PETG-Modelle deutlich fester, und wenn man PETG auf 67-70°C für 3-10 Minuten (je nach Wandung und Füllungsdichte) erhöht, wird das Modell sogar nahezu 100% wasserdicht.

    PA6/12 oder PC wird ebenfalls deutlich robuster, aber da braucht es in der Tat mehrere Stunden bei >80°C – und 10bar Druck. Dann ist das aber von der Festigkeit von einem gesinterten Druck her nahezu identisch.

    Der Dental-Temperatur-Drucktopf (hat mich (aus einer Labor-Schließung) zusammen mit der Heizplatte ca. 100€ gekostet, der Kompressor steht eh in der Werkstatt, und entgegen der bisherigen Annahme macht das Wasser dem Endprodukt überhaupt nichts.

    War zunächst nur mal ein Gedanken-Ansatz für mich, denn ich dachte mir, diese Technik wird bspw. für Zahn-Prothesen oder Spangen bereits seit über 50 Jahren so angewendet, warum also nicht auch mal für 3D-Druck testen – und es funktioniert in der Tat sehr gut, bedarf aber auch ein wenig Fingerspitzengefühl und Erfahrung durch Erprobung, aber das braucht man ja auch für fast alle neue FDM-Materialien und Drucker (ich sag nur Filament-Kalibrierung 😉 ) …

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