Gebraucht statt neu: Betrug mit Seagate-Festplatten

Ziemlich krasse Geschichte, auf die mich gestern ein betroffener Leser hingewiesen hat. Es gibt wohl einen Betrug mit Seagate-Festplatten, über den Heise berichtet. In den vergangenen Wochen häuften sich Berichte von Käufern, die beim Erwerb von Seagate-Festplatten mutmaßlich gebrauchte statt neue Hardware erhielten. Mindestens 50 dokumentierte Fälle zeigen ein beunruhigendes Muster beim Verkauf von Festplatten der Exos-Serie.

Die betroffenen Festplatten wurden über Händler wie Amazon, JB Computer, Mindfactory und Reichelt vertrieben. Auch weitere Händler wie Alternate, Galaxus und Jacob waren involviert – darunter mehrere autorisierte Seagate-Partner. Die Problematik betrifft hauptsächlich Exos-Festplatten mit 16 Terabyte Speicherkapazität der Modellreihen ST16000NM000J und ST16000NM001G. Zusätzlich wurden Fälle bei 12-Terabyte-Modellen sowie vereinzelt bei Laufwerken mit 4, 10 und 18 Terabyte dokumentiert.

Bei der Überprüfung des Garantiestatus zeigte sich, dass es sich meist um OEM-Laufwerke handelt. Diese unterliegen lediglich der gesetzlichen Gewährleistung des Händlers, nicht aber der Herstellergarantie. Stichproben ergaben Garantie-Enddaten im kommenden Jahr, was bei einer fünfjährigen Garantielaufzeit auf ein Alter von mindestens drei Jahren hindeutet.

Die Standard-SMART-Werte der Festplatten zeigen nur wenige Betriebsstunden an. Eine tiefergehende Analyse der FARM-Werte offenbart jedoch die tatsächliche Nutzungsdauer: Die meisten Laufwerke weisen zwischen 15.000 und 36.000 Betriebsstunden auf. Bei zwei 4-Terabyte-Modellen wurden sogar etwa 50.000 Stunden festgestellt.

Die Herkunft der gebrauchten Festplatten bleibt unklar. Seagate kann aus Datenschutzgründen keine Angaben zur Lieferkette machen. Nicht einmal das ursprüngliche Verkaufsland lässt sich ermitteln. Betroffene Kunden sollten die Kaufverträge unter Verweis auf die FARM-Protokolle und den Garantiestatus rückabwickeln. Mehrere Händler haben bereits Rücknahmen zugesagt, so Heise.

Die FARM-Werte lassen sich mit den Smartmontools ab Version 7.4 oder mit Seagates Seatools-Software überprüfen. Der relevante Wert findet sich unter der Bezeichnung „Power on Hours“. Die FARM-Werte einer Seagate-Festplatte lassen sich über die Smartmontools mit dem Befehl smartctl -l farm /dev/sd[X] ermitteln. Syno-Nutzer können das Ganze wohl auch auslesen.

Da könnt ihr ja evtl. mal selbst schauen. Wichtig zur Unterscheidung: Offiziell von Seagate überholte Festplatten tragen einen Aufkleber mit grünem Rand nebst entsprechendem Hinweis. Bei diesen Modellen wurden die SMART- und FARM-Werte zurückgesetzt. Andere (Marketplace)-Verkäufer nennen gern ganz unten in den Verlaufstexten ganz klein das „Refurbished“ oder „Wiederaufbereitet“.

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22 Kommentare

  1. Interessant zu wissen bei Refurbished-Platten von Seagate ist auch noch, dass auf der schwarzen Seite des Rahmens die Seriennumer eingelasert ist im Format „Recertified Seriennummer“. Aufkleber kann man leicht fälschen. Beim Eingravieren/Lasern vergeht den meisten Fälschern aufgrund der extra Kosten/Aufwand schon die Lust.

    Quelle: ich hab hier welche vor mir liegen

    • Ike Broflovski says:

      Wenn ich das richtig verstanden habe, sind die FARM-Werte bei den „Recertified“-HDDs von Seagate auch zurückgesetzt. Kannst du das einmal überprüfen, sofern du die Möglichkeit und Zeit hast?

      • ja das kann ich bestätigen. Alles auf 0 zurückgesetzt. Ich habs mit smartmontools wie auf computerbase oder hier beschrieben unter Linux ausgelesen. Auch in der Synology dasselbe Ergebnis.

        btw ich habe Iron Wolf Pro 20TB recertified von Mindfactory bestellt. Die scheinen zumindest soweit alle sauber zu sein.

        • Ike Broflovski says:

          Danke, dann sieht das wohl danach aus, dass bei einem Zulieferer Mist gebaut wurde.

          Seagate hat ja die Möglichkeiten alle Counter zurückzusetzen und die Gravur macht das auch kenntlich.

          Ich hatte bis jetzt auch noch keine Probleme mit Mindfactory in ca. 25 Jahren. Ich denke, die Spur wird sich zurückverfolgen lassen. Das ist im Interesse von Seagate und sie wissen bestimmt, wo die jetzigen auffälligen HDDs eingesetzt wurden und wo die HDDs danach gelandet sind. Ich wette, dass sie schon daran arbeiten und dass es bald entsprechende Durchsuchungen geben wird.

  2. Ike Broflovski says:

    Ich bin eher gespannt, ob die anderen Hersteller (Toshiba & WD) von Server HDDs auch irgendwie betroffen sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Beschuss nur bei Seagate angewendet wird. Aufgrund mehrerer HDDs mit gleichen Laufzeiten stammen diese HDDs wohl aus großen Systemen oder Rechenzentren. Dort werden auch andere Hersteller eingesetzt, meistens je nachdem, was aktuell am preiswertesten ist.

    Das Problem wurde auch schon seit Ende des letzten Jahres bekannt und beobachtet. Zu diesem Zeitpunkt gab es sehr viele Seagate Angebote, die sehr günstig abverkauft wurden.

    • Jens mander says:

      Dafür musst du 1. Festplatten anderer Hersteller haben und 2. Zugriff zu deren Lieferketten
      Dass das überhaupt passiert finde ich schon seltsam, aber die Verallgemeinerung, dass das dann vermutlich auch bei anderen Herstellern vorkommt, halte ich für sehr gewagt.

      • Ike Broflovski says:

        Das ist keine Verallgemeinerung. Die meisten User sind immer von den SMART-Werten ausgegangen. Die stimmten ja und die HDDs wurden erst einmal als neu angesehen. Erst, nachdem tiefer gesucht wurde, ist man auf die Ungereimtheiten gekommen. Warum soll das bei anderen Herstellern nicht auch möglich sein?

        Es wird immer empfohlen, unterschiedliche Hersteller und Chargen zu mischen, um einen Ausfall zu minimieren. Da diese HDDs aus einem Rechenzentrum oder großen Verbund stammen müssen, besteht ja die Möglichkeit, dass auch andere HDDs von anderen Herstellern prophylaktisch ausgetauscht wurden. Eventuell gibt es auch ein Fehler/Bug bei Seagate, wenn sich die SMART-Werte so leicht zurücksetzen lassen, im Gegensatz zu den FARM-Werten.

        • Jens mander says:

          Also worauf genau basiert jetzt deine sehr gewagte Behauptung?
          Es sind zwar schon ne Menge Seagate-Platten aufgefallen und es ist von KEINER EINZIGEN, eines anderen Herstellers die Rede.
          Weil nur die Käufer von Seagate-Platten genauer hingeschaut haben?
          Und dem Gedankengang „Wer in die Lieferkette von Seagate einsteigen kann, der kann das genauso gut bei anderen Herstellern auch“ fehlt einfach komplett jede Plausibilität.

          • die anderen hersteller haben keine FARM.

          • Ike Broflovski says:

            Beschreibe doch erst einmal, was eine Menge ist? Die Paar HDDs (50+x bis jetzt) von Heise, Synology Forum oder Computerbase? Gemessen an was? Die Stückzahlen, die täglich, monatlich oder jährlich verkauft werden? Selbst ein paar hundert oder tausend Stück ist gemessen an den jährlichen Verkaufszahlen keine Größenordnung. Das heiß aber nicht, dass es in Ordnung ist! Ich gehe noch nicht einmal mit, ob der Käufer bei dem Preis nicht stutzig werden konnte, wenn es sich um Neuware handelt. In anderen Bereichen gibt es sogar eine gewisse Mithaftung, weil der Käufer das Erkennen hätte müssen.

            Da die Platten eine bestimmte, höhere Laufzeit haben und innerhalb der Garantie getauscht werden, lässt sich einfach darauf schließen, dass es sich hierbei um einen kommerziellen Kunden handelt. Dass dort nicht auch andere Hersteller eingesetzt werden und im gleichen Wartungszyklus getauscht werden, halte ich für ein Gerücht. Warum soll es also nicht theoretisch auch andere Hersteller betreffen? Problematisch ist eher, dass es die passenden Tools für Toshiba und WD meiner Meinung nach nicht gibt. Oder willst du hier einfach nur Seagate trollen?

  3. Das ist ja interessant!
    Tolles Timing für den Artikel, vielen Dank dafür.

    Aktuell will ich mir ein neues NAS zusammenbauen, und gerade spare ich auf HDDs dafür.
    Exakt die Exos mit 16TB hatte ich dafür im Auge.
    Zufälle gibt’s. oO

    • Ike Broflovski says:

      Ich sehe da jetzt kein Problem. Ich entscheide immer nach dem Preis. Das letzte Mal hat Toshiba das Rennen gemacht gegenüber Seagate Exos. WD sind mir zu teuer und ich habe mehrfach schlechte Erfahrung damit gemacht. Jedoch nutze ich keine Super-Angebote, sondern kaufe, wenn sie in einem Preisrahmen günstig sind.

      In meinen anderen NAS (auch Synology) laufen die Seagate (Iron Wolf NAS) HDDs seit 12 Jahren im 24/7-Betrieb ohne Standby. Die WD RED NAS, die davor kurz drin waren, haben keine 5 Tage gehalten, bis fast gleichzeitig 3 von 5 ausgestiegen sind. Ein zwielichtiger Zulieferer macht ja nicht die Hardware schlechter! Du hast jetzt einfach eine Prüfmethode mehr, sofern du eine Seagate HDD einsetzen willst.

    • Geht mir auch so, will mir 12-16TB Platten kaufen und die sollen natürlich neu sein 😀
      Also genau prüfen, ob man hier neue Platten bekommt.

  4. Jens mander says:

    „Seagate kann aus Datenschutzgründen keine Angaben zur Lieferkette machen. Nicht einmal das ursprüngliche Verkaufsland lässt sich ermitteln“
    Das finde ich schon reichlich bizarr.

    • Ich denke das ist nur unglücklich formuliert. Die wissen sicherlich wo ihre Festplatten verkauft werden, wollen/können das aber nicht öffentlich machen.

    • Ike Broflovski says:

      Datenschutz heißt ja nicht, dass Seagate, das nicht weiß oder nicht bereits tätig ist. Sie können dir ja schlecht die Daten des originalen Käufers aushändigen. Auch die Händler, die jetzt mit dem Aufwand und den Kosten betroffen sind, werden den Druck erhöhen und nicht dafür aufkommen wollen.

      Ich finde auch deine Aussage reichlich bizarr. Warte doch einfach einmal ab. Da es sich um eine Täuschung handelt, können die HDDs ja getauscht werden, was die Händler ja auch anbieten mit entsprechenden Beweis.

  5. Vier angeblich neue 16TB Exos im Schrank gehabt: Gestern ausgepackt. Bei allen:

    – SMART: 0h
    – FARM: ~21.000h

    Laut Label angeblich Anfang 2024 produziert -> faktisch nicht möglich bei der bereits erfolgten Laufzeit.
    Also ganz gezielte Täuschung irgendwo in der Lieferkette..

  6. Ich hatte im Oktober ebenfalls solch eine Festplatte auf dem Tisch -> SEAGATE Pipeline 5900 2TB HDD von Amazon

    Die Platte kam nur in einem großen Umschlag, keine Polsterung oder sonstige Schutzverpackung. Die SMART-Parameter waren alle zurückgesetzt. Nachdem beim Badsector-Scan aber nach wenigen Minuten schon eine ewig lange Liste rauskam, direkt reklamiert. -> Unter der Platine war massig Staub zu erkennen und es gab auf dem Aufkleber ein DOM (Date Of Manufacture) von !!!2016!!!

    Rücksendung sollte ich dann an Amazon-Warehouse UK auf eigene Kosten senden – nach meinem Protest waren sie dann aber wie üblich sehr entgegenkommend. Meine Meldung für Betrugsprodukt auf dem Artikel wollte dann aber doch niemand hören.

  7. Ich habe vor ein paar Tagen bei Cyberport eine Exos X18 16TB Platte bestellt – gestern geliefert worden, dann gleich mal den Garantie-Status geprüft: OEM-Ware… Das Produktionsdatum liegt lt. Aufkleber in 2021
    Werde die Platte heute mal anstecken und die SMART-Paramter abfragen.
    Was ich etwas bitter an der ganzen Geschichte finde: Eigentlich wollte ich direkt bei Seagate bestellen, um genau solche Probleme/Betrugsversuche (oder wie auch immer man es nennen will) zu umgehen.
    Bei Seagate kann man aber nicht bestellen, es wird nur auf die Vertriebspartner verwiesen: Das sind Amazon, Cyberport, Alternate und Reichelt. Ich habe mich dann aus preislichen Gründen für Cyberport entschieden. Vermutlich werde ich die Platte jetzt zurückschicken und dann auf Western Digital ausweichen – dort kann ich direkt bestellen.
    Mal schauen was der Seagate-Vertrieb dazu sagt. Mein Vertrauen in Seagate ist jedenfalls deutlich gesunken!

    • Ike Broflovski says:

      Du musst aber dir Farm-Werte auslesen!
      Alternativ Toshiba. Das ist der Hersteller von den Synology HDDs (mit geänderter Firmware). Ich selbst habe letztes Jahr zugeschlagen (18 TB MG09ACA18TE 279 € Mindstar), weil mir die Exos zu teuer waren (siehe oben). Bestellt habe ich bei Mindfactory. Die Seriennummern sind sogar auf der Rechnung aufgeführt.

    • Wie zu erwarten war:
      Power on Hours: 21211
      Power Cycle Count: 13

      FARM Log Page 2: Workload Statistics
      Total Number of Read Commands: 652424505
      Total Number of Write Commands: 95176958
      Total Number of Random Read Commands: 28429751
      Total Number of Random Write Commands: 81982876
      Total Number Of Other Commands: 2001073
      Logical Sectors Written: 89128197168
      Logical Sectors Read: 185943520236
      Das Teil geht zurück und ich werde mal schauen, was der Kundenservice von Cyberport und Seagate dazu zu sagen haben.

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