Amazon soll über Algorithmen die Preise künstlich hochgetrieben haben

In den USA haben die Kartellwächter der Federal Trade Commission (FTC) eine Klage gegen Amazon eingereicht. Aktuell tauchen deswegen auch schon einige Dokumente auf, die sich ganz spannend lesen. So soll der Online-Riese über das interne „Project Nessie“ die Verkaufspreise künstlich nach oben getrieben haben, wie The Wall Street Journal berichtet.

So hat der Online-Riese offenbar über Algorithmen seine Margen gesteigert, indem man überprüfte, wie stark man Produktpreise anheben konnte, während Konkurrenzanbieter jeweils auch ihre Preise an die von Amazon anglichen. Auf diese Weise ist es dann möglich gewesen, nicht nur die eigenen Preise, sondern auch die von Rivalen nach oben zu schieben. Hier machte sich Amazon wohl seine Marktmacht im Bereich E-Commerce zunutze, da sich viele Konkurrenten mittlerweile an Amazon und seiner Preisgestaltung orientieren.

Das Ganze soll intern unter dem Codenamen „Project Nessie“ gelaufen sein. Reagierte die Konkurrenz im Übrigen nicht und die Preise kletterten nur bei Amazon allein, senkte man sie rasch wieder ab. Mittlerweile sollen die entsprechenden Algorithmen aber nicht mehr verwendet werden. Umgekehrt nutzte Amazon Nessie aber auch, um seine Preise zu senken, wurde man von großen Konkurrenten unterboten.

Hier zeigten sich aber wohl auch Fallstricke: Passte Amazon seine Preise an die Angebote eines Rivalen an, zogen wiederum danach oft auch andere Händler wegen Amazons Preissenkung nach. Korrigierte der ursprüngliche Händler, der den Rabatt ins Leben gerufen hatte, seinen Preis wieder nach oben, verblieben Amazon und die Nachzieher oft beim günstigeren Angebot, weil sie sich in einer Art Kreislauf befanden.

Die FTC wirft Amazon vor, mit Project Nessie den Wettbewerb verzerrt zu haben. Amazon wiederum spricht von einem Missverständnis: Nessie habe nur dazu gedient, unsinnige Preisanpassungen zu vermeiden, um Niedrigpreise zu verhindern, die keinerlei Marge mehr zulassen. Am Ende habe das Ganze aber nicht so funktioniert wie geplant, sodass man Nessie wieder eingestellt habe.

Update (09.10.2023):

Mittlerweile hat uns Amazon eine englischsprachige Stellungnahme übermittelt:

The FTC’s allegations grossly mischaracterize this tool. Project Nessie was a project with a simple purpose—to try to stop our price matching from resulting in unusual outcomes where prices became so low that they were unsustainable. The project ran for a few years on a subset of products, but didn’t work as intended, so we scrapped it several years ago

Im Wesentlichen betont man also weiterhin, es sei nur darum gegangen, bestimmte Niedrigpreise zu verhindern.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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23 Kommentare

  1. >>Hier machte sich Amazon wohl seine Marktmacht im Bereich E-Commerce zunutze, da sich viele Konkurrenten mittlerweile an Amazon und seiner Preisgestaltung orientieren.

    Was kann denn Amazon dafür, dass die Konkurrenten sich bei der Preisgestaltung an Amazon orientieren? Es kann sich durchaus lohnen, die Preise der Mitbewerber und die von Amazon aufgerufenen Preise zu vergleichen. Wer denkt, Amazon wäre immer der günstigste Verkäufer, begeht im Einzelfall einen kostspieligen Irrtum.
    Der größte Unterschied zu den Konkurrenten dürfte die schnellere Preisanpassung von Amazon sein. Da können Konkurrenten evtl. nur schwer mithalten. Aber auch das kann nicht das Problem von Amazon sein.

    • Man kann als Verbraucher dem „Amazon“ sehr gut entgegen wirken,
      durch lokale Märkte die Preise vergleicht. 😉
      Aber dazu sind viele Verbraucher einfach auch zu faul geworden. 😉
      Da sind viele User im Browser schon fest mit dem Amazon Account Eingeloggt und klicken dann auf bestellen.
      Bequem und Faul – das ist sie eben die Welt von heute Das hat halt seinen Preis. .
      Wer sich aber die Zeit nimmt und mal bei lokalen Fachhändler per Telefon anfragt, bekommt dann Preise weit unterhalb von Amazon liegen.
      Nun selbst schuld. Es gibt auch ein Leben ohne Amazon!!! Und ich spare dabei viel Geld. 🙂

      • Wenn es mal so wäre. Habe für meine Frau das Motorola Edge 30 Neo gesucht und war bei einem größeren lokalen Elektromarkt. Der Verkäufer hatte so anscheinend gar keine Lust sich mit uns Kunden zu befassen und war nur schwerlich zu überreden, mal ans Lager zu gehen und zu schauen ob er noch, außer dem Ausstellungsstück, ein neues hat. Er war dann aber wohl gut drauf, ging nach hinten um 2 Minuten später zu verkünden, er hätte keins mehr und wir könnten den Aussteller zum Normalpreis nehmen. Er hat nicht mal angeboten, das Ding zu besorgen. Habe dann bei Amazon bestellt und zum Preis der 128-GB Version des Einzelhandels die 256 GB-Version bei Amazon bekommen. Um dann 2 Tage später zu sehen, dass der besuchte Elektrohändler das selbe Phone mit 256 GB im Prospekt im Angebot hatte.

        Also: Wozu seine Zeit im staionären Einzelhandel verschwenden, wenn die Verkäufer es einen wissen lassen, dass ich als Kunde ihn nerve? Ich würde den stationären Einzelhandel gerne unterstützen und damit helfen, ihn am Leben zu halten, dann muss der stationäre Einzelhandel da aber auch Interesse dran haben.

        • Genau das ist das Problem. Die Verkäufer bei größeren lokalen Händlern wissen meist selbst nichts von Angeboten und sind zu faul irgendwelche Lagerbestände abzufragen. Deren Motto heißt doch, „Vorsicht! Kunde will was kaufen. Arbeit naht. Nix wie weg!“. Die kleinen lokalen Einzelhändler wurden von den größeren lokalen Handelskettenfilialen gefressen. Weil sie bei deren Preisgestaltung aus unterschiedlichsten Gründen (hohe Ladenmiete, Personalkosten, usw.) nicht mithalten konnten. Als Nächstes frisst Amazon eben diese Handelsketten und die sind daran nicht unschuldig.
          Im Bereich der Unterhaltungselektronik kommt noch hinzu, dass die Hersteller früher Geräte speziell für kleine Einzelhändler hergestellt haben. Diese konnten dann zu einem für Kunden und Händler erträglichen Preis angeboten werden. Die Standardisierung in der Produktion hat dem ein Ende gesetzt. Heute können auch hochwertige Geräte in großen Stückzahlen gefertigt werden und Amazon kann sie dann im „Blitzangebot“ raushauen.
          Kaum ein Kunde will heute seine Zeit in immer unattraktiver, von Leerständen und Parkplatzmangel geprägten, Innenstädten verbringen, um am Ende doch seine Bestellung vom heimischen Sofa aus bei Amazon zum „Bestpreis“ zu tätigen. Er muss sich auch nicht drum kümmern, wie das gekaufte Produkt ins eigene Heim gelangt. Bei Problemen ist der Kundenservice von Amazon schnell zur Stelle und tut fast alles für die Kundenzufriedenheit.
          Amazons Marktmacht kommt nicht von ungefähr. Da steckt harte Arbeit dahinter.

  2. Jaja, war nur ein Fehler*, Pfadfinderehrenwort.

    (*) das wir erwischt wurden

  3. Letztens in der HEM Tankstelle kommt der Sohn vom Tankstellenpächter rein und sagt: „JET ist gerade runter. Sollten wir auch machen“ (gemeint war die JET Tankstelle die Straße weiter runter).
    Ist das nicht das Gleiche wie Amazon oder deren Konkurrenten machen?
    Weiter gefragt- Passieren solche Preisanpassungen nicht auch bei den Verkaufsständen auf jeden Wochenmarkt?

    Oft steht bei MyDealz ein Amazon Angebot und wenig später heißt es dann MediaMarkt oder ein anderer ist jetzt mitgezogen. Solche Preisanpassungen erfolgen doch nicht mehr manuell bei hunderttausenden Artikeln!

    • Ich denke, es wird nicht lange dauern, bis auch die deutschen Verbraucherschützer davor warnen, etwas zum günstigeren Preis zu kaufen und versuchen werden, dieser „Marktverzerrung“ ein Ende zu bereiten. Auch die EU-Kommission wird sich dem Thema annehmen müssen, wenn der Druck steigt.

    • André Westphal says:

      Knackpunkt dürfte hier halt sein, dass Amazon gezielt Preise beliebig nach oben geschraubt hat, um zu sehen, wie stark man dadurch auch die Konkurrenz und damit das Preisniveau generell nach oben rücken kann. Das geht eben auch nur, weil Amazon im Bereich E-Commerce so einflussreich ist.

      Ob das nun Wettbewerbsrecht in den USA verletzt, kann ich nicht beurteilen – das müssen die Richter.

      • Ich verstehe nicht was daran nun schlimm sein soll, außer natürlich dass wir Verbraucher Zuviel zahlen, dafür gibt’s aber Tools wie Camelcamelcamel oder keepa. Was Amazon da getan hat ist einfach die Marge durch Preiserhöhung anzupassen und die Konkurrenz ist auch noch mitgegangen obwohl sie einen Vorteil hätten wenn sie auf dem niedrigeren Preis geblieben werden. Bekloppte Begründung.

        Aber andersrum wird ein Schuh draus. Wenn Amazon aufgrund seiner Größe Preise so drücken kann, dass die Konkurrenz nicht mitmachen kann ohne Verluste einzufahren, dass wäre für mich ein richtiger Grund denen auf die Finger zu hauen.

        • Nein, es geht darum, dass Amazon die Preise hochtreibt, unter dem Wissen, dass die kleinere Konkurrenz nachzieht, und die Leute dann aber dennoch bei Amazon kaufen, weil die Marktmacht (Appnutzung) eben da ist.
          Ist ein durchaus bekanntes Schema wenn im Markt ein großer Anbieter herrscht, der durch seine Marktmacht eben von den Kunden eben wegen der Marktmacht genommen wird, da die Konkurrenz teilweise kaum noch wahrgenommen wird.

          • Naja, es ist doch unumwunden, dass eine der Erfolgsideen von Amazon das Ausschalten der Konkurrenz ist. Wenn am Ende die Kunden auch noch zufriedener sind, als bei anderen Händlern, sehe ich darin kein Problem.

            • Du magst da kein Problem drin sehen, das sei dir unbenommen. Der Gesetzgeber sieht darin aber ein Problem, weil er eine Marktvielfalt will, damit die Kunden die Wahl haben.

    • Das Beispiel mit der Tankstelle hinkt aber gewaltig, denn der Sohn meldet eine Tankstelle.
      Amazon hat aber unzählige Tankstellen in seinem Marketplace und kann diese im Sekundentakt rund um die Uhr beibachten. Da bräuchte der Tanjstellenpächter aber ganz viele Söhne, Zudem hat die einzelne Tankstelle keine globalen Auswirkungeb,
      Klar, Wettbewerbsbeobachtung gabs schon immer, aber die war immer sehr aufwändig und nur begrenzt möglich. Amazon kann in Sekundenbruchteilen einen riesigen globalen Markt bewerten und darauf dynamisch reagieren. Das ist eine ganz andere Hausnummer.

      • Wenn die Konkurrenten an einer ähnlich gearteten Marktbeobachtung gehindert worden wären, dann könnte ich das Einschreiten verstehen.

    • Ja, beim Benzin läuft gerade auch einiges schief in DE!!! 🙁
      Die Deutschen Regeln zur Preisanpassung ist einfach schlecht!
      Im Nachbarland OE läuft das Thema einfach besser. Dort sind zur gleichen Zeit bis zu 30 Cent pro Liter günstiger.

  4. Gab es nicht vor kurzem eine Gesetzesänderung, dass Tankstellen ihre Preise „nur noch“ zweimal täglich ändern dürfen?

    Aber zum Thema Preise: „Früher“ wurde vom Hersteller/Anbieter ein Preis festgelegt, und der war dann halt so und wurde nicht minütlich geändert. Apple verfährt noch heute so, i. d. R. ändern die die Preise nur wenn ein Nachfolger auf den Markt kommt.
    Finde ich persönlich besser als dieses Gefühl wie auf einem Basar, wo man sich hinterher gelegentlich ärgert zuviel bezahlt zu haben.

    • Die Hersteller machen eine unverbindliche Preisempfehlung (UVP). Das dürfte auch bei Apple so sein? Ob sich die Verkäufer bei ihrer Preisgestaltung an der UVP des Herstellers orientieren, bleibt ihnen überlassen.
      Man kann nicht auf der einen Seite den freien Markt fordern und auf der anderen Seite eine Art Preisbindung wollen. Selbstverständlich sollten Maßnahmen, die den Anschein eines unlauteren Wettbewerbs verfolgen, bekämpft werden. Ob das im genannten Fall so ist, werden Gerichte entscheiden.

      • Das kommt auf die Verträge an. Es gibt sehr wohl Verträge, die dem Händler vorschreiben: a) wie der Maximalpreis ist, b) wie viel wann reduziert werden darf etc.

        • Nach dem Kartellrecht ist eine vertikale Preisbindung bei Markenartikeln unzulässig. Ausnahmen sind bestimmte Agrarprodukte, die Buchpreisbindung und bestimmte Tabakwaren.

          @Wolfgang
          Hast du Quellen, aus denen hervorgeht, welche Hersteller, Händler solche Verträge umsetzen?

          • Die Vereinbarung von Höchstpreisen (Maximalpreisen) ist gängig und möglich. Das ist keine (vertikale) Preisbindung, da kein Festpreis vereinbart wird. Der Händler wird nur verpflichtet, das Produkt XYZ nicht über ABC Euro zu verkaufen. Was er unter der Schwelle macht, ist sein Ding.

            • Die Vorgabe eines Maximalpreis hat ja keine schwächende Wirkung auf den Markt. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein. Wenn Händler A nur zum Maximalpreis anbietet und Händler B diesen Maximalpreis nach seinem billigen Ermessen nach unten anpassen darf, dann dürfte klar sein, wie sich die Kunden entscheiden und welchem Händler sie den Vorzug geben.

              Mit dem ursprünglichen Thema hat das aber nur noch bedingt etwas zu tun. Amazon mag zwar Instrumente anwenden, um auf die Preisgestaltung seiner Konkurrenten einzuwirken. Letztendlich sind es aber doch die Konkurrenten, die darauf reagieren und dann mit der Preisanpassung nach unten nicht schnell genug hinterherkommen. Als Kunde kann man ja auch melden, wenn ein Produkt außerhalb von Amazon zu einem günstigeren Preis angeboten wird.

  5. Naja, es kann ja niemand von Amazon erwarten, daß es seine Millionen Produkte von Hand auf die Preise prüfen lässt.

    Und Amazon ist nicht Caritas, natürlich wollen die ihren Gewinn maximieren.

    • >>Amazon ist nicht Caritas, natürlich wollen die ihren Gewinn maximieren.

      Caritas arbeitet wie Amazon nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen.

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