„Mato Anomalies“ angespielt
„Mato Anomalies“ ist ein Rollenspiel des chinesischen Entwicklerstudios Arrowiz, die ganz offensichtlich große Fans von Atlus Flaggschiff-JRPGs der Reihe „Persona“ sind. So bedient man sich sowohl ein wenig bei der Inszenierung, der Komplexität der Story als auch beim Gameplay. Allerdings wäre hier am Ende weniger mehr gewesen, wie ich euch in meinem Kurztest verrate.
So sehe ich ungern ein Studio (vorerst) scheitern, das sich ein derart tolles Vorbild hernimmt wie „Persona“. Zumal Arrowiz sich durchaus an eigenen Auflockerungen versucht. Etwa reichert man das Gameplay, das Visual Novel, rundenbasierte Kämpfe und ein wenig Erkundung mischt, auch noch mit Card-Battle-Elementen an. Das klingt nach einer Menge Holz und genau das wird Arrowiz bzw. „Mato Anomalies“ dann auch zum Verhängnis. So bricht das Grundgerüst unter all dem Ballast zusammen.
Das beginnt bereits mit der Geschichte: Zum Start fühlt man sich eher, als hätte man versehentlich den Spielstand eines Freundes geöffnet. Statt Charaktere und Spielwelt einzuführen, knallt einem „Mato Anomalies“ sofort allerlei Jargon um die Ohren, während sich Hauptcharakter Doe mit anderen Charakteren unterhält, die ihm zwar ganz offensichtlich bekannt sind, für den Spieler aber nicht brauchbar eingeführt werden.
So fühlte ich mich in der neo-futuristischen Stadt Mato, offensichtlich der Heimatstadt der Entwickler, Shanghai, nachempfunden, recht abrupt gestrandet, statt hineingezogen. Ausprobiert habe ich das RPG dabei an der PS5, doch technisch ist man hier in statischen Umgebungen unterwegs, in denen eher detailarme Charaktere zu Hause sind. So hätte ich es geglaubt, hätte man mir berichtet, dass es sich hier um das höher aufgelöste Remake eines PS3-Titels handeln würde.
Denn auch die sperrigen Menüs und klobigen Interfaces wirken aus der Zeit gefallen. Hier fand man bei Arrowiz offenbar nicht die richtige Inspiration, „Persona“ weiter nachzueifern. Das tut man in erster Linie bei den textlastigen Cutscenes in Comicform sowie den rundenbasierten Kämpfen. Zumal man wie in „Persona 5“ immer wieder in unterschiedliche Dungeons geschmissen wird, die jeweils ein Überthema haben. Auch hier sind diese Orte mit Charakteren und deren Persönlichkeiten verknüpft. Um ihnen zu helfen, oder sie aufzuhalten, besucht ihr jene Lairs, die im Wesentlichen an die Palaces aus „Persona 5“ erinnern, aber nicht so ausgefeilt sind. Dabei erhält Doe, der zwar die Detektivarbeit verrichtet, aber zum Kämpfen wenig taugt, Support von der zweiten Hauptfigur Gram und weiteren Rebellen.
Rasch fällt dabei auf, dass auch die Soundkulisse nicht vom Hocker reißt. Die englischsprachige Vertonung wurde offenbar mit einem geringen Budget umgesetzt und die Dialoge wirken meistens hölzern. Ob das generell am Writing liegt oder an schlechten Übersetzungen, ist schwer zu sagen. Jedenfalls kommt die überladene Story nie recht in Fahrt. Bei all den Charakteren, dem oft schlecht erklärten Jargon und philosophischen Arien der Figuren, war ich manchmal geneigt einfach alles durchzuskippen, da viele Worte zu wenig sagten. So oder so läuft man Gefahr, den roten Faden zu verlieren.
Schade, denn „Mato Anomalies“ hat viele gute Ansätze und gegen einen gelungenen „Persona“-Klon hätte ich absolut nichts gehabt. Doch die konfuse Geschichte, verknüpft mit viel Backtracking, simplen Rätseln und einem Kampfsystem ohne echte Höhepunkte, erzeugt rasch Langeweile. So haben die Kämpfe den besonderen, titelgebenden Twist, dass ihr euch in den Verstand von Gegnern „hackt“, um sie zu überzeugen, jedoch auch Anomalien beikommen müsst. Letztere powern eure eigentlichen Feinde immer wieder hoch, müssen also ausgeschaltet werden, wollt ihr der Lage Herr werden. Gleichzeitig kehren sie immer wieder nach einigen Runden zurück, sodass sich ein Kreislauf ergibt, der mit der Zeit allzu monoton wird.
Arrowiz war bisher für seine VR-Spiele bekannt und hat mit „Mato Anomalies“ als Indie-Studio nun größere Gehversuche unternommen. Wer weiß, vielleicht kann man mit einem Nachfolger mit extremem Feinschliff richtig Eindruck hinterlassen. Das hier vorliegende Spiel empfinde ich aber als ein Projekt, das seinem offenbar großen Anspruch nicht gerecht wird. Hier wäre weniger mehr gewesen. „Mato Anomalies“ ist bei Weitem keine Gurke, aber ein sehr durchschnittliches RPG, das an seinem großen Vorbild zerbricht.
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