Mehr Privatsphäre: Google plant große Änderungen am Werbegeschäft

Google, deren großes Geschäft die Werbung ist, plant laut eigener Aussagen Änderungen. Man wolle zukünftig nicht mehr Werbung verkaufen, die auf Basis des Browserverlaufs eines Nutzers ausgespielt wird. Außerdem möchte Google in Zukunft keine Werkzeuge mehr realisieren, die spezifische Daten des Nutzers über Google-Produkte verfolgen. Die Ankündigungen kommen, nachdem Google sich verpflichtet hat, die Unterstützung für Cookies von Drittanbietern in Chrome zu entfernen.

„Menschen sollten nicht akzeptieren müssen, im gesamten Web verfolgt zu werden, um die Vorteile relevanter Werbung zu erhalten“, schreibt David Temkin, Director of Product Management für Googles Ads Privacy and Trust Team. „Und Werbetreibende müssen nicht akzeptieren, dass einzelne Verbraucher im gesamten Web verfolgt werden, um die Leistungsvorteile digitaler Werbung zu nutzen“. Google sieht ein, dass man das Vertrauen der Nutzer verloren hat, auf der anderen Seite macht Google über 80 Prozent des Umsatzes eben damit.

Google wollen in Zukunft auf datenschutzfreundliche Schnittstellen setzen. Jene sollen individuelles Tracking verhindern, aber dennoch die Bedürfnisse der Kunden unterstützen. Google Research skizzierte bereits im letzten Jahr, wie so etwas aussehen könnte, Stichwort: FLoC. Hier werden zwar Daten gesammelt, allerdings ist kein Nutzer spezifisch „sichtbar“, stattdessen gibt es Nutzergruppen auf Seiten, die eben gleiche Interessen haben.

Außerdem gebe es mittlerweile Fortschritte bei der Aggregation, Anonymisierung, Verarbeitung auf dem Gerät und anderen Technologien zur Wahrung der Privatsphäre, sodass es nicht mehr notwendig sei, einzelne Verbraucher im gesamten Web zu verfolgen, um die Leistungsvorteile digitaler Werbung zu nutzen. Obwohl sich FLoC interessant für die Branche anhört: die Electronic Frontier Foundation kritisierte das Ganze bereits 2019.

Das Problem bei FLoC sei nicht der Prozess, sondern das Produkt. FLoC würde den Browserverlauf von Chrome-Benutzern verwenden, um ein Clustering durchzuführen. Es wird Browsing-Muster studieren und Gruppen von ähnlichen Nutzern generieren und dann jeden Nutzer einer Gruppe (genannt „Flock“) zuordnen. Am Ende des Prozesses erhält jeder Browser einen „Flock-Namen“, der ihn als eine bestimmte Art von Web-Nutzer identifiziert. In Googles Vorschlag würden die Nutzer dann ihren Flock-Namen als HTTP-Header mit jedem teilen, mit dem sie im Web interagieren. Dies sei sehr schlecht – ein Schwarmname wäre im Wesentlichen ein Verhaltens-Kredit-Score: ein Tattoo auf der digitalen Stirn, das eine kurze Zusammenfassung darüber gibt, wer Nutzer sind, was sie mögen, wohin sie gehen, was sie kaufen und mit wem sie verkehren.

Mal schauen, was es da genau zu hören und zu sehen gibt, wenn Googles Programm in die Zielgerade einbiegt – das Unternehmen ist quasi unter Dauerbeobachtung und die heutige Nachricht wird sicherlich auch kritisch beäugt werden.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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9 Kommentare

  1. Das wird auch nicht viel ändern solange sie es nicht auf die Reihe bringen zu verhindern, dass Malware ausgespielt wird.

  2. Wenn Google sich nicht mal ändert mit deren schlechten Updatepolitik dann werde ich kündigen. Ich hab es so langsam satt für Gsuite zu zahlen und deren Apps auf ios werden immer mehr vernchlässigt. Es sind apps da gibt es schon seit 3 monaten keine updates mehr. Das kann doch nicht sein. Microsoft macht es besser. Da gibt es regelmässig updates.

    • Richard Rosner says:

      Das hat aber den konkreten Grund, dass man aktuell noch versucht, die Datenschutz Labels möglichst gut auszutricksen. Langfristig wird das garantiert nicht anhalten, die Nutzerbasis unter iOS zu verlieren wäre sicher ein großer Verlust

  3. Wo ist da jetzt genau der Vorteil für den Endnutzer?

    Anstelle dass an meiner Identität ein Etikett klebt:
    – hat Kinder
    – Interessiert sich für Autos
    – wohnt im Eigentum

    …klebt dann auf meiner Identität ein Etikett, dass ich zur „flock“ gehöre die:
    – Kinder hat
    – sich für Autos interessiert
    – in Eigentum wohnt

    Nochmal was genau soll das jetzt für mich verbessern???

    • Richard Rosner says:

      In der Theorie solltest du nicht mehr individuell identifiziert werden. Denn normalerweise sind nicht die Punkte ausschlaggebend, die du nennst, sondern die individuelle Identifizierung über Cookies oder fingerprinting. Dadurch kann man sich theoretisch durchs gesamte Internet verfolgen. Die Theorie dahinter ist, dass du eben nur noch als Mitglied einer Gruppe identifizierbar bist, aber nicht mehr persönlich. Dadurch können diverse Merkmale unter den Teppich gekehrt werden. Wenn die Flocks allgemein genug gehalten werden, könnte wesentlich weniger stark zielgerichtet geworben werden.

      Aber da die Umsetzung von Google kommt, darf man natürlich davon ausgehen, dass die sich nicht tiefer ins eigene Fleisch schneiden als notwendig

  4. „Am Ende des Prozesses erhält jeder Browser einen „Flock-Namen“, der ihn als eine bestimmte Art von Web-Nutzer identifiziert. In Googles Vorschlag würden die Nutzer dann ihren Flock-Namen als HTTP-Header mit jedem teilen, mit dem sie im Web interagieren“

    Das hört sich schlimmer an, weil dann ganz sicher Webseiten wie Parship davon profitieren. Gruselig

  5. Noch ein Grund mehr, wieder auf Firefox zu setzen.

    • Richard Rosner says:

      Das Problem ist nur, dass der bis dahin auch noch existieren muss. Webstandards werden seit j Jahren sträflich vernachlässigt, zugunsten von Unsinn wie neuen Designs. Und Alternativen gibt es praktisch nicht. Safari ist sogar noch schlimmer, alles andere ist Chromium

  6. Cool! Ich sende dann einen Flock-Header mit, den ich lustig finde. Jeden Tag einen anderen. Die Werbung interessiert mich ja eh nicht und so bekommt dann jeder mal was ab von den Einnahmen durch meine Page-Impressions
    🙂

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