Mein Google Street View Moment
Ein Tag wie immer. Aufstehen. Duschen. Kaffee. Online gehen. Nein, ich lüge. Aufstehen. Online gehen. Das dazwischen mache ich nach dem ersten Abchecken der Mails. Heute war es ein wenig anders. Google Street View Deutschland war da. Ich wurde in Dortmund geboren, in der Nähe einer Brauerei. Ich wohnte in Dortmund Nord. Eine Ecke, in der du nicht das beste Hemd anziehen musst. Doch es war meine Ecke. Die Ecke in der ich mich auskannte. Ich wohnte zuletzt in der Haydnstraße, die ersten Jahre wohnte ich bei meiner Oma ganz in der Nähe des Nordmarktes.
Nein, es war eigentlich keine schöne Kindheit und auch keine schöne Ecke Dortmund. Mit der Ausnahme der Zeit, die ich bei meiner Oma verbrachte. Omas machen übrigens den besten Vanillepudding der Welt. Schön mit Erdbeeren. Die hat meine Oma immer frisch auf dem Wochenmarkt geholt. Klar, auffn Nordmarkt in Dortmund.
Der Nordmarkt, wir kamen immer aus der Braunschweiger Strasse darauf zu. In der Mitte des Marktes lungerten immer die Alkis und soffen. Klar, Dortmunder Bier. Der Nordmarkt. Dort wurde ich eingeschult. Direkt in der Nordmarkt Grundschule. 1983 war das.
Und so strich ich heute morgen durch das virtuelle Dortmund. Die Ecken meiner Kindheit. Parallel zum Gesehenen in Google Street View liefen in meinem Kopf die Bilder der Kindheit und der angehenden Jugend vorbei. Fußballspiele im Westfalenstadion. Wechsel auf die Gertrud Bäumler Realschule. Lange Sommer im Dortmunder Fredenbaum. Das erste Hansa Pils so um 1990 rum. Wir waren Weltmeister. Oder der Pokalsieg meiner Dortmunder 1989, wo alle am Borsigplatz feierten.
Viele Orte, viele Erinnerungen und viele Bilder.
Das alles war einmal. Nun wohne ich in Bremerhaven und habe nicht oft Zeit, meine Freunde oder meine Patentante in Dortmund zu besuchen. Obwohl ich so gerne da bin. Die Luft meiner Stadt riechen. Mal vorm Fussball noch mit Freunden durch die City und n lecker Pils am Büdchen verzehren. Currywurst mit Pommes. Nächte im Stade Live oder anderen Kneipen in der City.
Der eine nutzt Google Street View so, der andere so. Ich verstehe die Ängste und Sorgen der Menschen nicht, die davor Angst haben, mir fehlt auch die Zeit und Lust, mich damit zu beschäftigen. Ich kann euch nur sagen, wie ich es nutze. Ich habe heute morgen eine Zeitreise gemacht. Mich an Ecken erinnert. Ja – und wahrscheinlich habe ich sogar Pipi in den Augen gehabt, als ich Orte meiner Kindheit sah, die ich mit Menschen besuchte und erlebte, die vielleicht heute nicht mehr unter uns weilen.
Und für solche Sachen liebe ich das Internet.
Wow. Cool. Schön geschrieben.
Schöner gefühlsgeladener Artikel – Danke!
Schöne Worte…
Ich saß heute morgen auch erstmal gut eine halbe Stunde vor´m Rechner und hab gestaunt. Eigentlich müsste man Google dankbar dafür sein, dass sie sowas ermöglichen.
Aber es gibt immer ein paar Vögel, die wirklich ALLES zu eng sehen.
Und jetzt fangen die ersten schon wieder an zu jammern, die erst einen Antrag gestellt haben und ihr Haus nun doch sehen wollen. Vollidioten…
wow,
ich lebe noch in der Stadt in der ich aufgewachsen bin und kenne das Gefühl wenn ich durh „mein Viertel“ fahre, aber es muss wohl wesentlich intensiver sein, wenn man ein paar m oder km weiter weg wohnt.
Danke für diesen Einblick in Dich
Gruß
Julian
Genau, ein Hoch auf Google!
Angesichts der StreetView-Feinde fällt mir ein Spruch ein.
Wer zu spät kommt…
woow… sowas werde ich also erleben, wenn Karlsruhe online geht 😀
aber dafür bräuchte es eigentlich ein Google Cycleview, da die Erinnerungen nie und nimmer von der Straße aus zu sehen würden…
geiler Beitrag… Man kann richtig mitfühlen…
Seit Google Shiit View brauch ich nichtmal mehr aufstehen, um meinem Nachbarn ins Fenster zu kucken. Auf sowas hab ich ja schon ewig gewartet.
Mal abwarten, wann der erste Kriminalfall auf ShiitView verweist, ich als Einbrecher kann jetzt Prima Häuser ausspionieren. Und sobald DU im Urlaub bist, gehören deine Socken mir, bzw jemandem von E-bay.
Nee 🙂 ich biete bei E-bay gleich komplette Häuser zum Verkauf an. Sobald der Besitzer wech is, darf geboten werden.
Aber es gibt neben mir, der diesem Dienst NIX abgewinnen kann, sicherlich Leute, die damit was nicht Kriminelles anfangen können.
Nunja bis denne.
Everybodys watching you now!!
Bei meiner Oma kamen die Erdbeeren sogar aus dem Garten. Noch besser als Omas Vanillepudding war nur Omas Karamelpudding!
Mein erstes „HP49“ hab ich im Sauerland gehabt. 🙂
….und es wäre nicht das gleiche wenn die Häuserwände alle stark verschwommen unerkenntlich gemacht wären!!!
Ich habe heute auch gleich Google genutzt um virtuelle Streifzüge zu machen und hatte nur „typisch die Deutschen“ im Kopf als ich die zahlreichen verpixelten Häuser sehen bzw. nicht sehen musste/konnte. Schade drum! Ich kann und werde diese Leute nie verstehen.
Bytheway Klasse Artikel
Das gleiche Erlebnis hatte ich heute mit meinem früheren Wohnort in Hamburg, schon 35 Jahre her, kaum wiederzuerkennen, weil dort heute riesige Bäume stehen, die früher nur Sträucher waren. *schnief, heul*
Ging mir genauso. Ich habe heute Morgen mal einen Blick in mein altes Klassenzimmer geworfen, schnief.
Sehr schöner Artikel .. moment mal, wo hab ich 1981 gewohnt? Das ich da nicht selber drauf gekommen bin, danke für diese super Idee ..
@Evil
Kannst du bitte für die Unwissenden anmerken, dass dein Beitrag stark ironisch gemeint war??? Nachher wundert sich noch jemand warum bei Street View gerade noch die Sonne scheint obwohl es doch schon dunkel ist
Genau, als ich heute vom Street View-Start las, habe ich auch erst mal eine Zeitreise zurück in die Kindheit nach Berlin und Hamburg gemacht. Alle Häuser und selbst die Schulen sehen außen noch so aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Berlin ist schon 50 Jahre her, das hat mich doch etwas berührt.
Weichei … 😉
Genau das was ich mit Street View heute auch als allererstes gemacht habe. Schauen wie es nach 15 Jahren in meiner alten Straße aussieht.
Gefühlsauslösende Technik… kenn ich sonst nur von der Venus 😉
Wirklich total schön geschrieben deine „Zeitreise“
Auch ich habe den Nachmittag auf der Arbeit damit verbracht in Bremen, der Stadt in der ich aufgewachsen bin und 30 Jahre verbracht habe, zu stöbern. Es war in der Tat, eine Zeitreise.
Liebe Grüße
Eike
Du solltest Schriftsteller werden und ‚mal ein Buch über Deine Kindheit in Dortmund schreiben. Hört sich vielversprechend an. Ich verstehe auch nicht, warum mein seine Bleibe pixeln lässt. Leider mindert das das Streetviewerlebnis ganz erheblich. In meinem Nachbarhaus wohnen ca. 40 Leute. Und nur, weil einer davon Phobien hat, ist das ganze Haus gepixelt. War übrigens ein guter Tipp, ‚mal die Kindheitsecken anzusurfen. Hab‘ ich auch gleich probiert. GSV=Weltidee!
@rex blue: dazu fehlt mir das talent 🙂