Testbericht: Das erste Ubuntu Phone – bq Aquaris E4.5
Im Januar 2013 zur CES, also vor knapp über zwei Jahren, hat Canonical ihr Projekt „Ubuntu Touch“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Smartphone mit Ubuntu, das stand auf dem Plan. Nach nun mehr als zwei Jahren ist jetzt das erste Smartphone erschienen, welches standardmäßig mit Ubuntu ausgeliefert wird. Grund genug, einen genauen Blick sowohl auf das System, als auch auf die Hardware selbst zu werfen.
Die Software
Der wohl größte Unterschied von Ubuntu Phone zu anderen mobilen Smartphonesystemen wie Android oder iOS, ist die Bedienung. Ubuntu setzt vor allem auf Gesten von jeder Kante des Displays, um das System zu bedienen. Ein zweiter Punkt neben den Gesten sind die sogenannten Scopes, womit sich Ubuntu von anderen Plattformen differenzieren will.
Gesten & Bedienung
Wenn man nun also das Ubuntu Phone zum ersten Mal startet, erscheint zunächst eine Einführung in die Nutzung von Ubuntu. Es empfiehlt sich diese Einführung nicht zu überspringen, da hier die gängigen Gesten beigebracht werden.
Wenn man das Smartphone entsperren will, dann erscheint nach dem Drücken der Power-Taste der Lock-Screen. Hier findet sich ein Kreis, in dem ein paar statistische Informationen von der Nutzung des Smartphones am heutigen Tag dargestellt werden. Darunter etwa Anzahl der aufgenommenen Fotos und
Videos, Anzahl der angenommenen und getätigten Anrufe, Zahlen zu SMS oder auch Sprechzeiten. Mit einem kurzen „Doppelklick“ auf das Display lässt sich bequem die nächste Information darstellen.
Mit einem Wisch nach rechts oder links erscheint dann der Entsperrmechanismus. Hier ist sind verschiedene Dinge möglich, wie etwa ein Entsperrmuster, eine PIN oder auch keine Sperre.
Jetzt gelangt man auf die Scopes, doch davor ist es praktisch, die Gesten des Systems zu kennen. Wenn man vom linken Bildschirmrand eine Wischgeste durchführt, dann öffnet sich die Schnellstarte-Leiste mit App-Icons. Wer Ubuntu auf dem Desktop kennt, der erkennt hier die typische Unity-Leiste. Die Wischgeste von links ist allerdings mit zwei Aktionen verbunden, so öffnet zwar ein kurzer Wisch den Launcher, allerdings gibt es auch noch eine Aktion, die getriggert wird, wenn man die Geste komplett von links „durchzieht“. Hier landet man dann direkt auf den Home-Scopes. Dies passiert allerdings auch nur, wenn man sich in einer App befindet.
Am rechten Rand befinden sich ebenfalls zwei Gesten, die man jeweils mit einem kurzen Wisch oder mit einem langen Wisch ausführen kann. Ein kurzer Wisch führt dazu, dass man zu der zuletzt verwendeten App wechselt. Man hat so eine sehr einfache Möglichkeit zwischen genau zwei Apps zu wechseln. Anders sieht es aus, wenn man eine längere Wischgeste von derselben Seite durchführt, dann landet man in dem App-Switcher. Alle geöffneten Apps sind dreidimensional seitlich gestapelt. Einen ähnlicher Effekt, wie man ihn etwa von Windows Vista kennt. Mit einem Wisch nach oben oder unten kann man dort einzelne Apps beenden.
Am oberen Bildschirmrand finden sich die Benachrichtigungen und die Schnell-Einstellungen. Unter Ubuntu heißen sie „Indicators“. Das praktische hierbei ist, dass theoretisch ein Wisch reicht, um seine gewünschten Einstellungen zu erreichen. Das heißt: wenn man auf die Einstellungen des Akkus gelangen will, reicht es, den Finger auf das Akku-Symbol zu setzen und dann nach unten zu wischen.
Genau damit öffnen sich die passenden Einstellungen. Gleiches gilt dabei auch für andere Einstellungen die man über die Indicators erreicht, etwa GPS, Mobilfunk, WLAN, Sound, Zeit & Datum und die Benachrichtigungen. Wenn man allerdings doch den falschen Indicator erwischt hat, kann man während des Herunterziehens mit einem leichten Drall nach links oder rechts auf die anderen Einstellungen zugreifen.
Übrig bleibt noch der letzte Rand des Bildschirms: Unten. Diese Geste ist nicht global, sondern abhängig von jeder App. Jeder App-Entwickler kann sich diese Geste also eigenständig mit seinen gewünschten Funktionen belegen.
Ein verpasster Anruf, eine SMS und ein Tweet in den Benachrichtigungen.
Zwei SMS in den Benachrichtigungen.
WLAN-Einstellungen
Die Scopes
Neben den angesprochenen Gesten sind weiterhin die Scopes eine Besonderheit von Ubuntu Phone. Die Scopes sind quasi der Ersatz der Home-Screens oder des klassischen App-Launchers, wenn man es mit Android oder iOS vergleicht. Scopes bieten einen anderen Ansatz um Informationen auf dem Bildschirm darzustellen. Simpel ausgedrückt, sammeln Scopes aus verschiedenen Quellen verschiedene Inhalte und bereiten sie auf dem Bildschirm auf.
Nach dem Entsperren des Smartphones gelangt man im Standard auf den ersten Scope: das Heute-Scope. Auf diesem Scope werden verschiedene Informationen des Tages angezeigt. Darunter Dinge wie Wetter, Temperaturen oder Termine. Weiterhin werden Todos der Aufgaben-App angezeigt, der nächste Feiertag, eine Liste von den letzten Anrufen und Mitteilungen, sowie Nachrichten vom heutigen Tag und Trends auf Twitter.
Heute-Scope:
Das zweite Scope, welches man durch ein Wisch nach links erreicht, ist das „NearBy-Scope“. Wie der Name schon verrät, werden Informationen aus der unmittelbaren Umgebung angezeigt. Hierfür wird auf die Geo-Lokalisierung zurückgegriffen und dazu passende Dinge angezeigt. Darunter etwa Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder Geschäfte. Wenn man sich also, wie ich, in Castrop-Rauxel befindet, wo es nicht ganz so viele Sehenswürdigkeiten gibt, dann wird die Zeche, Restaurants, Schulen und Werkstätten aus der Nähe angezeigt.
Die Informationen werden über den Dienst Yelp bezogen. Neben diesen Informationen werden noch weitere Sachen angezeigt, etwa Fotos von Flickr und Wikipedia-Artikel aus der Nähe. Ein interessantes Feature des NearBy-Scopes ist die Angabe der Stimmung. Man kann über ein Dropdown-Menü zwischen verschiedenen Stimmungen wählen: „Mir ist langweilig“, „Unterwegs“, „Ich habe Hunger“, „Ich habe Durst“ oder „Ich bin gestresst“.
Passend zu der Stimmung werden dahingehend andere Einzelheiten angezeigt. Wenn man etwa unterwegs ist, dann werden Bus- und Bahnhaltestellen angezeigt oder auch die Geldautomaten in der Nähe. Wenn man hingegen gestresst ist, dann werden häufiger Schuh- und Modegeschäfte oder Restaurants angezeigt, wo man sein Geld lassen kann. Die dargestellten Orte lassen sich mit einem Klick öffnen, mit einem weiteren Klick kann man auch dahin navigieren mittels der App „HERE Maps“. Allerdings unterstützt HERE Maps keine Turn-by-Turn Navigation, sondern zeigt nur auf der Karte den Weg von der aktuellen Position zum Zielort an.
NearBy-Scope:
Auf dem dritten Scope findet man den App-Launcher. Der App-Launcher selbst ist unterteilt in zwei Gruppen. Oben findet man sechs häufiger genutzt Apps, unterhalb davon befinden sich alle anderen. Alle Apps-Icons sind jeweils im Raster angeordnet. Über ein DropDown-Menü kann man zudem die Apps nach Kategorien filtern.
App-Scope:
Im vierten Scope finden sich die Nachrichten aus aller Welt. Deshalb heißt es klarerweise auch News-Scope. Darin sind allerdings hauptsächlich englischsprachige Webseiten enthalten, wie BBC, Engadget oder Euronews. Man kann zwar die Quellen konfigurieren, allerdings lassen sich die vordefinierten Quellen nur an- oder ausschalten.
Zusätzlich sind noch einige weitere Scopes standardmäßig installiert und aktiviert. Das sind die Musik-, Video- und Foto-Scopes. Jedes dieser Scopes zeigt sowohl Online- als auch Offline-Content an. Eigene auf dem Gerät befindenden Daten wie Fotos, Musik und Videos werden oben angezeigt, Online-Content, wie etwa YouTube, SoundCloud, Facebook Fotos oder Instagram werden zusätzlich passend angezeigt. Wenn man in den Online-Konten Facebook, Instagram und Flickr hinzugefügt hat, werden ebenfalls die eigenen Fotos dort angezeigt.
Alle oben aufgeführten Scopes waren sowohl vorinstalliert, als auch im Standard aktiviert. Neben diesen Scopes gibt es noch zahlreiche weitere die vorinstalliert sind, allerdings nicht aktiviert. Die übrigen findet man, wenn man eine Wischgeste von unten ausführt. Dort sind dann sowohl die aktivierten als auch die verfügbaren Scopes gelistet. Man findet dort Scopes von Webseiten wie BBC, cnet, Amazon, ebay oder auch Reddit. Das sind allerdings dann Scopes, die explizit auf die Inhalte der Webseiten bzw. dessen Angeboten zugeschnitten sind. Wenn man etwa etwas bei Amazon oder eBay kaufen möchte, kann man die Suche in
den entsprechenden Scopes nutzen, um Artikel zu finden. Die Suchtrefferliste wird auch im Scope angezeigt, der letztendliche Kauf findet allerdings im normalen Browser statt.
Scopes haben den Vorteil, dass man sie mit relativ geringen Aufwand erstellen kann. Für einzelne Webseiten braucht man etwa keine vollständige App entwickeln, sondern es soll auch ausreichen ein Scope zu programmieren. Praktisch ist, dass Scopes auf den „Home-Scopes“ landen. Der größte Nachteil ist allerdings auch, dass man nicht zu viele Scopes hinzufügen sollte, sofern man eine halbwegs gute Übersicht behalten will. Sonst wird es schwierig die passende Scope zu finden, während man zwischen den einzelnen Scopes wischt.
Nachrichten-Scope
Musik-Scope
Foto-Scope
Video-Scope
Core- und System-Apps
Es gibt eine überschaubare Anzahl an vorinstallierten Apps, die für den Smartphone-Alltag notwendig sind. Darunter Apps wie die Telefon-App zum Telefonieren, die Nachrichten App zum Senden und Empfangen von SMS und MMS oder die Kontakte-App für das Verwalten von Kontakten. Weiterhin fehlt natürlich auch nicht die Kamera-App zum Aufnahmen von Fotos und Videos. Spezielles Features hat es allerdings nicht, die Einstellungen beschränken sich auf Dinge wie HDR, Geo-Lokalisierung oder den Selbstauslöser.
Ein Browser ist natürlich ebenfalls vorinstalliert, allerdings fehlen da jegliche Einstellungsmöglichkeiten.
Neben der URL-Eingabe, das Speichern einer Seite als Favoriten, kann man nur neue Tabs öffnen und zwischen diesen wechseln.
Eine schöne App ist die Galerie-App. Diese zeigt alle auf dem Smartphone gespeicherten Fotos an. Gruppiert werden die Fotos pro Tag. Beim vertikalen Scrollen sieht man alle Fotos gruppiert nach Tagen, bei einem seitlichen Scrollen an einem bestimmen Tag, werden die übrigen Fotos des Tages dargestellt. Mit dabei sind auch simple Bearbeitungsmöglichkeiten wie das Erstellen von Ausschnitten, Bilder drehen oder automatisch verbessern lassen.
Als einzige verfügbare Messenger-App ist Telegram vorinstalliert. Andere Messenger wie WhatsApp, Google Hangouts, Threema oder Facebook Messenger sind nicht vorhanden. Die App ist voll funktionsfähig, so kann man sowohl mit einzelnen Personen als auch in Gruppen Chats führen.
Es gibt noch einige weitere Apps, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, darunter die Uhr, Musik, Wetter und Aufgaben-App.
Alle bisher genannten Apps waren native Ubuntu Phone Apps. Es sind noch einige weitere Apps vorinstalliert, wo es sich nur um geschachtelte WebApps handelt. Darunter etwa Amazon, eBay, Facebook, GMail, Twitter und YouTube. Einige dieser WebApps unterstützten allerdings auch die Nutzung der Hardware-Schnittstellen und auch Benachrichtigungen. Von Twitter gibt es etwa Benachrichtigungen für Twitter-Mentions oder DMs, bei GMail für neue E-Mails.
In den System-Einstellungen findet man abseits der Apps noch einige Punkte. Gängige Einstellungen, die man auch über die Indicators einstellen kann, finden sich auch dort, allerdings häufig mit ein paar mehr Optionen. Dort man kann man etwa Online-Konten von Evernote, Soundcloud, Flickr, Facebook, Ubuntu One, Twitter, Fitbit, Instagram, Vimeo und Google hinzufügen. Daneben gibt es Einstellungen für Zeit und Datum, Sicherheit und Datenschutz sowie die Aktualisierungen für Apps und des Systems.
SMS-Ansicht von einem Kontakt
Übersicht aller SMS-Nachrichten
Die Kamera-App
Der Browser
Uhr-Anwendung
Die Galerie
Telegram-Messenger
HERE-Maps
Systemeinstellungen
Standortzugriff
Geräte-Informationen
Ubuntu Store
Der Ubuntu Store ist der App Store von Ubuntu Phone. Dort kann man sowohl Apps als auch Scopes herunterladen und installieren. Zwangsläufig wird dafür ein Ubuntu One Account benötigt, sonst kann man keine Installationen durchführen. Zum jetzigen Zeitpunkt (06.03) gibt es über 800 Apps. Ein Entwickler hat eine inoffizielle Webseite für den Store erstellt, auf der alle im Store verfügbaren Apps aufgelistet werden.
Viele Apps im Ubuntu Store sind lediglich WebApps, daher variiert die Qualität stark. Im Store findet man allerdings einige Apps, die schon mal einen guten Anschein machen. So kann man etwa ein Terminal installieren, um eine vollständige Befehlszeile auch auf dem Smartphone zu haben. Ein E-Mail-Client ist nicht vorinstalliert, dafür findet man die App „Dekko“, bei der man zwar E-Mail-Konten über IMAP einrichten kann, allerdings unterstützt die App keine Push-Notifications und auch keine regelmäßige Abfrage der E-Mail-Konten. Nicht ohne Grund ist die App auch noch in Beta-Stadium.
Die Kalender-App ist auch nicht vorinstalliert, sie kann aber, wie die Kontakte App, die Daten nur über Google synchronisieren. Eine App um seine Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln zu planen gibt es auch, nennt sich schlicht „Fahrplan“ und enthält unter anderem die Verbindungen der Deutschen Bahn.
Die Hardware
Das bq Aquaris E4.5
Die Rückseite
Betrieben wird das bq Aquaris E4.5 von einem Quadcore-MediaTek-Prozessor, welcher eine Taktfrequenz von 1,3 GHz hat. Mit einer Display-Diagonale von 4,5 Zoll ist der Bildschirm nicht allzu groß, besitzt allerdings auch nur eine Auflösung von 540 x 960 Pixeln. Insgesamt sind 1 GB an Arbeitsspeicher eingebaut, sowie 8 GB interner Speicher, der sich um weitere 32 GB mittels einer microSD-Karte erweitern lässt. Vom System sind 2,5 GB fest belegt.
Das Smartphone misst 6,7 cm in der Breite und 13,7 cm in der Höhe. Auf der vorderen Seite befindet sich nicht nur das Display, sondern auch die Hörmuschel, die Frontkamera mit 5 Megapixel, sowie eine Benachrichtigungs-LED. Auf der Rückseite findet man eine 8 Megapixel Kamera mit einem Dual-Flash-Blitz.
Die Benachrichtigungs-LED
Mit 9 mm ist das Gerät unter 1 Zentimeter dünn und ist mit 123 Gramm relativ leicht. Auf der unteren Kante findet man den microUSB-Anschluss sowie Lautsprecher. Auf der linken Seite zwei microSIM-Einschübe. An der oberen Kante ist der Einschub für die microSD-Karte sowie ein 3,5 mm Klinkenanschluss vorhanden.
Die Kamera
Wie oben bereits erwähnt, löst die Kamera auf der Rückseite mit 8 Megapixel auf. Sofern man Fotos oder Videos direkt auf dem Gerät aufnimmt und anschließend anschaut, dann sehen diese gar nicht mal so schlecht aus. Wenn man die gleichen Fotos allerdings auf einem Rechner anschaut, dann sieht man deutlich, dass die Qualität eher mittelmäßig ist. Farben sind eher verwaschen und die Farbdarstellung ist selbst bei guten Lichtverhältnissen nicht optimal.
Bei schlechten Lichtverhältnissen werden die Schwächen der Kamera deutlich, so neigt es schon bei leichter Dunkelheit zu (stark) verschwommenen Bildern mit starkem Rauschen.
Man sollte allerdings nicht vergessen, dass es sich hier um ein Smartphone im günstigeren Segment handelt, denn es kostet in der Anschaffung 170€. Für kleine Schnappschüsse zwischendurch ist sie noch ausreichend.
Tower of Big Ben
Essen
St. Pauls Cathedral
Haptik und Qualität
Die Haptik des Smartphones ist gut. Die Nutzung ist angenehm, da es gut in der Hand liegt. Die Rückseite ist aus glattem, hartem Kunststoff, sodass man es fest in der Hand halten muss, da es leicht rutscht. Das Gerät ist gut verarbeitet, denn es knarzt an keiner Stelle. Ebenfalls lassen sich die Tasten an der rechten Kanten des Gerätes gut erreichen und auch gut betätigen.
Das Display liegt quasi auf dem Rest des Gerätes auf. Das Gerät befindet sich nun seit 3 Wochen in Benutzung, wovon man auf der Rückseite keinerlei Spuren sieht. Anders sieht es allerdings auf der Vorderseite aus, da hat der Bildschirmrahmen sowohl spürbar als auch sichtbar einige Macken erhalten. Auch auf dem Display sieht man einige kleine Kratzer, allerdings nur, wenn man mit gutem Auge drauf schaut. Ohne Schutzhülle sollte man das Smartphone allerdings eher nicht mit einem Schlüsselbund in derselben Tasche tragen.
Der Gesamteindruck
Bislang habe ich in diesem Artikel die Hard- und Software eher neutral betrachtet. Wichtig ist allerdings
der Gesamteindruck.
Ubuntu Phone und auch das bq machen insgesamt einen guten Eindruck. Durch die vielen verschiedenen Gesten ist zwar eine hohe Lernkurve für die Nutzung vorhanden, allerdings gewöhnt man sich nach einigen Minuten relativ schnell daran. Problematisch ist vor allem am Anfang, dass man Gesten ausführt, die man so gar nicht ausführen wollte. Wenn man etwa zwischen den Scopes wischt, kann man auch gut und gerne plötzlich in einer anderen App landen.
Grundsätzlich ist das System flott und hat größtenteils auch keine zu langen „Schweigeminuten“. Allerdings passiert es doch immer häufiger, dass es an einigen Stellen ruckelt und hakt. Das merkt man vor allem dann, wenn die Scopes ihre Informationen aus dem Internet abrufen. Zu diesem Zeitpunkt ruckelt das System relativ schnell. Vollständige Abstürze des Systems sind eher selten, stattdessen stürzt hier und da mal die ein oder andere Scope oder App ab. Dafür, dass es ein erstes Gerät mit dem System auf dem Markt ist, ist das schon fast normal.
Gut umgesetzt sind die Core- und System-Apps. Diese sind nicht nur relativ fehlerfrei, sondern zeigen auch, wie Apps und Scopes für Ubuntu Phone auszusehen haben.
Hin und wieder ist das Smartphone bzw. das System auch leider langsam. Zu Wartezeiten kommt es auch in der Galerie-App, insbesondere dann, wenn man einige Fotos geschossen hat und anschließend die Galerie öffnet. Dann baut sich die Übersicht der Galerie eher langsam auf, bis alle Fotos geladen sind. Beim ersten Öffnen der geschossenen Bilder kommt es manchmal auch zu Wartezeiten von bis zu fünf Sekunden.
Weiterhin sind noch viele Kleinigkeiten da, die den Gesamteindruck etwas trüben, hier und da kleine Bugs, die sich nach und nach korrigieren lassen. Die meisten Lücken sind mehr auf die Software zurückzuführen, diese sollten sich über zukünftige Updates korrigieren lassen.
Angekündigt sind monatliche Updates, in den drei Wochen in meinem Besitz kamen schon insgesamt drei Aktualisierungen, wo größtenteils Fehler korrigiert worden sind. Wenn man Fehler findet, dann kann man sie, wie beim Desktop Ubuntu auch, bei Launchpad melden. Zur Zeit plagt das Smartphone leider ein Akku-Bug, sodass dieses Smartphone auch im Standby relativ viel Strom zieht und es am Ende des Tages auch nach Nichtnutzung leer ist. Der Fehler ist bekannt und wird auch aktiv angegangen, sodass hoffentlich möglichst zeitnah ein Fix hierfür ausgeliefert wird.
Fazit
Mit dem bq Aquaris E4.5 hat Canonical ihr erstes Ubuntu Phone veröffentlicht. Die mittelmäßige Hardware macht sich größtenteils durch das niedrig aufgelöste Display sowie die Ruckler hier und da bemerkbar. Für 170€ liefert der spanische Hersteller bq ein Gerät, was sich nicht zwangsläufig
vor der Konkurrent in dem Preissegment verstecken muss, insbesondere was die Verarbeitungsqualität
angeht. An vielen Stellen hat das System zwar noch Macken, Fehler und Unschönheiten, doch durch
die neuen Ideen bezüglich Scopes und der Gesten-Bedienung kann sich Ubuntu Phone von Konkurrenzplattformen differenzieren.
Besonders nach der Ubuntu Edge Kampagne war dies wohl meist nachgefragte Feature, die Nutzung des Telefons als Desktop-Rechner. In diesem Gerät ist die Funktion nicht enthalten, auch ist das System für den Konvergenz noch nicht ausgereift genug. Die erste Implementierung soll in etwa einem Jahr da sein. Eine erste Demo gibt es mittlerweile auch.
Das Gerät empfiehlt sich nicht wirklich für den normalen Endnutzer, dafür sind noch schlicht zu wenig
Inhalte verfügbar. In Zukunft wird das System auch stabiler und auch das App Angebot sollte mit dem ersten veröffentlichten Telefon so langsam wachsen. Es eignet sich daher aktuell eher für „Early-Adopter“, Ubuntu-Enthusiasten und vor allem Entwickler. Für die breite Masse fehlt noch einiges. Insbesondere muss ein Ökosystem um das Betriebssystem entstehen, was sich entwickelt. Man darf also gespannt sein, wie die Reise von Ubuntu Phone weitergeht und wohin sie führt.
Als nächstes steht der Launch des ersten Ubuntu Smartphones von Meizu an. Meizu bringt das MX 4, welches auch mit Flyme OS ausgeliefert wird, auch als Ubuntu-Variante. Das bq Aquaris mit Ubuntu
lässt sich solange nur in den sogenannten Flash-Sales kaufen, die etwa wöchentlich stattfinden und
auf den Twitter-Accounts von Ubuntu und bq einen Tag vorher bekannt gegeben wird.
Über den Autor:
Sujeevan Vijayakumaran ist seit über vier Jahren in der deutschen Ubuntu-Community aktiv.
Man findet ihn auf Google+ und Twitter.
Danke für den Bericht. Ich würde mir ja sofort eins für 170 EUR zum Rumspielen bestellen, aber diese Flash-Sales finde ich total bescheuert. Ich habe doch keine Lust, tagelang einem Twitter-Account mit nervigen Mitteilungen zu folgen, bis sich die Macher gnädig zeigen und mein Geld akzeptieren.
Vielen Dank svij für den ausführlichen Bericht! Mal schauen wie sich das MX4 Ubuntu Edition in den Tests so schlägt… ich hoffe ja dass endlich der AkkuBug vom WLAN im Standby behoben wird… dann wird aufs N5 geflasht.
Kann man denn nicht ein Android bq e4.5 umflashen? Die sind einfacher zu bekommen. Ob sie auch wirklich 1 zu 1 baugleich sind, müssten Interessenten jedoch selber herausfinden.
Der link zu ubuntuusers.de ist defekt.
Und ich warte immer noch auch einen Preis für das BQ M5. Ich habe übrigend keine Lust mehr auf „Experimente“. Ich finde Ubuntu sieht sehr schick aus und weiß scheinbar teilweise zu gefallen. Aber das alleine ist nicht alles. Als ich damals einen abstecher in die Windows Mobile Welt gewagt habe stellte ich eben genau dies fest: Design ist nicht alles, es müssen auch die Apps und Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden. Mir ist klar dass das der erste Schritt von Ubuntu ist und das nicht sofort ein Angebot wie bei Android oder IOS zur Verfügung stehen kann, ich warte aber ab und beobachte.
Vielen Dank für deinen Bericht. Für mich sieht das wiedermal nach dem Typischen Beispiel eines BETA-Tests beim Kunden aus. Ist ja nicht weiter tragisch, aber man merkt eben schon das es noch sehr viel Nachbesserungsbedarf gibt. Ich Nutze Ubuntu und Xubuntu schon einige Jahre auf meinem Laptop und würde mir so ein Gerät auf jeden Fall mal ansehen wollen.
Schön ist auch das Nearby-Scope, aber das das Scope einem bei gestresster Stimmung zu Schuhläden führt finde ich doch schon witzig 😀 Wäre mal interessant zu wissen wer dieses Feature implementiert hat.
War denn schon eine Verkaufsaktion? Mein Ausländisch ist leider so schlecht.
Hmm, diese Wischgesten kommen mir doch sehr bekannt vor. Wohl stark von Sailfish gekl…, inspiriert.
So traurig es ist, aber ohne Whatsapp wird das Ding ein Freakphone bleiben. Und „Flash-Sales“??? Ist das jetzt der neueste „heisse Scheiss“ um an Follower zu kommen?
Schade dass hier sehr wenig auf das OS an sich eingegangen wird, immerhin ist es im Gegensatz zu Android nicht nur ein Linux-Kernel, sondern auch das passende Userland. Hätte mich interessiert, ob das Ding einfachen root-Zugriff erlaubt, ob man einfach Debian-ARM Pakete einspielen kann oder ob es da was zu beachten gibt (also im Prinzip all die Sachen, die z.B. das N900/Maemo damals für Poweruser interessant gemacht haben).
@leosmutter,
> So traurig es ist, aber ohne Whatsapp wird das Ding ein Freakphone bleiben
Nana, nicht übertreiben, ich für meinen Teil bin z.B. froh, WA, Threema und Friends nicht auf meinem Gerät zu haben(obwohl’s natürlich ginge).
viel neues lernen um hinterher weniger zu können als die vorhandenen phones ? bin gespannt ob sich das ausserhalb der abenteurer durchsetzt
Was mich am meisten interessieren würde: Wie ist die Tastatur?
Für die Benutzung des Systems nicht gerade unwichtig. Leider nicht im Artikel erwähnt.
Hallo,
wie schaut denn der Organiser bzw. Kalender aus? Kann man damit Benutzerfreundlich Termine pflegen? Lassen diese sich irgendwie mit einem Linux PC syncen? (Thunderbird?
Bin ich da root? Oder sind mir auch hier viele Dinge verwehrt?
Kann ich relativ einfach Backups auf meinen Linux PC ziehen? (Kontakte / Kalender)
Hoffe das kann jemand beantworten. Das habe ich bei allen bisherigen Vorstellungen vermisst. Bin ich da der Einzige? ^^
Grüße