„Offenes“ Android: das schreibt Google den Hardware-Herstellern alles vor

Während Android an sich Open Source ist, müssen Hardware-Hersteller die Google Play Apps lizenzieren, wenn sie diese auf einem Gerät einsetzen möchten. Das Ganze nennt sich Mobile Application Distribution Agreement (MADA) und wird von Google zum einen sehr ernst genommen, zum anderen werden die Details dazu vor der Öffentlichkeit ferngehalten.

Android-620x577 Dank des „Oracle gegen Google-Prozesses“ wurden nun neue Details zu diesen Vereinbarungen bekannt. Neu heißt in diesem Fall, dass die Vereinbarung aus 2011 stammt und vor der Veröffentlichung von Android 3.0 unterschrieben wurde. Die Vereinbarungen, die in diesem Fall von Samsung und HTC unterschrieben wurden, klären, was die Hersteller dürfen und was nicht.

Damals umfassten die betroffenen Apps den Set-up Wizard, Google Phone-top Search (Google Suche auf dem Home-Bildschirm), Gmail, Google Calendar, Google Talk, YouTube, Google Maps for Mobile, Google Street View, Contact Sync, Android Market Client (jetzt Google Play Store), Google Voice Search und Network Location Provider. Da die Vereinbarung von Google jederzeit angepasst werden kann, sollten heute auch Chrome, Google Play Music, Google Play Movies, Google Play Books, die Google Play Services und Google+ dabei sein.

Will man als Hardware-Hersteller eine der Apps nutzen (zum Beispiel Google Play Services, eigentlich unabdingbar in einem Smartphone oder Tablet), müssen alle von Google vorgegebenen Apps installiert sein. Es gibt auch weitere Google Apps, die optional vorinstalliert sein können (z.B. Google Goggles, Google Earth und Google Finance), die Pflicht-Apps müssen aber auf den Geräten sein, sonst dürfen sie nicht vertrieben werden. Alles oder nichts.

Des Weiteren verpflichten sich die Firmen, keine Android-Forks zu erstellen (weshalb z.B. Amazon die Kindle Fire Tablets von „No-Name“-Herstellern fertigen lassen muss) oder ein SDK auf Android basierend anzubieten. Google erlaubt außerdem nicht, dass die Google-Apps in anderen App Stores (Samsung Apps, Amazon App-Shop) vertrieben werden. Auch ist eine Manipulation der Google Apps nicht erlaubt.

Google bestimmt sogar, wo die eigenen Apps zu platzieren sind. Die Suche und der Play Store dürfen maximal einen Wisch vom Homebildschirm entfernt sein, die restlichen Apps dürfen maximal ein Level unter der Phone-top Search platziert werden. Das heißt, dass sie im App-Drawer untergebracht sein dürfen. Die Google Suche muss zudem die einzige Websuche für alle Websuchen auf dem Gerät sein. Googles Network Location Provider muss nicht nur installiert sein, sondern auch als Standard Network Location Provider aktiv sein.

Google verlangt zudem monatliche Zahlen zu verkauften Android-Geräten von den Herstellern. Diese müssen wiederum in Google Application, Verkaufsgebiete und einzelne Modelle innerhalb der Gebiete unterteilt sein. Google weiß praktisch über jedes verkaufte Gerät Bescheid, dass offiziell ausgeliefert wird.

Sollte ein Hersteller auf die Idee kommen, Google Apps durch irgendwelchen Code umzufunktionieren oder gar nicht lauffähig zu machen, erlischt die Lizenz. Für den Lizenzierungs-Prozess muss der Hersteller vier Testgeräte von jedem Modell bei Google abgeben (ob die eigene Lagerhallen für Samsung-Geräte haben?). Nach 2 Jahren müssen die Lizenzierungen neu verhandelt werden, das bedeutet aber nicht, dass die Einschränkungen dadurch nach 2 Jahren automatisch aufgehoben werden. Wird ein Hersteller von einem anderen übernommen, bleiben beiden Seiten 30 Tage Zeit, um die Vereinbarung zu kündigen.

Google hat das offene Android-System nach diesen Angaben ziemlich in der Hand. Eigentlich bleibt einem Hersteller nichts anderes übrig, als diese Einschränkungen und Bevormundungen zu akzeptieren, wenn er ein Gerät mit dem System auf den Markt bringen will, das fast 80% Marktanteil hat. Gleichzeitig zeigt diese strikte Kontrolle des Systems aber auch, dass Google viel daran gelegen ist, dass Android nicht verwässert. Ein zweischneidiges Schwert. Die Hersteller kommen ohne Android nicht aus, also kann Google im Prinzip alles vorgeben und die Hersteller müssen es schlucken.

Umso faszinierender ist es – zumindest für mich – wie sehr die Geräte-Hersteller doch bemüht sind, eine eigene User Experience zu erschaffen. Ist sicherlich gar nicht so einfach, wenn man so viele Vorgaben einhalten muss. Hättet Ihr gedacht, dass es bei der Google Apps Lizenzierung so streng zur Sache geht?

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*Mitglied der Redaktion 2013 bis 2019*

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32 Kommentare

  1. Ich stimme Grummel zu. Wie einige hier von „kleinen“ Vorschriften sprechen können ist mir schleierhaft (Fan boys?). Dass ich als Hersteller nur noch Google Android Geräte verkaufen darf schränkt den Wettbewerb sehr ein, hoffentlich wird die EU Kommission darauf mal aufmerksam. Lässt doch Samsung gleichzeitig auch non-Google Geräte verkaufen, der Markt würde dann entscheiden.

  2. Wo genau ist das neue in diesem Artikel? Ich glaube ich hab einen sehr ähnlichen Artikel schonmal in diesem Blog gelesen 😉 Was genau wird damit bezweckt diese Artikel nochmal als aktuell rauszubringen?

    Egal: Dass Google für die Nutzung ihrer Apps Nutzungsbedingungen vorschreibt ist normal und verständlich – das gibt es für praktisch jedes Programm, dass sich irgendwer auf irgendeinem System installiert (EULA)…

    Fragwürdig, aber durchaus auch verständlich, finde ich die Einschränkung, dass kein Android-Fork vertreieben werden darf, wenn Googles Android vertrieben wird…. Fragwürdig, weil Android Opensource ist und somit jeder das Recht hat es so anzupassen wie er will…

    Verständlich aber, weil von den gleichen Kritikern die jetzt die Regeln anprangern (in diesem Fall Sascha Ostermaier) die Fragmentierung so sehr kritisiert wird…

    Man stelle sich vor Samsung bringt das Galaxy S5 mit Google-Android heraus – und das Galaxy S5s (s für Samsung) mit einem eigenen Fork… Ich will garnicht wissen wie sehr das in Blogs kritisiert werden würde… (Android != Android – fallt nicht auf das falsche herein! Wie kannn man nur…blabla)…

    Google bietet mit Android den Herstellern JEDE Freiheit, die sie gewähren können… Sie wollen aber auch nicht, dass ihr System als „Müllhalde“ missbraucht wird (Samsung bringt Samsung-Android und entwickelt es nicht weiter) – und das ist legitim! Jeder Hersteller der möchte KANN einen Android Fork bauen – nur wenn man Google-Android anbieten will, dann muss man sich dazu auch bekennen… Vollkommen richtig meiner Meinung nach!

  3. Andere Anbieter von Smartphone Betriebssystemen machen ähnliches. Warum wird Google jetzt an den Pranger gestellt?! Letztendlich bleibt der Kern von Android offen (siehe Custom ROM),und das ist das wichtigste. Solange Firmen wie z.B. Samsung milliarden Umsatz machen wird sich an dieser Zertifizierungspolitik nichts ändern. Und das ist auch gut so. Ich finde es sogar gut was Korea jetzt an den Start bringt. Alle Hersteller spezifischen Apps müssen deinstallierbar sein. Das sollte Schule machen. Das Google Kernsystem wird mehr und mehr in den Hintergrund verlagert. Eine Zumutung meiner Meinung nach!

  4. Die Kommentare hier sind irgendwie skurril. Jeder pocht drauf, dass alles offen zu sein hat, jetzt heißt es, dass nichts offen ist und alle sagen »Ach das ist Google, das ist schon ok so«. Was ist mit den Leuten nicht in Ordnung? O_o
    Das ist der Punkt an dem man merkt, dass diese Leute keine Android-Enthusiasten mehr sind, sondern ausgewachsene Android-Fanboys. iOS und WP werden kritisiert, weil sie Restriktionen haben, die durchaus logisch sind, weil die Systeme halt nicht offen sind bzw. WP nur halboffen. Bei Android stellt sich jetzt heraus, dass es genauso geschlossen ist, wenn man es richtig nutzen will und es ist einfach mal jedem egal. Einfach nur der Hammer…

  5. Wo ist hierbei das Problem?

  6. @Marco: Android ist offen. Du kannst dir deine eigene ROM bauen. Die Restriktionen betreffen halt nur die Google Services. Das ist ein Unterschied, der hier halt unterm Teppich gekehrt wird. Die Vergleiche zu iOS z.B. hinken da, da iOS eben auf 3-4 Geräten läuft und fertig.

    Jedem steht frei Android ohne GApps zu nutzen, in dem er sich einer der vielen ROMs zieht oder sich sogar selbst sein eigenes Android baut.

    Es geht halt um die Fragmentierung auf dem Markt. Google will diese halt möglichst klein halten mit diesen Bedingungen und wenn jeder Hersteller zusätzlich zu „Google Handys“ noch Smartphones mit eigenem Android raushaut, dann hat man doch kaum mehr Übersicht. Das brauch kein Mensch.

    Ich denke die Hersteller haben schon jetzt noch genug Freiheiten um Android einen eigenen Touch zu verteilen. An Sense oder TouchWiz als Oberfläche (dahinter schaut kaum ein User) sieht man doch, wie unterschiedlich es sein kann, während anderer Hersteller (Sony z.B.) relativ nah am „Vanilla“-Style bleiben und nicht zuviel ändern und eher auf andere „Argumente“ setzen…

    • @Benny
      Das ist mir bewusst. Ich nutze Android seit 2009 und kenne auch die Moddingszene mehr als ausreichend. Aber es geht hier nicht um Android AOSP. Es geht um Android und das ist auf den meisten Geräten eben mit Google-Diensten und wird genau hier oft als offen bezeichnet und das ist eben nicht in dem Ausmaß der Fall, wie es manche immer darstellen. Und jetzt wo es rauskommt, dass es nicht das perfekte offene System ist, was alle nutzen, ist es auf einmal egal, denn es wäre ja ohne Google-Dienste offen (Nur eben kaum nutzbar, weil ohne Google Play Services mal eben viele wichtige APIs wegfallen)

      Und ja steht es. Aber warum? Der Hauptaspekt an Smartphones ist, dass sie funktionieren sollen. Out of the box. Ich habe lange genug rumgefrickelt, getestet, neu geschrieben und bla. Aber wenn ich eben Out of the Box ein offenes System möchte, was komplett funktioniert, hilft mir weder iOS noch WP oder Android. Das ist einfach Humbug. Das Android, was die meisten nutzen ist nicht viel offener als WP oder iOS.

      Google will die Fragmentierung nicht klein halten, Google will, dass man Android nicht mehr ohne Google-Dienste nutzen kann. Die wichtigsten aktuellen APIs sind alle in den Play Services und funktionieren auch auf 2.3. Damit wird scheinbar 2.3 noch mit unterstützt, aber Geräte ohne Play Services die mit 4.4 laufen, können das eben nicht. Dadurch wird die Fragmentierung nicht klein gehalten, sondern es werden lediglich neue Fesseln angelegt.

      Und dass Android verändert werden darf wie man will, wurde ja erst letztens gezeigt, als Google Samsung verboten hat, das Magazine UX zu nutzen, welches den Android-Homescreen erstmals Out of the Box nützlich macht…

  7. Gerne darf das ganze auch noch viel strenger sein. Die Hersteller können allesamt ganz gut Hardware, ja. Aber von Software verstehen die rein gar nix. Der einzig brauchbare Launcher ist von Google – und ein, zwei Launcher aus der Android-Community. Aber nicht ein einziger Herstellerlauncher ist defacto brauchbar.

    Außerdem: Je weniger Fragmentierung, desto besser: Schnellere Updates, bessere Sicherheit. Ich will nicht wissen, wie viele Smartphones dank miesester Update-Politik der Hersteller offen wie Scheunentore sind.

    Von daher: Go Google.

  8. @Marco “Wishu” Kaiser: Kommt drauf an, was man als offen defeniert. Wenn Android so verschlossen wäre wie WP und iOS, könnte man sich nicht Apks installieren und es in dem Maße anpassen. Wenn du das nur auf Api etc. beschränkt, dann mach das. Amazon macht es ja vor mit seinen Kindles.

  9. @Patrick: Ich bin mit dem Xperia Launcher mehr als zufrieden. Den hat bisher bei mir kein Launcher verdrängen können.. Egal ob Nova, Go oder Action – ich fand sie allesamt bescheiden. Ich will die Apps im Launcher so anordnen, wie ich es mag und am besten eben auch noch mit Ordnern. Das konnte bei mir bisher nur der Xperia Launcher – das kann nichtmal der GES. Der Nova nur im Pro. Aber für einen Launcher gebe ich ehrlich kein Geld aus.

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