„Forspoken“ angespielt: Kurzweiliges Action-RPG

Das Spiel „Forspoken“ sorgte anfangs für viel Furore: Unter der Bezeichnung Project Athia erstmals in Videos zu sehen, war der Titel eine der ersten Demonstrationen dessen, was die Sony PlayStation 5 so auf dem Kasten hat. Entsprechend ist dieses Spiel im Konsolenbereich dann auch exklusiv für die PS5 zu haben – Xbox-Fans gehen leer aus. Ebenfalls erhältlich: eine PC-Version. Ich habe mir das Game einmal in den letzten Tagen genauer angeschaut.

Nun ist es kein Geheimnis, dass bereits veröffentlichte Testberichte zu „Forspoken“ das Triple-A-Spiel eher durchwachsen bewertet haben. Bei Metacritic ergibt sich etwa ein Kritiken-Durchschnitt von 67 und die Nutzerbewertungen fallen nochmals negativer aus. Viel Kritik konzentriert sich auf die Hauptfigur Frey, verkörpert von der Schauspielerin Ella Balinska. Letztere scheint kein gutes Händchen für Rollen zu haben, denn auch in den Flops „3 Engel für Charlie“ und „Resident Evil“ (Netfllix-Serie) wirkte sie mit.

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Und ja: Frey verkörpert viele Klischees, die man Millennials nachsagt. Die gute wirkt recht egofixiert und kann weniger mit Cleverness und sympathischen Wesenszügen auffallen, als mit Glück und krampfhafter Toughness. Und auch ihr ewig plaudernder Begleiter Cuff, in der Tat ein Armband, geht einem rasch auf die Nerven. Zumal dessen verbale Einlagen den Spielfluss unterbrechen, da man sich dann nicht mehr bewegen kann. Cuffs „witzige“ Kommentare zu Kämpfen kann man immerhin im Menü zurückfahren.

Doch der Reihe nach: In „Forspoken“ schlüpft ihr also in die Rolle der erwähnten Frey, einer jungen Frau, die aus New York City in die Fantasy-Welt Athia gerissen wird und sich ihren Weg nach Hause erkämpfen muss – um nebenbei das Reich von einer Tyrannei zu befreien. Die Standard-Geschichte, wie man sie aus vielen anderen Fantasy-Titeln kennt, nimmt dabei erst im letzten Drittel der rund 15-stündigen Hauptgeschichte Fahrt auf. Die für ein Action-RPG recht kurze Spielzeit hätte eine knackige Geschichte erlaubt, im Grunde hangelt man sich aber primär von einem großen Widersacher zum nächsten, ohne so wirklich mit Frey und Athias Bewohnern mitfiebern zu können. Dafür bleibt die Hauptfigur dann doch zu blass.

Auch wirkt Athia unverhofft generisch: Man kämpft mit seinen Zaubersprüchen, die man in Kämpfen sehr oft wechseln muss, gegen allerlei Standard-Gegner aus der Fauna und ab und an gegen etwas smartere, menschliche Klopper. Um die langsam in einer Verseuchung verendende Welt zu befreien, dieses Story-Element erinnert etwas an die „Unendliche Geschichte“, besucht man mehrere Reiche. Highlight ist dabei weniger die manchmal etwas sterile Umwelt, sondern die rasante Fortbewegung von Frey. So erinnert der Flow, der von Anfang an dabei aufkommt, leicht an „Sunset Overdrive“ oder „Sonic Frontiers“. Von A nach B zu kommen, macht im Eiltempo durchaus Spaß. Da glühen im wahrsten Sinne des Wortes die Schuhe.

Dabei wird man eigentlich immer wieder ermuntert, innezuhalten. So ploppen auf der Karte derart viele Icons für Nebenaktivitäten auf, dass selbst Ubisoft staunen würde. Leider handelt es sich hier aber meistens nur um dröge Sammelorgien, die Jagd nach Tieren oder Objekten oder bestimmte Kampf-Herausforderungen. Ich fühlte mich hier, als würde ich eine Liste abarbeiten und ignorierte die Sidequests fix. Gut ist, dass man das alles eben auch relativ leicht ignorieren kann und trotzdem einwandfrei durch die Hauptgeschichte stapft. Das dynamische Parkour-System und die simplen, aber spaßigen Kämpfe sind ein kurzweiliger Zeitvertreib.

Technisch ist „Forspoken“ so eine Sache. Viele Charaktere, allen voran die Hauptfigur, sehen sehr detailliert aus und ihre Gestik und Mimik ist toll eingefangen. Doch die Spielwelt wirkt teilweise detailarm und generisch. Da gibt es Open-World-Spiele wie „Red Dead Redemption 2“, die Jahre älter sind, aber doch attraktiver aussehen. Im Spiel von Rockstar etwa hält man doch gerne mal inne und hat einfach Spaß, die Welt zu erkunden. „Forspoken“ bietet eine riesige Karte und fühlt sich trotz Hunderter Icons darauf dennoch leer an.

Dazu kommt, dass das Spiel nativ mit recht niedrigen Auflösungen arbeitet und insbesondere in rasanten Kampfszenen sehr soft wirkt. Dabei könnt ihr zwischen unterschiedlichen Qualitäts- und Performance wählen, je nachdem, ob euer TV 120 Hz beherrscht. Das Game läuft dann nicht mit jener Framerate, fühlt sich aber responsiver an. Die Kollegen von Digital Foundry haben dazu mal wieder ein ganz aufschlussreiches Video veröffentlicht.

Das Spiel tut sich auch keinen Gefallen damit, dass es aufgrund der um sich greifenden Veränderung im Land nur eine belebte Stadt gibt – Cipal. Dadurch entfällt eben die Freude, die beispielsweise schon in einem „The Elder Scrolls V: Skyrim“ aufkam, wenn man mal ein neues Dorf zu Gesicht bekam. Solche Dinge fehlen „Forspoken“: Orte, in denen man auf interessante Charaktere trifft, die einem Quests mit kleinen Hintergrundgeschichten bieten – nicht zig Symbole, die undramatisch auf der Karte prangen.

Der Soundtrack von „Forspoken“ hat mir im Übrigen deutlich besser gefallen als die Ästhetik. So stammt die Musik von Garry Schyman und Bear McCreary. Letzterer hat etwa auch den Soundtrack zu „God of War Ragnarök“ vorgelegt. Und auch die englische Sprachausgabe, auf die ich zurückgegriffen habe, ist gelungen. Letzten Endes sind hier ja auch viele aus Film und Fernsehen bekannte Schauspieler am Werke – z. B. spielt auch Janina Gavankar eine Rolle, die ihr vielleicht aus „True Blood“, „The Morning Show“ oder „Big Sky“ im Gedächtnis behalten habt.

Tja, ist „Forspoken“ ein gutes Spiel? Es hat mit seinem Parkour-System und den von Partikeleffekten gefluteten Kämpfen gute Ansätze, doch die sterile Open-World, die generische Story und die tendenziell unsympathische Hauptfigur machen vieles kaputt. Am Ende muss man sagen, dass man da zum Preis von aktuell 80 Euro einfach besseren Stoff bekommt – und vielleicht als Open-World-Fan lieber auf „Hogwarts Legacy“ wartet. Jedenfalls würde ich mir „Forspoken“ nicht zum Vollpreis krallen. Nach einer ordentlichen Preissenkung kann sich der Blick eventuell lohnen, wenn ihr es vor allem auf die dynamischen Gefechte und ein flottes Parkour-System in einer riesigen Spielwelt abgesehen habt.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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6 Kommentare

  1. „Zumal dessen verbale Einlagen den Spielfluss unterbrechen, da man sich dann nicht mehr bewegen kann“ Genau aus diesem Grund habe ich mich gestern dagegen Entschieden es mir zu holen. Werde mir dafür gleich Dead Space Remake kaufen.

  2. Alles nur noch das gleiche: generisch, langweilig, wenig Inhalte, Bugs, Battle Pässe, überzogene Preise.

    Oder auch inzwischen ein Klassiker der Branche:
    Das Spiel hat unsere Erwartungen nicht erfüllt und wir geloben Besserung beim nächsten Patch…

    Kein Wunder dass ich nur noch (alte) Multiplayer Spiele auf meiner XSX installiert habe, selbst MW2 liegt schon lange wieder brach trotz brachialen vorbestellerpreis.

    Also mache ich das was ich immer mache wenn ich mich nach neuen Spielen umgeschaut/informiert habe, und wie immer nichts Gutes neuen Multiplayer spielen finde:
    Dead By Daylight starten und gut ist. 😀

  3. Zum Parkour-System und den Kämpfen sollte man noch ergänzen, dass sich das Spiel dort weitestgehend alleine spielt. Also: ständig in Kämpfen den Trigger drücken, nicht auf den Bildschirm schauen. Frey wird dashen, angreifen und alle Gegner besiegen. Ähnlich beim Rennen durch die Gegend: Rollen, springen etc geschehen eigenständig. Da bleibt dann am Ende wenig Gameplay übrig.

  4. Drei Kommentare und alle haben „der Spiel“ im ersten Satz überlesen? Achtsamkeit adé!

    • Nein. Es hat einfach nur niemand Lust, jedesmal Grammatik Polizei zu spielen. Es ist ja klar, was gemeint ist

    • André Westphal says:

      Danke, hab ich korrigiert, da stand mit Sicherheit zuerst „der Titel“ und ich habs dann geändert, ohne den Artikel anzupassen.

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