Der Krieg gegen den Seifenopern-Effekt hat begonnen

Der Seifenoper-Effekt: Für Cineasten ist er seit mehr als einer Dekade ein Graus. Aber nicht nur viele Zuschauer, auch viele Filmemacher schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie daran denken, was manche TV-Einstellungen aus ihren Werken machen. Nun haben die beiden Regisseure Christopher Nolan („The Dark Knight“) und Paul Thomas Anderson („Magnolia“) eine Initiative gestartet, mit der sie Hersteller wie LG, Samsung und Sony den Kopf waschen möchten.

Ein wenig tut sich ja schon. So soll etwa IMAX Enhanced mit einem speziellen Bildmodi die Intentionen der Filmemacher in den Fokus rücken. Auch „Netflix Calibrated“, ein weiterer spezieller Bildmodus von Netflix und Sony, soll die visuelle Darstellung möglichst akkurat halten. Zufrieden sind viele Filmemacher aber dennoch nicht. So geht Nolan und Anderson ganz besonders auf den Keks, dass eben beispielsweise die Zwischenbildberechnung, welche den Seifenoper-Effekt bei Kinofilmen zur Folge hat, bei den TV-Herstellern ab Werk als Standard aktiviert ist. Die beiden Regisseure wünschen sich das Gegenteil – ab Werk sollte das Feature deaktiviert sein.

Samsung etwa verbirgt die gewünschten Settings hinter den „Experteneinstellungen“, was etwa meine wenig technikaffinen Eltern sofort abschrecken würde dort überhaupt etwas zu verstellen. Dort arbeitet man auch mit kryptischen Bezeichnungen wie „Digital aufbereiten“. Klingt harmlos, meint aber z. B. die Rauschunterdrückung, welche bei jenem Prozess auch reichlich Details wegbügelt. Die Zwischenbildberechnung heißt bei Samsung konkret „Auto Motion Plus“. Hier hat auch wieder jeder Hersteller seine eigenen Begrifflichkeiten, was Laien wohl ziemlich schnell verwirren kann.

Warum macht man aber nun so ein Trara um jene Features? Soll doch jeder schauen, wie er Lust hat, oder? Nun ja, Regisseure wie Christopher Nolan kreieren mit ihren Filmen zwar einerseits kommerzielle Produkte, andererseits aber eben auch Kunstwerke. Und es ist legitim, wenn die Künstler sich wünschen, dass den Zuschauern zumindest die möglichst unkomplizierte Möglichkeit geboten wird, ihre Werke so zu konsumieren, wie sie ursprünglich auch gedacht gewesen sind. Das erschweren die Hersteller dem Publikum aber damit, dass sie ihre Bildverschlimmbesserer ab Werk aktivieren und zusätzlich in Untermenüs vergraben.

Nolan und Anderson geht es also nicht per se darum den Anwendern vorzuschreiben, wie sie ihren TV einzustellen hätten. Vielmehr möchte man, dass die Hersteller es ihren Kunden aber leichter machen, die passenden Settings zu finden und Verschlimmbesserer wie eben die Zwischenbildberechnung auszuknipsen. Im Idealfall solle es einen Button auf der Fernbedienung geben, welcher das ganze Brimborium sofort deaktiviere. Zudem ist ein „Referenz-Modus“ ein Wunsch der Filmemacher. Um die Anbieter unter Druck zu setzen, führt man deswegen gerade in der Directors Guild of America eine Umfrage unter den Regisseuren durch. Die Ergebnisse will man den Herstellern vor den Latz knallen.

Paul Thomas Anderson hat sich zudem auch über die UHD Alliance an dessen Partner gewandt. Die Aufregung um die Zwischenbildberechnung ist besonders groß, weil sie den Eindruck von einem Film besonders drastisch verändern kann. Dabei werden zwischen Frames eben die namensgebenden Zwischenbilder berechnet, um Bewegungen flüssiger erscheinen zu lassen. Das kann bei Sportveranstaltungen, speziell Fußball, auch durchaus Sinn ergeben. Bei Filmen sorgt es aber dafür, dass Blockbuster wirken können wie billige Seifenopern aus dem Vorabendprogramm. Daher spricht man auch vom Soap-Effekt. Das folgende Video zeigt einmal einen Vergleich anhand einer Szene aus dem extrem sehenswerten Film „Drive“.

Wenn Bilder künstlich berechnet werden, wo eigentlich keine sind, verändert das nicht nur die Wirkung auf den Zuschauer, es führt auch technische Probleme ein. Durch die Zwischenbildberechnung entstehen z. B. Artefakte. Fast jeder, der sich ausführlicher mit dem Thema Heimkino beschäftigt, bekommt daher Falten auf der Stirn, wenn er vom Thema Seifenoper-Effekt hört. Komplett verteufeln, das wäre aber eben meiner Ansicht nach auch falsch: Für Filme sollte man in der Tat tunlichst von der Zwischenbildberechnung die Finger lassen, ist meine persönliche Ansicht. Aber für Sportveranstaltungen oder auch mit Abstrichen für Gaming, kann das Feature durchaus etwas bringen.

Rauschunterdrückung und Co. sind ebenfalls nicht zwangsweise Teufelszeug: In Maßen eingesetzt, können diese Features z. B. beim SD-Fernsehprogramm durchaus das Bild etwas aufpolieren. Für Blu-rays oder gar Ultra HD Blu-rays oder auch nur HD- und UHD-Streaming rate ich aber ebenfalls davon ab – wenn das Bild bereits knackig und scharf ist, filtert man damit nur das natürliche Filmkorn und damit auch Details weg. Denn Filmkorn ist nämlich ein Freund des Zuschauers, weil es ein Informationsträger ist. Wer also ein scharfes, detailreiches Bild sehen möchte, lässt von Features wie „Digital Aufbereiten“ lieber die Finger.

Ob Nolan und Co. nun bei den Herstellern mit ihrem Appell etwas erreichen? Ende 2017 hatten auch Rian Johnson („Star Wars: Die letzten Jedi“) sowie James Gunn („Guardians of the Galaxy Vol. 2“) ähnliche Kritik an den TV-Herstellern geäußert. Letztere quittieren die Anliegen der Filmemacher aber meistens mit einem Schulterzucken. Sicherlich liegt das auch daran, dass man die hauseigenen Bildverschlimmbesserer gerne als Marketing-Argumente nutzt. Zumal die Fernseher dadurch potentiell in den grellen Präsentationsumgebungen der Elektro-Discounter besser wirken.

Am Ende soll natürlich jeder im stillen Kämmerlein selbst entscheiden wie er sich seine Inhalte am TV ansieht. Ich denke den genannten Regisseuren geht es in erster Linie darum, dass auch der weniger versierte Otto Normalverbraucher die Chance haben soll möglichst leicht ein Bild zu erzielen, das dem beabsichtigten Look der Filmemacher nahe kommt. Wer weiß, wenn jemand bei Playern wie Samsung und Co. Gehör findet, dann sicherlich am ehesten ein Star-Regisseur wie Christopher Nolan.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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86 Kommentare

  1. Nunja, ganz ehrlich… Ich kommentiere zu diesem Thema nicht, um jemanden zu bekehren oder zu überreden, sondern um die Tatsachen klar zu stellen und falsche Behauptungen zu entkräften…

    Tatsachen sind ja:
    – 24 oder 23,976 Bilder pro sekunde ruckeln bei bewegten Objekten.
    – der soap Effekt hat an sich nicht zwangsweise mit der Zwischenbildberechnung zu tun (schaut euch Filme auf sony tv’s an, oder im Kino in Backnang)
    – der Quatsch, der hier mit verschlusszeit von DSLRs gebracht wurde ist auch nur ein erfundenes Argument, das auf statische bilder bezogen ist.
    – 60 frames oder 48 oder 50 sind flüssiger
    – 24 bilder sind quasi zufall und man hat sich dran gewöhnt
    – gute Regisseure und Produzenten wie Nolan geben auf diese Unzulänglichkeit Acht und gestalten die Szenen so, dass sie auch bei 24Hz genießbar sind
    – Leider wird von den eigentlichen Ursachen der zu niedrigen Bildrate abgelenkt, anstatt einfach mal zeitgemäßere Wege einzuschlagen, oder mal etwas Aufklärung zu betreiben.

    Ich selbst kann mit 24hz auch leben, aber mich nervt das ständige bashing auf die Zwischenbildberechnung. Ja, viele Hersteller bauen damit scheiße und daher finde ich Nolans Forderung völlig richtig, dass man es per Default deaktiviert hat, aber die Zwischenbildberechnung ist nur eine Entwicklung, um die alten Probleme möglichst gut zu umschiffen.

    Eigentlich hätten die sich mit Einführung der Bluray darum kümmern sollen, dass diese 23,976 und 50 und 60hz abgeschafft werden, damit sogleich die 23,976 vs 24,000 frames Probleme aus der Welt geschafft wären. Und die 3:2 pulldown Geschichte auch weg wäre und einfach alles einheitlich läuft. Aber so ist es ja leider nicht. Finde es daher gut, dass TV-hersteller sich bemühen Lösungen zu finden.

    • Das ist totaler Bullshit! Blurays ruckeln ja auch nicht und auf diesenliegt der Film mit 23,97 Fps vor. Wenn bei dir Filme ruckeln dann überprüfe deine Geräte. Ich hab nen Apple TV und der Schaltet bei Filmen automatisch auf 24 hz. Und weißte was mein TV macht? Er zaubert ein butterweiches 23,97 fps Bild.
      Und nun erzähl deinen Quatsch woanders.

  2. Also ich möchte ohne Motion Plus keinen Film mehr oder TV schauen, dieses geruckele von 24fps ist unerträglich, vor allem bei Anime. Man darf aber den Effekt nicht zu hoch puschen, dann siehts echt komisch aus und wirkt unecht. Ein Rätsel für mich warum noch immer alles in 24FPS bzw. 50hz in den USA aufgenommen wird; es wird Zeit für ganze 60 FPS dauerhaft.

    • Die 50Hz werden nicht in den USA genutzt, sondern hier in Europa. Ich fänd 50Hz global einen guten Kompromiss. Ob 50 oder 60 macht den braten optisch nicht fett, aber Bandbreitenseitig schon. 60Hz wird in den usa gewählt, weil es ein vielfaches von 30 ist.

      • Nun, ich befürchte das hat grundsätzlich was mit der Frequenz des vorhandenen Stromnetzes zu tun. USA 60Hz, Rest der Welt 50 Hz.
        Daher USA 30fps, Rest der Welt 25 fps.

        • Jup, vermute ich auch, so wird es wohl sein. Da Fernseher heutzutage sowohl 50, als auch 60 hertz Signale verbreiten können, wäre es kein Problem das zu vereinheitlichen, aber dazu wird es niemals kommen und den rattenschwanz werden die durch alle neuen hdmi- und Wiedergabestandards so durchziehen.

  3. Einmal mit dem Thema Berührung gehabt. Dann damit Auseinander gesetzt. Wann immer es geht Zwischenbilder.

    Am PC via SVP auf 60fps hoch.
    Und ja es ist nicht perfekt, aber wenn man es erst Mal optisch verstanden hat lebt man lieber mit den Fehlern der Zwischenbilder.

    Schöner wäre natürlich wenn das Kino/Film endlich aus ihrer Steinzeit kommt und auf 48 oder mehr FPS geht.

    Die Haltung der beiden Filmemacher an 24p festzuhalten ist mir eine Wand. Und aus meiner Sicht ein rein technisches Relikt was sich bis heute aus Bequemlichkeit gehalten hat.

    Ich kann auch verstehen daß sich vielen erst Mal nicht erschließen tut worum es geht. Ich für meinen Teil habe die Unterschiede ab der ersten Sekunde wahrgenommen.

    Gerade Gamer werden wissen was es bedeuten würde mit 24 FPS spielen zu müssen. Und genauso fühlen sich für mich Filme in 24p an.

    • Dann stell‘ dir mal Filme wie Transformers in 48 FPS oder mehr vor. Man würde mehr von der Hektik mitbekommen, als wenn man in der Realität eine Verfolgungsjagd sehen würde. Das würde bei jedem Unbehagen auslösen. Die 24fps sind Speicherplatzsparend und gerade genug, um mit dem menschlichen Auge keine Einzelbilder ausfindig zu machen. Und ja, auch wenn du behauptest, du kannst einzelne Frames im Kino ausmachen, das kann kein anderer Mensch.
      Und 24fps in der Gaming Branche ist eine ganz andere Geschichte, da dort mehrere Faktoren wie Spielart (bei einer Flugsim sind 24 fps sogar nur empfohlen), Inputlag und Art des Monitors eine wesentliche Rolle spielen.

      • Für Scheiße wie Transformers darf es gerne 48BpS sein, interessiert mich da nicht. Bei richtigen Filmen aber 24!
        „Und 24fps in der Gaming Branche ist eine ganz andere Geschichte, da dort mehrere Faktoren wie Spielart (bei einer Flugsim sind 24 fps sogar nur empfohlen), Inputlag und Art des Monitors eine wesentliche Rolle spielen.“ – Meine Güte was ein Unsinn… die FPS in Videospielen hat nichts mit der Bildrate in Filmen gemein, sie werden gänzlich anders erzeugt. Das Videospiel muss das Bild erst einmal erzeugen, je höher desto besser. In Filmen ist die Realität aber schon gegeben sie muss nur noch abgefilmt werden, da darf ein einzelnen Bild auch verschwommen sein.

    • „Gerade Gamer werden wissen was es bedeuten würde mit 24 FPS spielen zu müssen. Und genauso fühlen sich für mich Filme in 24p an.“ – Und genau da ist das Problem, ihr habt einfach alle keine Ahnung… es ist einfach traurig. Was haben die FPS in Spielen mit der Bildrate in Filmen gemein? Nichts! Benutze doch einfach mal dein Hirn! Danke.

  4. Ich habe meine Masterarbeit zum Thema „bewegungskompensierendes Deinterlacing“ geschrieben und kann sagen, dass es sehr gute Verfahren gibt die anhand von Bewegungsvektoren einzelner Bildpunkte zwischen zwei existierenden Frames ein gutes Zwischenbild berechnen. Ob die aber heutzutage in den Fernsehern eingesetzt werden weiß ich nicht.

  5. „Krieg“ finde ich für so ein belangloses Thema ein wenig daneben.

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