„Wo Long: Fallen Dynasty“ angespielt: Team Ninja schleicht sich an FromSoftware an

Am Freitag ist für PC und Konsolen das neue Spiel „Wo Long: Fallen Dynasty“ erschienen. Ich habe mir den Titel bereits vor Veröffentlichung an der PlayStation 5 anschauen können. Dabei kann ich festhalten: Solltet ihr auf Soulslike-Spiele wie „Sekiro: Shadows Die Twice“, „Elden Ring“ oder eben „Dark Souls“ stehen, dann seid ihr hier absolut an der richtigen Adresse.

Umgekehrt gilt für das neue Spiel von Team Ninja („Nioh“) aber auch: Könnt ihr mit derlei Titeln wenig anfangen, dann dürfte euch vermutlich auch „Wo Long: Fallen Dynasty“ nicht bekehren. Obwohl es einen großen Unterschied gibt: Der Schwierigkeitsgrad ist bei diesem Dark-Fantasy-Action-RPG weitaus gnädiger als bei den Pendants von FromSoftware. Ein Kinderspiel ist das Game aber dennoch nicht gerade.

„Wo Long: Fallen Dynasty“ nimmt sich als Szenario China zur Zeit der drei Königreiche her und garniert das Ganze mit Dark-Fantasy-Elementen. Allerdings ist die Geschichte hier eher Beiwerk, so wie man das eben auch von den Titeln von FromSoftware kennt. Man wird ziemlich hineingeworfen und gestaltet das Aussehen seines namenlosen Soldaten, der gegen einen schwarz gekleideten Daoisten und seine Heere und Dämonen ins Feld zieht. Um den dunklen Zauberer zu bezwingen, braucht es nun Allianzen mit anderen Helden und magischen Kreaturen.

Dabei trifft man auch auf allerlei historische Figuren aus der chinesischen Geschichte, welche den meisten Spielern in Deutschland aber wohl nichts sagen dürften. So wie der Hauptcharakter, der komplett farblos bleibt. Geschichte und Charaktere sind hier also nur klischeebehaftetes Beiwerk. Ähnlich wie bei „Elden Ring“ und Co. passt jedoch die düstere Atmosphäre, auch wenn mir das triste Art-Design oftmals etwas zu generisch vorkommt. Zumal die Szenarien oftmals derart dunkel sind, dass ich meine üblichen Helligkeitseinstellungen erstmals aufbohren musste.

Herzstück von „Wo Long: Fallen Dynasty“ sind die taktischen Kämpfe. Die spielen sich ähnlich „langsam“ wie etwa bei „Elden Ring“. Eine große Rolle spielt also das Parieren, Reflektieren und Angreifen in exakt dem richtigen Augenblick, um eine Lücke in der gegnerischen Verteidigung auszunutzen. Mit Button-Mashing oder der allseits beliebten Routine aus Ausweichen und Angreifen kommt man also nicht gerade weit.

Das gilt doppelt bei Endgegnern: Hier müsst ihr alle Angriffsmuster aus dem Effeff beherrschen oder zwei, drei Attacken eures Gegenübers schicken euch anfangs über den Jordan. Generell hat hier auch eure Moral-Stärke Auswirkungen: Die erhöht sich einerseits, wenn ihr Gegner tötet und andererseits, wenn ihr Checkpoints in einem Areal markiert, indem ihr dort Flaggen / Standarten aufstellt. Denn mit jedem Tod sinkt eure Moral wieder auf null – es sei denn, ihr habt ausreichend Flaggen gehisst, dann wird der Minimalzustand erhöht. Bei höherer Moral seid ihr stärker und zäher. Aber: Auch die Gegner haben unterschiedliche Moral-Werte.

Dabei habt ihr in „Wo Long: Fallen Dynasty“ allerdings keine offene Spielwelt, die ihr erkunden könntet. Das Spiel ist ähnlich wie die „Nioh“-Titel vielmehr sehr linear. Ein wenig Raum zum Erkunden gibt es auch stets, aber grundsätzlich bewegt ihr euch durch fest abgesteckte Areale. Wodurch der Schwierigkeitsgrad im Übrigen niedriger liegt als bei den Titeln von FromSoftware: Meistens seid ihr in diesem Spiel von Team Ninja mit Verbündeten unterwegs, die euch in Kämpfen unterstützen. Das vereinfacht manches Scharmützel enorm.

Über Ausdauer verfügt ihr im Übrigen nicht, stattdessen gibt es einen Willensbalken, der sich nach Treffern, beim Ausweichen oder beim Blocken füllt. Habt ihr euch verausgabt, schnauft ihr kurz bewegungslos und Feinde haben die beste Gelegenheit, euch eins reinzuwürgen. Das nimmt Tempo aus den Kämpfen, da man nicht wahllos umherspringen kann, sondern genau abwägen muss, wie man vorgeht. Denn, auch die Feinde haben so einen Willensbalken und können umgekehrt ebenfalls dazu verlockt werden, sich zu überanstrengen, um sich dann für Attacken zu öffnen.

Da gibt es auch nicht-blockierbare Angriffe, die durch rote Partikeleffekte gekennzeichnet sind. Könnt ihr jenen ausweichen und sie parieren, kommt euer Gegenüber besonders aus der Puste. Dieses Spielchen ist insbesondere bei Bossen unumgehbar, um ihnen Schaden zuzufügen. Denn normales Draufhauen bringt da meistens zu wenig.

Abseits der bereits beschriebenen Moral-Level steigt der Charakter im Übrigen dennoch RPG-klassisch in Stufen auf, lernt neue Fähigkeiten und erhält bessere Ausrüstung. Wer sich hier einen hohen Umfang erhofft, wird übrigens keinesfalls enttäuscht sein: Aus einem Bergdorf-Hub zieht ihr immer wieder in neue Haupt- und Nebenmissionen, sodass gut und gerne 40 Stunden Spielzeit und mehr drin sind, je nachdem, welche Quests ihr abhaken möchtet.

Besonders cool: Es ist nach Abschluss des ersten Abschnitts auch möglich, „Wo Long: Fallen Dynasty“ im Koop zu zocken. Da ihr im Spielverlauf auch unterschiedliche Zaubersprüche erlernen könnt, ergeben sich da im Zusammenspiel mit einem anderen Player, zahlreiche Kombo-Möglichkeiten. Übrigens bietet das Spiel euch einen Performance-Modus mit 1440p und 60 fps an sowie einen High-Resolution-Modus. Letzterer visiert auch 60 fps an, scheitert aber regelmäßig daran und läuft daher recht inkonstant. Natives 4K wird auch hier nicht erreicht, sodass ihr am Ende mit dem Performance-Modus aktuell besser fahrt.

Ansonsten ist die Grafik ordentlich, man sieht die Last-Gen-Wurzeln aber eben. Charaktermodelle und Animationen wirken stellenweise etwas hölzern und viele Texturen sind eher niedrig aufgelöst. Synchronisation und Soundtrack haben mir hingegen sehr gut gefallen, besonders die Musik ist doch recht bombastisch und intensiviert die Kämpfe.

Im Ergebnis ist „Wo Long: Fallen Dynasty“ ein Soulslike, das recht knallhart anfängt, über die Spielzeit aber eine faire Balance hält. Wer allerdings einen Titel „für mal zwischendurch“ sucht, sollte sich nicht nur wegen des dennoch überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads, sondern auch wegen des enormen Umfangs anderweitig umsehen. Bedauerlicherweise ist die Story eher Beiwerk, die Atmosphäre ist jedoch echt gelungen.

Gerade wer an „Sekiro: Shadows Die Twice“ und „Nioh“ seinen Spaß hatte und sich schon immer eine Art Hybrid gewünscht hatte, wird hier sehr viel Spaß mit dem Titel von Team Ninja haben.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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10 Kommentare

  1. Ergänzend: Day 1 im Game Pass (Cloud, Konsole, PC)

  2. Klingt für mich weniger nach einem Spiel als einem Zeitvertreib für Masochisten. Den gleichen Eindruck habe ich aber auch schon bei Elden Ring. Mir bleibt es schleierhaft, warum das sture Auswendiglernen der Spielmechanik von verschiedenen Bossen einen Spielspaß ergeben kann. In meiner Kindheit fand ich aber auch schon die Schulkollegen schräg, die stundenlang vor der Kiste hockten und in einem Platformer die immer gleiche Stelle probierten, bis die richtige Knopfdrückaktion endlich im Kleinhirn verankert war. Ich habe lieber CIV oder Railroads Tycoon gespielt. Oder auch Doom, aber das hat wenig gemein mit diesen sog. Souls-like Spielen. Naja, die scheinen zumindest ein Publikum zu haben. Mir bleibt das zumindest komplett rätselhaft.

    • Genauso kannst du einen Sportler fragen, warum er stur immer wieder die gleichen Abläufe auswendig lernt bis er die Ausführung bis ins letzte Detail verankert hat. Das ist der Spaß an der Herausforderung, etwas schwieriges zu meistern und zu übertreffen. Das ist eine grundlegende Motivation des Menschen und treibt uns an. Wir suchen stets die nächste größere Herausforderung egal bei was. Arbeit, Wissenschaft Sport, Musik und eben auch im Spiel.

      Bezogen auf Elden Ring liegt der Spaß, neben der grandios gestalteten Welt darin, immer etwas besser zu werden. Den Kampf immer ein Stück besser verstehen, die Gegner besser zu lesen, eine Phase weiterzukommen und am Ende den Sieg zu erringen. Die Befriedigung einen schweren Gegner nach x Versuchen zu besiegen ist viel viel höher als durch ein easy Game zu laufen. Daher wird sowas gespielt und ist so beliebt. Aber du hast es schon gesagt, man muss eben der Typ dafür sein.

      • Lazygamer says:

        Typen dafür gibt’s anscheinend genug, aber verstehen tue ich es wie Weberli auch nicht. Herausforderungen sind ja in der Regel kein Selbstzweck, sondern nur der Weg zum eigentlichen Ziel. Auf Arbeit ist das Ansehen oder ganz profan höheres Gehalt, bei der Wissenschaft der Durchbruch bei etwas Neuem, bei Sport der Wettkampf, bei Musik die Resonanz eines Auftrittes.

        Das kann ich durchaus alles nachvollziehen, da ich genau das auch alles selbst alles mache. Aber was ist der Zweck und damit die Motivation, für mich allein mehrere Stunden gegen einen geskripteten Gegner zu kämpfen? Der Unterschied zu all den genannten Beispielen ist hier doch die fehlende menschliche Komponente. Ich verstehe den Anreiz, gegen andere Spieler anzutreten, ich hab selbst zu viele Stunden in Battlefield, LoL, Overwatch und Co. verbracht, aber gegen einen NPC? Der kann mich persönlich gerne mal 5 – 10 Minuten beschäftigen, aber dann ist auch gut bitte. Ansonsten ist es nämlich kein Spiel mehr, sondern Arbeit. Und dort bin zumindest ich auch ohne Spiel genügend herausgefordert und muss zum Feierabend nicht noch weitermalochen, sondern will einfach nur zocken. Aber vielleicht ist das ja genau der Unterschied. Keine Ahnung, muss ich auch nicht verstehen. Der Erfolg gibt solchen Spielen ja unbestritten recht.

  3. „Allerdings ist die Geschichte hier eher Beiwerk, so wie man das eben auch von den Titeln von FromSoftware kennt.“
    Äh… also zumindest bei Elden Ring gibt es eine wunderbar detaillierte und geniale Geschichte die sich in den Gesprächen auch entfaltet… wenn man sie nicht einfach wegklickert. Ich empfehle hierzu auch https://www.youtube.com/watch?v=DYDs_Inzkz4 . Finde da tust du FromSoftware, oder zumindest Elden Ring (die anderen kenne ich nicht) unrecht.

    • André Westphal says:

      Die Meinung kann ich nicht teilen, es gibt zwar eine sehr atmosphärische Welt bei „Elden Ring“. Story und Charaktere finde ich aber extrem dünn.

  4. Und noch etwas: „Dabei trifft man auch auf allerlei historische Figuren aus der chinesischen Geschichte, welche den meisten Spielern in Deutschland aber wohl nichts sagen dürften. So wie der Hauptcharakter, der komplett farblos bleibt. Geschichte und Charaktere sind hier also nur klischeebehaftetes Beiwerk.“
    D.h. nur weil wir mit der Geschichte nichts anfangen können, weil in einer anderen Kultur angesiedelt ist, ist sie nur „klischeehaftes Beiwerk“? Das würde ich, mindestens, als etwas „unglücklich“ formuliert ansehen. Durchaus möglich das auch jemand, der mit Kultur aufgewachsen ist, das auch so sieht… aber den Satz finde ich doch etwas anmaßend..

    • André Westphal says:

      Das ist etwas ungünstig, da es hintereinander kommt. Einmal ist es die Geschichte (Historie) die eingebunden ist und einmal die klischeehafte Geschichte (Story). Letztere könnte man eher kulturübergreifend als recht stereotyp verstehen.

  5. Fritz Mukula says:

    Das Spiel hat mit den Titeln von From Software rein gar nichts zu tun bis auf die Tatsache, dass es ein grottenschlechter Versuch ist auf diesen Erfolg aufzuspringen. Die Kampfmechanik ist vollkommen sinnfrei gestaltet und auch der Unsinn mit dem Moral-Level usw. Was soll das? Alles völlig unnötig verkompliziert. Das hat mich schon bei Nioh wahnsinnig gemacht. Also ganz klares NOPE.

    • Ich hab Sekiro geliebt, die Souls Reihe gesuchtet und Elden Ring in und auswendig gespielt. Nioh durchgespielt und bin daher eigentlich die beste Zielgruppe für das Game. Trotzdem werd ich auch nach mehreren Versuchen einfach nicht warm damit und werd es auslassen.

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