Totgesagte leben länger: Darum habe ich mir eine Sony PlayStation Vita gekauft

Die Sony PlayStation Vita erschien in Europa 2012: Damals war der Smartphone-Boom in vollem Gange. Flaggschiffe wie das Samsung Galaxy S3, das LG Optimus 4X HD oder das Apple iPhone 5 sorgten für Aufsehen. Es gab wenig Platz für ein Handheld wie die Sony PlayStation Vita, die mit Fehlentscheidungen wie proprietärem Ladeanschluss und so notwendigen wie überteuerten (ebenfalls proprietären) Speicherkarten Kritik einstecken musste. Etwa fünf Jahre nach Release habe ich mir die betagte PS Vita gekauft und verrate, warum es sich gerade jetzt gelohnt hat.

Zum Launch hatte ich nicht einmal einen Hauch von Interesse: Gerade hatte ich mein erstes Smartphone erstanden, das Samsung Galaxy S3, und war fasziniert, was daran an Mobile Gaming möglich ist. Nie war ich weiter entfernt davon mir ein Handheld zu kaufen, als 2012 – dem Erscheinungsjahr der PS Vita in Europa. Mit jener Haltung war ich sicherlich nicht alleine, zumal Nintendo mit seinem 3DS den Markt sowieso fest in der Hand hatte. Glaubte damals jemand ernsthaft an den Erfolg der PS Vita?

Man bekam sogar Zweifel, ob das bei Sony selbst der Fall war. Das Marketing kam mir halbherzig vor, das Spieleangebot beinhaltete abseits von „Uncharted: Golden Abyss“ und „wipEout 2048“ wenig Interessantes. Und so kam die PS Vita auf den Markt, dümpelte mit enttäuschenden Verkaufszahlen am Markt vor sich hin und weder Entwickler und Kunden noch Sony selbst schienen mit dem Ding etwas anfangen zu können.

Beispielsweise bietet die Vita neben zwei Analogsticks, einem digitalen Steuerkreuz, Schultertasten und zahlreichen Buttons an der Rückseite ein Touchpad, einen Touchscreen und sogar Front- und Rückkameras. Das zusätzliche Brimborium, wie das rückseitige Touchpad, wurden aber nur von sehr wenigen Spielen genutzt – und wenn dann in der Regel entweder optional oder sehr gimmickhaft. Es spricht Bände, dass bis heute das einzige Spiel, welches die besonderen Merkmale der Vita effizient ausgenutzt hat, „Tearaway“ geblieben ist.

Das ist im Grunde aber typisch Sony: Anfangs bewarb das Unternehmen auch das Touchpad des DualShock 4 als Innovation. Wo stehen wir damit heute? Entweder Entwickler nutzen das Touchpad in Spielen einfach wie einen übergroßen Button oder lassen das Ding links liegen. Sony musste auf die harte Tour lernen, dass sich manche Ideen auf dem Papier zwar vielversprechend anhören, in der Praxis aber nutzlos bleiben, wenn Gamer und Entwickler daran keinen Gefallen finden.

Doch zurück zur PlayStation Vita: Wie gesagt, hatte ich damals an dem Handheld keinerlei Interesse. Das einzige Handheld, das ich jemals besessen habe, blieb lange Zeit der erste Nintendo Game Boy. Tatsächlich hat sich das aber nun vor nur wenigen Wochen geändert: Mehr als fünf Jahre nach Erscheinen und sogar nach der offiziellen Einstellung durch Sony, habe ich mir nun eine PlayStation Vita gekauft. „Was soll so ein Quatsch?“, mögt ihr euch angesichts der Tatsache fragen, dass aktuelle Smartphones bessere Bildschirme und höherwertige Grafik bieten.

Im Grunde lässt es sich auf eine Ursache herunterbrechen: „Persona 4 Golden“! Der Nachfolger, „Persona 5“, begeistert mich so enorm, dass ich den Vorgänger einfach unbedingt zocken wollte. Und die einzige Möglichkeit „Persona 4“ zu spielen, ist entweder zu einer noch betagteren PS2 zu greifen oder die aufgebohrte Variante, eben „Persona 4 Golden“, an der Vita zu nehmen. Nun könnte man einwenden: „Dafür extra eine Vita kaufen? – Das klingt für mich nach Blödsinn.“

Gebe ich normalerweise Recht, allerdings habe ich nun für die PS Vita in der besseren Version mit OLED-Screen plus 8-GB-Speicherkarte 90 Euro gezahlt. „Persona 4 Golden“ hat mich stolze 4,99 Euro gekostet. Letzten Endes sind das dann doch überschaubare Kosten, um eines der renommiertesten JRPGs aller Zeiten, das kann man durchaus über „Persona 4“ sagen, zu spielen. Zumal ich dann nun auch für jeweils weniger als 10 Euro noch „Uncharted: Golden Abyss“ und „Little Big Planet Vita“ mitgenommen habe. Auch hat die PS Vita gemessen am Alter einen sehr stabilen Wiederverkaufswert: Das Exemplar, das ich erhalten habe, sah fast aus wie neu. Würde ich es bald wieder verhökern, käme ich wohl bei Plus / Minus Null raus.

Klar, bei den Tech-Specs ist die Vita heute retro: Der Bildschirm mit 5 Zoll Diagonale löst mit zweckmäßigen 960 x 544 Bildpunkten auf. Im Inneren stecken ein ARM Cortex-A9 mit vier Kernen, 512 MByte RAM und 128 MByte VRAM für die GPU PowerVR SGX 543 MP4. An sich war die PS Vita aber für 2012 ein recht interessantes Gerät und in einigen Aspekten durchaus seiner Zeit voraus. Ich denke sogar, dass genau das auch zum Flop beigetragen hat: Die Entwicklungskosten für ein Spiel wie beispielsweise „Uncharted: Golden Abyss“, das mit orchestraler Musik, kompletter Sprachausgabe und Motion-Capturing protzt, dürften deutlich höher gewesen sein, als bei Titeln für etwa das Nintendo 3DS.

Letzten Endes sind die Spielepreise aber traditionell im Handheld-Markt geringer, also müssen es auch die Entwicklungskosten sein, will man hier Geld verdienen. Ich denke das hat sicherlich viele Entwickler abgeschreckt. Es würde auch erklären, warum die PS Vita schließlich zu einem kleinen Indie-Darling wurde, denn da konnten die Studios ihre Titel dann eben ohne Gedanken an Triple-A-Mentalitäten sehr gut für das Handheld umsetzen. Doch große Publisher wie Electronic Arts, Activision oder Ubisoft sahen die geringe Verbreitung und verloren das Interesse. Was zum Teufelskreis wurde, denn ohne entsprechende Spiele blieb auch das Interesse der Gamer gering.

Ich habe den Kauf der PS Vita hingegen zum angegebenen Preis nicht bereut. Das OLED-Display mit seiner nach heutigen Maßstäben geringen Auflösung sieht natürlich nicht aus wie der Bildschirm meines Huawei nova Plus. Doch zum Zocken ist das völlig in Ordnung. Allein „Persona 4 Golden“ ist für JRPG-Fans eben schon den Kauf des Handhelds wert. Immer mal wieder unterwegs oder abends vorm Pennen die Story weiterzocken, das macht definitiv Laune. Ich würde den Kauf einer PlayStation Vita jedenfalls mit Speicherkarte und definitiv mit dem OLED- statt LC-Display durchaus empfehlen – wenn man auf einige der Exklusivtitel Bock hat.

Sony versuchte übrigens eine Zeit lang der Vita via Remote Play neues Leben einzuhauchen: Ihr könnt das Handheld mit einer PS3 oder auch PS4 vernetzen und dann entsprechende Konsolentitel an die Vita streamen und an ihr zocken. Habe ich mal ausprobiert und konnte verstehen, warum das keine Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Mit der Steuerung ist es so eine Sache, da ja die zweiten Schultertasten fehlen. Außerdem braucht man ein sehr stabiles Netzwerk. Kann cool sein, wenn man eine Familie hat und Frau / Mann oder Kids den TV blockieren. Aber wäre für mich persönlich sicherlich kein Grund die Vita zu kaufen.

Im Klartext: Dass die PlayStation Vita in Zeiten von Smartphones und Tablets sowie der Dominanz von Nintendo im Handheld-Markt untergegangen ist, wundert mich nicht. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass das Gerät zum Release 250 Euro gekostet hat. Den Preis war und ist das Handheld aus meiner persönlichen Sicht nicht wert. Gerade jetzt, wo man das Ding aber nur noch gebraucht und zum guten Kurs bekommt, die Spiele spottbillig sind und „Persona 5“ nahelegt auch mal den Vorgänger nachzuholen, war die Vita aber (zumindest für mich) eine lohnenswerte Anschaffung.

Ich vermute zwar, dass meine Vita nach dem Durchspielen von „Persona 4 Golden“, „Uncharted: Golden Abyss“ sowie „Little Big Planet Vita“ einen neuen Besitzer suchen muss, doch das wäre dann auch ok. Wer noch mehr Bock auf weitere JRPGs wie „Tales of Hearts R“, „The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel“ oder auch mobile Versionen von z. B. „Final Fantasy X“ hat, dürfte aber noch besser mit der Anschaffung fahren. Zumal auch die PSP-Titel aus dem PlayStation Store an der Vita funktionieren.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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24 Kommentare

  1. PS Vita und dann Emulatoren drauf, damit die Retro-Sammlung auch mobil gut spielbar ist.

  2. @André Westphal: Mich würde dann beizeiten wieder so ein Top5-Games-Artikel von dir interessieren-habe nämlich auch nie eine Vita besessen.
    PS: Wir sprechen uns dann auch in 3 Jahren wieder, wenn du zur Switch greifst. Da ändert sich deine Meinung dann sicherlich genauso 😉

  3. Alles richtig gemacht.
    Grade jetzt ist die PS Vita wirklich höchst interessant. Preislich macht sich Persona 4 wirklich gut. Über 40 Stunden höchst spannendes Gameplay für 5€. Das sieht man heute für 60€ selten.

  4. Super! Bin seit Jahren aktiver PS Vita Spieler. Technisch gesehen finde ich sie weiterhin spannend: Die Steuerung bei Uncharted war unglaublich, das Zielen war hochpräzise.
    Im Moment spiele ich Hotline Miami 2, und der Akku hält im Standby weit über einen Monat. Sogar Verbindung mit Synology ist problemlos möglich.
    Schade, dass es so schlecht für die lief.

  5. Und es kommt auch überhaupt nicht der Gedanke auf auch aktuelle Spiele zu zocken? Für die Vita erscheinen doch schon ewigkeiten keine must haves mehr. Ich hatte auch überlegt, mich dann aber für einen DS entschieden.

  6. Ich hätte auch noch eine der ersten 50 GB PS3 gehabt, die noch immer PS2 Spiele abspielt. 😉

  7. Samsung Galaxy s3.. Erstes Smartphone? Wirklich? Zur ps vita wurde in den Kommentaren schon Alles gesagt 😉

  8. Ich mag meine Ps Vita. Sie hat schon einige geile exklusiv Spiele. Neben den genannten P4G, Uncharted GA, sowie LBP und FFX sind da noch Killzone Mercenary, Resistance Burning Skies (gute Shooter für einen Handheld), Soul Sacrifice Delta, God of War 1&2, Digimon Cyber Sleuth und bald erscheint The Caligula Effect von den Persona-Machern das ein ähnliches Feeling wie die Persona Reihe erzeugen dürfte. Neben der Ps1 und Psp Emulation sind da auch noch ein Haufen JRPGs, Indies, Spiele wie Dragonball und andere gute Beat n Ups ( DoA). Minecraft für unterwegs hat die Verkäufe auch nochmal ordentlich angekurbelt. Also ich würde sie niemals verkaufen. Schade das Sony sie schlecht vermarktet und aufgeben hat. Denn das Ding hätte der Knaller werden können mit mehr solcher Spiele-Perlen. Das wäre auch ohne Ubisoft, EA und Co. was geworden.

  9. André Westphal says:

    Na ja, ich bin nicht jemand, der immer sofort das Neueste haben muss :-). Ich hatte vor dem S3 übrigens nicht einmal ein normales Handy – bzw. ich besaß eines, das aber nur jahrelang ungenutzt im Regal rumgelegen hat :-). Insofern habe ich damals gewartet, bis ich wirklich Lust auf ein Phone hatte / es brauchte.

    @ Robert

    An sich bin ich nicht so der mobile Zocker, bei der Vita gab dann wirklich „Persona 4 Golden“ den Ausschlag, da ich „Persona 5“ absolut grandios finde.

    @SteveF

    Für die Switch würde ich schon jetzt gerne Zelda und auch Mario Kart 8 spielen, aber die Konsole ist mir einfach zu teuer, für das was sie kann :-/.

  10. Ja die Switch mit 3 Games + Pro Controller oder wie der nennt, zum Weinachtsgeschäft für 329 wäre Top. Aber dieses Angebot wird’s frühstens 2018 geben.

  11. andy2010 says:

    Mit dem Vorgänger, der PSP, war ich damals sehr zufrieden und habe sie auch viel genutzt. Gerade auch mit Emulatoren z.B. N64 auch wenn es nicht ganz so gut lief und Filme/Serien habe ich sehr viele darauf gesehen. Dank des einfach wechselbaren Akkus konnte man die PSP auch viele Stunden nutzen. An einer Vita hatte ich aber nie wirklich interessiere. Es fehlen Spiele, der Akku ist natürlich festverbaut und dann noch die Sache mit den Speicherkarten, nein Danke Sony.

  12. Viel Spaß damit! Habe mir letztes Jahr die Vita als Spielgerät für den öden Weg zur Arbeit angeschafft und bin auf der Spielesuche direkt über Persona 4 Golden gestolpert. Da ich das auch schon so gelungen fand, hab ich mir dann auch direkt danach Persona 3 für die Ps3 geholt, die ich ja eh schon rumstehen hatte.

    Danach habe ich den Weg zur Arbeit übrigens mit Final Fantasy 4, 7 und 8 verbracht bis leider eine Schultertaste (L1) so „kaputt“ gegangen ist, dass das Gerät ab und zu denkt, sie ist dauerhaft gedrückt. Das führt bei manchen Spielen zu einer Blockierung anderer Steuerungen und passiert wohl sehr vielen Nutzern. Ein schneller Druck auf L1 behebt das Problem meistens, bis zur Realisierung hat man bei Spielen die schnelle Reaktionen fordern leider oft schon eine ggf. entscheidende Attacke kassiert. Online gibt es Reparatur-Hilfen („hol dir doch mal grad ne neue Taste und löte ein paar Kontakte neu!“), auf die ich aber irgendwie keine Lust hatte. Jetzt staubt die Vita leider ein bisschen vor sich hin, bis ich mich wieder überwinde, weiterzuspielen 🙂

    Ich hoffe allerdings, du bleibst von dem Problem so lange wie möglich verschont 🙂

  13. Ich kann hier übrigens eine Lanze brechen: Ich habe die OLED und die LCD Version der Vita besessen und würde die LCD Version vorziehen. Zum einen ist die Batterielaufzeit besser, zum anderen hat die Vita endlich einen MicroUSB Port und damit hat man es einfach leichter als mit dem blöden proprietären Port. Zu guter Letzt ist dir LCD Variante auch noch ein bisschen kleiner.
    Also, wer überlegt und, wie ich, diese Punkte als wichtiger empfindet, der kann ohne Probleme auch zum aktuelleren Modell mit LCD greifen.

  14. Hallo? Zufall?

    Austin hat sich das Ding gestern mal vorgenommen:
    https://www.youtube.com/watch?v=26GZT6e_7E0

    Ich bin mit der Vita leider nie warm geworden und Sony hat in meinen Augen leider auch zu viele Fehler gemacht. Den Wahn alles proprietär zu machen hatte Sony leider schon immer :-/

  15. Hab vor einigen Monaten das Gleiche getan, allerdings etwas mehr gezahlt (dafür mit ner 16 GB Karte).

  16. TEARAWAY!!!! spielen, eines der besten Spiele für die Vita, nutzt alle Eigenschaften und ist ein völlig unverbrauchtes Spielkonzept. Warum dieses Spiel untergegangen ist, kann ich nicht begreifen. Gravity Rush ist übrigens auch gut und innovativ.

  17. Sehr gute Entscheidung. Ich habe meine Vita seit Weihnachten 2014, gab es mal im Media Markt für 99€, inkl. 10 PsP Titel, digital natürlich. Die Vita hat ein Haufen an geiler Spiele, allen voran RPGs und typisch verrückte japanische Perlen.

  18. Constantin says:

    Einige Gründe für die Vita:
    Shovel Knight
    Olli Olli 2
    Crypt of the necrodancer
    Axiom Verge
    Alte PS1, PSP Spiele, einige remastered PS2 Spiele

    Und die Tatsache, dass man jederzeit pausieren und die Vita weglegen kann, nur um dort eine Stunde/eine Woche direkt wieder weiter zu zocken.

  19. Ich hab neulich auch mit dem Gedanken gespielt, aber es dann doch gelassen. Auch wenn es nicht die Welt kostet, wegen ein zwei Spielen bringts das nicht wirklich.

    Darf ich fragen welches Handy du vor deinem S3 gehabt hast? Denn irgendwie hab ich so meine Zweifel dass dieses Gerät wirklich dein erstes Smartphone war.
    Vor der Touchscreen-Zeit hatte doch fast jeder mal ein Nokia und die besseren Geräte mit Symbian waren auch Smartphones.

  20. Echt klasse, hab mir vor ca. 3 Monaten auch ne Vita geholt und es noch nicht bereut. Teraway solltest du auch noch ausprobieren!

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