Tolino Shine: erster Eindruck

Seit fast zwei Wochen bin ich im Besitz eines Tolino Shine, der mir zu Testzwecken zur Verfügung gestellt wurde. Ein 99,99 Euro teurer e-Book-Reader der deutschen Buchhändler in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom. Gesehen hatte ich das Gerät natürlich schon in der Werbung, in Sachen Marketing hatte man sich Mühe gegeben – aber auch in Sachen Aussagekraft?

Tolino Shine

Die Werbung suggerierte mir, dass ich nicht nur Weltbild als Buch-Verkäufer wählen könnte, sondern auch Thalia oder Club Bertelsmann. Die Annahme ist schon einmal falsch. Wer seinen Tolino Shine bei Weltbild kauft, der hat ein Weltbild-Konto anzulegen, eine andere Möglichkeit gibt es anscheinend nicht. Und die Deutsche Telekom? Die bietet großzügig Cloud-Speicher an, damit man seine Bücher synchronisieren kann. Kann man einen bestehenden Telekom-Account nutzen? Nein.

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Ist der Cloud-Account bei der Telekom mit dem Login des jeweiligen Stores verbunden? Ja. Kann man gekaufte Books auch auf anderen Geräten lesen? Ja, zum Beispiel auf Android, die Bewertung im App Store spricht Bände. Sind das bereits jetzt Voraussetzungen, um den Tolino Shine dem Gerät eines anderen Onlinehändlers vorzuziehen?

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Ich war enttäuscht, denn ich hatte mich gefreut, mal etwas aus deutschen Landen zu sehen, welches dem großen Amazon ordentlich Paroli bietet. Gut gedacht, schlecht gemacht – zumindest das Accounting und das dazugehörige Handling. Wer allerdings bereits Kunde der genannten Anbieter ist, der findet mit dem Tolino Shine einen netten e-Book-Reader vor. Fangen wir erst einmal mit den technischen Details an. 6 Zoll, 183 Gramm mit einer Laufzeit von bis zu 7 Wochen.

WLAN (802.11 b/g/n); gratis HotSpot Zugang an über 12.000 HotSpots der Deutschen Telekom in Deutschland, dazu einen Schnelllademodus (250 Minuten) 2 GB internen Speicher und einen Slot für eine Micro-SD-Speicherkarte. Unterstützte Formate des Readers, der auf einer angepassten Version Android basiert? ePub, PDF und TXT. Das Display hat eine  E Ink Pearl-Technologie  mit integrierter Beleuchtung, 1024 x 758 Pixel bei 16 Graustufen.

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Die neuen Bücher kommen also per Kauf im Store, Micro-SD-Karte oder per USB-Übertragung auf das Gerät. Das funktioniert sehr gut. Selbst am Mac wird die USB-Freigabe sofort erkannt. Drag & Drop auf das Gerät und schon sind sie in der Bibliothek. Getestet habe ich erst einmal eine Textdatei. Schade, hier lassen sich keine Lesezeichen setzen. Sollten die PDFs schlecht dargestellt werden, da diese nicht an die Bildschirmgröße angepasst werden, so kann man den Text extrahieren, was in meinen Tests eher suboptimal funktionierte.

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Korrekt konvertierte epubs machten natürlich lesetechnisch den meisten Spaß. e-Books mit DRM-Kopierschutz lassen sich lesen, sofern die passende Adobe-ID in den Einstellungen hinterlegt wurde – hier werden viele Normalos schon scheitern. Ja, auf den 6 Zoll kann man tatsächlich gut lesen. Die Helligkeit und die Schriftgröße nebst Schriftart ist anpassbar. Manchmal hatte ich allerdings das Gefühl, als wolle man ein echtes Buch nachbilden, vereinzelt wirkten Buchstaben an einzelnen Punkten blasser – dies stört aber den Lesefluss nicht. Umblättern, Lesezeichen – alles ohne Probleme möglich. Was die Frau als Leseratte dazu sagt?

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Die ist begeistert, gerade, was die Lesefähigkeiten draußen in der Sonne betrifft. Ist natürlich kein Vergleich mit einem iPad oder so, kein ernsthafter Leser wird ein normales Tablet mit Glossy-Display einem E-INK vorziehen. Der Text wird im Vollbildmodus abgebildet, ein Tippen bringt die Menüleiste zum Einstellen der Schriftart und der Schftgröße hervor, auch findet man Facebook und die Helligkeits-Optionen hier vor. Wörterbuch- oder Markierungsfunktionen? Nicht vorhanden. Dafür aber ein Browser, über den man im Notfall auch diesen neumodischen Kram lesen kann -Webseiten und so.

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Performance? Ich persönlich hatte das Gefühl, dass das gerne mal einen Ticken schneller in den Menüs gehen könnte. Aber wann nutzt man auf einem Reader die Menüs? Das Umblättern als solches war erträglich – bei einem Buch bräuchte ich wahrscheinlich länger. Ist halt ein Infrarot-Bildschirm und kein kapazitiver, der im Tablet werkelt. Akkulaufzeit? Schwer zu sagen. Die angekündigten sieben Wochen konnte ich nicht testen.

Mobilität mit dem Akku? Sicher! Und zudem noch kostenlos an den knapp 12.000 Hotspots der Dt. Telekom ab ins Netz und sich Bücher besorgt.

Und, was sage ich euch nun? Der Tolino Shine ist ein gutes Gerät, der dank Micro-USB oder Micro-SD mit Inhalten befüllt werden kann. Dafür muss das Gerät allerdings mit vergleichsweise wenigen Funktionen auskommen. Das Display mit integrierter Beleuchtung weiss mir zu gefallen – obwohl am unteren Rand Schatten wie beim Kindle auftreten – diese stören nicht im Lesefluss.

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Verarbeitung? Für das Geld wirklich gut, nur die Abdeckung des Micro-SD-Slots kann Bauchschmerzen bereiten, die Verbindungen wirken schlabberig. Ebenfalls musste der Schalter für die integrierte Beleuchtung ein paar Mal gedrückt werden, bevor er seine Funktion erledigte. Als Reader taugt das Gerät definitiv, nur sollte man sich vorher die Stores anschauen, was diese so anbieten. Bertelsmann soll da gerüchteweise weiter hinten liegen, als Weltbild, was die aktuelle Titelverfügbarkeit angeht. Trotz der von mir angesprochenen Schwächen: ein guter Einstand für das gemeinsame Projekt der deutschen Buchhändler, der Tolino Shine hat einen fairen Preis und wird Leseratten erfreuen, die ihre Bücher auch gerne mal per Micro-SD-Karte oder USB auf das Gerät über tragen wollen. Hier auch noch einmal eine Übersicht über die einzelnen Reader.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Seit 2008 ist es Beruf(ung). Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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52 Kommentare

  1. Das Ding würde ich mir schon nicht kaufen weil es im Vergleich zum Kindle z.B. hässlich wie die Nacht ist.

  2. „Ist natürlich kein Vergleich mit einem iPad oder so, kein ernsthafter Leser wird ein normales Tablet mit Glossy-Display einem E-INK vorziehen.“ Oh das sehe ich aber ganz genau umgekehrt. Gerade das Glossy Display ist auf dauer zum Lesen sehr anstrengend was bei einem E-INK bei weitem nicht der Fall ist. Aber vielleicht bin ich damit ja wirklich allein

  3. Wie teuer ist der Reader denn? Du erwähnst, dass er günstig sein soll, aber ein Preis ist nicht angegeben. Müsste ja schon billiger als der Kindle sein, oder?

  4. Meine Freundin hat sich den auch vor kurzem geholt, gut verarbeitet und kein schlechtes Ding für den Preis, dafür aber Softwäremäßig nicht so prall ausgestattet. Wer keine Wörterbücher braucht und nur seine ePub-Bücher lesen bzw. über den eReader neue kaufen will ist damit denke ich sehr gut bedient. Ich ziehe trotzdem meinen Sony T2 vor.

    PS: Finde den Kindle häßlicher ;P

  5. Ich bin super zufrieden mit meinem Sony T2. Hat zwar keine Beleuchtung und ne geringere Auflösung, aber das brauch ich nicht unbedingt.

    Und hässlich ist es, da hat elknipso recht. Mein Sony ist das schon deutlich besser anzusehen.

  6. Dem kann ich nur zustimmen. Hässlicher geht es echt wirklich nicht mehr… hoffentlich… Vor allem wirkt das Design wie ein ganz, ganz schlechter Abklatsch des Kindle Touch, selbst dieses Silber ist ja fast das selbe.
    Hätte sie ein wenig mehr Zeit und Geld in ein ansprechendes Design (zB mal was mit Farben :O ), hätte man sich sehr viel besser von der Konkurrenz absetzen können.
    Das Traurige an der Geschichte ist, dass meiner Meinung nach viele Leute dieses Gerät aufgrund des schlechten Aussehens nicht kaufen werden und das könnte das Projekt „Deutsche Kindle Konkurrenz“ einen ganz schönen Dämpfer versetzen.
    Oder ich irre mich, alle fliegen auf das Teil und ich habe nur einen komplett verdrehten Designgeschmack. Wird sich ja dann zeigen…

  7. Das mit dem schlafenden Reader ist ja mal sowas von bei Kobo geklaut.

    Es gibt mit dem Kindle, dem Kobo und den Sonys echt gute Reader auf dem Markt. Da muss so ein halbherziger Versuch echt nicht sein. Und aus Deutschland kommt bei dem Reader eh nix, das ist nur wieder ein in Taiwan zusammengeklöppeltes Standardteil.

  8. Das Dingens ist ja nun nicht gerade ein e-Book-Pionier. Jeder, der sowas überhaupt als Lesegerät in Betracht zieht, wird sich doch schon mal einen Kindle oder Sony angeschaut haben. Und dann stellt sich doch, jedenfalls hier jetzt, gleich die Frage, was kann das Tolino besser oder billiger oder auch nur anders als die beiden bisherigen Top-Teile. Dazu gab es in der Besprechung leider keinen Satz.

  9. Das einzig hübsche am Toline finde ich das Gesicht, … Pst… Toline schläft. Macht das Ding irgendwie menschlich. Ansonsten brauch ich keinen extra Reader, habe das Nexus 7 mit Aldiko Pro, Lesbarkeit voll ok und auch nicht schwerer als ein gedruckter Roman. Dazu noch die Kindle App und gut. Weitere eBooks über die Onleihe App aus de eBibliothek meines örtlichen Büchereiverbands als ePub Download (mit Adobe DRM).

    Brauche keine 7 Wochen Akku, da ich nicht auf einer einsamen Insel lebe und eine Steckdose immer in paar Metern Entfernung ist, um die Nacht über aufzuladen.

  10. Leute (Malte, Olf) lest mal den Artikel genau bevor ihr kommentiert. 99 Euro, steht am Anfang und Olf, ja genau das was du sagst, steht auch in dem Zitierten Satz.

    Ansonsten, danke für den Artikel!

  11. @Olf
    Du solltest den Satz nochmal lesen, dann merkst du, dass alles passt und ihr der gleichen Meinung seid 😉

  12. @Olf: Gerade das meinte Caschy doch.. Er hat es nur etwas unglücklich ausgedrückt.. „kein ernsthafter Leser wird ein […] Glossy-Display einem E-INK vorziehen“.. Heißt, dass E-Ink immer bevorzugt wird.

    @Malte: Preis steht doch im zweiten Satz. 99,99€..

    @caschy: Was ist das für ein Kindle mit dem du auf dem Bild vergleichst? Das sieht fast so aus, als wäre da bei dem Kindle Hintergrundbeleuchtung eingeschaltet, aber der sieht nich aus wie der Paperwhite..

  13. @stphn: ist der normale, die 30 Euro Aufpreis für den Paperwhite sind meiner Meinung nach berechtigt.

  14. Habe mir auch den Tolino gekauft – gab bei quipu noch 10 Euro Rabatt. Und für 89 Euro eine Touchpad, WLAN Gerät, mit Beleuchtung! Top. Kommt aber auch gar kein anderer Reader preislich mit.

    Software ist tatsächlich eher mäßig. Bei meinem Sony fand ich die direkte Verknüpfung (z. Bsp.) von Wikipedia, wenn ich auf ein Wort drücke genial. Das und noch viele andere Bequemlichkeiten fehlen hier. Also nicht unbedingt was für Leute, die fachlich anspruchsvolleres lesen (und immer mal etwas nachschlagen wollen), oder Fremdasprachenbücher. Ich hoffe aber, das der Tolino tatsächlich mit Updates versorgt wird und sich dies bessert…

    Zum Leesen finde ich das Teil absolut top. Gerade die Beleuchtung finde ich praktisch. Den Sony nutze ich jetzt kaum noch. Es macht im Dämmerlicht einfach mehr Spass so!

    Ich kann das Teil (mit den o. g. Einschränkungen zur Software) nur empfehlen. Ich würde ihn mir auf jeden Fall wieder kaufen.

    Liebe Grüße
    mkrueger

  15. Mein aktueller Favorit ist ganz klar der Kobo Glo.
    mMn deutlich schöner als der Tolino. 😉

    Im Vergleich zum Kindle Paperwhite vor allem deutlich leichter, was ich für sehr wichtig halte bei einem eBook-Reader.

    Der Tolino ist aber auf alle Fälle ein großer Fortschritt für die deutschen Verlage! Den kann man durchaus kaufen.

  16. faszinierend wie viele Leute ihren ebook-reader nach Aussehen und nicht nach Funktionalität aussuchen

  17. Also ich kann auf die Beleuchtung verzichten. Den Sony PRS-T2 würde ich dem Tolino Shine vorziehen (Verarbeitung, Design, Funktionsvielfalt, Jailbreak etc.)!

  18. @MiniMax
    Sehe ich auch so. Das Ding kann einiges schlechter als das Kindle Paperwhite und kostet dafür einen ähnlichen Preis.
    Sehe bei den Vorraussetzungen auch schlechte Chancen für das Gerät.

  19. Ja, 30€ mehr für den Paperwhite zu latzen lohnt sich definitv.. Ich hab den Paperwhite und bin mehr als zufrieden.. Wenn jetzt nurnoch die Amazon Leihbücherei ein paar mehr Titel beinhalten würde..

    @JMK: Was? suchst du dir etwa nicht deine Bücher nach dem Cover-Bild aus?

  20. @ JMK – genau das war auch mein Gedanke.

    Ist zwar ein Technik-Blog hier, aber entscheidend ist doch der Inhalt und was man draus macht.

    Seit ich meinen Paperwhite vor Weihnachten gekauft habe, habe ich mehr Bücher gelesen als in den 40 Jahren davor. Ob das Gerät x jetzt etwas besser ist als y und 30 Euro billiger als z ist doch völlig wurscht. Viel wichtiger ist doch, dass man wirklich mit den Dingern überall bei Tag und Nacht und gleißendem Sonnenschein einfach und überall lesen kann. Das ist doch fantastisch! Der Rest ist doch Banane. Die nächste Generation wird farbig sein, dann werden die Karten sowieso wieder neu gemischt.

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