„Stray“ im Test: Katzen-Abenteuer schlägt viele Triple-A-Spiele

Das Spiel „Stray“ ist bereits am 19. Juli 2022 für die PS4, PS5 und den PC erschienen. Es handelt sich hier keineswegs um ein Triple-A-Spiel, sondern vielmehr die Entwicklung des vergleichsweise kleinen Entwicklers BlueTwelve Studio aus Südfrankreich. Den Vertrieb übernimmt Annapurna Interactive, bekannt für Indie- und Double-A-Spiele. Doch es hat seine Gründe, dass etwa Sony „Stray“ direkt zu Anfang als eines der Zugpferde für PlayStation Plus Extra eingespannt hat. Im Test schildere ich euch meine Erfahrungen mit diesem Spiel.

Der Protagonist von „Stray“ ist eine namenlose Katze – ein Streuner eben. Das alleine war natürlich schon eine Entscheidung, die das Internet begeistern musste: In sozialen Netzwerken bzw. Gaming-Communities kommt man kaum um Memes oder Screenshots herum, die sich um diesen Titel drehen. Ja, auch ich oute mich als Katzen-Fan. Und hier gelingt es den Entwicklern von BlueTwelve Studio dann auch erstaunlich gut, die Balance zu halten.

So verniedlicht man die Katze hier nicht nach Disney-Manier. Vielmehr kann der Protagonist nicht sprechen oder vermenschlichte Mimik und Gestik nutzen. Wer selbst eine Katze besitzt, entdeckt in vielen Situationen typische Verhaltensweisen der Vierbeiner: Als der Streuner etwa auf seinen neuen Verbündeten, die Drohne B-12, trifft, welche der Katze ein Geschirr anlegt, krümmt sich der wenig begeisterte Kater zuerst unter dem Gewicht nach unten. Schnell ist das Tier jedoch damit vertraut und bewegt sich dann wie gewohnt.

Als Spieler entscheidet ihr selbst: Per Kreis-Button könnt ihr Miauen, Teppiche und Möbel zerkratzt ihr auf Wunsch genüsslich. Spielerisch hat das (zunächst) eigentlich keine Funktion, erhöht aber die Immersion. Zumal der DualSense der PlayStation 5 beim Beharken eines Teppichs das passende Haptic Feedback liefert. Doch blicken wir kurz zurück: Worum dreht sich „Stray“ denn überhaupt – abseits einer niedlichen Katze?

Nun, der Streuner-Protagonist gerät durch einen Unfall in eine Art versunkene Cyberpunk-Stadt unter der Erde. Dort leben allerdings keine Menschen mehr, sondern nur noch Roboter sowie seltsame Kreaturen namens Zurks. Letztere sind dann auch im Grunde die einzigen Gegner. Einzeln sind sie zwar schlimmstenfalls nervig und lassen sich leicht abschütteln, häufig greifen sie jedoch in Schwärmen an. Da hilft es nur, die Beine in die Hand zu nehmen.

Jedenfalls versucht man jetzt, als Spieler die untergegangene Stadt zu verlassen, und zu seinen Katzen-Freunden zurückzukehren. Dabei hilft einem die erwähnte Drohne B-12, welche einem oftmals den Weg weist, aber auch Türen öffnet und das Gebrabbel der zurückgebliebenen Roboter übersetzt. Wer indessen annimmt, „Stray“ wäre ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem ihr wendig den Zurks ausweicht, über Plattformen springt und reaktionsschnell Passagen bewältigt, der irrt. Denn es kommt eher auf euren Entdeckungsdrang an.

Denn der vierbeinige Protagonist stoppt automatisch an Abgründen und um von einer Plattform zur anderen zu hüpfen, drückt ihr einfach nur die X-Taste. Da kann nie etwas schiefgehen. Es liegt jedoch an euch, Augen und Ohren offenzuhalten, um den richtigen Weg zu erkennen. Auch einen Umweg zu nehmen, kann sich lohnen: So findet ihr Erinnerungen von B-12 oder versteckte Sammelobjekte, welche die Hintergrundgeschichte der Welt aufschlüsseln.

Schleicheinlagen gibt es ebenfalls: Da müsst ihr geschickt einem Scheinwerfer ausweichen, um weiterzukommen oder mit dem richtigen Timing an einem Roboter vorbei springen. Ein wenig Köpfchen ist ab und an für Rätsel gefragt: Wenn zwei Roboter sich etwa gegenseitig Farbbehälter zuwerfen, könnt ihr einen davon mit einem Miauen zur richtigen Zeit ablenken, damit er den Kanister fallen lässt. Dadurch sieht ein anderer Robo auf der Straße nach dem Rechten und eine Tür öffnet sich für euch.

Dabei wechseln sich eher offene mit sehr linearen Arealen ab. Der Star des Spiels ist dabei nicht nur der putzige Protagonist, sondern auch die Spielwelt, deren Hintergrundgeschichte man schnell in sich aufsaugen möchte. Daher jagte ich durchaus jedem Hinweis auf die Vergangenheit der Roboter und ihrer ausgerotteten (?) menschlichen Meister nach. Es gibt dabei auch kleine Sidequests, bei denen ihr für die Roboter-Bewohner kleine Aufträge erledigt.

Die dichte Atmosphäre, der putzige Hauptcharakter, aber auch die stimmungsvolle Grafik und passende Electro-Musik machen „Stray“ zu einem Spiel, das ich wirklich genossen habe. Ein knackiger Singleplayer-Titel ohne DLC- oder Mikrotransaktionen-Gedöns, den man in ca. sechs Stunden durchspielen kann. Ohne unnötiges Füllmaterial wird man hier bestens unterhalten.

Als einzigen echten Kritikpunkt kann ich nennen, dass einige Mechaniken sich mit der Zeit etwas abnutzen: Etwa erhält man im Spielverlauf eine Möglichkeit, die genannten Zurks zu bekämpfen, was aufgrund ihrer stupiden KI in einigen sehr monotonen Gefechten mündet. Generell ist es aber beeindruckend, was das BlueTwelve Studio hier auf die Beine gestellt hat. Zumal ich an der PlayStation 5 auf keine nennenswerten Bugs gestoßen bin.

„Stray“ ist in PlayStation Extra enthalten, lohnt sich zum Preis von aktuell 29,99 Euro aus meiner Sicht jedoch ebenfalls. Zumal das Spiel zwar mit einer dynamischen Auflösung läuft, zumeist aber in 4K mit 60 fps erstrahlt. Auch wenn ihr keine Katzen-Fans seid: „Stray“ ist definitiv ein Game, das sich zu spielen lohnt.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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19 Kommentare

  1. Stray war meine Spiele Überraschung des Jahres bisher.

  2. Mein Spiel des Jahres, so eine tolle durch choreographierte Story kann ich auch nur empfehlen

  3. Ich spiele das Game sehr gern und bin beeindruckt wie gut der Entwickler die Katze umgesetzt hat. Allein die Verhaltensweisen erkenne ich an meinen Katzen wieder.
    Inklusive das kratzen an Möbeln. 😉
    Ein echt tolles Spiel ohne Microtransaktionen und sonstige Tripple-A Unanehmlichkeiten.
    Und der Preis ist mehr als fair.

  4. Ein Spiel das auf alle Fälle auf meiner Wunschliste steht. Nur kaufen kann man es (PS4 Version) momentan wohl nirgends?

  5. „Stray“ ist für mich ein Spiel wie „Limbo“ oder „Insight“: kurze Sequenzen, die es zu lösen gilt und dann geht es weiter. Nichts Besonderes und in diesem Fall schnell (sehr schnell!) langweilig – zumindest im Vergleich zu den erwähnten Top-Vorbildern.

    Interessant ist: Abgesehen von diesem Test hier loben die Tester das Spiel durchs Band, aber man spürt mit jedem Satz, dass sie es versuchen schönzureden, weil es ja nicht schlecht sein DARF! André scheint es wirklich zu mögen. 😉

    • Meine Tochter mit 11 spielt es gerne. Sommerloch von daher ist es zu erklären.

    • Das. Obwohl ich bei Limbo und Insight mehr Spass hatte. Stray wurde, zumindest für mich, sehr schnell langweilig. Und nur „du spielst als Katze!“ reicht mir nicht als „Hook“.

  6. Habe das Spiel mit meinem Sohn 10 Jahre. Am Stück gespielt. Also ich habe eher Kommentiert…. Naja, er sagt, das ist das beste Spiel das er bisher hatte.

  7. Ist das bei PS Extra vorab schon drin? So weit ich das sehe, kommt das Spiel erst am 20.9.22 raus … aber jeder zockt es schon. ^^

    • André Westphal says:

      Einzig die Disc-Version kommt später. Digital kann man den Titel schon kaufen oder eben über PS Plus Extra / Premium nutzen :-).

  8. Den Erfolg macht aus, dass es um eine Katze geht und es zum großen Teil technisch gut umgesetzt ist. Es ist rein thematisch einfach mal was ganz anderes als der gleiche generische AAA Mist den wir die letzten Jahre bekommen.

    Wenn das Spiel nicht die Katze hätte, dann wäre es im besten Fall mittelmäßig. Das Gameplay ist nicht wirklich tiefgehend oder irgendwie herausfordernd oder spannend. Die Narration ist auch eher generisch. Was das Spiel jedoch einmalig macht, ist eben dass es um die Katze geht, dass die Animationen (nicht die Übergänge in die Animation) außerordentlich sind. Es ist sehr cat-like. Weiterhin ist die Lichtstimmung wirklich großartig. Man merkt, dass einer der Gründer von BlueTwelve lighting artist bei Ubisoft war. Optisch ist es aus einem Guss.

    Daher ist es auch relativ einfach nachzuvollziehen, warum es viele feiern, aber das es genauso Menschen gibt die es langweilig finden. Ich persönlich find das Spiel genau in der Form sehr schön und erfrischend, bin mir aber bewusst, dass es rein gameplaytechnisch kein Hit ist. zum Glück ist es nicht zu lang, denn sonst würde es einen dann doch langweilen.

    • Ich würde es gerne spielen, aber eine Playstation kommt mir dafür nicht extra ins Haus.
      Mal sehen, ob die Sony-Exklusivität noch 2022 aufgehoben wird, weiß da jemand ggf. Näheres?
      Eigentlich wäre es ein idealer Titel für den Gamepass.
      Vielleicht ja ähnlich erfolgreich wie seinerzeit „Plague Tale: Innocence“? Also knapp unter der Triple-A-Schwelle, aber dabei sehr unterhaltsam. Ach, das wäre fein…

      • André Westphal says:

        Es gibt „Stray“ auch für PC, nicht nur Playstation.

        • Leider gibt es für Windows (bisher) keine DRM-freie Version. Da heißt es sich in Geduld üben und hoffen, dass es bald auf gog erscheint.
          (Ja, auch STEAM ist DRM!)

  9. Falls jemand einen AAA-TITEL mit Katzen sucht, empfehle ich AlleyCat von IBM.

    Das habe ich als Kind geliebt und hier:

    https://online.oldgames.sk/play/dos/alley-cat/8607

    Kann man es sogar im Browser spielen.

    Soweit ich weiß, hat es noch nicht Mal den ganzen Platz auf einer 360kb Diskette gebraucht und den Soundtrack fand ich auch damals schon super.

    Danke an André, dass er diese Erinnerung bei mir ausgegraben hat.

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