„Star Wars: Squadrons“ angespielt: Krawall im Weltall

Electronic Arts hat 2019 mit „Star Wars Jedi: Fallen Order“ zu meiner Überraschung ein richtig gutes Star-Wars-Spiel veröffentlicht: keine Mikrotransaktionen, keine Loot-Boxen, kein künstliches Grinding. Nun ist mit „Star Wars: Squadrons“ der nächste Titel da. Hier handelt es sich um ein etwas kleineres Projekt, was sich auch in der Preisempfehlung von ca. 40 Euro widerspiegelt. Die Weltraum-Simulation visiert zwar in erster Linie Multiplayer an, hat erstaunlicherweise aber auch einen tollen Singleplayer-Modus zu bieten.

Ein Geständnis von mir: Da ich kein großer Multiplayer-Fan bin, habe ich mich in erster Linie mit der Einzelspieler-Kampagne von „Star Wars: Squadrons“ beschäftigt. Jene kommt mit einem vielversprechenden Dreh daher: Statt nur für die Rebellen oder das Imperium ins Feld zu ziehen, seid ihr für beide Seiten aktiv. Nein, nicht etwa als Doppelagent. Vielmehr wechselt die Perspektive regelmäßig. Das wertet nicht nur das Gameplay geschickt auf, da ihr Raumschiffe beider Seiten steuern dürft, sondern ist auch erzählerisch gut gemacht.

Ich gehöre übrigens noch zu der alten Garde, die in den 1990er-Jahren am PC Spiele wie „X-Wing“ und „TIE Fighter“ gezockt haben (Stichwort: EMS-Speicher). Da gab es damals großartige Momente, wenn man seine Energieverteilung manuell auf maximalen Antrieb umstellte, um z. B. auf den letzten Drücker einem feindlichen Schiff zu entkommen. Auch in „Star Wars: Squadrons“ kann man an solchen Aspekten des eigenen Schiffs on-the-fly werkeln, auch wenn die Missionen deutlich gradliniger sind als in den Jahrzehnten alten Klassikern, die nach heutigen Maßstäben ziemlich sperrig ausfielen.

EAs neuester Star-Wars-Streich mischt da Simulations-Aspekte mit Arcade-Fliegerei, sodass hier niemand Angst haben muss sich in komplizierten Menüs oder Einstellungen zu verzetteln. Selbst wer an der Energieverteilung etwa niemals herumdreht und stets alles ausgeglichen belässt, wird einigermaßen durchs Spiel kommen. Im Zweifelsfall kann es aber schon etwas ausmachen, ob man zum Ende einer längeren Mission mal im richtigen Moment seine Schilde verstärkt oder die Power auf die Waffen umlenkt, um aus vollem Rohr einen verzweifelten Angriff zu starten.

Was mich an der Story gestört hat, sieht man von manchen eher verkrampften Cameos alteingesessener Charaktere ab, ist die Rolle des Protagonisten. Auf beiden Seiten lungert ihr irgendwie im Rahmen des sonst eng zusammengeschweißten Squads wie ein Unbeteiligter herum. Dabei spielt „Star Wars: Squadrons“ in einer interessanten Ära: Nach „Star Wars: Rückkehr der Jedi-Ritter“, als das Imperium seine schwerste Niederlage erlebte und sich eine neue Republik abzeichnete. Kein Wunder also, dass die Reste des Imperiums und die ehemaligen Rebellen sich hier besonders intensiv an die Gurgel gehen. Die Idee um ein neues Rebellenschiff, welches vom Imperium als immense Bedrohung wahrgenommen wird, ist allerdings nicht so wahnsinnig kreativ und dreht im Grunde nur mal den Spieß um. Sonst sind es ja üblicherweise die Rebellen, welche eine Massenvernichtungswaffe des Imperiums zerstören müssen.

Die Perspektivenwechsel innerhalb der ca. sechs- bis achtstündigen Story, je nachdem wie geschickt ihr euch durchballert, sind für die Story gehaltvoll. Da lockt ihr etwa mit der einen Seite die andere in eine Falle – nur um danach da Aufräumen zu müssen, wo ihr zuvor für den Gegner einen Erfolg gefeiert hattet. Auch die anderen Squad-Mitglieder sind auf beiden Seiten gut inszeniert, sodass ich euch rate im Hangar in Dialog mit euren Gefährten zu treten. Das ist völlig optional. Wer sich also einfach rasch durch die Hauptgeschichte ballern will, der kann auch das tun – verpasst dann aber viele Charaktermomente.

Neben den bereits erwähnten, taktischen Elementen beim Fliegen durchs All sind die Missionen zwar manchmal ein wenig gleichförmig, aber niemals langweilig. Am Ende läuft es zwar meistens darauf hinaus, alles abzuknallen, was sich bewegt, doch immer wieder kommen neue Elemente hinzu – die Konfrontation mit einem Sternenzerstörer oder das Manövrieren durch ein Minenfeld etwa. Die Grafik ist dabei absolut gelungen. Ich habe mir „Star Wars: Squadrons“ an einer PlayStation 4 Pro angesehen und zum ersten Mal bereut, dass ich keine PlayStation VR besitze.

Richtig gelesen: Das Spiel ist nämlich auch in VR spielbar. Und seit der kleinen VR-Mission aus „Star Wars: Battlefront“ haben sich sicherlich viele Fans so ein Weltraum-Abenteuer gewünscht. Freilich sind auch die typischen Star-Wars-Soundeffekte und Melodien aus den Filmen hier zu hören. Die Atmosphäre ist also wirklich exzellent. Dazu gehört auch, dass es kein immer identisches Interface für eure Bewaffnung, Geschwindigkeit, Schilde und Co. gibt. In jedem der verschiedenen Raumschiffe ist das Layout der Anzeigen anders und ihr müsst euch neu einfühlen. Zumal sich ein Bomber wie der Y-Wing natürlich anders steuert als ein wendiger, aber auch verwundbarer, TIE Fighter.

Multiplayer? Da habe ich nur kurz hereingeschnuppert: Zu viel Tiefe sollte man hier nicht erwarten, aber die Dogfights gegen andere Spieler sind ein kurzweiliges Vergnügen. Leider gibt es aber nur zwei Modi: Standard-Dogfight, bei dem 5 gegen 5 antreten und diejenigen gewinnen, die als erstes 30 Kills anhäufen, sowie Flottenkämpfe bei denen vielmehr das Ziel ist ein gegnerisches, großes Kriegsschiff zu zerpflücken. Für beide Modi gibt es dieselben sechs Karten. Hier müsst ihr aber zwangsläufig nochmal deutlich taktischer zocken als im Singleplayer, wenn euere menschlichen Gegenspieler auch nur ansatzweise etwas auf dem Kasten haben.

 

Vor allem der Flottenkampf hat etwas mehr Tiefe, denn hier sind auch KI-Schiffe in das spektakuläre Gefecht verwickelt. Außerdem könnt ihr nicht direkt auf den Gegner losstürmen. Bevor ihr das gegnerische Kriegsschiff direkt angreifen dürft, müsst ihr erst zwei kleinere, schützende Schiffe in ihre Bestandteile zerlegen. Auch wenn hier mehr Tiefe vorhanden ist, als bei dem direkten Aufeinandertreffen 5v5, haben beide Modi etwas für sich. Denn dafür ziehen sich die Flottenkämpfe teilweise sehr, wenn ein Tauziehen zwischen den Kontrahenten immer wieder das Gleichgewicht verschiebt.

Ein Lob am Rande: EA hat (bisher) Mikrotransaktionen vermieden. Stattdessen spielt ihr in „Star Wars Squadrons“ Belohnungen ganz altmodisch durch das Bestreiten von Matches frei. Dabei erhaltet ihr z. B. neue Waffenmodifikationen oder auch reine, kosmetische Items. Letztere sind aber so eine Sache, denn da ihr im Cockpit sitzt, seht ihr euer eigenes Schiff folgerichtig ohnehin selten. Selbst bei euren Gegnern habt ihr selten die Chance darauf zu achten, denn gerät ein Gegner in euer Visier, seid ihr eher damit beschäftigt schnell auf die Feuertaste zu hämmern, statt seinen Schiff-Skin zu bewundern.

Insgesamt ist „Star Wars: Squadrons“ aus meiner Sicht ein lohnenswertes „Star Wars: Spiel“ ohne Abzocke-Mechaniken, das Weltraum-Fans definitiv einige sehr unterhaltsame Stunden bescheren wird.

STAR WARS SQUADRONS (VR-fähig) - [Playstation 4]
  • Planen Sie zusammen mit Ihrer Staffel im Besprechungsraum Gefechte, bevor Sie sich auf die sich stetig im Wandel befindlichen Schlachtfelder...
  • Übernehmen Sie die Kontrolle über verschiedene Sternenjägerklassen der Flotten der Neuen Republik und des Imperiums

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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7 Kommentare

  1. Achja… X-Wing, Tie-Fighter und X-Wing Alliance waren absolute Sucht-Spiele von mir. Teilweise sogar X-Wing vs. Tie-Fighter (obwohl merklich schlechter). Habe mir auch Squadrons für die PS4 geholt, aber noch nicht spielen können. Freue mich aber darauf, ebenfalls nur Singleplayer :-).

    Was nur schade ist: wie explizit bei diesem Test/Vorschau/Kommentar darauf hingewiesen wird, dass dieses Spiel keine Abzockelemente hat. Also dass es nötig ist, es zu so deutlich zu schreiben.

    • X-Wing und Tie-Fighter habe ich damals auch gespielt, aber so richtig geil wurde es für mich erst mit X-Wing vs. Tie-Fighter, weil man das über Netzwerk zocken konnte.

      • Klar, wer Multiplayer mag. Ich bin halt primär ein Singleplayer-Freund. Bei XvT gabs einfach keine echte/gute Kampagne. Bei XWA waren dann aber wohl alle zufrieden, besonders weil man zu zweit im Falcon spielen konnte :-).

  2. Mich hat es leider überhaupt nicht überzeugt. Genauso wenig wie Fallen Order. Lahme Story, total billige Cutscenes und das Gameplay ist auch nicht meins. Da schmeiß ich lieber den Emulator an und spiele eine Runde Rogue Leader oder die alten Jedi Shooter.

  3. Also ich bin absolut beigeistert von SW Squadrons. Ein wenig sehr arcadelastig, aber in VR der absolute Kindheitstraum!!!
    Ich zocke das ausschließlich in VR. Wenn man im X-Wing fliegt und den Tie-Fightern hinterher schauen kann, um diese nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, ist das der absolute Oberhammer!
    Kurzer Blick nach hinten, mit R2 ist noch alles OK. Blick nach rechts, Hallo Wingman.
    Und das schöne dabei: Irgendwie haben die das hibekommen, dass ich so gut wie keine Motion-Sickness bekomme.

    Mir ist auch zu Ohren gekommen, dass es für X-Wing Alliance (21 Jahre alt!) eine aktuelle, umfangreiche Mod gibt, die das Spiel grafisch in die Gegenwart katapultiert.
    Und die Community hat sogar einen VR Modus gebastelt!!!
    Müsst ihr mal nach „XWA Mod“ googeln.

    Die langen Winterabende können kommen… 🙂

  4. Onkel Wanja says:

    EA? Da denke ich direkt an Begriffe wie Abzocke, Lotterie und Lootbox. Und da soll es nun keine „Abzocke-Mechaniken“ geben, kaum zu glauben.

    • André Westphal says:

      Du hast das alles falsch im Kopf, das sind doch „Surprise Mechanics“ :-D. Aber davon ab, hat EA sich da zumindest im Hinblick auf Star Wars am Riemen gerissen – bei Jedi Fallen Order ließ man derlei Spielereien bereits und hier auch.

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