Spotify hat ein Problem mit „Geistermusikern“

Bei Spotify, aber auch bei anderen Streaming-Anbietern, findet ihr nicht nur weltbekannte Künstler, sondern auch allerlei unbekanntere Songschreiber. Diese werben in ihren Profilen oft mit spannenden Lebensläufen, die sie zu ihrer Musik geführt haben sollen. Doch oft stecken hinter den Profilen in Wahrheit „Geistermusiker“, also völlig andere Personen. Da können sich ein spiritueller Songwriter aus Hawaii oder eine einfühlsame Pianistin aus Paris plötzlich als schwedischer Geschäftsmann entpuppen.

Wie die Tagesschau berichtet, existieren etwa vermeintliche Künstler wie „Amandine Moulin“ in Wirklichkeit gar nicht. Ihr erfolgreichstes Lied „La Vie“ wurde dennoch mehr als 13 Mio. mal abgerufen. Dahinter steckt jedoch offenbar ein Mann in Schweden, dem man am Ende über 100 Künstlerprofile zuordnen konnte. Er gibt sich unter anderem auch als irischer Musiker mit deutschen Wurzeln aus. Laut dem Tech-Journalisten Linus Larsson aus Schweden, sei diese Taktik bedauerlicherweise verbreitet.

So gebe es da eine kleine Gruppe schwedischer Musikproduzenten bzw. Geschäftsleute, die sich in mutmaßlich frei erfundenen Biografien als Künstler aus aller Herren Länder ausgeben. Dennoch sind viele ihrer Profile gar mit einem blauen Haken markiert – also verifiziert. Teilweise wird es dann recht extrem in manchen Playlists: Etwa enthält „Peaceful Piano“ von Spotify 300 Titel – 60 % der Songs stammen aber von Geistermusikern. Oft sind diese mit dem schwedischen Label Firefly Entertainment verbunden.

Da wird es dann interessant, denn einer der Gründer Firefly Entertainments soll eine persönliche Beziehung zu einem ehemaligen Spotify-Manager haben – welcher das ganze Konzept der Playlists entwickelte. So konnte man etwa in sozialen Netzwerken Fotos von gemeinsamen Reisen erspähen. Die Tagesschau gibt an, dass Recherchen ergeben hätten, dass zwar pro Stream für Geistermusik weniger ausgeschüttet werde – dafür seien die Songs aber regelmäßig in reichweitenstarken Playlists untergekommen. Dem Bayrischen Rundfunk haben Angebote an Künstler vorgelegen, welche die Verfahrensweise offenbar belegen.

Spotify Deutschland hat wiederum dementiert, dass man sich irgendwie in Playlists einkaufen könne. Die Listen würden unabhängig kuratiert. Doch weder das Label Firefly Entertainment, noch die ermittelten Songwriter wollen sich zu der Thematik äußern. Inwiefern Firefly Entertainment also direkte Verbindungen zu Spotify haben könnte, lässt man offen. Eindeutig ist aber, dass die Geistermusiker mit ihren Fake-Profilen viel Geld verdienen. Sie veröffentlichen unter unterschiedlichsten Profilen am laufenden Band schnell produzierte Musik, die sich oft in viel gehörten Playlists wiederfindet – der Rubel rollt.

Das Problem: Alles, was Spotify an Geld für solche Geistermusik ausschüttet, die eventuell gezielt nach oben gespült wird, fehlt den echten Künstlern. Das liegt auch an Spotifys Verteilungsmodell nach dem „Pro-Rata-Schema“. So gehen die Gelder aus dem Topf nicht direkt an Künstler, die ihr euch anhört. Vielmehr gibt es einen großen Topf und die Einnahmen werden dann an die Künstler verteilt, je nachdem, wie hoch ihr Anteil insgesamt an der Anzahl der Streams bei Spotify ist. Davon profitieren primär große Plattenfirmen und Musikproduzenten, während kleinere Indie-Bands und -Künstler Nachteile haben.

Diese oft als ungerecht kritisierte Verteilung steht auch in einigen Ländern rechtlich und politisch auf dem Prüfstand. „Geistermusiker“ sind da auch ein Symptom des Problems.

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22 Kommentare

  1. DerDaniel says:

    da haste ja jetzt komplett die dirty Secrets Mediathek Staffel zusammengefasst

  2. “Sie veröffentlichen unter unterschiedlichsten Profilen am laufenden Band schnell produzierte Musik”

    Damit unterscheiden sie sich ja nicht von vielen Titeln, die weit vorne in den Charts sind. Alles schön Streaming-optimiert und häufig keine drei Minuten lang.

    Generell ist mir auch egal, wenn die Spotify Bibliothek mit Musik zugemüllt wird. Das eigentliche Problem beschreibt ihr ja ebenfalls genau richtig und zwar, dass das Geld nicht fair verteilt wird.

  3. Die Verifizierung bei Künstlern sagt nichts über die Relevanz/Popularität aus. Sobald man sich bei Spotify for Artists „angemeldet“ hat, also sein eigenes Künstlerprofil verwalten kann (z. B. Bilder hochladen, Bio hinzufügen), ist der blaue Haken auf der Künstlerseite sichtbar.

  4. …vielleicht sehe ich das auch zu einseitig, aber als Endnutzer ist es mir relativ egal, ob die Musik nun in einem Studio in Schweden oder auf Mauritius zusammengemischt wurde.

    Das ist wohl eher ein Thema für Spotify, das sie ihr Vergütungsprogramm überarbeiten müssen.

  5. habe gerade zwei Alben der Band RPWL erworben. Direkt auf deren Webseite. Da weiß ich dann genau wo die Kohle hingeht. Und dabei ist es völlig egal, ob es sich um einen Tonträger oder um einen digitalen Downloads handelt. Für die Kunden mag Streaming eine tolle Sache sein, für die allermeisten Künstler ist das zumindest finanziell eine echte Katastrophe.

  6. Das Problem ist aber alt und besteht auch außerhalb von Spotify und Streaming: Musiker; die in den Fernseher bzw. ins Radio mal geschafft haben, werden häufiger gehört und verdienen auch mehr Geld.

  7. Das einzig unfaire hier ist doch die Möglichkeit, sich in populäre Playlists einkaufen zu können. Ob jemand unter Pseudonym Musik veröffentlicht oder nicht ist doch völlig nebensächlich. Am Ende entscheidet der Hörer, ob die Musik gut ist oder nicht, skippen ist ja nicht verboten.

  8. Dass das Anhören von Musikkonserven überhaupt zu einer erheblichen Einnahmequelle für Musiker werden konnte, ist meiner Ansicht nach mit ein Auslöser für das Problem. Jeder normale Mensch wird für seine Arbeit bezahlt. Arbeitet er nicht, bekommt er kein Geld. Nur Musiker sehen das irgendwie anders. Die knödeln mal in die Dose und – genügend Verbreitung der Konserve vorausgesetzt – können dann für den Rest des Jahres in der Nase bohren. Das ganze Phänomen würde verschwinden, wenn Musiker, genauso wie jeder andere Mensch auch, für ihre Arbeit bezahlt werden. Bei einem Musiker bedeutet Arbeiten: Raus auf die Bühne und Musik machen. Oder für einen Studiomusiker eben ohne Bühne. Für Musikkonserven sollten sie bestenfalls eine Aufwandsentschädigung bekommen.

    • Das kann auch nur jemand schreiben, der/die keine Ahnung von den verschiedenen Prozessen einer Musik Produktion hat. Bevor DU die Musik hören kannst hat der Musiker (und Andere) meist hunderte Stunden an Arbeit in diese Produktion gesteckt. Dein Kommentar ist kurzsichtig bzw. unüberlegt und zeugt von Unkenntnis der Materie.

      • Wenn man da wirklich zu wenig verdient, sollten die Künstler in der Folge ja wegbleiben oder drauf zahlen. Stattdessen ist da eine lange Schlange mit Musikern, die wollen, dass man sie hört.

        So lange das Angebot nicht knapp wird ist der Preis zu hoch.

    • Hallo Weberli, gilt nicht nur für Musiker, sondern noch mehr für die sogenannten Verwertungsgesellschafften. Das sind die wahren „Straßenräuber“ und das nicht nur im Musikbereich. Beispiel Bücher: ein Buch gekauft gleich meinst. Ein echtes Papierbuch. Ei e-Book gekauft: nicht meins. Wenn ich das gleiche e-Buch von Amazon kaufe und auf einem nicht für Amazon freigeschaltetem Reader lesen möchte Pustekuchen. Ist so als hätte ich einen „Amazon-Kindle-Lesesessel“: setze ich mich mit dem gleichen Text in den „Apple-Book-Lesesessel“ muß ich ein neues Buch kaufen. Das ist wahre Abzocke und Betrug, denn der Inhalt ist immer der gleiche. Habe ich einen King bei amahzon gekauft sollte ich ihn auf jedem Reeader , zur Not auf einem beliebigem Progamm auf dem Pc , anzeigen lassen und lesen können. Alle Künstler und Verwertungsgesellschaften jammern daß ihnen durch „Digital“ und die bösen Kopierer Geld verlorengeht. Dabei hatten sie uns Komsumenten nie so gut unter Kontrolle wie jetzt. Von einer LP konnte ich beliebig viele Kopien auf Band ziehen und niemand konnte mich daran hindern oder das nachvollziehen. ein buch konnte ich kopieren , beliebig verleihen, verschenken oder finden und lesen. Alles Dank DRM und Co, nicht mehr möglich. Wir besitzen seit Streaming und e-Books nichts mehr uns zahlen uns dumm und dämlich. Und dann stellen sich Künstler und Verlage und sonstige Leute die meinen Rechte innezuhaben noch hin und jammern. Mich können sie mal. Ich habe einen Musikstreamingdienst abonniert und meine Soundkarte kann hardware – Loopbakc- den Rest kann sich jeder denken.

  9. Ich verstehe das Problem nicht:
    Also ein schwedischer Geschäftsmann gibt sich z. B. als ein „erfundener Musiker“ aus (so wie Milli Vanilli?) – aber es gibt unter diesem Künstlerprofil Musiktitel zu hören, keine „Raub“kopien.
    Also ist es doch „normale“ Musik, die einem gefallen kann oder nicht.

  10. Thomas K. says:

    Schweden? ESC? Klingelt da was?

  11. Verstehe auch nicht das Problem, seit Anbeginn der Charts werden die von professionellen Produzenten und deren Retorten Künstlern dominiert, die den Zeitgeist einfangen, der ganze k Pop funktioniert so, Frank Farian usw …. okay die Verflechtung mit den hochrangigen spotify Manager wäre eventuell intressant

  12. Ich bin mir nicht sicher ob ich das Problem hier verstehe. Sie produzieren ja genau so Musik (zumindest wurde hier nichts anderes behauptet) und veröffentlichen es halt unter unterschiedlichen Personas. Was genau soll dabei ein Problem sein?

    Das Argument „den armen ‚echten‘ Künstlern fehlt das Geld“ kauf ich nicht ab. Plattenfirmen ziehen die Künstler deutlich mehr ab und arm sind die trotzdem nicht. Wie auch im Artikel erwähnt wurde ist das Verteilmodell ohnehin schon benachteiligend für Indie Musiker, aber das hat ja nur begrenzt hiermit was zu tun. Da sind große Plattenfirmen ja mehr ein Problem.

    und warum sollen die „Geistermusiker“ keine echten Musiker sein? Sie produzieren doch Musik die scheinbar auch gern gehört wird

    • Vermutlich liegt das Propblem darin, dass eine Person mehrfach auftritt. Dies kombiniert mit einer Vielzahl von Songs pro Fake-Künstler ergibt eine unproportional hohen Anteil an dessen Liedern.
      Mal ein fiktives Rechenbeispiel: Eine nicht-künstlerspezifische Playlist (wie die im Artikel genannte „Peaceful Piano“) sollte eine Mischung von verschiedenen Künstlern haben (meinetwegen nicht mehr als 5% Anteil pro Künstler). So ist nicht nur ein ausgewogener Musikmix, sondern auch eine homogene Ausschüttung an verschiedene Künstler gegeben. Wenn jetzt über die Hälfte der Liste durch Fake-Künstler blockiert ist haben die anderen Künstler das Nachsehen.
      Wie gesagt, nur eine Vermutung…

  13. „Das Argument „den armen ‚echten‘ Künstlern fehlt das Geld“ kauf ich nicht ab. Plattenfirmen ziehen die Künstler deutlich mehr ab und arm sind die trotzdem nicht. “ Das ist faktisch falsch. Mit dem Verkauf einer CD sind die allermeisten Künstler besser bedient. Spotify schüttet gerade mal eine halben Cent pro Stream an den/die Künstler aus. Kannst du dir selber hochrechnen, oder?

  14. Das ist doch eine coole Idee, was ist schlecht daran? Wenn sie Musik machen, die die Leute gerne hören, ist nicht wichtig ob ihr Künstlername ihrem gelebten Geschlecht entspricht oder die Persona vom Schöpfer auch tatsächlich gelebt wird.

    Noch nie hab ich ein Lied gehört, weil der Autor vorgibt, in Paris zu leben. Was sind dass denn für Musikhörer? 😀

  15. Das einzige Problem, welches ich bei Musikstreaming Diensten erkennen kann ist, dass nach gespielten Tracks, anstelle gespielter Zeit abgerechnet wird. Das hat so dämliche Effekte, dass Songs immer kürzer werden, oder Hörspiele in willkürliche ca. 1:30 Kapitel unterteilt werden.
    Einerseits sage ich, wenn es gefällt, ist mir vollkommen Schnuppe, ob da ein Fantasie-Künstler hintersteckt. Eigentlich war es doch schon immer so, dass die eigentlichen Produzenten eines Songs im Hintergrund bleiben.
    Andererseits – hat sich dieses „Valser la Vie“ schon mal jemand angehört? Das ist ein knapp über eine Minuten langes „Klaviergeklimper“, so etwas würde ich nicht mal als Musik bezeichnen:)

  16. ich verstehe das problem nicht. die menschen wollen künstler mit schnulzigen Leidensgeschichten damit sie sich mit dem selben einheitsbrei den alle anderen auch hören schön individuell finden können. Und solange die Musik gut ankommt und gehört wird ist doch alles ok. die Leute wollen sowas einfach. und solange große echte Künstler für einmal erbrachte Leistung permanent bezahlt werden muss man sich nicht wundern wenn es da andere auch wollen. Man wäre das toll wenn ich für jeden Bescheid den ich verfasst habe für den rest meines lebens immer wieder bezahlt werden würde.

  17. Jhonnybravo says:

    Verstehe das Problem der Künstler auch nicht. Das Abrechnungsmodell von Spotify war doch schon immer so und ob man im Rahmen dessen seine Musik dort verwerten möchte ist einem doch selbst überlassen. Warum laden die Künstler ihre Musik bei Spotify hoch? Es gibt auch Alternativen mit weitaus besserem Vergütungsmodell, z.B. Bandcamp. Geht es den Künstlern letztendlich aber doch nur um die Reichweite oder den Vertrieb bzw. Verkauf, brauchen sie doch scheinbar nur ein bisschen E-Piano klimpern, oder an regnerischen Tagen das Mikro aufstellen. Weitaus weniger Produktionsaufwand.

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