„Ori and the Will of the Wisps“ im Test: Eine Lichtgestalt unter den Spielen

Das Spiel „Ori and the Blind Forest“ ist bereits 2015 für die Microsoft Xbox One und Windows-PCs erschienen. 2019 folgte dann auch eine überraschende Portierung auf die Nintendo Switch. Diese Woche haben die Entwickler von Moon Studios nun den Nachfolger veröffentlicht: „Ori and the Will of the Wisps“. Ich habe das Spiel mittlerweile angezockt und kann hier eine echte Empfehlung vergeben.

Dazu gestehe ich: Den Vorgänger, also „Ori and the Blind Forest“, ließ ich bisher aus. Als das Game erschien, besaß ich weder eine Xbox One noch zockte ich am PC. Vertieft in die PlayStation-Welt, so rauschte der Plattformer also an mir vorbei. Trotz eines Game-Pass-Abonnements ignorierte ich das Spiel bisher, wohl auch, weil es einfach zu viele Alternativen gegeben hat. Microsoft wollte mich dennoch becircen und stellte mir einen Review-Code für „Ori and the Will of the Wisps“ zur Verfügung. Nun ärgere ich mich, dass ich dieses Franchise bisher ignoriert habe.

Denn schon der knuffige Anfang des Spiels hat mich sofort mehr eingenommen, als manch bombastische Cutscene zu Beginn eines Triple-A-Games. So finden der kleine Wächtergeist Ori und seine Freunde eine kleine, neugeborene Eule, welche sie Ku taufen und großziehen. Das Federvieh hat allerdings zunächst Probleme mit dem Fliegen. Gemeinsam weiß man sich mit einer übergroßen Feder der Mutter zu helfen, gerät aber in einen Gewittersturm. Ori und Ku werden getrennt und hier beginnt die eigentliche Geschichte, in deren Rahmen man versucht die Charaktere wieder zu vereinen.

Das Gameplay ist im Grunde der typische Metroidvania-Stil: Es handelt sich bei „Ori and the Will of the Wisps“ also um einen non-linearen Plattformer, bei dem ihr immer wieder verschiedene Wege und Abzweigungen nehmen könnt – eine gute Übersichtskarte hilft bei der Orientierung. Oft stoßt ihr dann aber an eine Stelle, an der zunächst kein Weiterkommen möglich ist. Etwa kommt ihr durch Gestrüpp nur, wenn ihr eine Fackel dabei habt oder kräftig mit einem Schlag draufhauen könnt. Manche Höhen erklimmt ihr nur, wenn ihr den Doppelsprung erlernt habt und / oder euch an Wänden festhalten könnt.

Wahrscheinlich wird euch das Muster klar: Ihr tastet euch durch die Spielwelt und versucht auf den richtigen Pfad zu kommen. Regelmäßig erreicht ihr dabei neue Areale und schaltet neue Fähigkeiten über einzelne Shards frei. Allerdings könnt ihr nicht alle Moves zeitgleich verwenden, sondern müsst eine Auswahl treffen, was etwas Taktik ins Spiel bringt und etwa an „Bloodstained“ erinnert. Auf ähnliche Weise erhöht ihr mit der Zeit auch eure Lebensenergie, werdet also im Spielverlauf immer stärker und vielseitiger in euren Fähigkeiten.

Manchmal muss man nämlich durchaus knobeln und mehrere Fähigkeiten miteinander verknüpfen, um sich durch die Hindernisse wie verletzende Dornenbüsche aber auch diverse Gegner zu kämpfen. Das Game bleibt dabei aber stets fair und bietet euch mehrere Schwierigkeitsgrade an. Optional könnt ihr euch auch anzeigen lassen, wie viel Schaden ihr bei Gegnern anrichtet, was dabei helfen kann, die effizientesten Möglichkeiten zu finden, um sie zu überwinden. Ich fand die Kämpfe aber nie zu dominant, sie lockern die Geschicklichkeitseinlagen gut auf, ohne zu nerven.

Was „Ori and the Will of the Wisps“ aber vor allem von der Konkurrenz im Metroidvania-Bereich abhebt, ist die Atmosphäre. Mich hat das Spiel mit seiner melancholischen Grundstimmung und auch dem Figurendesign an Filme des Studio Ghibli erinnert. Zumal ein erstklassiger Piano-Soundtrack das Geschehen mal düster, mal verträumt untermalt. Getestet habe ich das Spiel an einer Xbox One X, wo das Spiel glasklar in hoher Auflösung mit 60 FPS und HDR dargestellt wird. Manchmal kommt es zu leichten Performance-Einbrüchen, insgesamt läuft der Titel aber fast immer flüssig und der Spielspaß wird nicht beeinträchtigt.

Die Grafik? Nun, man bewegt sich zwar in einer 2D-Welt, alles wird aber in 3D gerendert. Als Grundlage dient die Unity-Engine. Die Hintergründe sind dabei extrem detailverliebt und alles strotzt nur so vor Animationen und Bewegung. Gekoppelt mit der kräftigen Farbpalette und dem leuchtenden Hauptcharakter Ori grenzt das manchmal schon dezent an Sinnesüberflutung. In einigen Szenarien mit allerlei Hindernissen und Gegnern, die mich parallel beharkten, verlor ich sogar kurzzeitig die Übersicht. Diesen Preis kann man aber bezahlen, denn das Gros der Spielzeit über ist „Ori and the Will of the Wisps“ wirklich Eye-Candy.

Dabei mag die Geschichte des Spiels simpel sein und nicht so sehr im Vordergrund stehen, man trifft aber im Spielverlauf immer mal wieder andere Charaktere und erfährt etwas über die Hintergründe der Spielwelt. Ich stehe eigentlich eher auf storylastige Games, habe diesen Titel aber als sehr nette Abwechslung empfunden, der mich irgendwie auch an alte SNES-Zeiten erinnert hat, als derartige Plattformer noch das Nonplusultra dargestellt haben. Denn auch wenn der Schwierigkeitsgrad generell fair ist, ging ich doch mehr als einmal über den Jordan und biss fast in den Controller.

Zu sehr an die Hand nimmt einen „Ori and the Will of the Wisps“ nämlich nicht, es ploppen also nicht plötzlich Tipps und Hinweise auf, die einem dem Weg zeigen. Finde ich sehr angenehm, denn so strengt man noch selbst das Köpfchen an, experimentiert und hat auch entsprechende Erfolgserlebnisse. Mir gefällt dabei auch besonders diese gewisse Naivität, welche das Spiel in positiver Weise ausstrahlt. Deswegen kann ich das Game auch vollen Herzens für Familien empfehlen. Freigegeben ist der Titel allerdings erst „Ab 12 Jahren“, sicher, weil es auch ein paar düstere Szenarien im unheimlichen Wald zu sehen gibt. Eventuell sollten Eltern also mit ihren Kindern mal gemeinsam ans Zocken gehen.

Tja und wie kommt ihr an „Ori and the Will of the Wisps“? Ihr könnt das Game entweder für 29,99 Euro im Handel als physische Version bzw. für 49,99 Euro auch als Collector’s Edition erwerben. Die digitale Version im Microsoft Store (oder bei Steam) wechselt ebenfalls für 29,99 Euro den Besitzer. Wer den Xbox Game Pass abonniert hat, kann „Ori and the Will of the Wisps“ ebenfalls ohne Mehrkosten zocken, denn dort ist das Spiel bereits enthalten – genau wie der Vorgänger. Da haben wir also noch ein gutes Argument mehr für den Game Pass, über den ich nun endlich auch den Vorgänger nachholen werde.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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11 Kommentare

  1. Meh … es soll sehr schwer sein. Darauf habe ich absolut keine Lust, denn ich will spielen & entspannen, nicht arbeiten & ärgern. Dass es jetzt einen „Idioten-Modus“ geben soll, macht es auch nicht besser. Den Gamepass Ultimate habe ich zwar, aber … nein. Es bleibt bei „Meh!“.

    • Also ich spiele kaum bis gar keine Platformer bzw JumpNRuns. Aber ich kam schnell rein. Ori 1 hatte viele Frust Momente, das hatte ich beim 2. Teil bisher nicht.

      Es ist auf jeden Fall nicht SCHWER! Das ist nicht sein Fokus. Wenn man stirbt, ist man eigentlich genau an der Stelle wieder und verlieren tut man auch nichts.

      • Danke für dein Feedback, dann werde ich dem Titel doch eine Chance geben. Kostet ja nix.

        • André Westphal says:

          Ich finde das Spiel auch sehr fair – selbst wenn man draufgeht, wird man kaum zurückgesetzt und es ist nicht so, dass man sich da pro Bereich quasi endlos rumkrüppelt. Das Game nimmt einen nicht so extrem an die Hand, sollte es aber auch nicht, das fände ich wieder langweilig. Man muss manchmal etwas nachdenken, wie man wohl durch die Hindernisse kommt, aber so sollte das bei einem derartigen Game auch sein :-).

    • Die Main Story vom Spiel ist nicht schwer. Es gibt jedoch einige Collectables, die recht schwer zu erreichen sind. Liegt vielleicht auch primär daran, dass mir einige Skills fehlten.
      Insgesamt ist das Spiel herausragend. Wunderschöne Grafik, gutes Kampfsystem, tolles Movement. Besonders schön ist, dass man vieles kombinieren kann und dadurch Skill sehr belohnt wird.

      Mein einziger Kritikpunkt sind Bugs. Ich musste einmal mein Spiel neustarten, weil ich in einer Wand feststeckte. Außerdem musste ich einen neuen Spielstand starten, weil ich den letzten Wisp Boss als erstes besiegt habe und das Spiel dadurch durcheinander kam …

  2. Ich habe den ersten Teil damals auf der Xbox One geliebt. War einfach fantastisch. Es war definitiv herausfordernd, aber nie unfair. Da ich jetzt keine Xbox mehr habe (und auch keinen spieletauglichen PC) muss ich wohl auf einen Switch-Port warten.

    • Auf der normalen XBOX läufts echt naja.. also wenns nen Switch Port geben wird, dann wird der bestimmt nicht so geil.. aber mal schauen

      • Habe die gleiche Erfahrung gemacht, das sind niemals 30 FPS..
        Aber dafür jetzt die One X holen? Hmm..

        • André Westphal says:

          An der Xbox One X hat es meistens 60 fps, allerdings kommt es je nach Gebiet auch zu Einbrüchen und dann etwas Stottern, merklich ist das schon – meines Erachtens kein Beinbruch, aber jeder reagiert da auch anders drauf.

  3. Beide Teile waren super und haben viel Spaß gemacht, Teil 2 vorhin durchgespielt. Gab ein paar Sachen die musste ich ein paar mal wiederholen… Aber im großen und ganzen super umgesetzt, tolle Atmosphäre und emotionale Story

  4. Nach all den guten Bewertungen habe ich den ersten Teil auf der Switch mal eine Chance gegeben und mir die Demo runtergeladen. Ich wusste gar nicht, dass es den ersten Teil für die Switch gibt. WOWOWOWOW was für eine Perle habe ich denn da bisher verpasst. Unfassbar gut (ok bisher nur angespielt).

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