NetzDG soll verschärft werden: Gesetzesänderung ist aber höchst umstritten

Das NetzDG (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) ist per se bereits umstritten. Nun ist eine Verschärfung angedacht, die für weitere Kontroversen sorgen dürfte. Die Befürworter argumentieren damit, dass die striktere Regelung Hass im Internet beschränken könnte. Die Kritiker sehen eine hohe Missbrauchsgefahr und befürchten Einschränkungen der Meinungsfreiheit.

Das Kabinett hat die Verschärfung durchgewunken, welche Justizministerin Christine Lambrecht angestoßen hatte. Nun geht es in die nächste Runde: den Bundestag. Was soll denn durchgesetzt werden? Nun, sollte die Änderung in Kraft treten, müssten soziale Netzwerke wie Facebook in Zukunft auf Anfrage sogenannte Bestandsdaten und Nutzungsdaten an Strafverfolgungsbehörden herausgeben. Das Problem daran ist offensichtlich: Schon bei Verdachtsfällen könnten Behörden wie das BKA die private Kommunikation von Nutzern mitlesen – etwa private Nachrichten.

So ist die Passwortherausgabe selbst nach Überarbeitungen im Gesetzesentwurf immer noch vorgesehen. Weder die Nutzer noch die Unternehmen sind davon begeistert. Google etwa kritisierte die Pläne als eine Art „Online-Hausdurchsuchung“. Allerdings soll die Passwortherausgabe nur nach Anordnung durch einen Richter und nur bei Verdacht auf schwere Straftaten erfolgen. Tja, nun gibt es aber einen Kniff: Die sozialen Netzwerke dürfen aus Datenschutzgründen nämlich aktuell gar keine Passwörter in einer Weise speichern, die sie überhaupt herausgebbar machen könnten. Stattdessen liegen nur Hash-Werte vor – auch die müssten dann aber im Fall des Falles an die Behörden gehen.

Noch umstrittener: Es soll neue Meldepflichten für die sozialen Netzwerke geben. Letztere müssten dann von sich aus Meldung beim Bundeskriminalamt erstellen, wenn auffällige Posts entdeckt werden. Dafür wolle man auch das BKA aufstocken – ca. 400 neue Stellen will man schaffen. Eine Meldung wird immer dann erforderlich sein, wenn etwa der Tatbestand einer Volksverhetzung oder Morddrohung erfüllt wird. Google befürchtet da eine hohe Missbrauchsgefahr – man sollte aber auch im Kopf behalten, dass man im Unternehmen sicherlich auch keine Lust auf den kommenden Mehraufwand hat. Öffentlich kritisiert man, es entstehe dadurch „eine umfassende Datenbank beim Bundeskriminalamt über Nutzer und die von ihnen geposteten Inhalte zum Zwecke der Strafverfolgung“ die historisch einmalig sei.

Doch auch der deutsche Anwaltsverein (DAV) sieht Stolpersteine: Es sei rechtlich extrem schwer viele Kommentare einzuordnen. Es bestehe eine hohe Gefahr, dass auch harmlose Posts gemeldet würden und / oder die sozialen Netzwerke am Ende eine umfassende, zu aggressive Selbstzensur vornehmen. Kritisch sieht man auch: „Das Bundeskriminalamt bekommt neben den beanstandeten Äußerungen die digitalen Adressdaten zur Identifizierung/Verifizierung des Nutzers, und zwar auch dann, wenn sich der Inhalt bei näherer Betrachtung als nicht strafbar erweist“, so der DAV.

Die FDP geht sogar noch weiter mit der Kritik an den Plänen: „Das NetzDG wird immer mehr selbst zum Problem für Bürgerrechte und Meinungsfreiheit, anstatt erhoffte Lösungen anzubieten.“ Jetzt heißt es abwarten, ob der Bundestag das verschärfte NetzDG so durchwinken wird – zu befürchten ist es leider.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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25 Kommentare

  1. Passwortherausgabe bringt aber nichts, wenn man fleißig auf 2FA setzt 🙂

    • Und du denkst jetzt ernsthaft, FB und co hätten keine Backdoor die 2FA für deinen Account einfach auszuschalten?

      • Also zumindest bei Amazon ist es einem Amazon Support MA nicht möglich sich in einen Account einzuloggen der 2FA aktiviert hat. Mag jetzt nichts heißen, aber fand ich interessant.

      • also FB sicher nicht, die wissen doch nie was sie alles Verbocken, man frage doch ehe die Hacker, die haben wenn dann Ahnung 😉

    • Ich denke, für solche Fälle gibt es sicherlich die Möglichkeit, sich unerkannt im System anzumelden. Die Webschnittstelle für den normalen Benutzer oder das Interface für den Servicemitarbeiter sind sicherlich nicht die einzig vorhandenen.

  2. Was soll daran denn jetzt schlecht sein – wird es doch von den „Guten“ beschlossen?
    Ich bin für die Einführung von Geruchskonserven, da kennen sich die Sozi’s gut aus!

    der Fingerabdruck im Ausweis muss übrigens innerhalb der jetzigen 2 Jahren umgesetzt werden.

    Während 100.000ende über die EU Grenzen wandern wird das Recht der EU Bürger beschnitten. Ich lehne es ab als „kriminell“ geführt zu werden, als nächstes kommt dann DNA!

  3. Dann schreib ich mal was ganz böses:“ Dann hat es die Mutti Stasi Murksel geschaft und nach 30 Jahren die Stasi wieder zu bringen.“ Nennt sich jetzt nur BKA.

    Können sich die im Bundestag nicht mal um wichtiger Dinge kümmern? Siehe das Casperle theater in Thüringen.

    So was nen sich Regierung. Naja warum hat der Bundestag eine Kuppel? Ich hab noch nie nen Circus mit Flachdach gesehen.

  4. „…dass die striktere Regelung Hass im Internet beschränken könnte.“ – Der Hass ist im Kopf nicht im Internet!

    „…es entstehe dadurch „eine umfassende Datenbank beim Bundeskriminalamt über Nutzer und die von ihnen geposteten Inhalte zum Zwecke der Strafverfolgung“ die historisch einmalig sei.“ – Das ist echt krank!!

    • Nicht nur zum Zwecke der Strafverfolgung für bereits begangene Taten. Im Zuge eines Profilings lassen sich zudem die „Gefahrenpotentiale“ einer Person ableiten. Plötzlich ist man ein Gefährder und weiß es gar nicht. Da liegt es doch nahe, nicht erst zu verfolgen sondern vorsorglich zu verknacken … ehm… sorry, zu verhindern.

      • problem ist auch wenn man NIE was gemacht hat, allein die Anzahl der Indizien kann dich in den Knast bringen, siehe diverse Unrechtsfälle teils mit Lebenslanger Haft. Wir wissen dass etliche unschuldig hinter Gitter sitzen, auch die Richter müssen ihre Quote erfüllen, Weltweit…

    • Und es ist beschlossen! Hammer, hätte nicht gedacht, dass es soweit kommt…
      Also, ran an die Arbeit, Cloud-Inhalte herunterladen und dann Accounts schließen, Mail-Accounts bis auf einen -auf POP3 umgestellt, sodass die Mails stets heruntergeladen werden- schließen, aus allen (a)sozialen Netzwerke abmelden, chatten nur noch über Threema, Windows/Mac OS gegen Linux tauschen, iPhone gegen Linux-Phone tauschen -bald ist das PinePhone verfügbar-, mehr Bücher kaufen und von der Welt möglichst abgekoppelt das Leben genießen! Achso, F*ck the system! Hätte beinahe vergessen… 😉

      • Definitiv beste Kurzfassung von meinen Gedanken dazu, ach nee sorry, Gedanken von nem Freund mein ich, anders denkende werden ja in ca 2 Jahren wieder vermehrt verfolgt, codname Hass und so *augenroll*

  5. Ja, das klingt ja alles ganz wunderbar.

    Das ist mal wieder ein schönes Beispiel, wie die politischen Eliten offen und systematisch gegen die Bürger und ihre Rechte arbeiten. 😀

  6. Die FDP hätte dieses skandalöse Gesetz höchstwahrscheinlich kippen können aber dann hätten sie „mit den Feinden der Demokratie“ zusammen für frei Meinungsäußerung eintreten müssen und das schei*t man lieber mal Moral und freie Gesellschaft.

  7. Mal die Idee weiter gedacht (auch wenn es im Kopf schon weh tut):
    Müssen die sozialen Netzwerke dann zukünftig auch die Staatsangehörigkeit der Nutzer überprüfen, damit auch wirklich nur deutsche Staatsangehörige in den zweifelhaften Genuss des NetzDG geraten? Oder wird pauschal jeder gemeldete Inhalt automatisch auch ans BKA geschickt, selbst wenn es dort keine Handhabe gegen den Verfasser gibt (weil es sich bspw um einen US-Bürger handelt)? Oder gehen nur gemeldete Inhalte von als deutsch erkannten IP-Adressen ans BKA?

    Oder hat womöglich keiner so weit gedacht?

  8. Was haben denn alle erwartet? Dass das NetzDG so wie es ist bleiben würde? Wenn ja, dann willkommen in der Realität. Die breite Masse scheint es ja nicht z zu stören, wie auch, die haben gar keine Zeit sich tiefer mit dem Thema auseinander zu setzen und sind froh, wenn Instagram funktioniert. (Gilt das jetzt als Hasskommentar?)

  9. Kann mir mal jemand erklären warum diejenigen die solche Gesetze erlassen als die „Guten“ bezeichnet werden und die „Bösen“ die sind die dagegen sind? Stockholm Syndrom?

  10. Das eigentliche Problem wird auch hier nicht diskutiert. Der Richtervorbehalt den Politiker immer vor sich her tragen um Vorwürfe gen Überwachungsstaat zu entkräften. Tatsächlich wäre es kein Instrument eines Überwachungsstaats wenn der Zugriff nur im konkreten Einzelfall mit richterlicher Prüfung möglich wäre. Dabei gilt bereits in dubio pro reo und Schutz der Grundrechte, wie immer wenn ein Richter in Strafsachen zu entscheiden hat.

    In der Realität hat die selbe Politik aber die Gerichte kaputt gespart. In besonders unterfinanzierten Ländern wie Berlin müssen inzwischen regelmäßig dringend tattverdächtige Verbrecher aus der U-Haft entlassen werden, weil Fristen abgelaufen sind innerhalb derer ihnen der Prozess hätte gemacht werden müssen.
    Um das möglichst zu verhindern haben diese Prozesse bei Gericht höchste Priorität und alles andere muss hinten anstehen.

    Das führt dazu, dass solche richterliche Prüfungen rein rechnerisch innerhalb weniger Minuten stattfinden müssen, inklusive Gerichtsbeschluss. In der Zeit kann man nicht einmal den Beschluss selbst schreiben, daher kommt das schon alles vorausgefüllt von Polizeibehörde/Staatsanwaltschaft. Für eine substantielle Prüfung der Akte ist da natürlich auch keine Zeit.
    Richter versuchen trotzdem ihren Job zu machen und lehnen besonders haarsträubende Dinge durchaus ab. Aber effektiver Grundrechtsschutz sieht anders aus.

    Alle labern immer von Verfassung, Bürgerrechten etc aber das fällt dann nicht vom Himmel. Für Ausbau von Kindergärten oder Rentenerhöhung werden schnell Milliarden mobilisiert. Ist ja auch alles schön und gut, aber zuerst muss ein Staat seine Grundaufgaben wie Justiz gut aufstellen, dann kommt Sozialpolitik.
    Aber bundesweit zusätzliche Richter um auch nur die vom Gesetzgeber zusätzlich geschaffene Arbeit durch das NetzDG an den Gerichten zu stemmen? Nada. Fordert auch kein Journalist. Die sind nur immer da wenn es darum geht Skandal zu schreien wenn dabei mal wieder im Einzelfall Bürgerrechte unter die Räder kommen

  11. Der mit dem Aluhut says:

    Naaaaa…. Vie viele Leute finden die Verschärfungen gut?
    Wer ist immer noch staatsgläubig?

    Sicher sind wir nur OHNE Staat!

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