Kultusministerium Baden-Württemberg nimmt Stellung zum Schul-Rausschmiss aus dem Hochschulnetz BelWü

Zum Wochenende sorgte das Kultusministerium für ordentlich Wirbel: Hatte man zu Pandemiebeginn einige Schulen mit Lernplattform, Mail & Co innerhalb des Hochschulnetzes BelWü versorgt, sollen diese – trotz anhaltender Lage – jenes zum Herbst nun wieder verlassen. Über die genauen Gründe des auslaufenden Versorgungsvertrags („Kooperationsvereinbarung“) ließ man viele man im Dunkeln, man informierte lediglich Admins und Schulleiter über die Kehrtwende. Nun nimmt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Stellung zur „Refokussierung von BelWü“.

Eine Stellungnahme gibt auch das Wissenschaftsministerium ab. Seit 1997 versorgte BelWü neben Hochschulen und Universitäten aufgrund eines Kooperationsvertrags zwischen Kultus- und Wissenschaftsministerium auch Schulen mit Web-Hosting, aber auch einem Mail-Service. Die Finanzierung erfolgte durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Im Rahmen der gestiegenen Anforderungen sei bereits im Jahr 2019, also vor der Pandemie, über die zukünftige Ausrichtung von BelWü entschieden worden. Grund dafür: Ab 2023 kommen neue Vergabe- und Steuerrechte zum Tragen, weshalb eine „langfristige Bereitstellung von Dienstleistungen durch BelWü für Schulen erschwert sei“. Vermutung: Man muss die Vergabe zur Bereitstellung der Dienstleistung dann – auch an private Dienstleister – öffentlich ausschreiben. Das Kultusministerium konkretisiert dies leider nicht weiter und hält sich auch bezüglich des „neuen Dienstleisters bedeckt“.

Man bekräftigt zudem: Moodle- und Mail-Serivces stehen auch weiterhin zur Verfügung, zudem räume man „ausreichende Übergangszeiten ein“, in denen man die Schulen eng unterstützen und „begleiten“ wolle. Auf die selbst bei BelWü gehosteten Moodle-Instanzen geht man ebenfalls nicht dediziert ein. Der Umzug dürfte für einige Schulen nämlich sicher auch aufwändig und eigens zu bewerkstelligen sein.

Die Neuausrichtung wird, wie bereits zuvor durch BelWü kommuniziert wurde, sukzessive ab Herbst 2021 umgesetzt. Man beginnt ab dem 1. Oktober 2021 damit das Hosting von Webauftritten oder schuleigenen Webspaces einzustellen. Ich bin mir sicher die meisten Admins haben an den Schulen derzeit „genug“ zu tun – zudem handelt es sich hier eben nicht um Fachkräfte, sondern von Fachlehrern mit „Entlastung“:

Das Kultusministerium führt schwammig aus, dass das „Hosting von Webauftritten marktüblich und bei diversen Anbietern rechtskonform zu erhalten“ sei. Durch zusätzliches Personal bei BelWü solle der Übergang „ohne Störungen der Verfügbarkeit“ vonstattengehen. Man führt aus, dass der Fernunterricht auf keinen Fall tangiert werden soll:

Das Kultusministerium weiß um die hohe Qualität der Arbeit beim Dienstleister BelWü, die sich auch in der Situation unmittelbar nach den Schulschließungen im vergangenen Jahr gezeigt hat. Deshalb betreibt BelWü auch die Landeslösung Moodle mit dem Videokonferenztool BigBlueButton. Auch die Landeslösung Moodle mit dem Videokonferenztool BigBlueButton und die von Schulen genutzten E-Mail-Services sind also von den Veränderungen tangiert. Hier besteht für die Schulen allerdings kein Handlungsbedarf. Es ist sichergestellt, dass alle für den Fernunterricht und die Kommunikation der Schulen unerlässlichen Dienste wie E-Mail und das Lernmanagementsystem Moodle in der Landeslösung nötigenfalls bis 2024 sowohl weiterbetrieben als auch weiterentwickelt werden. Danach soll Moodle im Rahmen der Digitalen Bildungsplattform fortgeführt werden. Das Kultusministerium wird hier die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung dieser Dienste treffen und die Schulen Anfang 2022 über den Sachstand informieren.

Auch hier weiterhin schwammige und meines Erachtens teils fehlerhafte Aussagen durch das Kultusministerium: Soweit ich informiert bin, wird lediglich Moodle für Schulen von BelWü bereitgestellt bzw. eine Möglichkeit zum eigenen Hosting geboten. Moodle hat zwar eine Anbindung an BigBlueButton, dies wird aber so mein Kenntnisstand vom Landesmedienzentrum  Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) bereitgestellt.

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Baujahr 1995. Technophiler Schwabe & Lehrer. Unterwegs vor allem im Bereich Smart Home und ständig auf der Suche nach neuen Gadgets & Technik-Trends aus Fernost. X; Threads; LinkedIn. PayPal-Kaffeespende an den Autor. Mail: felix@caschys.blog

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21 Kommentare

  1. Was ist Moodle?

  2. BBB wird übrigens vom ZSL betrieben, nicht vom LMZ. Die Admins freuen sich bestimmt, wenn das korrigiert wird.

  3. Matthias Schlecht says:

    Der Begriff palliative Systemadministration ist übrigens hier geklaut: https://twitter.com/HonkHase/status/1372919760577572866?s=20

  4. BBB wird nicht von BelWü und nicht vom Landesmedienzentrum betrieben, sondern vom ZSL https://lehrerfortbildung-bw.de/st_digital/bbb/

  5. Warum nicht paedML oder gibt es das nicht mehr?

  6. Schön, dass alle immer zu BBB und eigenen Alternativen drängen. Vom Ansatz her total gut, ABER in der deutschen Schulwelt ist dies schier unmöglich umzusetzen, da die kompletten Kapazitäten für Wartungarbeiten und Traffic fehlen. Ich merke das hier bei mir in der Stadt selbst. An einer technischen Schule, welche ihr Bugdet selbst verwalten darf. Zu Stoßzeiten ist die Plattform nicht effektiv nutzbar.
    Warum also immer auf eigene Lösungen drängen, wenn noch nichts ausgebaut ist und nicht so lange noch auf „Kauf-„lösungen setzen?
    Bei Teams zB weiß ich aus Lehrerkreisen, dass der Datenschutz, welcher von allen immer so groß bemängelt wird, nicht schlimmer als bei BBB ist.

    • Joe Appleby says:

      Aber der Datenschutz wird als Totschlagargument ausgepackt. Kauflösungen sind pauschal böse, wenn ich mir ansehe, was die Berliner Datenschutzbehörde für Videokonferenzen freigibt. Gut, die geben nicht mal die landeseigene Moodle-Plattform frei, aber das ist ein anderes Brett.

    • Weil es eben schon etwas anderes ist, als öffentliche Schule, Schüler, Lehrer und Co. eine Plattform aufzuzwingen deren Datenablage nicht in eigener Hand ist und noch nicht mal in Europa liegt.
      Wenn man das als Unternehmen entscheidet ist es das eine, als Schule bei der Schüler keine andere Wahl haben, außer dort hinzugehen eben das andere.

  7. Klaus Mehdorn Travolta says:

    Solche Themen finde ich immer interessant denn ich habe 2008-2010 selber mal in einer Berliner Schule als Quasi-Admin gewerkelt. (War so eine Geschichte übers Jobcenter & Kommunale Tragervereine, später Werks/Hornorarvertrag).
    War damals einerseits interessant aber auch wirklich noch auf ‚Neuland-Niveau‘; auch wenn diese Geschichte ja erst später legendär wurde.
    Jedenfalls ist dabei der ‚Bildungs-Förderalismus‘ nicht unbedingt hilfreich was Entscheidungen zu Hardware & Software sowie Dienstleister betrifft. Den Kampf Microsoft ja/nein/ganz böse gab es ja damals schon. Und wenig finanzielle Möglichkeiten …

    Mir fällt dass alles immer wieder ein wenn ich in dieser Pademie-Zeit öfter mal was über Lernplattform xyz oder eben dieser Geschichte hier lese.

  8. Das alles ist die Lachnummer des Jahrzehnts und zeigt vor allem eines: Die Politik lebt jenseits der Realität in einem Paralleluniversum.

  9. Ist ja nur gut, dass die Digitalisierung der Schulen im „Muschterländle“ schon so weit fortgeschritten ist, dass die sich jetzt alle komplett selbst um alles (inklusive regelkonformer regelmäßiger Ausschreibung) kümmern können. So ein Plattform- und Providerwechsel ist ja bei Vertragsende easy mal eben an einem Wochenende erledigt und die Umstellung der schuleigenen Endgeräte läuft ja quasi von selbst nebenher.
    Mittelfristig werden die Schüler dann auch besser für den Arbeitsmarkt qualifiziert, wenn sie bei jedem Schulwechsel andere Software nutzen lernen (vielleicht sogar schon beim Stufenwechsel?)
    /s

  10. Beachman says:

    Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich das alles richtig Verstanden habe…..
    Die Schulen müssen das Thema Digitalisierung und dabei insbesondere Lernplattform, Hosting der eigenen Webdienste und Email nach dieser Übergangsphase selber organisieren, richtig? Und können nicht einfach zu einem IT-Dienstleiter ihres Vertrauens gehen, sondern sie müssen das öffentlich ausschreiben lassen? Im Ernst jetzt? D.h. der Bio-Lehrer kümmert sich dann nebenbei auch noch um komplexe IT-Ausschreibungen und muss die dann auch noch auf DSGVO Konformität, usw. prüfen? Na, herzlichen Glückwunsch.

    Und jede Schule hat dann ihre eigene Plattform, wenn es dumm läuft?

    Made my day 😉

  11. Ich kenne es so, dass die Schulen Nutzer und maximal Web-Admins von Web-Diensten und Plattformen sind, Betreiber ist in der Regel der Schulträger (Gemeinde, Stadt) oder die Landesschulbehörde. Es mag auch Schulen geben, die die Infrastruktur selber durch Lehrpersonal betreuen, das sollte aber die Ausnahme sein. Die Lehrer reparieren ja auch nicht nebenbei die Heizung oder decken das Dach neu, sowas gehört, wie auch IT-Infrastruktur, in die Hände von Fachkräften.

    • > sowas gehört, wie auch IT-Infrastruktur, in die Hände von Fachkräften.
      Völlig richtig.

      > Die Lehrer reparieren ja auch nicht nebenbei die Heizung oder decken das Dach neu
      Das tun sie tatsächlich nicht. Bei den IT-Themen ist das leider nicht ganz so klar. Ich kenne diverse Lehrer die (parallel zu ihrem Unterrichts-Deputat) stark in die IT-Prozesse ihrer Schule eingebunden sind. Teilweise sind es dann auch gerne mal die Partner von Grundschullehrerinnen, die sich in ihrer Freizeit um die IT der Schule kümmern. Ohne dass sie das unbedingt wollen oder es besonders gut können. Einfach nur, weil die Grundschule sonst völlig aufgeschmissen wäre.
      So läuft es leider und so ist es leider auch zum Scheitern verurteilt.

      IT gehört meines Erachtens zur Grundversorgung einer Schule. Genau wie ein nutzbares Gebäude, Strom, Wasser, etc. Warum es an Schulen einen Hausmeister und Schulpsychologen gibt, aber das Thema IT in die Hände der Schulleitung und Lehrerschaft gegeben wird, konnte mir bisher leider noch niemand erläutern. Es macht einfach keinen Sinn.

  12. So lange die Schulen keine Fachkräfte für Administration (ich meine Fachinformatiker für Systemintegration) einstellen wird da auch nicht besser. Hausmeister haben sie ja auch.

    Und wenn man keine Fachkraft vor Ort haben will, bleibt nur etwas zentrales. Das negiert dann aber die Realitat von Hardware und persönlicher Hilfestellung. Sinnvoll ist wohl entweder kleine IT vor Ort und große IT Zentral oder alles vor Ort. Das hängt dann von der Schule und Träger ab.

    Oder der Mathelehrer mach weiterhin nebenzu als ungelernter. Moment mal, dass mit der ungelernten Arbeitskraft funktioniert seit 20 Jahren nicht?

    • Joe Appleby says:

      Schulen dürfen kein Personal selbst einstellen. Das macht der Schulträger bei Hausmeistern und Sekretariat, das Land bei Lehrern.

  13. Das hört sich ja alles so an als ob sie im Kultusministerium selbst noch keine wirkliche Ahnung haben. Wozu auch ein Plan wenn man einfach mal loslegen kann und schauen wie die Schulen das ganze überleben.

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