Kontaktnachverfolgung: Deutsche Behörden haben in über 100 Fällen Daten aus Kontaktlisten erhoben

Laut einer bundesweiten ZDFheute-Umfrage sollen seit der Einführung der Kontakterfassung in Deutschland in über 100 Fällen Daten aus Corona-Kontaktlisten durch deutsche Strafverfolgungsbehörden erhoben worden sein. Darunter fallen auch mindestens fünf Erhebungen, die angefallen sind, nachdem das Infektionsschutzgesetz dahingehend verschärft worden ist, dass die Verwendung der Daten zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung als verboten gilt. Wie das ZDF berichtet, dürften die Zahlen aber noch deutlich höher liegen, da entsprechende Datenabfragen bei Staatsanwaltschaften nicht speziell erfasst werden, sondern man sich hierbei meist auf die Erinnerungen der beteiligten Beamten verlassen muss.

Während die Datenschützer des Landes ganz klar den Kurs vertreten, dass die erwähnte Änderung im Infektionsschutzgesetz ganz klar für alle Situationen gelte, sahen das offensichtlich nicht alle Staatsanwaltschaften so und ermittelten unter anderem anhand von Papierlisten in diversen Verfahren nach einzelnen Personen. Hierbei wurden unter anderem auch schon aufsichtsrechtliche Verfahren eingeleitet, so unter anderem in Mainz. Die Betreiber der Luca-App geben an, dass bei ihnen nahezu täglich entsprechende Anfragen von Behörden eintrudeln, in einem Fall das Gesundheitsamt sogar eine Infektion vorgetäuscht habe, um die Herausgabe der Informationen zu erzwingen.

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31 Kommentare

  1. maschineding says:

    Damit war nicht zu rechnen.

  2. Das ist Wasser auf die Mühlen für die Entscheidung die CWA so zu bauen wie sie steht und liegt.
    Aus meiner DAU Sicht möchte ich mich für das Engagement der Datenschützer:innen zur CWA an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
    Den Kritiker:inne an den Datenschutzanforderungen der CWA sei der Zugriff auf die Luca App hoffentlich eine Lehre.

  3. Ok, Luca-App wird hiermit gelöscht. Da es sich um eine privatwirtschaftliche Unternehmung handelt, möchte ich meine Daten, meine Kontakte und mein Bewegungsprofil nicht mehr preisgeben, auch wenn ich nichts zu verbergen habe.

    • Da kann Luca letztlich überhaupt nichts für. Das Problem sind die abfragenden Behörden.

      • Naja, sie hat durch die zentralisierte Datenspeicherung Begehrlichkeiten bei den Behörden geweckt. Bei der CWA kann das prinzipbedingt ja nicht passieren.

  4. Das muss IMHO strickt verfolgt werden und auch persönliche Konsequenzen für die Staatsanwaltschaft nachsichziehen.
    Im falle wo das Gesundheitsamt infektionen vorgetäuscht hat, auch für diese Mitarbeiter.

    So ein Vorgehen erschüttert die Prinzipien unseres Rechtsstaates und darf unter KEINEN Umständen tolleriert werden.

  5. Mit Hilfe der Luca-App wird bewiesen wie gierig deutsche Behörden auf unsere Daten sind und wie wenig sie dabei die Grundsätze des Datenschutz und Gesetze beachten. Insbesondere von der Polizei sollte man das jetzt aufgedeckte Handeln nicht erwarten. Aber viel schlimmer ist, dass es anscheinend keine Aktivitäten zur Aufklärung der Vorfälle gibt und die Taten nicht bestraft werden.
    Klar, es wird Viele geben, die jetzt der Luca-App die Schuld geben. Wären die Daten nicht mit deren Hilfe erhoben worden, dann hätte man sie auch nicht widerrechtlich nutzen können. Die Medien berichten allerdings auch von Zugriffen der Polizei auf die per Besucherliste- oder -zettel von der Gastronomie erhobenen Daten. Auch diese Datennutzung durch die Strafverfolgungsbehörden sind gesetzeswidrig. Eine Stellungnahme der politisch Verantwortlichen, der Innen-, Justiz- und Gesundheitsminister der Länder und des Bundes, ist anscheinend nicht zu erwarten. Da duckt man sich lieber weg, anstatt politische Verantwortung zu übernehmen. Armselig und dem Rechtsstaat nicht dienlich…

    • Treffend zusammengefasst und sehr traurig. Da muss man sich nicht wundern, wenn Leute auf die Straße gehen und für Verschwörungserzählungen anfällig sind.

      • Ich finde das beschriebene Vorgehen scheisse aber wieso sollte ich deswegen für Verschwörungserzählungen anfällig sein?

  6. Ich kann verstehen, dass es extrem verlockend ist, diese Daten zu verwenden. So lange das jedoch nicht zulässig ist, darf der Zugriff nicht erfolgen und muss entsprechend geahndet werden. Ansonsten werden wir bald nur noch Spaßnamen in den Listen finden…

    • Sinn und Zweck der Kontaktdatenerfassung war die Nachverfolgung von Infektionsketten durch die Gesundheitsämter zu ermöglichen. Das hat in den seltensten Fällen funktioniert und es ist an der Zeit diesen Unsinn abzuschaffen und entsprechende Vorgaben im Infektionsschutzgesetz und den Corona-Verordnungen der Länder zu entfernen. Insbesondere nach den bekannt gewordenen Fällen von unrechtmäßigem Gebrauch dieser Daten. Hier ist die Politik gefordert möglichst schnell zu handeln. Die Luca-App und andere Werkzeuge zur Datenerfassung würden damit überflüssig.

  7. So langsam müsste es auch der letzte „ich hab ja nix zu verbergen“ – Vollidiot verstehen.

    • Ich halte eine solche Pauschalbeleidigung für ziemlich anmaßend. Es ist eine andere Meinung, eine andere Haltung, die man nicht teilen, aber dennoch respektieren muss.

      Mir ist es vollkommen wurst, ob die Polizei bei der Verbrecherjagd mitbekommt, ob ich hier oder gar dort essen war. Meinetwegen können die auch eine Akte über mich anlegen, wo ich wann überall essen war.

      Wer auch nur im entferntesten glaubt, dass ein plötzliche kommendes Unrechtsregime nur Leuten Probleme bereiten kann, wenn über sie gesammelte Daten vorliegen, der irrt gewaltig.

      Mir persönlich ist es scheißegal, wer was über mich weiß. Wenns das Zipfelchen größer macht, na dann. Ich werde mir jedenfalls die paar Jahre, die ich in dieser Welt teilhaben darf, nicht in paranoiden Angstzuständen versauen, sondern soweit es genießen.

      Wenn ein angstfreies Leben bedeutet eine Vollidiot zu sein, dann bin ich das eben. Und zwar gerne.

      • RegularReader says:

        Es ist etwas hart formuliert worden, aber der Satz „Ich habe nichts zu verbergen“ ist immer falsch und keine Meinung.
        Jeder hat Geheimnisse oder Daten, die nicht öffentlich sein sollen bzw. bei denen man wissen möchte wer diese Daten hat und wer nicht.
        Ich empfehle diesen Beitrag, der ein paar sinnvolle Punkte aufzeigt, wieso jeder etwas zu verbergen hat (und auch sollte): https://digitalcourage.de/nichts-zu-verbergen

      • Du schreibst „Mir persönlich ist es scheißegal, wer was über mich weiß.“ – Na dann poste mal bitte deine private Adresse und eine Kopie der letzten Steuererklärung, Ahh, deine Browser-History hätte ich fast vergessen. Oder wo ziehst du die rote Linie?

        • Wusste schon, warum ich dieses Ding nicht nutze.

        • Mir persönlich ist es tatsächlich egal. Allerdings heißt egal eben egal und nicht, es muss jeder wissen und deshalb muss ich nun jedem proaktiv alles pber mich erzählen.
          Wenn ich aber beim Arzt, am Empfang gefragt werde, warum ich komme, dann sage ich auch wegen eines Furunkels am Hintern, wenn dort noch Leute rumstehen. Und, wenn jemand Sstreetfotografie betreibt und ich auf dem Bild lande, dann freue ich mich, wenn es gelungen ist und renne nicht nit einer ganzen Armee von Rechtsanwälten los, um mein so einzigartiges Persönlichkeitsrecht durchzusetzen, rein, weil ich es könnte.

          Aber gut, wenn man lieber alles mögliche daransetzt, um möglichst nicht zu existieren, ist das auch okay. Im Gegensatz zu meiner Einstellung, die niemanden tangiert, betrifft mich aber diese andere Einstellung massiv.

  8. Da braucht man sich nicht wundern, dass Donald Duck und Hans Schmidt sehr oft gemeinsam essen waren.

  9. Was wurde die Luca App hier gefeiert und die Kritiker beschimpft.

    • Hier geht es in erster Linie darum, dass Behörden die Daten für die Kontaktnachverfolgung missbrauchen. Ob die Behörden dann auf die Daten der App zugreifen, oder die Zettel aus der Gaststätte mitnehmen, ist so ziemlich das Gleiche. Der Skandal ist also nicht die App, sondern dass die Infektionsschutzgesetze der Länder die Datenerhebung vorschreiben, diese dann aber illegal durch den Staat genutzt werden. Grundsätzlich ist es, bzw. war es, ja sinnvoll, dass es die Möglichkeit der Kontaktnachverfolgung gibt. Als Bürger ist man gesetzlich verpflichtet, seine Daten hierfür bereitzustellen, wenn man ein entsprechendes Angebot nutzt. Dies sollte man in Frage stellen, wenn die Daten durch den Staat missbraucht werden.

  10. abnahmetest says:

    Bedarf es – bei allen Datenschutzrechtlichen Bedenken – in solchen Fällen nicht immer einer richterlichen Anordnung? So wie man es in jedem Krimi sehen kann: keine Anordnung = darf nicht verwendet werden. Oder halt den ehrenwerten Judge soundso aus dem Bett klingeln, weil gaaaaanz wichtig!

    • Die Daten wurden missbraucht. Für ihre Nutzung fehlte die rechtliche Grundlage. Dafür hat sich z.B. die Staatsanwaltschaft Mainz entschuldigt und damit den „Fehler“ zugegeben. Aber reicht das? Mir reicht das auf gar keinen Fall. Die eh schon kaum noch vorhandene Reputation der Polizei wurde schwer beschädigt. Jetzt wäre es an der Zeit das die verantwortlichen Politiker reagieren und die Täter in den Reihen der Strafverfolgungsbehörden aus dem Dienst entfernt werden. Diese Fürsorge sollte man allen Polizeibeamtinnen und -beamten zukommen lassen, die ihren Dienst auf gesetzlicher Grundlage zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung verrichten.

    • „keine Anordnung = darf nicht verwendet werden“. Jupp, sieht man in Krimis. Den amerikanischen, denn dort ist das so. In DE wiederum besteht kein derart umfassendes Beweisverwertungsverbot, sondern es kann nach richterlicher Abwägung (und durch die Folgeinstanz überprüfbar) durchaus zur Zulässigkeit führen.

      Ein – etwas weiter entferntes – Beispiel ist, wenn die Polizei in einer Wohnung eine Vernehmung zB als Zeuge oder auch Beschuldigter wegen sagen wir mal Fahren ohne Führerschein vornimmt und in der Vitrine einen Wurfstern findet. Da war auch bei Beschluss, aber dennoch ist hier eine Straftat verwirklicht, so dass das beweiserheblich ist.

      • >>…wenn die Polizei in einer Wohnung eine Vernehmung zB als Zeuge oder auch Beschuldigter wegen sagen wir mal Fahren ohne Führerschein vornimmt

        Selbst schuld, wenn man der Polizei den Zutritt zu geschützten Räumen ermöglicht. Üblicherweise fragen die Polizeibeamten höflich ob sie reinkommen dürfen. Ausnahme; Gefahr im Verzug!

        • Man kann auch aus jedem Satz irgendwie was drehen, um sich aufzupusten, oder? Insbesondere, wenn man als Zeuge helfen will, einen Fall aufzuklären, ist das sicherlich nicht unüblich. Und nicht nur Gefahr in Verzug greift, sondern es reicht, wenn bei der „höflichen Frage“ an der Tür die genannte Vitrine schon einsehbar ist…..

          So oder so gibt es in der StPO kein wirklich umfassendes Beweisverwertungsverbot im Sinne von „Kein Beschluss = nicht verwertbar“

          • Wenn die Vitrine einsehbar ist und die Beamten da schon feststellen können das eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vorliegen könnte, dann ist doch „Gefahr im Verzug“. Dann gibt es keinen Grund mehr ihnen den Zutritt ohne Beschluss zu verweigern. Allerdings eine komplette Wohnungsdurchsuchung wird ohne Beschluss schwierig sein. Ob ein Beweis verwertbar ist oder nicht wird spätestens im ordentlichen Gerichtsverfahren geklärt.
            Aber was hat das Alles mit der unrechtmäßigen Nutzung von Kontaktdaten die im Rahmen des IfGS erhoben wurden?

  11. Ich habe die Luca App nie benutzt, warum auch ein Zettel tut es doch auch. Der unzulässige Zugriff auf die Daten muss Strafen nach sich ziehen punkt aus Ende. Unsereins darf ja bei Kneipenbesuch auch nicht „Tim Taler, Sternenstraße 126, 081515 Milchstraße“ aufschreiben. Klar hätte es die App nie gegeben bzw. wäre nie groß benutzt worden, müssten sich Polizei, Gesundheitsamt, Staatsanwaltschaft durch hunderte gar tausende Zettel wühlen. Ich schätze mal darauf hätten die garkeinen Bock und kein Personal und Zeit, so mit der Luca-App ist eben viel einfacher und bequemer.

    Außerdem fand ich es von Anfang an bedenklich, dass da ein Privatverein hinter steht. Ich sag nur eins „Alles hat seinen Preis und jeder ist käuflich“.

    • >>Außerdem fand ich es von Anfang an bedenklich, dass da ein Privatverein hinter steht.
      Wo ist der Unterschied zur Entwicklung der CWA? Auch dahinter stehen Wirtschaftsunternehmen.

      Egal ob Zettel oder App. Der Unsinn der Erhebung von Kontaktdaten ist in Frage zu stellen und abzuschaffen. Basta!

      • RegularReader says:

        Ich sehe da schon einen sehr großen Unterschied.

        CWA: Entwickelt von Telekom und SAP, Open Source Projekt finanziert durch die Bundesregierung.
        Luca: Unternehmen mit nur einer Anwendung, ohne Auftrag entwickelt, nur durch einen PR-Coup und fehlender Prüfung durch die Länder gekauft worden.

        • Ich muss es nicht verstehen, warum man Telekom und SAP mit ihrer durch den Steuerzahler finanzierten App mit dem Label „Open Source“ so viel Vertrauen schenkt. Telekom und SAP sind große Wirtschaftsunternehmen, denen es letztendlich um Gewinnerzielung geht. Was ja mit der CWA anscheinend gut gelungen ist. Ob die Version die man auf dem Handy betreibt tatsächlich dem veröffentlichten Source Code entspricht?

          In meinen Augen hat Luca nicht Alles verkehrt gemacht. Man hat ein Tool zur Erleichterung der Kontaktdatenerfassung vermarktet. Die Daten waren weitgehend sicher und nur mit entsprechenden Zugangsschlüsseln für die Gesundheitsämter verfügbar. In den Medien wird berichtet, dass das hinter der Luca-App stehende Unternehmen selbst Anfragen der Strafverfolgungsbehörden erhält bzw. erhalten hat und diese mit Verweis auf die aktuelle Rechtslage beantwortet hat. Einem unrechtmäßigen Auskunftsersuchen ist man wohl nicht nachgekommen. In den aufgedeckten Fällen war die Luca-App nur indirekt beteiligt.

          Ein Datenleck der CWA würde anscheinend erst gar nicht ans Tageslicht kommen, weil sich damit der Auftraggeber RKI und der Staat selbst belasten würde. Sorry, ich würde für die CWA, Telekom und SAP meine Hand nicht ins Feuer legen. Vielleicht ist die CWA ein großartiges Überwachungselement? – quod esset demonstrandum

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