Jabra Evolve 2 85: Premium-Headset mit Verbessungspotenzial aber sehr gutem Klang angehört

2020 ist für viele ein gebrauchtes Jahr, was vor allem an dem Coronavirus und den dadurch erzeugten Einschränkungen und Einschnitten im Alltag liegt. Auch das Arbeitsleben hat sich im Eiltempo für viele Arbeitnehmer geändert, die vor allem im Büro und online unterwegs sind. Viele wurden ins Homeoffice „verbannt“ und mussten oder durften sich mit vorrangig virtuellen Meetings auseinandersetzen.

Damit das funktioniert, braucht man natürlich auch eine gute oder ansprechende Ausstattung, das fängt bei Tools wie Teams, Zoom und Co. an und hört beim Headset, mit dem man telefoniert, auf. Jabra hat auch neue Geräte vorgestellt, unter anderem meinen heutigen Testkandidaten: das Jabra Evolve2 85. Ein kabelloses Headset, das das kabelgebundene Evolve 80 beerbt und mit aktiver Geräuschunterdrückung daherkommt. Ob das Ding etwas taugt, habe ich versucht herauszufinden.

In der Box findet man nur drei Dinge: Papier, eine Ladestation und ein Case. In dem wirklich gut verarbeiteten und vor allem stabilen Travel-Case ist das Headset selbst, nebst einem Jabra-Bluetooth-Adapter, einem Ladekabel und einem Klinkenkabel, verstaut. Alles separat per Kunststoff zusammengepackt. Wer es einmal ausgepackt hat, kann die Kabel dann im Netz am Deckel des Cases verstauen.

Das Headset selbst ist klein – zusammen- und aufgeklappt nicht größer als die üblichen Over-Ear-Kopfhörer. Mit 286 Gramm ist es kein Leichtgewicht, gehört aber auch nicht zu den Schwersten der Garde. Dem Nutzer wird hier ein Material-Mix aus Kunststoff und Kunstleder präsentiert. Sieht wertig aus, fühlt sich auch so an. Problem bei so vielen Gelenken und Kunststoff ist jedoch die Geräuschkulisse, die man hat, wenn man das Headset etwas verwindet. Knarzen und Quietschen, darf meiner Meinung nach in dem Preissegment nicht passieren. Das machen Konkurrenten besser.

Spaltmaße und Verarbeitung der Einzelteile sind aber in Ordnung. Da gibt es keine scharfen Kanten, Dinge die zusammengewürfelt wirken oder ähnliches. Wirkt wie aus einem Guss, auch wenn die Geräusche etwas anderes sagen. An der linken Hörmuschel hat Jabra die Ladekontakte für die Ladestation platziert und ein Grill für die Mikrofone ist dort an der Außenschale zu finden. An der Seite sind ein Button zum De-/Aktivieren von Hearthrough oder ANC, der Knopf zum An-/Ausschalten und Pairing, eine Status-LED für den Akku und der USB-C- und Kopfhörer-Anschluss verbaut worden.

An beiden Hörmuscheln ist ein sogenanntes Busy-Light verbaut: ein schmaler LED-Streifen, der rot leuchtet, wenn man telefoniert und somit den Kollegen signalisiert, dass man gerade nicht ansprechbar ist. In der rechten Hörmuschel ist der Mikrofon-Arm verstaut, der fast nahtlos im Cup verschwindet und zudem noch einen Button für den Sprachassistenten eures Smartphones mitbringt. Der Arm kann flexibel in der Höhe eingestellt werden, ist jedoch nicht so flexibel, wie etwa ein immer abstehender Arm, den man auch an sein Gesicht heranbiegen kann.

Auf der rechten Hörmuschel ist außerdem ein großer Button zum Annehmen von Anrufen oder Auflegen und ein Grill für ein weiteres Mikrofon platziert. Seitlich findet man noch die Steuerelemente zum lauter oder leiser Stellen und zum Abspielen oder Pausieren von Musik. Die Knöpfe haben allesamt einen angenehmen Druckpunkt, sind ordentlich platziert und gut erfühlbar.

Kommen wir zur Einrichtung, die flugs erledigt ist. Wie jedes andere Bluetooth-Headset auch, schaltet ihr das Gerät an und schickt es in den Kopplungsmodus. Ab diesem Zeitpunkt ist das Headset in den Bluetooth-Einstellungen eures Smartphones auffindbar. Koppeln, erledigt. Bis zu acht Geräte könnt ihr übrigens gleichzeitig mit dem Headset pairen, das Umschalten zwischen den Geräten funktioniert beispielsweise bei eingehenden Anrufen sehr gut und ist schnell erledigt. Ist der Anruf beendet, schaltet das Headset wieder zurück zu dem ursprünglichen Gerät.

Zum Headset selbst gibt es auch Software. Auf dem Mac und Windows ist das beispielsweise Jabra Direct. Damit könnt ihr die Software für Ladestation, Bluetooth-Dongle und Headset aktualisieren. Leider habe ich auf dem Mac massive Probleme damit, Abstürze oder Installationsfehler sind keine Seltenheit. Neben der Updatefunktion könnt ihr in der Software auch die Standard-Telefonie-Tools festlegen, Musikeinstellungen festlegen und mehr, erwartet da aber nicht zu viel von.

https://apps.apple.com/us/app/jabra-sound/id1320805565

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.jabra.moments

Seid ihr mit einem mobilen Gerät unterwegs, dann greift ihr zur Jabra-Sound+-App. Auch hiermit lässt sich die Firmware aktualisieren, die Sprache der Ansagen im Ohr ändern, die On-Ear-Erkennung aktivieren und vieles mehr. Mit an Bord ist auch eine Find-my-Jabra-Funktion, die sich den letzten Ort eures Gerätes merkt und im Falle eines Verlustes eventuell hilfreich sein könnte.

Auf der Startseite habt ihr dann noch Einstellungen für vordefinierte oder eigene Profile. Dort könnt ihr fürs Pendeln ANC anschalten, den Equalizer manuell regeln oder auch hier auf Presets zurückgreifen. Per Tipp auf das dazugehörige Icon könnt ihr zügig zwischen den Profilen wechseln und zu eurer liebsten Einstellung zurückkehren. Was zum Arbeiten eventuell hilft – oder auch um Abzuschalten – sind die Soundscapes. Dabei handelt es sich um Geräuschkulissen wie ein Regentag, Vogelgezwitscher, Meeresrauschen und vieles mehr. Fand ich persönlich ganz nett, habe ich aber weniger genutzt, als ich vorher wollte. Für sowas könnte ich mir einen Shortcut auf einem Button vorstellen.

Leider ist die My-Sound-Funktion nicht mit an Bord, die etwa die 45h von Jabra haben und ein personalisiertes an euer Gehör angepasstes Klangprofil erstellen. Damit lässt sich meist ordentlich etwas aus Kopfhörern herausholen.

Kommen wir nun zur Tauglichkeit des Headsets im Büro-/Homeoffice-Alltag. Ich habe das Teil den kompletten Arbeitstag auf den Ohren und was den Komfort angeht überhaupt keine Bedenken anzumelden. Ich bin Brillenträger und wirklich empfindlich was den Druck des Kopfbandes auf die Ohren angeht. Ich fand das Jabra Evolve2 85 sehr angenehm, nicht zu schwer und der Druck ist meiner Meinung nach nicht zu wenig vorhanden, aber es ist eben auch nicht zu viel. Von mir selbst würde ich behaupten, einen normal großen Kopf für meine Körpergröße (1,83 m) zu haben, Freunde sehen das ab und an anders 😀

Bevor ich zum Klang komme, möchte ich etwas zum Mikrofon sagen. Um genau zu sein, verbaut Jabra insgesamt 10 Stück davon, die für hervorragende Sprachqualität sorgen sollen. Das kann ich leider nicht bestätigen. Der von dem Mikrofon aufgenommene Ton klingt – laut Aussage meiner Gesprächspartner – meist dünn, wenig voluminös. Es fehlt „Leben“ und man hat das Gefühl, als ob man mit einem Automaten spricht. Ich dachte erst, es liegt am Tool aber Teams, WebEx, Zoom und Skype for Business zeichnen alle dasselbe Bild.

Eventuell ist die Software von Jabra da zu aggressiv beim Entfernen der Hintergrundgeräusche. Die werden nämlich gut weggefiltert und landen fast nie bei eurem Gegenüber. Hier kann der Hersteller hoffentlich über Software nachbessern. Zum Vergleich: Das Mikro der AirPods Pro klingt um Welten besser, und die sind nur halb so teuer.

Was mir gut gefällt ist die aktive Geräuschunterdrückung. Die macht ihren Job ganz gut und sorgt für Ruhe beim Musikhören oder einfach nur beim Arbeiten. Einzig Schwächen in den höheren Frequenzen kann man ausmachen, hier sind Sony oder Bose noch besser aufgestellt. Richtig gut ist aber der Klang des Headsets. In Anbetracht der Tatsache, dass das Mikrofon in meinem Test relativ schlecht wegkommt, ist das Evolve2 85 weniger Headset und mehr Kopfhörer. Der Klang ist wirklich sehr gut und in jeder Range findet man ordentlich Details, Volumen und eine klare Trennung zwischen den Instrumenten.

Vor allem höher auflösender Sound wie FLACs – über das Kabel gehört – oder die Tidal Masters machen richtig Spaß. Klanglich ist das Headset im Standard – also ohne EQ-Anpassungen – relativ ausbalanciert eingestellt, mit einem leichten Hang zu den Tiefen, der mir aber sehr gut gefällt. Ich musste kaum nachregeln, um mir mein präferiertes EQ-Setting zu basteln. Insgesamt 37 Stunden soll man mit dem Evolve2 85 Musik und Meetings genießen können. An diesen Wert bin ich in mittlerer Lautstärke auch gut herangekommen.

Was bleibt mir zum Headset noch zu sagen? Jabra hat hier fast in allen Punkten abgeliefert. Verarbeitung ist bis auf die seltsamen Geräusche wirklich gut, der Klang ist teils grandios und auch sonst kann man kaum meckern. Leider reißt das Mikrofon meinen Eindruck etwas nach unten, denn im Kern sollte es ein Headset sein. Dafür ist das Mikrofon leider nicht gut genug, wenn man mit wesentlich billigeren Konkurrenten vergleicht.

In Anbetracht der Tatsache, dass das Gerät fast 500 Euro über den Ladentisch wandern lässt, fällt mir eine Empfehlung aktuell schwer. Ich werde die Entwicklung bzgl. Firmware weiter beobachten und Meldung geben, sollte sich im Mikro-Bereich etwas tun. Da das Headset noch sehr jung ist, ist die Hoffnung da.

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Hauptberuflich im SAP-Geschäft tätig und treibt gerne Menschen an. Behauptet von sich den Spagat zwischen Familie, Arbeit und dem Interesse für Gadgets und Co. zu meistern. Hat ein Faible für Technik im Allgemeinen. Auch zu finden bei Twitter, Instagram, XING und Linkedin, oder via Mail. PayPal-Kaffeespende an den Autor

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14 Kommentare

  1. Warum kann ich hier keinen Kommentar verfassen???

  2. Fast 500€? Hmm

    Ist das hier ein anderes Headset?
    Jabra Evolve2 85 Wireless Headset – Noise Cancelling UC Zertifizierte Stereo Kopfhörer mit langer Akkulaufzeit – USB-A Bluetooth Adapter – schwarz https://www.amazon.de/dp/B086MFS5XT/ref=cm_sw_r_cp_api_i_N3UlFbS80THES

  3. Sehschlange says:

    So wichtig ist das Zeugs nun auch nicht. 100 Euro und gut. Ansonsten tut es jedes 5-Euro-Headset auch.

    • 5€ Headset im HomeOffice mit mehreren Telefon Konferenzen am Tag?
      Ja ne is klar… erstens ist die Qualität des Mikros dann scheisse, worunter alle Beteiligten leiden und zweitens drücken solche Dinger nach 5 Minuten auf den Ohren.

      Aber jeder soll sich bitte das antun, was ihm am meisten Qualen ähh Spaß bereitet 🙂

      • Also so ein nullachtfünfzehn Apple Standardheadset kostet 10-15€, da drückt nichts, und die Sprachqualität ist so gut, wie es die Leitung eben hergibt.

        Im Home Office reicht das völlig bzw. kann man da auch einfach ne gescheite Freisprecheinrichtung nutzen.

        Ein Stereo over ear, oder on ear Headset ist, wenn man wirklich viel telefoniert, sowieso grundsätzlich falsch-der Ton ist und bleibt Mono, auch in Videochats. Im professionellen Bereich wird da dann doch anders gearbeitet…

  4. Ich besitze mittlerweile drei Headsets von Jabra. Leider schafft keines der Bluetooth-Dinger ein wirklich gutes Klangerlebnis beim Sprechen zu produzieren: eigene Stimme laut und klar, Hintergrundgeräusche rausfiltern. War der Meinung, es liegt am fehlenden Mikrofonarm. Scheinbar doch nicht.

  5. Ich weiß, Jabra wird per sé als Headset verwendet und ich war echt überrascht, wie gut die Kopfhörer klanglich sind. Eines ist in dem Artikel falsch dargestellt: Bose und Sony sind NICHT besser im ANC, sondern dieses Headset. Ich habe aktuell fünf ANC-Overears hier liegen, die übrigens auch alle mindestens 30 Stunden eingespielt sind!!!! Und Sony WHXM3 sind mit den Jabra Evolve2 85 auf einer Höhe. Nur, dass die Jabra nicht nach einer gewissen Zeit diesen ANC-typischen Druck auf den Ohren produzieren. Leider empfinde ich den Sitza uf dem Kopf ähnlich zu locker, wie Beyerdynamics Lagoon ANC.

  6. Stephan Krupp says:

    Merci für den ausführlichen Bericht. Allerdings schreckt mich die Bewertung vom Mikro noch von einem Kauf ab. Welches Headset mit erstklassiger Mikro Qualität empfiehlt sich den jetzt (& mit oder ohne Mikro Arm) – selbst nach intensivem Lesen von Testberichten bin ich noch unschlüssig (Keine Frage des Invest aber Mikro Qualität soll sehr gut sein) ?

    • Wenn es darum geht: Bose 700 ist super, weil das Gegenüber keine Hintergrundgeräusche hört oder als günstiges und einfaches, gutes kabelgebundenes Headset:
      Sennheiser SC160 z. B.

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