Internetbotschafterin der Bundesregierung fordert Programmierunterricht in der Grundschule

Im März 2014 brachte eine Umfrage hervor, dass ein Großteil der Lehrer für die Einführung von Informatik als Pflichtfach in Schulen ist. Wir starteten etwas später auch eine Umfrage, ein Großteil der Leser stimmt mit den Lehrern überein. Jetzt bekommt das Thema wieder neuen Zündstoff, denn auch Gesche Joost, die Internetbotschafterin der Bundesregierung, fordert die Vermittlung von Programmierkenntnissen bereits in der Grundschule. Das ist schon etwas konkreter als Informatikunterricht, der vom Einschalten des PCs bis zum Programmieren alles beinhalten kann.

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Gesche Joost ist in ihrer Tätigkeit in ganz Europa unterwegs und sieht in anderen Ländern, wie mehr in die digitale Bildung investiert wird. So ist in Großbritannien seit diesem Schuljahr Programmieren ein Pflichtfach in Grundschulen. In Deutschland zeigt man sich hingegen zurückhaltend und abwartend. Einen akuten Handlungsbedarf gibt es laut Joost aber. Denn selbst wenn man jetzt ein Konzept erstellen würde, dauert dies mehrere Jahre, bis es dann auch umgesetzt ist.

In der Studie International Computer and Information Literacy Study (ICILS) belegten deutsche Achtklässler einen Platz im Mittelfeld. Die Studie ist vergleichbar mit der berühmten PISA-Studie, bezieht sich allerdings auf digitale Kompetenz. Hier muss Deutschland aufpassen, dass im internationalen Vergleich nicht der Anschluss verloren geht.

Es gibt heutzutage durchaus Möglichkeiten, das Programmieren spielerisch zu vermitteln, auch im Grundschulalter. Die Digital Natives, also die Personen, die mit Smartphone, Laptop und Co. aufwachsen, haben oft nur oberflächliche Kenntnisse, können die Geräte zwar problemlos bedienen und mit ihnen arbeiten, tiefgreifender sind Kenntnisse aber in den wenigsten Fällen.

Während ein Großteil der Lehrer dem Ganzen offen gegenüber steht, gibt es auch kritische Stimmen, die nicht einmal so abwegig sind. Es kommt auch auf die Vermittlung der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen an. Außerdem seien viele Schulen gar nicht auf dem technisch benötigten Stand.

Ich selbst sehe das reine Programmieren in der Grundschule durchaus etwas übertrieben. Das ist nichts, was jedem liegt und gerade in der Grundschule prasselt schon so viel auf die Kinder herein (wer Kinder hat, wird es kennen, das ist nicht mehr so wie es vor 25 Jahren in den Schulen noch war). In höheren Klassen, wenn sich Interessen bereits herauskristallisiert haben, könnte es durchaus auch Pflichtunterricht in diesem Bereich geben. Diesen wiederum könnte man für Interessierte und weniger Interessierte aufteilen und entsprechend der Gruppe detaillierter werden oder eben nicht.

Was meint Ihr, sollte man schon in der Grundschule dafür sorgen, dass die nächsten Programmierer geschaffen werden? Meiner Meinung nach gibt es ganz andere technische Baustellen, vor allem das Internet betreffend, bei denen die wertvollen Unterrichtsstunden besser aufgehoben werden. Das und die fehlende technische Ausstattung in vielen Schulen sind Probleme, die zuerst angegangen werden sollten.

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*Mitglied der Redaktion 2013 bis 2019*

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29 Kommentare

  1. In meinen Augen ist da einiges schwer überarbeitungswürdig. „Programmieren in der Grundschule“ – Ich denke mal, die Dame da ein Buzzword falsch verstanden. Das wäre ja – um beim Beispiel von @miasin zu bleiben – als wenn man im Musikunterricht in der Grundschule direkt anfängt zu lernen, die Oboe zu spielen, ob man es will oder nicht.

    Meiner Meinung nach wäre es am besten, in der Grundschule mit grundlegenden Techniken rund um die IT anzufangen. Ein kleiner Exkurs, warum ich das denke:

    Als ich 1986 als 7-jähriger Zweitklässler bei Allkauf (wer kennt’s noch?) vor einem C64 mit angeschlossenem 1084-Monitor stand dachte ich noch, das der 64er nur eine Tastatur wäre, das die ganze Rechnerei im Monitor stattfände.

    Mit 9 Jahren bekam ich zu Weihnachten meinen eigenen C64 – das Handbuch bekam ich vorher, ich möge mich doch schonmal einlesen. Hatte ich gemacht, verstand aber erstmal nur Bahnhof. Auch die Listings aus der Fix und Foxi waren für mich böhmische Dörfer. Erst als ich verstanden hatte, das ich die Basic-Programme von der Commodore-Demo-Diskette einfach auflisten konnte, das ich in den Zeilen, die mit Print nach der Zeilennummer begannen einfach den Text ändern kann, das aus dem „Commodore präsentiert“ einfach ein „Stephan präsentiert“ werden kann, da begann die Sache interessant zu werden.

    Informatikunterricht gab es da für mich noch garnicht, alles mußte ich mir selber beibringen. Freunde in der Zeit, die auch einen C64 hatten fanden das eher öde und wollten spielen. Die Faszination für das Gerät war zwar da – aber ohne Förderung verkam es bei den meisten halt zur LOAD „*“,8,1 – Spielekonsole.

    Erst in der siebten Klasse – ich war damals 13 – gab es Informatikunterricht als Wahlpflichtfach. Turbo Pascal mit Niki, prozedurales Programmieren, junge junge, was für ein Quantensprung. Zur 11. Klasse wechselte ich auf eine Handelsschule, dort hieß Informatik, mit Excel und Word zu arbeiten, parallel dazu gab es ein weiteres Unterrichtsfach um 10-Finger-Schreiben zu lernen – Alaskaöl ftw ;-). Nach 7 Jahren programmieren lernen war das für mich wirklich nur noch „Mausgeschubse“

    (TL;DR: Programmieren selber beigebracht, die Schule kam später Herausforderungsarm nach)

    Was hätte anders laufen können bzw. wie sollte es jetzt laufen?

    In der Grundschule sollten spielerisch die Basics drankommen, Tastatur, Maus, Monitor, Touchscreen. Das nicht zwingend als eigenes Fach, in meinen Augen könnte dies in den regulären Unterricht eingewoben werden. Was zu meiner Zeit noch als Matrizenkopie auf den Tisch kam kann mit Sicherheit auch mit IT dargestellt werden.

    In der weiterführenden Schule würde dann „Informatik light“ – das, was in der ICILS-Studie zu finden war – unterrichtet werden, dies, um zu sieben, um interessierte Schüler zu erkennen um dann ab der 7. Klasse (Ich bleibe mal in „meiner“ Zeitschiene) parallel zu „Informatik light“ auch „Echte Informatik“ – von-Neumann-Architektur, Hardware, Coding etc – als Wahlpflichtfach anzubieten.

    So würden alle mit Grundkenntnissen für die Zukunft ausgestattet und die, die mehr wissen wollten könnten ab der 7. Klasse „richtig“ einsteigen.

    TL;DR: IT-Basics für alle ab Klasse 1 bis zum Schulabgang, parallel ab Klasse 7 „Echte Informatik“ als Wahlpflichtfach.

  2. Wenn ich mich so umsehen, sollten sie den Kindern lieber beibringen sich die Schuhe selbst zu binden, dann kann man mit Kopfrechnen, Rechtschreibung und Grammatik weiter machen.

  3. Ich bin inzwischen 10. Klasse und habe in meinen 5 Jahren Informatikunterricht nicht einmal programmieren gelernt.
    Leider ist das grundlegende Problem, dass Computer, Tablets & Co. viel zu wenig im Unterricht eingesetzt werden (OK, es gibt nicht einmal die Ausstattung dafür) und die Lehrer (Altersdurchschnitt 50) die Technik entweder nicht bedienen können oder nicht bedienen wollen.
    WENN es dann doch ein bisschen Technik in die Schule schafft ist sie entweder total billig und unbrauchbar oder so teuer, dass sie für die nächsten 20 Jahre halten muss.

  4. Dass ein Grossteil der Schüler Probleme mit Mathe hat, sollte mittlerweile bekannt sein. Wie soll das dann mit dem Rechnen in HEX gehen, das Voraussetzung für vieles in der Informatik ist? Programmieren ist nicht auf WA schreiben oder ähnliches,

  5. @SavanTorian
    Mathematikprobleme sind bei den allermeisten eine Folge von zuviel Stoff/Zeiteinheit und zu kurz bemessenen Zeitfenstern für Schlüsselstoff wie Gleichungen.

    @Deadlock78
    Dem Oboenvergleich kann man nur zustimmen.
    Programmieren ist mitnichten eine essentielle Kulturtechnik wie bspw Lesen, noch eine Grundvorraussetzung für diverse andere Fachbereiche (wie bspw Algebra, etc).

    Von der pädagogischen Unsinnhaftigkeit solcher Ideen mal abgesehen, bezweifle ich auch stark, das ein flächendeckender Programmierunterricht überhaupt ohne massive Investitionen möglich ist.
    ((Wobei: Das Nichtvorhandensein ausreichend qualifizierter Lehrkräfte ist für Politiker bisweilen kein Hinderungsgrund – als Informatik mit dem G8 (Bayern) zum Pflichtfach für die Siebte bis Zehnte wurde, war der Großteil der Informatiklehrer eher als Schulbuchvorleser tätig, denn als Lehrer..))

    Merke: Die (fachliche) Qualität des bisherigen Informatikunterrichts hängt weitgehend von der (außerschulisch und freiwillig erworbenen) individuellen Kompetenz der Lehrkraft ab.

  6. Wolfgang D. says:

    Die können nicht mal richtig lesen, schreiben, und rechnen, und sollen programmieren. Merkt denn keiner mehr was?

  7. Eine gewisse Internetkompetenz könnte echt nicht schaden. Was einem da teilweise begegnet, tut echt weh.

    Ich hatte nur ein halbes Schuljahr einstündig Informatik-Unterricht, der bestand tatsächlich aus programmieren (bisschen Java, glaube ich). Habe dann freiwillig noch die Informatik-AG besucht, da gab es dann HTML…

    Meine Schwester hat in „Informatik“ Dinge gelernt wie „Eine Verbindung bei bahn.de suchen“ und darüber tatsächlich eine Klausur geschrieben. Und das konnten nicht alle.

    Am besten waren aber die IT-Fächer im BWL-Studium: Das erste Semester bestand echt nur aus „Woraus besteht ein PC“. Das war eine der leichtesten Klausuren meines Lebens, und andere haben nichtmal das geblickt.

    Da ist noch viel Nachholbedarf beim ganz normalen Umgang mit den Geräten. Programmieren wäre der nächste Schritt, das kann man gerne in höheren Klassen anbieten. Aber Internetkompetenz wäre Pflicht.

  8. Ist doch bescheuert allen Programmierunterricht zu geben. Das ist so, als würde man Maschinenbau in der Schule als Pflichtfach geben. Programmieren gehört wie auch z.B. Maschinenbau nicht zu der Allgemeinbildung. Wäre doch echt bescheuert, wenn jeder Depp programmieren könnte. Dann würde es nur so prasseln von schlechten Apps, Webseiten, Programmen, Spielen usw.
    Ein bisschen tiefer als Word, Excel und PowerPoint kann man schon gehen. Die Kinder über die Gefahren des Internets besser aufklären. Nicht nur über irgendwelche möglichen Pedos, sondern auch Viren.
    Zu mir noch eben: Ich bin 16, programmiere jetzt seit 5 Jahren und habe keinen Programmierunterricht gebraucht. Aber die wichtigen Sachen, wie die Gefahren des Internets, die viel alltäglicher sind, musste ich mich auch selber aneignen. Sowas muss in der Schule vermittelt werden.

  9. Ich finde die Idee hervorragend. Durch „Programmieren“ werden analytisches und strukturiertes Denken geschult, was auch in anderen Fächern notwendig ist.

    Entscheidend ist natürlich die Sprache. Ein Grundschüler sollte mit einer grafischen Programmiersprache wie Scratch anfangen. Ich habe es mit meinen Kids ausprobiert und für praxistauglich befunden (siehe meinen Blog-Artikel).

    Und wenn ich mir ansehe, dass im Berufsleben auch diverse Nicht-Informatiker-Berufe von Programmierkenntnissen profitieren, wird die Wichtigkeit deutlich.

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